Der Heilige Geist nimmt Besitz von einem Menschen
Es ist eine im Neuen Testament an vielen Stellen bezeugte und bestätigte Tatsache, dass Gott, der Heilige Geist, in Menschen wohnt. Diese gewaltige Segnung ist jedoch ausschliesslich auf Gläubige beschränkt. Wohl wirkt der Geist in dieser Welt, um sie von Sünde, von Gerechtigkeit und von Gericht zu überzeugen (Joh 16,8). Wohl wirkt Er an einzelnen Menschen, um sie zur Buße zu leiten und eine Neugeburt zu bewirken (Joh 3,5-8). Aber nirgendwo lesen wir, dass der Heilige Geist in ungläubigen Menschen wohnt. Wir müssen lernen, zwischen dem Wirken und dem Wohnen des Geistes zu unterscheiden. Der Herr Jesus selbst sagt ganz klar, dass die Welt den Geist der Wahrheit nicht empfangen kann, weil sie Ihn weder sieht, noch Ihn kennt (Joh 14,17). Die Welt ist also sowohl blind als auch unwissend in Bezug auf den Geist. Die Gabe des Geistes gilt den Glaubenden allein (vgl. auch Joh 7,39).
Wie und wann empfängt nun ein Glaubender den Heiligen Geist? Dieser Frage wollen wir jetzt ein wenig nachgehen. Ausgangspunkt ist dabei Epheser 1,13: «… nachdem ihr gehört habt das Wort der Wahrheit, das Evangelium eures Heils, in dem ihr auch, nachdem ihr geglaubt habt, versiegelt worden seid mit dem Heiligen Geist der Verheissung.»
Zwei wichtige Voraussetzungen
Dieser Vers macht uns deutlich, dass es zwei wichtige Voraussetzungen gibt, die der Versiegelung mit dem Heiligen Geist vorausgehen, nämlich:
- Das Hören des Wortes der Wahrheit und des Evangeliums des Heils.
- Der Glaube an das, was wir von Gott gehört haben.
Ohne diese beiden Dinge wird ein Mensch nie in den Besitz des Heiligen Geistes kommen.
Das Wort der Wahrheit
Was haben wir darunter zu verstehen? Offensichtlich kann es nicht bedeuten, dass ein Mensch zunächst die gesamte Wahrheit, wie sie in der Bibel offenbart ist, hören muss, um den Geist zu empfangen. Nein, das Wort der Wahrheit meint an dieser Stelle die Wahrheit über Gott und über den Menschen. Das Wort der Wahrheit macht einem Menschen erstens klar, wer Gott ist, und zweitens erkennt er sich selbst im Spiegel dieses Wortes.
- Die Wahrheit über Gott: Viele Menschen haben sehr eigenartige Vorstellungen über Gott. Selbst in den christlichen Ländern Europas findet man die seltsamsten Ideen über den lebendigen Gott, die nichts mit dem gemeinsam haben, was die Bibel über Ihn sagt. Deshalb muss ein Mensch zunächst die göttliche Wahrheit darüber hören. Das Wort Gottes zeigt uns die Wahrheit über Ihn, nämlich, dass Er ein heiliger Gott ist, der Sünde nicht sehen und auch keine Sünde übersehen kann, sondern sie richten muss. Dieser heilige Gott muss den Sünder verurteilen und verdammen, weil Er heilig ist.
- Die Wahrheit über den Menschen: So unangenehm diese Wahrheit über Gott ist, so wenig schmeichelhaft ist das, was Gottes Wort über uns Menschen sagt. Auch hier weichen die Meinungen vieler Leute von dem ab, was die Bibel lehrt. Gerade im Zeitalter von New Age, wo der Mensch selbst zum Gott wird, haben wir es nötig, die göttliche Wahrheit über den Menschen zu hören, nämlich dass er ein unverbesserlicher Sünder ist. Die Sünde wohnt in ihm, und daraus resultieren seine bösen Taten. Das Urteil Gottes ist eindeutig: «Da ist kein Gerechter, auch nicht einer; … alle sind abgewichen, sie sind allesamt untauglich geworden» (Röm 3,10.12).
