Gott, als Vater (2)

Die Offenbarungen vom «Vater», die der Herr Jesus seinen Jüngern, als dem gläubigen Überrest des Volkes der Juden, hier auf der Erde machte, waren überaus kostbar. Wir sahen, dass sie auch uns, die wir nun durch Gnade zur «Versammlung Gottes» gehören, viel zu sagen haben.

In den vom Heiligen Geist eingegebenen Briefen der Apostel, in denen die herrlichen Folgen des Erlösungswerkes Christi ausführlich beschrieben werden, wird uns gezeigt, dass die Gläubigen der Jetztzeit in einer noch innigeren Beziehung zum Vater stehen. Den meisten Lesern sind diese Tatsachen ja bekannt. Gleichwohl stellen wir hier einige davon in Kürze nebeneinander, damit unsere Herzen erwärmt werden.

«Ich fahre auf zu meinem Vater und eurem Vater …»

Die erste grosse Botschaft, die der Auferstandene den Seinen durch Maria Magdalene verkünden liess, lautete: «Ich fahre auf zu meinem Vater und eurem Vater und zu meinem Gott und eurem Gott» (Joh 20,17). Spüren wir etwas von seiner tiefen Freude, die in diesen Worten liegt? Das Werk, das Ihm der Vater zu tun gab, hatte Er zu dessen vollkommenen Befriedigung und völligen Freude restlos erfüllt. Das war Er sich bewusst. Auch Tod und Grab lagen hinter Ihm. Was noch fehlte, war seine ersehnte Rückkehr zum Vater, der Ihm, seinem Mensch gewordenen Sohn, sein unendliches Wohlgefallen dadurch bezeugte, dass Er Ihn mit Herrlichkeit und Ehre krönte. – Ist das der ganze Inhalt der angeführten Botschaft durch Maria? O nein! Der Auferstandene wusste: die Beziehung, in der ich als Mensch zum Vater stehe, wird von nun an auch die der Meinen sein. Das war seinem Herzen wichtig. Was alles konnte Er nun mit uns teilen!

Alles war jetzt erfüllt: Die Sünden der Seinen waren gesühnt und weggetan; sie als Personen waren für Gott erkauft; Christus hatte nach Gottes ewigem Vorsatz durch seine Leiden für sie die Herrlichkeit erworben. Durch seine Auffahrt zum Vater führte Er sie jetzt in die Stellung ein, in der Er sich selbst als Mensch und als Sohn Gottes vor dem Vater befand, wenn sie auch, bis zu seiner Wiederkunft, dem Leib nach noch in der Welt waren.

Welche Worte: Er nennt sie Brüder! Wenn Gott sein Gott und sein Vater war, so war Er auch ihr Gott und ihr Vater. Sie waren jetzt Teilhaber des Lebens, das Er in der Gegenwart Gottes besass, in der Herrlichkeit, in die Er im Begriff war einzugehen.

«Der Geist seines Sohnes in unseren Herzen»

Nicht nur das. Weil die Gläubigen, durch die Erlösung in Christus Jesus gereinigt und geheiligt, vor Gott in die Stellung von Söhnen versetzt worden sind, «hat Gott den Geist seines Sohnes in unsere Herzen gesandt, der da ruft: Abba, Vater!» (Gal 4,6). Zu welcher Vertrautheit führt uns dieser Geist! Der Sohn hat schon während seines Lebens auf der Erde die innige Verbindung der Liebe mit dem Vater verwirklicht. In Gethsemane rief Er Ihn an mit: «Abba, Vater» (Mk 14,36). Und nun dürfen wir gemeinsam mit dem Sohn das Bewusstsein der kostbaren Beziehung zum Vater teilen. In Römer 8,15 wird von uns gesagt: «einen Geist der Sohnschaft habt ihr empfangen, in dem wir rufen: Abba, Vater!» Und aus der angeführten Stelle in Galater 4,6 erfahren wir, dass Gott selbst es ist, der diesen Geist in unsere Herzen gesandt hat.

Dieser Geist der Sohnschaft «bezeugt mit unserem Geist». Er erhält in unserem menschlichen Geist das tiefe Bewusstsein, «dass wir Kinder Gottes sind» (Röm 8,16). Er zieht unsere Blicke immer wieder zum Vater hinauf und ruft uns durch die Worte des Apostels dabei zu: «Seht, welch eine Liebe uns der Vater gegeben hat, dass wir Kinder Gottes heissen sollen!» (1. Joh 3,1). Durch diesen Geist können wir alle Vorrechte der Sohnschaft geniessen, in Gemeinschaft mit dem Sohn, der uns in diese bevorrechtigte Stellung gebracht hat.

«Wenn aber Kinder, so auch Erben»

Unter den Menschen ist das Erbrecht gesetzlich geregelt. Ist jemand Sohn oder Tochter des Erblassers, so ist er auch der nächste Erbe. Das ist eine Folge seiner Kindschaft. Das Kind muss nichts zur Ansammlung des väterlichen Vermögens beigetragen haben, so kann es doch nach Testamentseröffnung das ihm zustehende Erbteil ohne Gegenleistung entgegennehmen.

