Der Glaubende und sein Gott (3)

Psalm 63

Psalm 63: Die Gemeinschaft des Glaubenden mit Gott

Einleitung

Psalm 61 zeigt uns das Gebet des Glaubenden zu Gott. Dieses Vorrecht wird besonders in dunklen Tagen geschätzt, wenn wir aus unserer Not zu Gott rufen dürfen. In Psalm 62 werden wir aufgefordert, allezeit Gott zu vertrauen. Dieses Gottvertrauen soll bei uns vertieft werden. Er benutzt besonders die schwierigen Zeiten in unserem Leben, um dies zu bewirken. In Psalm 63 geht es um die Gemeinschaft des Glaubenden mit Gott.

Im Gebet und im Vertrauen auf Ihn haben wir erfahren, was Er uns zu geben vermag. In Psalm 63 kommen wir von der Gabe zum Geber. In Gemeinschaft mit Gott verstehen wir, was Er für uns sein will. Zwei Bibelstellen aus dem Neuen Testament unterstreichen die Wichtigkeit dieser Belehrung:

  • In Johannes 6,66-69 heisst es: «Von da an gingen viele von seinen Jüngern zurück und wandelten nicht mehr mit ihm. Da sprach Jesus zu den Zwölfen: Wollt ihr etwa auch weggehen? Simon Petrus antwortete ihm: Herr, zu wem sollen wir gehen? Du hast Worte ewigen Lebens; und wir haben geglaubt und erkannt, dass du der Heilige Gottes bist.» Die Antwort von Petrus besteht aus zwei Teilen. Zuerst sagt er: Wir bleiben bei Dir, weil Du uns Worte ewigen Lebens gibst. Dann fügt er hinzu: Wir bleiben auch bei Dir, weil Du eine so wunderbare Person bist. Das Zweite geht weiter als das Erste. In der Nachfolge hatte Petrus viel von seinem Meister empfangen. Doch er hatte Ihn auch persönlich kennengelernt. Die Gemeinschaft mit Ihm wollte er nicht mehr missen.
  • In Römer 5,3-10 wird uns gezeigt, was Gott uns in allen Umständen gibt. Das Höchste davon ist seine Liebe, die Er in unsere Herzen ausgegossen hat. Das ist eine wunderbare Gabe Gottes. Doch dann folgt Vers 11: «Nicht allein aber das, sondern wir rühmen uns auch Gottes.» Da geht es nicht mehr um das, was Gott uns gibt, sondern was Gott für uns ist.

In Psalm 63 ist der Glaubende also in Gemeinschaft mit Gott, nicht um etwas von Ihm zu empfangen, sondern um sich mit Ihm selbst zu beschäftigen.

Mein Gott

«Gott, du bist mein Gott» (V. 2). David hatte eine ganz persönliche Beziehung zu Gott. Er hat mehrmals von seinem Gott gesprochen, besonders in 2. Samuel 22:

  • «Ich rief zu meinem Gott» (V. 7). Damit sagte er: Mein Gott hört die Gebete und schafft Hilfe.
  • «Ich bin von meinem Gott nicht frevelhaft abgewichen» (V. 22). Er hatte erfahren: Mein Gott bewahrt mich; darum bleibe ich im Vertrauen auf Ihn auf seinem Weg.
  • «Mit meinem Gott werde ich eine Mauer überspringen» (V. 30). Er hatte das Bewusstsein: In Gemeinschaft mit meinem Gott werde ich Hindernisse überwinden.

Glaubende haben auch von Gott gesprochen und gesagt: «Unser Gott». Gemeinsam dürfen wir von «unserem Gott und Vater» oder vom «Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus» reden. Aber welch ein Glück ist es, wenn wir Gott persönlich kennen und von Herzen sagen können: «Gott, du bist mein Gott.» Das ist nur möglich, wenn wir eine ganz persönliche Beziehung zu Ihm haben.