Das Wort der Wahrheit ist also zunächst durchaus nicht angenehm. Wir müssen anerkennen, wie weit wir uns von Gott entfernt haben. Wir müssen akzeptieren, wer wir sind, und dass wir uns selbst überhaupt nicht helfen können und deshalb in letzter Konsequenz das Gericht Gottes verdient haben.
Das Evangelium des Heils
Zum Glück lässt Gott uns nicht nur das Wort der Wahrheit hören, sondern auch das Evangelium seines Heils. Wer unter dem Wort der Wahrheit zusammengebrochen ist, den richtet das Evangelium des Heils wieder auf. Es ist die gute und frohmachende Botschaft eines heiligen Gottes, der nicht den Tod des Sünders will. Der Heiland-Gott will, dass alle Menschen errettet werden (1. Tim 2,4). Deshalb lässt Er das Evangelium des Heils verkündigen. In der Botschaft des Evangeliums zeigt Er uns seinen Ausweg. Der heilige und gerechte Gott hat eine gerechte Grundlage gefunden, auf der Er den Sünder rechtfertigen kann. Diese Grundlage ist das Werk des Herrn Jesus am Kreuz. Dort hat Er seinen Sohn an unserer Stelle gerichtet. Die Strafe, die wir verdient hatten, trug Er. Deshalb straft Gott den, der an seinen Sohn glaubt, nicht auch noch. Das wird uns ausführlich in den ersten Kapiteln des Römer-Briefes gezeigt. Das Evangelium ist jetzt Gottes Kraft zum Heil jedem Glaubenden. In diesem Evangelium erweist Gott seine Gerechtigkeit, indem Er den rechtfertigt, der an den Herrn Jesus glaubt (Röm 1,17; 3,26).
Das Evangelium des Heils gibt uns also eine sichere Grundlage, auf der wir stehen können. Es spricht von unserer Stellung, die wir im Herrn Jesus besitzen. Darüber hinaus dürfen wir in dem Evangelium aber auch einen Blick in das Herz eines Gottes tun, der nicht nur Licht, sondern auch Liebe ist. Es war die Liebe Gottes, die diesen Heilsplan erdachte, und es war die Liebe Gottes, die den eingeborenen Sohn auf diese Erde und ans Kreuz gab.
Die Hand des Glaubens
Das Hören des Wortes der Wahrheit und des Evangeliums des Heils allein genügt jedoch nicht, Schon viele Menschen haben diese Heilstatsachen gehört oder gelesen, ohne den Heiligen Geist je besessen zu haben. Nein, dem Hören muss das Glauben folgen. Der Glaube ist wie eine Hand, die das ergreift, was Gott uns anbietet. Es ist das kindlich einfache Annehmen dessen, was Gott sagt. «Die Gabe des Heiligen Geistes gründet sich auf die Tatsache, dass wir durch den Glauben an Christus Söhne sind, Glaubende, die in seinem vollbrachten Erlösungswerk Ruhe gefunden haben» (W. Kelly). Dieses Erlösungswerk zeigt Gott uns im Evangelium, und wer es im Glauben akzeptiert und für sich persönlich in Anspruch nimmt, der empfängt den Heiligen Geist.
Voraussetzung dazu ist ohne Zweifel, dass ein Mensch von neuem geboren ist. Die Neugeburt ist ein Ergebnis des Wirkens des Geistes, darf aber nicht mit der Gabe des Geistes selbst verwechselt werden. Der Geist wirkt an einem Menschen, um ihn zur Buße zu leiten. Er wirkt an ihm, damit er den Herrn Jesus im Glauben annimmt. Aber erst, wenn Er das getan hat, nimmt Er persönlich Besitz von einem Glaubenden und wohnt in ihm.
