Der Heilige Geist (1)

Der Heilige Geist – eine göttliche Person

Die Anwesenheit des Heiligen Geistes auf dieser Erde ist eines der bedeutenden und charakteristischen Merkmale der christlichen Zeitperiode. Deshalb ist es wichtig, eine klare Vorstellung über das Wesen und die Person des Geistes Gottes zu haben. Viele Christen haben sich leider in ihren Gedanken weit von dem entfernt, was uns die Bibel über Ihn mitteilt. Deshalb wollen wir uns in einigen Grundzügen damit beschäftigen, was Gottes Gedanken darüber sind.

Der Heilige Geist im Alten Testament

Der Heilige Geist begegnet uns bereits an vielen Stellen im Alten Testament. Die erste Erwähnung steht in Verbindung mit der Schöpfung. So lesen wir in 1. Mose 1,2: «Die Erde war wüst und leer, und Finsternis war über der Tiefe; und der Geist Gottes schwebte über den Wassern.» Nachdem sich die Menschen nach dem Sündenfall verdorben hatten, musste Gott sagen: «Mein Geist soll nicht ewig mit dem Menschen rechten» (1. Mo 6,3).

Im Verlauf der Menschheitsgeschichte finden wir Gottes Geist immer wieder als einen Einfluss und eine Kraft, die gewisse Leute zeitweise erfüllte, so dass sie bestimmte Aufgaben tun konnten. Über Männer wie Othniel, Gideon und Simson (Ri 3,10; 6,34; 14,6), David (1. Sam 16,13), Asarja (2. Chr 15,1), Hesekiel (Hes 11,5) u.a. kam der Geist Gottes in ganz bestimmten Situationen. Er inspirierte auch die alttestamentlichen Gottesmänner bei der Niederschrift des Wortes Gottes (2. Pet 1,21). David z.B. war sich durchaus bewusst, dass der Heilige Geist durch ihn redete (2. Sam 23,2). Bisweilen benutzte der Geist sogar ungläubige Menschen, um eine bestimmte Aufgabe auszuführen. Beispiele dafür sind Bileam und Saul (4. Mo 24,2; 1. Sam 10,10; 19,23).

Wenn wir all diese Hinweise zusammennehmen, dann wird klar, dass die Gläubigen im Alten Testament um den Heiligen Geist wussten und dass sie Ihn als eine Kraft kannten, in der sie Erstaunliches vollbringen konnten. Im Unterschied zu seiner Offenbarung im Neuen Testament war sein Wirken im Alten jedoch zeitlich gebunden. Er kam für eine Zeit über Menschen und wirkte in ihnen. Nur so können wir z.B. die Bitte Davids verstehen: «Den Geist deiner Heiligkeit nimm nicht von mir» (Ps 51,13). Wir können also sagen, dass der Geist Gottes wohl auf der Erde wirkte, aber nicht auf der Erde wohnte. Das konnte erst geschehen, nachdem der Herr Jesus das Werk vollbracht hatte und in den Himmel zurückgekehrt war. Zudem war es im Alten Testament verborgen, dass der Heilige Geist eine göttliche Person ist. Wohl erkennen wir im Licht des Neuen Testaments schon im Alten klare Hinweise darauf, aber offenbart war diese Wahrheit damals nicht. Dazu müssen wir in das Neue Testament gehen.

Der Heilige Geist im Neuen Testament

Das Neue Testament bestätigt zunächst, was wir im Alten gefunden haben. In Apostelgeschichte 1,8 spricht der Herr Jesus vom Heiligen Geist, der auf die Erde kommen würde. Er sagt dort: «Aber ihr werdet Kraft empfangen, wenn der Heilige Geist auf euch herabkommt; und ihr werdet meine Zeugen sein.» Die Auswirkungen dieser göttlichen Kraft im Zeugnis der Jünger sehen wir in hervorragender Weise in der Apostelgeschichte. Dieses Buch der Bibel gibt uns eine Darstellung der Kraft des Geistes in Menschen, wie wir sie wohl an keiner anderen Stelle finden. Die gleiche Kraft steht übrigens auch uns zur Verfügung, denn auch wir brauchen Kraft zum Zeugnis. Wenn wir heute zu Recht über Mangel an Kraft klagen, dann liegt es sicher nicht am Heiligen Geist (der sich nicht verändert), sondern ausschliesslich an uns selbst.