Es genügt für eine glaubende Ehefrau nicht, mit ihrem Mann zusammen zu beten. Es genügt für Kinder gläubiger Eltern nicht, dass sie nur dabei sind, wenn der Vater betet. Nein, es ist nötig, dass jeder von uns – jeder Mann, jede Frau, jedes Kind – eine individuelle Beziehung zu Gott pflegt. Haben wir ein persönliches Verlangen nach Gemeinschaft mit Gott? Auch Paulus spricht mehrmals von seinem Gott. In Philipper 1,3 sagt er: «Ich danke meinem Gott», denn er hatte ein persönliches Verhältnis zu Ihm. Und in Philipper 4,19 möchte er, dass seine eigene Erfahrung mit seinem Gott ein Ansporn für uns ist, Ihn auch persönlich so kennenzulernen. «Mein Gott aber wird euch alles Nötige geben.»

Als der Herr Jesus hier lebte, sagte Er häufig «mein Vater». Doch nur zweimal benutzte Er den Ausdruck «mein Gott». Diese beiden Gelegenheiten sind bemerkenswert. Am Ende der drei Stunden der Finsternis hatte Er aus der tiefsten Not seiner Seele gerufen: «Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?» (Mt 27,46). Damit drückte Er am Ende dieser schweren Stunden sein ganzes persönliches Vertrauen in seinen Gott aus. Als Auferstandener benutzte Er diesen Ausdruck zum zweiten Mal Zu Maria Magdalene sagte Er die wunderbare Wahrheit: «Ich fahre auf zu meinem Vater und eurem Vater und meinem Gott und eurem Gott» (Joh 20,17). Wir können sagen: Sein Gott musste Ihn verlassen, damit sein Gott auch unser Gott werden konnte.

Den Herrn früh suchen

«Früh suche ich dich» (V. 2). «Früh» kann zwei Bedeutungen haben. Einerseits früh im Leben, d.h. in jungen Jahren, oder anderseits früh am Tag. Beides ist für die Praxis unseres Lebens wichtig. In Prediger 12,1 heisst es: «Gedenke deines Schöpfers in den Tagen deiner Jugendzeit, ehe die Tage des Unglücks kommen und die Jahre herannahen, von denen du sagen wirst: Ich habe kein Gefallen an ihnen.» Das ist ein Wort an Kinder und junge Leute. Sie werden aufgefordert, schon früh in der Jugend zu lernen, die persönliche Gemeinschaft mit dem Herrn Jesus im Gebet zu pflegen. Wir können nicht früh genug anfangen, unsere Knie vor Ihm zu beugen. Im Wort Gottes werden uns Menschen beschrieben, die schon als Kinder und Jugendliche Gemeinschaft mit Gott hatten und die dann Männer Gottes geworden sind. Gott redete zum Knaben Samuel, als dieser dem Priester Eli diente. Der Jüngling David kannte den Umgang mit Gott beim Hüten des Kleinviehs seines Vaters in der Wüste. Auch vom Herrn Jesus heisst es, dass Er im Alter von 12 Jahren in den Tempel ging. Als die Eltern Ihn suchten, antwortete Er ihnen: «Wusstet ihr nicht, dass ich in den Dingen meines Vaters sein muss?» (Lk 2,49 Fussnote).

Es ist auch gut, früh am Tag die Gemeinschaft mit Gott zu suchen. Wieder ist der Herr Jesus unser Vorbild. «Und frühmorgens, als es noch sehr dunkel war, stand er auf und ging hinaus; und er ging hin an einen öden Ort und betete dort» (Mk 1,35). Wir sind beeindruckt vom Tagesablauf unseres Herrn. Obwohl dieser voller Arbeit war, ging Er trotzdem schon frühmorgens ins Gebet zu seinem Gott. Zur Ermunterung sei noch Maria Magdalene erwähnt. Ihr Meister, den sie liebte, war gestorben. Wie konnte sie noch ohne Ihn leben? «Am ersten Tag der Woche aber kommt Maria Magdalene früh, als es noch dunkel war, zur Gruft» (Joh 20,1). Sie hatte nicht viel Erkenntnis, aber eine grosse Hingabe an den Herrn. Deshalb suchte sie Ihn schon am frühen Morgen und fand Ihn dann auch.