Weisen wir noch kurz auf zwei Gefahren hin:
- Glauben ist nicht Erkennen: Wir dürfen Gott danken, dass Er nicht gesagt hat, dass nur der den Geist empfängt, der das Wort der Wahrheit und das Evangelium des Heils hört und versteht. Glauben bedeutet nicht verstehen. Natürlich möchte Gott, dass wir als seine Kinder in der Erkenntnis seiner Gedanken zunehmen. Aber das Verständnis der Heilsbotschaft ist nicht die Voraussetzung, um den Geist zu besitzen. Wer wollte denn schon von sich behaupten, er habe alles verstanden? Nein, Gott spricht vom Glauben, vom Annehmen dessen, was Er sagt, auch wenn wir noch nicht alles verstanden haben.
- Glauben ist nicht Fühlen: Wir empfangen den Heiligen Geist nicht, weil wir etwas in uns fühlen. Der Glaube stützt sich nie auf Gefühle, sondern ausschliesslich auf das, was Gott sagt. Nur wer sich im Glauben auf das bezieht, was Gott sagt, empfängt den Geist. Unsere Gefühle sind dabei ausgeschaltet. Wir stützen uns auf das Werk von Golgatha und auf nichts anderes.
Fassen wir noch einmal kurz zusammen: Die Gabe des Heiligen Geistes ist eine Folge davon, dass ein Mensch die Wahrheit über Gott, die Wahrheit über sich selbst und die Heilsbotschaft Gottes hört und das Gehörte im Glauben annimmt. Nur auf diesem Weg kann ein Mensch heute den Heiligen Geist als persönliche Segnung und Gabe von Gott empfangen.
Die Gabe des Heiligen Geistes in der Apostelgeschichte
Der aufmerksame Leser des Neuen Testaments wird hier vielleicht einwenden, dass es in der Apostelgeschichte einige Fälle gibt, in denen Menschen unter anderen Voraussetzungen die Gabe des Geistes bekommen haben. Abgesehen von Kapitel 2,1-4, wo wir die Taufe mit dem Heiligen Geist finden, gibt es vier Begebenheiten, wo davon berichtet wird, wie der Geist Besitz von Menschen ergreift. Diese vier Ereignisse wollen wir noch kurz besehen:
- Kapitel 2,37-41: Hier geht es um gebürtige Juden, die als Folge der ersten grossen Rede des Petrus betroffen die Frage stellen: «Was sollen wir tun, Brüder?» Petrus zeigt ihnen die Notwendigkeit der Buße und der Taufe. Erst danach konnten sie den Heiligen Geist empfangen (V. 38). Buße und Taufe werden hier besonders betont, weil es Gott in seiner Weisheit darauf ankam, dass sich gerade diese stolzen Juden demütigen sollten. Sie waren es gewesen, die ihren Messias nicht haben wollten. Sie waren es, die gerufen hatten: «Wir wollen nicht, dass dieser über uns herrsche!» Auf den Namen Dessen, den sie ans Kreuz gebracht hatten, mussten sie sich taufen lassen, d.h. sie mussten sich öffentlich zu Ihm bekennen, sonst konnte der Geist nicht auf sie kommen.
- Kapitel 8,14-17: In diesem Abschnitt ist die Rede von den Gläubigen in Samaria. Durch die Predigt des Philippus hatten jene Menschen das Wort Gottes angenommen. Sie hatten geglaubt und waren auch getauft worden, ohne jedoch den Heiligen Geist empfangen zu haben. Erst nachdem Petrus und Johannes von Jerusalem aus nach Samaria gekommen waren, empfingen auch sie die Gabe des Geistes. Neben Glaube und Taufe mussten die Apostel zunächst für sie beten und ihnen die Hände auflegen. Erst dann konnte der Geist auf sie kommen. Warum diese Voraussetzungen? Samaria und Jerusalem standen in Rivalität zueinander (vgl. z.B. Joh 4). Wäre der Heilige Geist sofort auf diese Gläubigen gekommen, so hätte die alte Rivalität zwischen Samaria und Jerusalem möglicherweise auch unter den Gläubigen weiter bestanden. Durch das Gebet und besonders durch das Auflegen der Hände der Apostel sehen wir, dass diese sich mit den Gläubigen in Samaria eins machten. Gott sorgte dafür, dass ganz klar wurde, dass es in der Versammlung keine Rivalität geben kann. Durch den Geist waren die Gläubigen ein Leib geworden, und in diesem Leib kann es nach den Gedanken Gottes nur Einheit geben.