Die Offenbarung des Heiligen Geistes im Neuen Testament geht jedoch viel weiter. Leider bleiben viele Kinder Gottes dabei stehen, dass Er ein Einfluss und eine Kraft ist. Ohne Zweifel ist Er das, und bestimmt haben wir meistens eine viel zu geringe Vorstellung von dieser Kraft, aber der Heilige Geist ist doch weit mehr als das. Er wird uns im Neuen Testament als eine göttliche Person vorgestellt.

Der Geist – eine göttliche Person

Die alttestamentlichen Gläubigen kannten ihren Gott als einen einigen Gott. Erst im Neuen Testament finden wir Ihn als den dreieinen Gott offenbart, d.h. als Gott, den Vater, Gott, den Sohn, und Gott, den Heiligen Geist. Es ist ein Gott, doch es werden uns drei Personen der Gottheit vorgestellt, die in völliger Harmonie miteinander sind. Diese Wahrheit können wir weder verstehen noch erklären. Wir können sie nur im Glauben annehmen, weil sie unseren menschlichen Verstand und unser menschliches Vorstellungsvermögen völlig übersteigt.

Dass der Geist ebenso wie der Sohn und der Vater eine göttliche Person ist, wird uns an mehreren Stellen bestätigt. Ganz deutlich ist der Hinweis in Apostelgeschichte 5, wo Petrus dem Ananias vorwerfen muss, er habe den Heiligen Geist und damit Gott belogen (vergleiche die Ausdrucksweise in den Versen 3 und 4). Eine Kraft oder einen Einfluss kann man nicht belügen, wohl aber eine Person. Darüber hinaus belehrt uns das Neue Testament, dass der Heilige Geist u.a.

  • denkt und urteilt (Röm 8,26.27)
  • erforscht und offenbart (1. Kor 2,10)
  • lehrt und erinnert (Joh 14,26)
  • zeugt (Joh 15,26)
  • überführt (Joh 16,8)
  • einen Willen hat (1. Kor 12,11)
  • reden kann (Apg 13,2)
  • wohnt (Röm 8,11; 1. Kor 3,16)
  • leitet (Röm 8,14)
  • dient (2. Kor 3,8)
  • betrübt werden kann (Eph 4,30)
  • geschmäht werden kann (Heb 10,29)
  • ausgelöscht werden kann (1. Thes 5,19)

Die meisten dieser Eigenschaften können wir unmöglich auf einen Einfluss oder eine Kraft anwenden, sondern lediglich auf eine Person. Zu behaupten, der Heilige Geist sei nur ein Einfluss, ist also falsch. Damit beleidigen wir Gott selbst, denn der Geist ist Gott.

Nun mag man einwenden, der Geist könne keine göttliche Person sein, weil er keinen Körper hat. Aber fragen wir uns: Hat Gott, der Vater, einen Leib? Der Vater ist wohl im Sohn offenbart, denn wer Ihn gesehen hat, hat den Vater gesehen (Joh 14,9), aber einen Leib hat der Vater nicht. Dennoch wird wohl kein wiedergeborener Christ ernsthaft daran zweifeln wollen, dass der Vater eine göttliche Person ist. War der Sohn vor seiner Menschwerdung keine göttliche Person? Ohne Zweifel war Er es.

Wir müssen uns von dem Gedanken trennen, dass es Personen nur in Verbindung mit einem Körner geben kann. Dies ist eine Vorstellung, die wohl auf Menschen zutrifft, denn bei uns sind Person und Körper untrennbar verbunden (zumindest was unsere Existenz auf dieser Erde betrifft). Bezogen auf Gott ist dies jedoch nicht der Fall. «Eine Person ist ein lebendes Wesen, das sich seines Seins bewusst ist, das denkt, will und handelt» (R. Brockhaus). Diese Definition trifft auf Gott und damit auch auf den Heiligen Geist zu.