Das Verlangen der Seele nach Gott

«Es dürstet nach dir meine Seele» (V. 2). David hatte neues Leben. Dieses Leben kommt von Gott und verlangt nach Ihm. Diese wichtige Wahrheit wird uns im Neuen Testament deutlich dargelegt. Wenn ein Mensch Gott seine Sünden bekennt und an den Namen und das Werk des Herrn Jesus glaubt, wird er von neuem (oder von oben) geboren, d.h. er empfängt neues Leben, das nach Gemeinschaft mit Gott verlangt.

Die Sehnsucht nach der Erlösung des Körpers

«Nach dir schmachtet mein Fleisch in einem dürren und lechzenden Land ohne Wasser» (V. 2). Wenn ein Mensch sich bekehrt und neues Leben empfängt, dann ist sein Körper noch nicht erlöst. Er hat noch Mühe damit. Das betrifft die jungen Leute vielleicht nicht so sehr. Doch wir spüren es, wenn wir älter werden. Die Beschwerden durch Krankheit und Alter stören uns manchmal in der Gemeinschaft mit Gott. Wenn Sünde im Leben des Glaubenden vorkommt, dann wird die Gemeinschaft mit dem Herrn praktischerweise unterbrochen. Aber das ist nicht der einzige Störfaktor. Auch die Schwachheit des Körpers kann uns daran hindern. Weil unser Körper noch nicht erlöst ist, schmachtet unser Fleisch nach dem Tag der Erlösung. Darum erwarten wir den Herrn Jesus zur Entrückung als Heiland (Phil 3,20.21).

Ihn zu erwarten, weil wir die Schwachheit unseres Leibes spüren, ist nicht der höchste Beweggrund. Das Hauptmotiv unserer Erwartung des Kommens des Herrn ist die Freude, Ihn zu sehen, wie Er ist. Aber in Römer 8,22.23 wird doch von der Hoffnung auf Befreiung von den allgemeinen Folgen der Sünde gesprochen. Zuerst heisst es, dass die Schöpfung mitseufzt und auf die Erlösung harrt. «Nicht allein aber sie, sondern auch wir selbst, die wir die Erstlinge des Geistes haben, auch wir selbst seufzen in uns selbst, erwartend die Sohnschaft: die Erlösung unseres Leibes.» Auch in 2. Korinther 5,2 spricht Paulus davon: «Denn in diesem (d.h. in diesem Körper) freilich seufzen wir und sehnen uns, mit unserer Behausung, die aus dem Himmel ist, überkleidet zu werden.»

Wenn David vom dürren und lechzenden Land spricht, dann drückt er aus, dass die Welt und was sie uns zu bieten hat, unserer Seele nichts geben kann. Wir finden dort keine Erfrischung und keinen Ruheplatz für unsere Herzen. Dazu gibt es ein eindrückliches Beispiel bei Noah in der Arche, als die Flut zurückging. Er hatte die Taube ausgesandt. Doch sie fand keinen Ruheplatz für ihre Füsse, darum kehrte sie zur Arche zurück. So empfinden auch unsere erretteten Seelen die Welt und ihre Angebote als ein dürres und lechzendes Land ohne Wasser. Wenn wir trotzdem davon Gebrauch machen, wird es zu unserem Schaden sein.