- Kapitel 10,34-48: In diesem Bericht zeigt uns Gott, wie zum Glauben gekommene Heiden den Heiligen Geist empfingen. Hier lesen wir nichts vom apostolischen Gebet, auch nicht vom Händeauflegen, sondern schlicht und einfach vom Glauben derer, die das Wort hörten (V. 43). Als Folge ihres Glaubens empfingen sie den Heiligen Geist. Danach erst wurden sie getauft. Hier sehen wir die volle Entfaltung der Gnade Gottes, der das Heil nicht auf das Volk der Juden beschränkte, sondern alle Menschen in seinen Heilsplan einschloss. Dem Glauben derer im Haus von Kornelius war ohne Frage die Buße vorausgegangen, aber von weiteren Voraussetzungen ist nicht die Rede. Die Gläubigen empfingen unmittelbar den Heiligen Geist.
- Kapitel 19,1-6: Dieser letzte Fall betrifft Jünger, d.h. Gläubige, die noch auf jüdischem Boden standen und nicht einmal wussten, dass der Heilige Geist gekommen war. Ähnlich wie bei den Gläubigen in Samaria geht der Gabe des Geistes auch hier der Glaube, die Taufe und das apostolische Händeauflegen (hier durch Paulus) voraus. Diese Reihenfolge lässt sich damit erklären, dass diese Jünger Juden waren, die sich durch die christliche Taufe zuerst zu dem gekreuzigten Christus bekennen mussten, und dass Gott durch die Handlung des Händeauflegens das Apostelamt von Paulus bestätigen und anerkennen wollte, ebenso wie das Apostelamt des Petrus allgemein anerkannt war.
Welche Reihenfolge hat nun für uns Gültigkeit? Ein Vergleich mit dem, was wir in Epheser 1 gefunden haben, zeigt uns klar, dass die in Apostelgeschichte 10 niedergelegte Ordnung mit dem übereinstimmt, was wir in den Briefen finden und was somit auch für uns Gültigkeit hat. Die drei anderen Fälle sind einmalige Ausnahmen und besondere Ereignisse. In Kapitel 2 geht es um die Juden, die für den Tod des Herrn mitverantwortlich waren und bei denen die Taufe betont wird. In Kapitel 8 geht es um das besondere Verhältnis zwischen Samaria und Jerusalem, und in Kapitel 19 geht es um das Apostelamt von Paulus. Der Fall in Kapitel 10 jedoch beschreibt uns die Gabe des Geistes an ehemalige Heiden, und die hier erwähnte Reihenfolge ist für uns heute bindend.
Wir halten fest, dass die Gabe des Geistes eine Folge des Hörens und des Glaubens ist. Andere Voraussetzungen kennt Gottes Wort nicht. Dies wird uns auch in Galater 3,5 bestätigt, wo Paulus den Galatern die Frage stellt: «Der euch nun den Geist darreicht, … ist es aus Gesetzeswerken oder aus der Kunde des Glaubens?» Die Gabe des Geistes ist keine Folge von eigenen Werken, auch keine Folge vom Gebet oder Händeauflegen anderer, sondern eine Folge des einfachen Annehmens dessen, was Gott uns im Evangelium sagt. An dieser leicht verständlichen Wahrheit des Wortes Gottes wollen wir festhalten und anderen Stimmen kein Gehör schenken.