Völlige Einheit in der Gottheit

Bereits weiter oben haben wir festgestellt, dass in der Gottheit völlige Einheit besteht. Obwohl da ein Gott ist, kennen wir doch drei voneinander unterschiedene Personen in der Gottheit. Dabei müssen wir uns von dem (vielleicht unterschwellig vorhandenen) Gedanken an eine «Rangordnung» in der Gottheit lösen. Wenn wir sagen, dass der Geist die «dritte Person der Gottheit» ist, dann sagt das nichts über seinen «Rang» aus, sondern dient lediglich zur Unterscheidung gegenüber dem Sohn und dem Vater.

Der aufmerksame Leser der Bibel wird die Wahrheit der völligen Einheit in der Gottheit an vielen Stellen bestätigt finden, und das zeigt uns erneut, dass auch der Heilige Geist Gott ist. In der Gottheit (Vater, Sohn und Heiliger Geist) besteht vollkommene Übereinstimmung, und zwar sowohl im Wesen (Charakter) als auch im Handeln.

1. Übereinstimmung im Wesen

Von Gott wird uns im Neuen Testament gesagt, dass Er Licht und Liebe ist (1. Joh 1,5; 4,8). Licht und Liebe machen das Wesen Gottes aus, und beide Wesensmerkmale finden wir bei allen Personen der Gottheit.

a) In Bezug auf die Liebe

  • Der Vater liebt (z.B. Joh 16,27)
  • der Sohn liebt (z.B. Joh 15,9)
  • die «Liebe des Geistes» wird erwähnt (Röm 15,30). Wenn auch an dieser Stelle nicht ausdrücklich gesagt wird, dass der Geist liebt, so wird Er doch eindeutig mit der Liebe verbunden.

b) In Bezug auf das Licht (das sich in Heiligkeit äussert)

  • Der Vater ist heilig (z.B. Joh 17,11)
  • der Sohn ist heilig (z.B. Lk 1,35)
  • der Geist wird an vielen Stellen der «Heilige» Geist genannt. Dies ist geradezu charakteristisch für Ihn.

Licht und Liebe sind sowohl beim Vater als auch beim Sohn als auch beim Heiligen Geist in Harmonie miteinander.

2. Übereinstimmung im Handeln

Wir können das Handeln Gottes in verschiedener Hinsicht besehen und werden dabei die Übereinstimmung zwischen Vater, Sohn und Heiligem Geist finden. Nachstehend einige Beispiele:

  1. Das Werk von Golgatha wurde durch den Sohn ausgeführt. Er hat sich für uns hingegeben. Der Vater war es, der den Sohn gab. Gemeinsam gingen sie nach Golgatha, wie wir es schon im Vorbild in 1. Mose 22 sehen, wo Abraham und Isaak zusammen nach Morija gingen. Und es war durch den ewigen Geist, durch den der Sohn sich selbst ohne Flecken Gott geopfert hat (Heb 9,14).
  2. In der Auferstehung des Herrn sehen wir ebenfalls alle drei Personen der Gottheit beteiligt. Als Sohn Gottes hatte der Herr Jesus Macht über Leben und Tod und konnte deshalb sagen: «Niemand nimmt mein Leben von mir, sondern ich lasse es von mir selbst aus. Ich habe Gewalt, es zu lassen, und habe Gewalt, es wiederzunehmen» (Joh 10,18). Seine Auferstehung war der Beweis seiner Gottheit. Ebenso wahr ist es aber auch, dass Er durch die Herrlichkeit des Vaters auferweckt worden ist (Röm 6,4). Und schliesslich sehen wir auch den Heiligen Geist wirken. Der Herr wurde durch die Auferstehung als Sohn Gottes erwiesen «dem Geist der Heiligkeit nach» (Röm 1,4), und Er wurde «lebendig gemacht nach dem Geist» (1. Pet 3,18).
  3. Auch im Bemühen um das Heil des verlorenen Sünders sehen wir Vater, Sohn und Heiligen Geist vereint, wie das dreiteilige Gleichnis in Lukas 15 zeigt. In der ersten Geschichte (Verse 4-7) sehen wir das Bemühen des guten Hirten, des Herrn Jesus, um das Verlorene. Er sucht, bis Er es findet. Die zweite Begebenheit (Verse 8-10) zeigt uns die Tätigkeit des Geistes, der den Sünder überführt (vergleiche Joh 16,8). Er ist das göttliche Licht, das in das Leben eines Sünders hineinleuchtet, um ihn von seinem sündigen Zustand zu überführen. In der dritten Geschichte sehen wir den Vater, der auf die Rückkehr seines verlorenen Sohnes wartet und ihn, sobald er mit einem aufrichtigen Bekenntnis zurückkehrt, in die Arme schliesst und wieder als Sohn aufnimmt.
  4. Wenn ein Sünder sich finden lässt und an das Vaterherz Gottes kommt, dann wirken Vater, Sohn und Heiliger Geist an ihm das Werk der Neugeburt. Auch hier finden wir alle drei Personen der Gottheit beteiligt. In Jakobus 1,18 lesen wir davon, dass der Vater uns nach seinem eigenen Willen durch das Wort der Wahrheit gezeugt hat. Auch in 1. Petrus 1,23 wird bestätigt, dass wir durch das lebendige und bleibende Wort Gottes wiedergeboren sind – und dieses Wort ist niemand anders als der Herr Jesus selbst. Schliesslich haben wir Johannes 3, wo wir das Wirken des Geistes Gottes in Verbindung mit der Neugeburt in deutlicher Weise finden (besonders Verse 5-8).
  5. In 1. Korinther 12 spricht der Apostel von der Ausübung von geistlichen Gnadengaben. Auch hier sehen wir die drei Personen der Gottheit tätig (Verse 4-6). Es ist der Heilige Geist, der jedem von uns eine Gabe gibt (Vers 4), der uns auch motiviert, sie auszuüben (Verse 7-12). Es ist der Herr (der Sohn), dem wir als Diener verantwortlich sind, unsere Gabe in der richtigen Weise auszuüben (Vers 5), und es ist schliesslich Gott (der Vater), der die Ergebnisse, d.h. die Frucht des Dienstes, hervorbringt (Vers 6).