In 2. Könige 4 wird von den Söhnen der Propheten berichtet, dass einer von ihnen aufs Feld ging, um wilde Koloquinten zu sammeln. Er warf sie in den Topf, und alle assen davon. Da schrien sie: «Der Tod ist im Topf!» Das, was die Welt bietet, hat einen tötenden Charakter für unsere Seelen. Selbst das Schönste, was sie hervorbringen kann – und das ist die Religion – kann unseren Seelen nichts bringen. Das musste jene Frau in Johannes 4 erfahren. Sie war eine grosse Sünderin, doch gleichzeitig sehr religiös. Es ist möglich, dass beides nebeneinander hergeht. Diese Frau hat den Herrn Jesus auf den Brunnen verwiesen und gesagt: Daraus haben schon unser Vater Jakob und seine Söhne und sein Vieh getrunken. Das ist religiöse Tradition über Jahrhunderte und Jahrtausende hinweg. Was sagt unser Heiland dazu? «Jeden, der von diesem Wasser trinkt, wird wieder dürsten; wer irgend aber von dem Wasser trinkt, das ich ihm geben werde, den wird nicht dürsten in Ewigkeit.» Die Religion vermag den Durst unserer Seelen nicht zu stillen. Doch Gott bietet uns seine Gemeinschaft an, damit unsere Herzen bei Ihm Erfüllung finden. Das zeigt uns der nächste Vers.

Gott im Heiligtum anschauen

«So wie ich dich angeschaut habe im Heiligtum –, um deine Macht und deine Herrlichkeit zu sehen» (V. 3). Wenn die Welt der Seele Davids nichts bieten konnte, dann wollte er seinen Gott anschauen. Er fand Ihn nicht in dieser Welt, sondern im Heiligtum, an dem Ort, wo die Bundeslade damals noch unter Zelten war. Für uns ist das Heiligtum der Himmel. Wir sind nach Epheser 2 in Christus jetzt schon in die himmlischen Örter versetzt. Dort können wir den Herrn sehen; denn glaubende Menschen haben nicht nur Augen im Kopf, sondern auch am Herzen (Eph 1,18). Erleuchtet an den Augen unserer Herzen sehen wir unseren Heiland im Himmel, wie es auch der Schreiber des Hebräer-Briefs sagt: «Wir sehen aber Jesus» (Heb 2,9). Welch eine wunderbare Gnade!

Seine Macht und Herrlichkeit

Wenn wir Christus anschauen, sehen wir einerseits seine Macht und anderseits seine Herrlichkeit. In der Welt ist seine Macht noch nicht sichtbar, denn «jetzt aber sehen wir ihm noch nicht alles unterworfen» (Heb 2,8). Aber wenn wir Ihn mit den Augen des Herzens im Himmel betrachten, dann wissen wir, dass Er jetzt schon den Platz der Macht einnimmt. Die drei Apostel Paulus, Petrus und Johannes bezeugen das:

  • «Gott hat alles seinen Füssen unterworfen und ihn als Haupt über alles der Versammlung gegeben» (Eph 1,22).
  • «Jesus Christus, der, in den Himmel gegangen, zur Rechten Gottes ist, indem Engel und Gewalten und Mächte ihm unterworfen sind» (1. Pet 3,22).
  • «Ich sah inmitten des Thrones und der vier lebendigen Wesen und inmitten der Ältesten ein Lamm stehen wie geschlachtet» (Off 5,6).

Inmitten des Thrones, von dem die Regierung Gottes ausgeht, steht das Lamm, also im Zentrum der Macht. Es ist überaus wichtig für uns, diese Wahrheit im Glauben festzuhalten: Ihm ist alle Macht im Himmel und auf der Erde gegeben, wenn wir es auch in der Welt noch nicht sehen. Doch wir erkennen es im Heiligtum.

