Das Buch der Richter beginnt mit dem Tod Josuas und beschreibt in Kapitel 2,10 das Ende der ganzen Generation der Anfangszeit im Land Kanaan. Die nachkommende Generation kannte die mächtigen Taten des HERRN nicht und wich vom Weg des Gehorsams ab. In der Übertragung auf die Zeit des Neuen Testaments spricht dieses Buch von der Entwicklung in der Christenheit nach der Anfangszeit des mächtigen Wirkens des Geistes Gottes durch die Apostel. Dabei stellt sich uns die Frage, inwiefern wir die Werke Gottes kennen und auf einem Weg der Treue und des Gehorsams bleiben möchten.
Der Herr hatte zu Beginn der christlichen Zeitperiode in Zeichen und Wundern mitgewirkt. Doch diese Zeichen hörten auf. Die Apostel traten ab, und von ihrem Dienst blieb das geschriebene Wort Gottes. Die Macht Gottes aber ist dieselbe. Wie damals in der Zeit der Richter verändert sich Gott nicht und sein Wirken für die Seinen bleibt machtvoll und beständig, auch wenn die Führer und Apostel nicht mehr anwesend sind.
Doch von unserer Seite ist Glaube erforderlich. Durch den Glauben machen wir uns die Macht Gottes zunutze. Er ist die Hand, mit der wir zugreifen, um Gottes Hilfe in Anspruch zu nehmen. Genau da liegt manchmal unser Problem, wie es auch bei den Israeliten im Buch der Richter der Fall war. Ohne den einfachen und schlichten Glauben wird der Sieg nicht vollständig sein. Lassen wir uns durch das Lesen von Richter 1 neu anspornen, Gott vertrauensvoll beim Wort zu nehmen und in Ihm ruhend den Weg weiterzugehen.
Die Geschichte Israels in Richter 1 zeigt uns ein siebenfaches Versagen. Dabei stellen wir fest, dass die Folgen Schritt für Schritt grösser und tragischer werden. Das spornt uns an, unserem Gott ganz zu vertrauen. Gleichzeitig ist es eine Warnung, nicht einen Schritt von Ihm abzuweichen.
Siebenfaches Versagen des Volkes
Zunächst beginnt alles sehr gut. Das Volk steht zusammen wie ein Mann und befragt den HERRN. Wie gut, wenn auch wir heute Gemeinschaft haben mit denen, die den Herrn anrufen aus reinem Herzen (2. Tim 2,22) und gemeinsam nach dem Willen des Herrn fragen. Gerade wenn es um den Genuss der geistlichen Segnungen in den himmlischen Örtern geht – davon ist das Land Kanaan ein Bild – und die Verteidigung des Genusses dieser Segnungen gegen den Feind, dann sind diese Kennzeichen gefragt: das Miteinander wie ein Mann und das aufrichtige Fragen nach Gottes Willen. Doch auch in den praktischen Fragen in unserem persönlichen Leben, in unseren Ehen und Familien darf uns dies kennzeichnen. Der Herr wird sich dazu bekennen und eine klare Antwort geben, wie Er es damals im Buch der Richter getan hat.
Problem 1 – Mangelndes Vertrauen (V. 3)
Trotz der klaren Antwort des HERRN ist der Stamm Juda, der zuerst hinaufziehen soll, nicht ganz zufrieden. Er fragt seinen Bruder Simeon, ob dieser mit ihm in den Kampf ziehen wolle. Natürlich ist es gut und wichtig, wenn wir einander als Brüder und Schwestern im geistlichen Kampf und auch im täglichen Leben eine Hilfe sind. Doch wenn der Herr einen klaren Auftrag gibt, dann wünscht Er, dass wir auf seine Unterstützung bauen und nicht die Hilfe der Menschen suchen. Die Kraft Simeons konnte der Kraft Gottes nichts hinzufügen. Das Vertrauen auf Gottes Kraft hätte genügt. Liegt nicht manchmal auch in unserem Leben das Problem darin, dass wir nicht völlig auf Gott vertrauen? Dann werden wir keine klaren Siege erringen und manch wertvolle Erfahrung mit Gott nicht machen.