So lässt Gott in seinem Wort unsere Kindschaft auch darin bestätigen, dass Er uns durch seinen Geist als solche bevorzugten Erben bezeichnet: «Wenn aber Kinder, so auch Erben – Erben Gottes und Miterben Christi» (Röm 8,17).

Doch fügt der Apostel noch hinzu: «wenn wir nämlich mitleiden, damit wir auch mitverherrlicht werden.» Solange die Kinder noch hier auf der Erde leben, werden sie unter dem sündigen und verdorbenen Zustand dieser Welt seufzen und dadurch in ihrem schwachen Mass mit Christus leiden, (manchen ist es auch geschenkt, für Christus zu leiden, – Phil 1,29). Aber wenn im zukünftigen Zeitalter alles seinen Füssen unterworfen ist, dann ist Er als Haupt über alles der Versammlung gegeben (Eph 1,22), und wir haben Teil an seinem gewaltigen Erbe (Vers 11.13.14). Für uns wird es aber das Grösste sein, dass wir in der Herrlichkeit Gottes, des Vaters, und «bei Christus» sind!

Gott, der Vater, erzieht seine Kinder aus Liebe (Heb 12,4-11)

Die Gläubigen, an die der Hebräerbrief gerichtet wurde, waren durch schwere Prüfungen geführt worden. In den «früheren Tagen», am Anfang ihres Glaubensweges, hatten sie «viel Kampf der Leiden» erduldet» (Heb 10,32). Im Anschluss an die Verfolgung, die nach der Steinigung des Stephanus begann, wurde die Versammlung in Jerusalem verwüstet. Sowohl Männer als Frauen wurden ins Gefängnis überliefert (Apg 8,1-3). Man stellte sie durch Schmähungen und Drangsale zur Schau und scheute sich nicht, ihnen ihre Güter zu rauben und damit die Grundlage ihrer äusseren Existenz wegzunehmen (Heb 10,33.34). Die gläubigen Hebräer hatten aber damals alle diese Nöte um des Herrn willen mit Freuden auf sich genommen.

Die Verfolgung seitens der ungläubigen Juden hatte bei der Niederschrift des Hebräerbriefes wohl schon etwa drei Jahrzehnte angedauert, vielleicht in unterschiedlicher Heftigkeit. Die Gläubigen waren auf dem christlichen Glaubenspfad unsicher und müde geworden. Daher musste sie der Schreiber des Briefes belehren und ermuntern. Im 12. Kapitel macht er ihnen klar, dass alle diese Drangsale und schmerzlichen Erfahrungen in der Hand Gottes, ihres Vaters, Züchtigungen zu ihrem Nutzen seien. Das sei der Beweis, dass Er sie als seine geliebten Kinder betrachte.

So laufen auf dem Weg, auf dem der Vater heute die Kinder Gottes in unendlicher Gnade, Güte und Liebe führt, auch manche seiner Züchtigungen mit. Sie mögen zur Vorbeugung oder zur Korrektur, für das Einzelne selbst und für andere sein. Er sendet sie nicht nach «Gutdünken», sondern nach göttlicher Einsicht und Weisheit. Seine Kinder sollen dadurch seiner Heiligkeit praktisch teilhaftig werden; die friedsame Frucht der Gerechtigkeit soll daraus entstehen. Rückblickend dürfen wir vielleicht heute schon etwas von den Wirkungen seiner Erziehungswege mit uns sehen. Wie aber werden wir droben im Licht den Vater dafür preisen!

«Für sich selbst»

Wie spricht doch dies alles von der Liebe unseres Gottes und Vaters zu uns! Sein Wort, besonders der Epheserbrief, bringt uns zur Kenntnis, dass ihre Wurzeln in die Ewigkeit zurückreichen. Bevor diese Welt existierte, bestand in seinem Herzen schon der göttlich grosse Ratschluss der Liebe, der jetzt in manchen Teilen in Erfüllung gegangen ist, nachdem Jesus Christus sein Erlösungswerk erfüllt hat.

Wir haben uns jetzt mit einigen Segnungen der nun bestehenden Kindesbeziehung beschäftigt, in die unser Gott und Vater uns gebracht hat. Zum Schluss sei noch eine wichtige Tatsache hinzugefügt:

Wenn Er «zuvor bestimmt hat zur Sohnschaft durch Jesus Christus», so ging es Ihm nicht nur darum, die ewige Glückseligkeit seiner Kinder vollkommen zu machen. In Epheser 1,5 finden wir die kostbare Zusicherung, dass Er es nach dem Wohlgefallen seines Willens, «für sich selbst» so haben wollte! Ihn selbst verlangte es danach, auf ewig solche als Kinder in seiner unmittelbaren Nähe, in seiner Herrlichkeit, im Vaterhaus zu haben, die einst Gottlose, Sünder und seine Feinde waren, aber jetzt heilig und untadelig vor Ihm sind in Liebe (Vers 4). Und Er hat dies zustande gebracht, indem Er seinen eigenen, vielgeliebten Sohn für uns hingegeben hat!

Was sollen wir dazu sagen? Da genügen nicht einige wenige Sätze. Auf die grenzenlose Liebe Gottes, der sich uns als Vater offenbart hat, antworten unsere Herzen mit einer ewigen Anbetung. «Und der Vater sucht solche als seine Anbeter» (Joh 4,23).