Zudem sehen wir seine Herrlichkeit. In 2. Korinther 3,18 heisst es: «Wir alle aber, mit aufgedecktem Angesicht die Herrlichkeit des Herrn anschauend.» Im Heiligtum erblicken wir die Herrlichkeit des Herrn. Er ist dort als der Verherrlichte, aber als der Mensch Jesus Christus, der einst in Niedrigkeit hier gelebt hat. Das werden wir nie vergessen. Auch wenn wir einmal bei Ihm in der Herrlichkeit sind, werden wir uns immer daran erinnern. Diese beiden Gedanken sind im Wort Gottes eng miteinander verbunden: Wenn von der Herrlichkeit des Herrn Jesus die Rede ist, dann wird auch seine Erniedrigung erwähnt. Die umgekehrte Reihenfolge finden wir ebenfalls in der Bibel. Denken wir nur an Philipper 2. Dort wird sein Weg der Erniedrigung beschrieben, und es folgen die bekannten Verse: «Darum hat Gott ihn auch hoch erhoben» (Phil 2,9 ff.).

Wenn wir im Heiligtum seine Herrlichkeit betrachten, dann denken wir an sein Leben hier und sehen seine makellose Reinheit. Wenn wir über sein Sterben am Kreuz von Golgatha nachdenken, erkennen wir seinen vollkommenen Gehorsam. Die Auferstehung zeigt uns seine göttliche Kraft, und sein Sitzen zur Rechten Gottes spricht von seiner Ehre. Das alles gehört zur Herrlichkeit des Herrn.

Die Herrlichkeit Gottes ist Güte

«Denn deine Güte ist besser als Leben; meine Lippen werden dich rühmen» (V. 4). Es überrascht uns vielleicht, dass David jetzt plötzlich von Güte spricht, nachdem er die Herrlichkeit des Herrn erwähnt hat. Mose bat Gott einst: «Lass mich doch deine Herrlichkeit sehen! Und der HERR sprach: Ich werde alle meine Güte vor deinem Angesicht vorübergehen lassen und werde den Namen des HERRN vor dir ausrufen; und ich werde begnadigen, wen ich begnadigen werde, und werde mich erbarmen, wessen ich mich erbarmen werde» (2. Mo 33,18.19). Wenn Mose den Wunsch hatte, die Herrlichkeit Gottes zu sehen, dann sagte Gott zu ihm: Ich lasse meine Güte an dir vorbeigehen. Wunderbare Antwort! Sind wir nicht glückliche Menschen, die wissen, dass die Herrlichkeit Gottes für uns nicht Gericht, sondern Güte bedeutet?

Der Inhalt unseres Lebens

Was meint David mit dem Leben in Vers 4? Es sind die irdischen Freuden, die Gott uns in unserem Leben gibt. Ein gutes Essen, eine stilvolle Wohnung, ein erholsamer Urlaub, das sind irdische Freuden, die wir ohne schlechtes Gewissen im Mass, wie Gott es uns gewährt, geniessen dürfen. Das ist Leben, wie David es hier ausdrückt. Aber wenn das alles für uns ist, dann sind wir arme Menschen. Warum? Weil alle irdischen Freuden zu Ende gehen. Diese Erfahrung machen wir besonders, wenn wir älter werden. Das wird uns in Prediger 12 eindrücklich gezeigt. Mit fortschreitendem Alter wird dieses Empfinden immer stärker. Da brauchen wir etwas Besseres, etwas Bleibendes. David besass es, denn er wusste: «Deine Güte ist besser als Leben.»

Die Herrlichkeit der Person des Herrn Jesus darf Inhalt unseres Lebens sein. Paulus hatte diese Erfahrung gemacht und sagte deshalb: «Das Leben ist für mich Christus» (Phil 1,21). Wenn es hiesse: Das Leben ist für mich der Herr, würde dies bedeuten, dass der Dienst unser Lebensinhalt ist. Doch wenn dies der Fall wäre, dann hätten wir keinen Lebensinhalt mehr, sobald wir einmal nicht mehr dienen können. Das ist eine wichtige Lektion für uns. Wenn Christus selbst und die Herrlichkeit seiner Person uns erfüllen, dann werden wir diesen Lebensinhalt in Ewigkeit nie verlieren.