Problem 2 – Ungehorsam (V. 19)
Der nächste Schritt ist der Ungehorsam. Trotz der Hilfe seines Bruders treibt Juda die Bewohner der Talebene nicht aus, da diese eiserne Wagen hatten. Diese sind für Gott kein Problem (Jos 17,18). Auch die Wagen des Pharaos stellen für Ihn kein Problem dar. Aber für die eigene Kraft sind die eisernen Wagen ein unüberwindbares Hindernis. Sobald wir anfangen, im Vertrauen auf Gottes Macht und Hilfe nachzulassen, dann scheinen uns die Schwierigkeiten gross und grösser. Ähnlich war es bei Petrus, der auf dem Wasser dem Herrn Jesus entgegenging. Die Wellen und der Wind waren nicht stärker geworden, seitdem er aus dem Schiff gestiegen war. Doch als er darauf blickte, begann er zu sinken. Fassen wir neuen Mut – der Herr will uns stärken und uns helfen, die Hindernisse zu überwinden, wenn wir uns an Ihn wenden!
Dass Juda die Bewohner der Talebene nicht austrieb, war klarer Ungehorsam. Die Ursache lag im mangelnden Vertrauen auf Gott. Er hatte angeordnet, dass die Bewohner des Landes ausgetrieben werden sollten (z.B. 2. Mose 34,11-16). Wenn auch Juda einen grossen Teil der Bewohner ausrottete, so war doch die Verschonung der Bewohner der Talebene sträflicher Ungehorsam. Nehmen wir Gottes Wort genau und übersehen wir die Dinge nicht, die uns zu schwer scheinen! Wenn wir anfangen, Kompromisse zu machen, wird der Weg kompliziert. Wir verlieren die Freude, und die Gefahren nehmen zu. Wie schnell gewannen die nicht besiegten Feinde, wieder die Oberhand!
Problem 3 – Gleichgültigkeit (V. 21)
Ungehorsam in den «kleinen» Dingen wird schnell zu Gleichgültigkeit in unserem Leben führen. Hätten die Israeliten in Hingabe und Treue gegenüber ihrem Gott gehandelt, so hätten sie verstanden, welch ein Gräuel es für Gott war, dass die Feinde weiterhin im verheissenen Land wohnten. Es war doch Gottes Land, das Er den Israeliten geschenkt hatte. Jetzt liessen sie die Feinde des HERRN in diesem Land wohnen und hatten kein Problem damit, sie als Nachbarn zu dulden. Sie gaben Land auf, das sie eigentlich selbst bewohnen sollten. Sie liessen Götzendienst im Land Gottes bestehen und führten seine Gerechtigkeit nicht vollständig aus.
Diese Gleichgültigkeit des Volkes führte dazu, dass der für das Buch der Richter charakteristische Ort Bochim wurde (Kap. 2,1). Bochim bedeutet «Weinende» – sowohl ein Hinweis auf die Trauer Gottes über die Untreue seines Volkes als auch eine Beschreibung der Folgen des Ungehorsams für das Volk. Sie hatten Übungen und Traurigkeit.
Sind wir heute noch mit ganzem Herzen, ganzer Energie und ganzem Gehorsam bei der Sache, wenn es um Gottes Sache geht? Oder haben Gleichgültigkeit und reine Gewohnheit schon so weit um sich gegriffen, dass der Wagen zwar noch rollt, aber der Motor ausgegangen ist? Ob es die persönliche Nachfolge, die Freude an den Interessen Gottes, die Ausrichtung auf den Himmel, die Verbreitung des Evangeliums, das Festhalten an der Wahrheit über die Versammlung oder das Miteinander in Liebe sind – Gleichgültigkeit ist ein aktueller Feind in unserer Zeit. Was uns gleichgültig wird, geben wir schnell auf, sobald Probleme auftauchen. Was uns wert und teuer ist, werden wir festhalten, auch wenn Widerstand entsteht. Unser Gott freut sich darüber, wenn uns seine Sache am Herzen liegt.
Problem 4 – Eigene Gedanken (V. 23)
In Vers 23 kommen wir zu einem weiteren Problem, dem der eigenen Gedanken. Die Nachkommen Josephs sandten zunächst Kundschafter aus, bevor sie gegen die Feinde auszogen. Davon hatte Gott nichts gesagt. Die Folge war, dass wieder einer von den Feinden Gottes am Leben blieb – der Mann, der den Kundschaftern den Weg in die Stadt zeigte. Es mag nach menschlichen Kriterien sinnvoll gewesen sein, Kundschafter auszuschicken. Die Resultate mögen es auf den ersten Blick bestätigen. Immerhin war die Taktik erfolgreich, und die Stadt wurde eingenommen. So mag es auch in unserem Leben aussehen. Aber der einfältige Weg mit Gott wird immer der beste und der gesegnetste Weg sein.