Diese Beispiele mögen genügen, um zu zeigen, wie vollkommen der Vater, der Sohn und der Heilige Geist im Handeln übereinstimmen. Daraus können wir nur die Schlussfolgerung ziehen, dass der Geist genauso Gott ist, wie der Vater und der Sohn.

Eine unwichtige Frage?

Vielleicht denkt der eine oder andere, dass es praktisch keine grosse Rolle spiele, ob der Heilige Geist nun eine göttliche Person oder «nur» ein Einfluss in seinem Leben ist. Aber handelt es sich wirklich um eine unwichtige Frage? Sicher nicht – und das aus zwei Gründen:

  1. Wenn wir den Heiligen Geist nur als Kraft und Einfluss, aber nicht als göttliche Person anerkennen, dann tasten wir eine grundlegende Wahrheit der Bibel an, nämlich die der Dreieinheit Gottes. Wir haben aber gesehen, dass die Bibel uns Gott als dreieinen Gott vorstellt, eine Wahrheit, die wir zwar nicht fassen können, die uns aber vielfach bestätigt wird. Wer diese Wahrheit infrage stellt oder gar leugnet, der greift direkt die Herrlichkeit und Majestät der Person Gottes an. Ist das unwichtig?
  2. Wenn der Heilige Geist nur eine Kraft oder ein Einfluss wäre, dann würde dies unmittelbare praktische Konsequenzen für mich haben. In diesem Fall wäre ich nämlich der Handelnde und Entscheidende in meinem Leben. Ich würde meine Pläne vielleicht in der Kraft des Geistes ausführen, aber die Impulse gingen von mir selbst aus. Gerade das sollte jedoch nicht der Fall sein. Gott, der Heilige Geist, wohnt in mir. Er macht die Pläne, Er entscheidet, Er leitet mich, Er führt mich, Er erfüllt mich. Nicht ich bin der Handelnde, sondern der Heilige Geist, der in mir wohnt. Ich bin ein Werkzeug, das Er gebrauchen will.

Bleiben wir bei dem, was die Bibel lehrt. Der Heilige Geist ist eine göttliche Person. Zudem ist es eine Wahrheit von immenser Tragweite, dass Er nicht nur zeitweise auf und über uns kommt, sondern dass diese göttliche Person sowohl in den Gläubigen als auch in der Versammlung Gottes auf dieser Erde wohnt. Damit ist unendlicher Segen verbunden.