Ergebnisse der Gemeinschaft mit Gott

a) Die heilige Priesterschaft

Das Betrachten des Herrn Jesus in seiner Herrlichkeit ist Priesternahrung für uns. Es gibt ja verschiedene alttestamentliche Bilder für die Nahrung des Volkes Gottes. Das Manna in Israel gab ihnen Kraft, um in der Wüste weiterzugehen. Auch wir benötigen das geistliche Brot vom Himmel, um in den verschiedenen Lebensumständen im Glauben voranzugehen. Den israelitischen Priestern war eine andere Nahrung verordnet, damit sie ihren Dienst im Heiligtum ausüben konnten. So brauchen auch wir geistliche Speise, damit wir anbeten können. Die Beschäftigung mit der Herrlichkeit des Herrn Jesus wird unser Herz und unseren Mund für das Lob und die Anbetung Gottes öffnen. So sagt auch David, nachdem er von der Grösse Gottes geredet hat: «Meine Lippen werden dich rühmen.»

b) Die königliche Priesterschaft

In Vers 5 geht David einen Schritt weiter: «So werde ich dich preisen während meines Lebens, meine Hände aufheben in deinem Namen.» Das ist die königliche Priesterschaft: Aus der Gemeinschaft mit Gott heraus können wir von Ihm zeugen. Wie wichtig ist es, dass wir diese beiden Aufgaben miteinander wahrnehmen. Als heilige Priester loben wir Gott, und als königliche Priester sind wir während unseres ganzen Lebens Menschen Gottes. Paulus benutzt den Ausdruck «Mensch Gottes» zweimal, wenn er an Timotheus schreibt (1. Tim 6,11; 2. Tim 3,17).

Im Französischen und Englischen ist es schwierig, zwischen Mensch und Mann Gottes zu unterscheiden. Es kann daher der Eindruck entstehen, dass der Mensch Gottes dasselbe sei wie ein Mann Gottes im Alten Testament. Aber die Bedeutung ist ein wenig anders. Ein Mann Gottes war einer, der von Gott mit einer speziellen Aufgabe betraut war. Aber Menschen Gottes sind wir alle: hier gelassen, um als Vertreter Gottes mit der ganzen Kapazität unseres Lebens seine Grundsätze zu zeigen. Die meisten Menschen um uns her lesen die Bibel nicht mehr. Aber sie sehen noch unser Verhalten, sie hören unsere Worte und nehmen unseren Lebenswandel wahr. Wenn wir Gott in unserem Verhalten darstellen, ist unser Leben zu seinem Preis. Wir können diese königliche Priesterschaft nur in Abhängigkeit vom Herrn ausleben. David sagt deshalb: «Ich werde meine Hände aufheben in deinem Namen.» Nur das tägliche Gebet, die ständige Abhängigkeit von Gott gibt uns Kraft, um für unseren Herrn ein Zeugnis zu sein.

c) Gesundes und stabiles Glaubensleben

«Wie von Mark und Fett wird gesättigt werden meine Seele, und mit jubelnden Lippen wird loben mein Mund» (V. 6). Mark spricht von Stabilität. Man sagt darum auch von jungen Männern: «Er hat Mark in den Knochen. Das ist ein stabiler Mann.» Den Herrn Jesus zu betrachten und von Ihm zu zeugen, gibt Stabilität im Glauben. Fett spricht von Gesundheit. Es gibt so viele ungesunde Christen, die unbiblische Ansichten haben. Der Grund dafür liegt darin, dass sie sich nicht mit Gott beschäftigen. Ihre Augen sind nicht auf Christus gerichtet. Wenn wir jedoch seine Herrlichkeit anschauen, wird unsere Seele mit Fett gesättigt. So gibt die tägliche Gemeinschaft mit Gott unserem Glaubensleben Stabilität und geistliche Gesundheit.

Das vertieft unsere Anbetung. Vers 6 ist eine Steigerung zu Vers 4. Es heisst jetzt: «Mit jubelnden Lippen wird loben mein Mund.» Das geistliche Wachstum, hervorgerufen durch die Gemeinschaft mit dem Herrn und durch das Zeugnis für Ihn, führt uns zu tieferer Anbetung, denn wir sind in der Praxis des Lebens mit unserem Herrn vorangegangen und haben Ihn besser kennengelernt.