Problem 5 – Kompromisse eingehen (V. 27.28)
Die Liste der Städte, deren Bewohner nicht ausgetrieben wurden, wird immer länger. Manasse trieb die Bewohner von fünf Städten und deren jeweiligen Tochterstädten nicht aus. Schliesslich berücksichtigten sie sogar die Wünsche der Kanaaniter. Diese wollten im Land bleiben, und Manasse liess es zu. Zwar machten sie die Kanaaniter fronpflichtig, aber sie liessen sie im Land wohnen. Davon hatte Gott nichts gesagt, das entsprach nicht seinem Willen. Es war ein fauler Kompromiss auf Kosten des einfältigen Gehorsams.
Auch wir stehen in Gefahr, die Wünsche der Menschen zu berücksichtigen. Dann machen wir um des Friedens willen Kompromisse, oder wir verpacken die klaren Aussagen hübsch, um niemand zu nahe zu treten. Und die Folge? Das Gewissen der Menschen wird nicht mehr getroffen, und wir selbst werden vom klaren Weg mit dem Herrn abgezogen. Es erfordert Mut, entschieden zum Wort Gottes zu stehen. Aber Er wird uns gern die Kraft dazu geben.
Nun besteht bei dieser Sache noch eine andere Gefahr: die Verwechslung von kompromisslosem Einstehen für die Wahrheit und gesetzlicher Härte. Es ist niemals nach Gottes Gedanken, wenn wir die Wahrheit mit Strenge, Härte und Kälte vertreten. Er möchte ausdrücklich, dass wir die Wahrheit in Liebe festhalten, dass wir demütig bleiben und in gegenseitiger Achtung handeln. Es liegt unserem Gott sowohl an dem, was wir tun, als auch an dem, wie wir es tun. Lasst uns niemals Härte und Schroffheit mit der Notwendigkeit des Festhaltens an der Wahrheit entschuldigen oder Liebe und Demut als Kompromiss-Haltung bezeichnen! Fassen wir Mut, um klar und eindeutig und zugleich in Liebe und Demut für die Wahrheit einzustehen!
Problem 6 – Kraftlosigkeit (V. 31.32)
Wieder wird eine lange Liste von Städten genannt, deren Bewohner nicht ausgetrieben wurden. Insgesamt sind es sieben Städte. Aser wohnte inmitten der Kanaaniter, und es steht nicht einmal, dass die Feinde fronpflichtig gemacht wurden. Kann es ein deutlicheres Bild von Kraftlosigkeit geben? Die Ursachen haben wir gesehen. Da liegt der Ansatzpunkt. Es gibt im geistlichen Leben kein Krafttraining, bei dem innere Kraftlosigkeit durch äussere Stärke ersetzt werden kann. Es geht darum, das Problem bei der Wurzel zu fassen, sowie zum ungeteilten Vertrauen auf den Herrn und zum Gehorsam gegenüber seinem Wort zurückzukehren.
Problem 7 – Niederlage (V. 34)
Beim Stamm Dan entdecken wir die erste offensichtliche Niederlage. Die Amoriter drängten Dan zurück und raubten ihm so den Genuss an einem Teil des von Gott geschenkten Landes. Das wird auch in unserem Leben die Folge sein, wenn wir im Vertrauen auf Gott nachlassen. Wir werden die Freude und den Genuss an den geistlichen Segnungen mehr und mehr verlieren und Niederlagen im geistlichen Leben erleiden.
Denken wir noch einmal daran, dass die Macht und Kraft Gottes niemals nachlassen. Er bleibt derselbe, Er ist treu – bis in unsere Zeit. Er wartet darauf, dass wir im Glauben zugreifen und uns seine Hilfe zunutze machen. So können wir im geistlichen Leben Siege erringen und die Feinde, die uns den Genuss an den geistlichen Segnungen rauben wollen, in die Flucht schlagen. Unser Gott will uns dabei gern helfen.