Beim Herrn zur Ruhe kommen

«Wenn ich deiner gedenke auf meinem Lager, über dich sinne in den Nachtwachen» (V. 7). Es ist nötig, dass wir Momente kennen, in denen wir uns zurückziehen, um uns beim Lesen der Bibel und in unseren persönlichen Gebeten mit dem Herrn zu beschäftigen. Wir brauchen Augenblicke, in denen wir die Einflüsse der uns umgebenden Welt nicht mehr auf uns einwirken lassen. Ich weiss, dass das nicht einfach ist. Junge Menschen, die beruflich sehr eingespannt sind, oder Frauen, die im Haushalt von der Familie sehr gefordert werden, haben Mühe, noch ruhige Momente am Tag zu finden, in denen sie allein mit dem Herrn sind. Aber es ist doch möglich. Es ist das Bemühen unseres Herrn, uns zur Ruhe zu bringen, um uns dann zu segnen. Wir finden das in Psalm 23,2: «Er lagert mich auf grünen Auen.»

Der Herr tut das auch, wenn Er uns zu seinem Namen hin versammelt, um sein Wort zu hören. Dann will Er uns zuerst zur Ruhe bringen. Das ist der Grund, warum manchmal ein wenig Stille am Anfang herrscht. Es gibt Geschwister, die mit langen Pausen in den Zusammenkünften Mühe haben. Natürlich sind sie nicht immer ein Zeichen von tiefer Geistlichkeit; sie können auch Ausdruck von Schwachheit sein. Aber manchmal wirkt der Herr es. Wenn wir mit unruhigen Herzen in die Zusammenkunft kommen, dann wirkt Er zuerst durch die Stille, dass wir zur Ruhe kommen und bereit sind, den Segen aufzunehmen, den Er uns geben möchte. Das Lager redet also von der Ruhe unserer Herzen und die Nachtwachen davon, dass wir uns befreien von den Einflüssen der Gedanken der uns umgebenden Welt. Dann sind wir bereit, wie David über unseren Gott nachzudenken.

Gottes Schatten – die Linderung im Leid

«Denn du bist mir zur Hilfe gewesen, und ich werde jubeln im Schatten deiner Flügel» (V. 8). In der Gemeinschaft mit Gott erinnern wir uns an die Erfahrungen mit Ihm in der Vergangenheit. Es ist sehr gesegnet, auf das Leben zurückzublicken und darüber nachzudenken, wie der Herr uns geholfen hat. Seine Bewahrung sollten wir nie vergessen. Auch das Volk Israel musste sich immer wieder an die göttliche Befreiung aus Ägypten erinnern, und daran, wie Er sie durch eine öde Wüste geführt und in das verheissene Land gebracht hatte. Das ruhige Nachdenken über die erfahrene Hilfe des Herrn erfüllt unsere Herzen mit Dankbarkeit.

Was ist wohl mit dem Schatten gemeint? Wir finden etwas darüber in Psalm 121,5.6: «Der HERR ist dein Hüter, der HERR ist dein Schatten über deiner rechten Hand. Nicht wird die Sonne dich stechen am Tag, noch der Mond bei Nacht.» Ein Schatten gibt Linderung in der Hitze eines sommerlichen Tages. So will der Herr ein Schatten für uns sein. Oft nimmt Er uns die Schwierigkeiten nicht weg, aber Er selbst stellt sich zwischen uns und unsere Not. Das gibt Linderung in unserem Leid.

Es kann vorkommen, dass Gott uns etwas in unser Leben schickt, das Er nicht mehr wegnimmt. Der Apostel Paulus hat es erfahren, als er einen Dorn im Fleisch bekommen hatte. Man hat viel darüber nachgedacht, was das gewesen sei. Es war keine geringe Sache. Ein Dorn im Fleisch ist etwas, das einen bei jeder Bewegung hindert. Dreimal hat Paulus zum Herrn gerufen und Dieser antwortete ihm: Ich nehme dir das nicht weg. Aber meine Gnade genügt dir. Das ist der Schatten – die Linderung in den Schmerzen. Er lässt manches Leid in unserem Leben zu, aber die Gemeinschaft mit Ihm erquickt unsere Herzen, so dass wir wie David sagen können: «Ich werde jubeln im Schatten deiner Flügel.»

Dem Herrn unmittelbar nachfolgen

«Meine Seele hängt an dir, es hält mich aufrecht deine Rechte» (V. 9). Der erste Teil dieses Verses kann gemäss Fussnote auch so wiedergegeben werden: «Meine Seele folgt dir unmittelbar nach.» Das ist keine Aufforderung, sondern eine Schlussfolgerung. Nachdem wir den Herrn angeschaut und die Herrlichkeit Gottes gesehen haben, möchten wir von selbst diesem Herrn unmittelbar nachfolgen. Wir tun das im Wissen, dass nur die Rechte Gottes uns aufrecht hält. Das Erste ist unsere praktische Tätigkeit, das Zweite ist die Kraft Gottes, die wir dabei erfahren. In 1. Petrus 1,5 heisst es, dass wir durch Gottes Macht durch Glauben bewahrt werden zur Errettung. Es ist Gottes Macht in unserem Leben, die uns tatsächlich ans himmlische Ziel bringen wird. Das ist die Seite Gottes: Er sorgt dafür, dass alle Erlösten die Herrlichkeit des Himmels erreichen. Doch dies geschieht durch Glaubensübungen: Das ist unsere Seite. Darum wollen wir auf dem Weg zum Ziel dem Herrn unmittelbar nachfolgen. Die Gemeinschaft mit Ihm wird diesen Wunsch in uns bewirken.

Zusammenfassung der Psalmen 61 – 63

«Ich sage euch: Bittet, und es wird euch gegeben werden; sucht, und ihr werdet finden; klopft an, und es wird euch aufgetan werden. Denn jeder Bittende empfängt, und der Suchende findet, und dem Anklopfenden wird aufgetan werden» (Lk 11,9.10).

  • Bittet, und es wird euch gegeben werden. Das ist Psalm 61: Das Gebet des Glaubenden zu Gott.
  • Sucht, und ihr werdet finden. Das ist Psalm 62: Das Vertrauen des Glaubenden in Gott.
  • Klopft an, und es wird euch aufgetan werden. Das ist Psalm 63: Die Gemeinschaft des Glaubenden mit Gott.

Es ist ein grosses Vorrecht, Gott in jeder Lage unseres Lebens zu bitten, dann in den Lebensumständen auf Ihn zu vertrauen und nicht zuletzt bei Ihm anzuklopfen, um mit Ihm Gemeinschaft zu haben. Es scheint, als ob Vers 10 eine Wiederholung von Vers 9 sei. Da heisst es: «Denn jeder Bittende empfängt, und der Suchende findet, und dem Anklopfenden wird aufgetan werden.» Aber das ist nicht so, sondern Vers 9 zeigt uns, was der Glaubende tut, und Vers 10, was ihn charakterisiert. Wenn jemand zum Glauben an den Herrn Jesus kommt, dann beginnt er zu bitten, zu suchen und anzuklopfen. Wenn das im Leben des Glaubenden ein praktischer Dauerzustand wird, dann wird er ein Bittender, ein Suchender und ein Anklopfender. Das ist es, was ihn kennzeichnet. Es ist mein Wunsch für uns alle, besonders für die Jungen, dass wir beginnen zu bitten, zu suchen und anzuklopfen und dass unser Glaubensleben dann davon geprägt wird. Möchten wir Bittende, Suchende und Anklopfende werden!