«Daher, meine geliebten Brüder, seid fest, unbeweglich, allezeit überströmend in dem Werk des Herrn, da ihr wisst, dass eure Mühe nicht vergeblich ist im Herrn» (1. Kor 15,58).
Dieser Vers bildet den Abschluss der umfassenden Lehre des Apostels über die Auferstehung. Steht auch über dem Ergebnis jeder menschlichen Tätigkeit «unter der Sonne» das Urteil: «Eitelkeit der Eitelkeiten, alles ist Eitelkeit und ein Haschen nach Wind», so ist im Gegensatz dazu jede Bemühung im Werk des Herrn «nicht vergeblich».
Offensichtlich gilt dieses Wort der Ermunterung allen Kindern Gottes, Brüdern und Schwestern jeden Alters. Jeder wird angespornt, mit Eifer – das ist die Bedeutung des Ausdrucks «überströmend» – an diesem Werk mitzuarbeiten. Unter uns hat sich für Brüder, die ihre ganze Zeit diesem Werk widmen, die Bezeichnung «Brüder im Werk des Herrn» eingebürgert. Sie ist einerseits richtig, lässt aber anderseits den Gedanken aufkommen, die übrigen Geschwister seien weniger oder gar nicht an diesem Werk beteiligt. Ein solcher Gedanke widerspräche aber dem Wort Gottes. Die Art der Aufgaben, die Tätigkeitsbereiche, sind ausserordentlich mannigfaltig. Der Herr hat für jeden seiner Erlösten, für Bruder oder Schwester, der sich Ihm willig zur Verfügung stellt, irgendeine angemessene Arbeit.
Der Dienst, den jedes Kind Gottes zu leisten hat, wird als «Werk des Herrn» bezeichnet. Es ist nicht «unser Werk», das wir nach eigenem Belieben ausführen können. Wir arbeiten in der Zeit seiner Abwesenheit in seinem Auftrag, für seine Zwecke, zu seiner Verherrlichung. Das Wort des Herrn in Markus 13,34 stellt dies besonders schön dar: «Wie ein Mensch, der ausser Landes reiste, sein Haus verliess und seinen Knechten die Gewalt gab, einem jeden sein Werk, und dem Türhüter einschärfte zu wachen.» In diesem Vers steht die Arbeit in Beziehung zum Haus Gottes auf dieser Erde und soll bis zur Wiederkunft des Herrn getan werden. Nicht irgend ein Mensch, sondern der Herr selbst teilt jedem sein Werk zu. Hier wird der Dienst des Türhüters besonders hervorgehoben, dem der Herr einschärft, in beständiger Wachsamkeit dazustehen.
Das Gleichnis der anvertrauten Talente in Matthäus 25,14-30 zeigt uns ferner, dass der Herr in göttlicher Allwissenheit und Weisheit die Fähigkeiten eines jeden seiner Knechte sehr wohl kennt, und demnach auch die Höhe der Summe, das heisst die Art der Gabe bestimmt, die Er jedem zum Handeln anvertrauen kann. Glücklich der Knecht, welcher der Weisheit seines Herrn vertraut und dankbar die empfangene Gabe, sei sie gross oder klein, treu verwaltet! Der Herr zeigt in diesem Gleichnis, dass die Knechte seinem Willen entsprachen, die mit der anvertrauten Summe handelten. Sie durften «nach langer Zeit», bei der Abrechnung, die der Herr mit ihnen hielt, sein Wort der Anerkennung vernehmen: «Wohl, du guter und treuer Knecht». Einzig der Knecht, der seinen Herrn in Wirklichkeit gar nicht kannte und Ihn als böse beurteilte, «grub die Erde auf und verbarg das Geld seines Herrn». Er weigerte sich, mit dem einen Talent, das ihm der Herr gegeben, zu arbeiten. Hätte er, im Bewusstsein seiner geringen Fähigkeit dennoch das Interesse seines Herrn im Auge behalten, so hätte er das Geld wenigstens den Wechslern übergeben, die damit, gleichsam in seinem Auftrag, das Geld richtig verwaltet hätten. Dieser Mensch war tatsächlich nur äusserlich, das heisst, einem Bekenntnis ohne Leben nach Knecht; er wurde daher in die äussere Finsternis hinausgeworfen, da wo das Weinen und das Zähneknirschen sein werden. – Wir hören in diesem Gleichnis nicht, dass die Knechte unter sich verhandelt hätten, ob und wie sie das Geld ihres Herrn nutzbringend anwenden sollten. Wozu haben sie es empfangen, wenn nicht zur treuen Verwaltung im Interesse ihres Herrn, Dem sie später, jeder für sich allein, Rechenschaft ablegen mussten?
Die Gaben des Herrn für das Werk des Dienstes, für die Auferbauung des Leibes Christi (Eph 4,11-16)
Die Talente des vorerwähnten Gleichnisses deuten auf besondere Gaben hin; dem Knecht, der eine solche Gabe empfängt, ist dadurch ein bestimmter Auftrag und eine besondere Verantwortlichkeit auferlegt.
Den gleichen Gedanken haben wir auch in Lukas 12,41-44. Der Herr hatte, in den Versen 35-40, von den Knechten im Allgemeinen gesprochen. Da stellte Petrus die Frage: «Sagst du dieses Gleichnis im Blick auf uns oder auch auf alle?» Darauf sprach der Herr von einem treuen und klugen Verwalter, welchen Er über sein Gesinde setzen werde, um ihm die zugemessene Speise zu geben zur rechten Zeit. «Glückselig jener Knecht», sagt Er dann, «den sein Herr, wenn er kommt, damit beschäftigt finden wird! In Wahrheit sage ich euch, dass er ihn über seine ganze Habe setzen wird.» Desgleichen finden wir in Epheser 4 die Erwähnung der Gaben. Wir haben dort zuerst die allgemeine Bemerkung: «Jedem Einzelnen von uns ist die Gnade gegeben worden nach dem Mass der Gabe des Christus.» Das Vorhandensein der Gaben ist ein Beweis des Sieges des Herrn, der in die Höhe hinaufgestiegen ist, die Gefangenschaft gefangen geführt und den Menschen Gaben gegeben hat. Dann erwähnt der Apostel in den Versen 11-15 die Apostel, die Propheten, die Evangelisten, die Hirten und Lehrer und den Zweck ihres Dienstes. Auch hier lesen wir wieder, dass der Herr diese Gaben gegeben hat, und zwar sind es hier die Brüder selbst, welche die Gabe des Herrn an seine Versammlung sind. Er wird ihr bis zu seinem Kommen alles geben, was sie zu ihrer Sammlung (der Dienst der Evangelisten), zu ihrer Auferbauung, Tröstung, Belehrung und zum notwendigen Hirtendienst nötig hat. Die unwandelbare Treue des Herrn bürgt dafür.
Der 16. Vers erwähnt «jedes Gelenk der Darreichung», durch welche der ganze Leib wohl zusammengefügt und verbunden wird und «nach der Wirksamkeit in dem Mass jedes einzelnen Teiles, für sich das Wachstum des Leibes bewirkt zu seiner Selbstauferbauung in Liebe.» Daraus ersehen wir, dass nicht etwa nur «die Gaben», sondern – wie es ja auch in unserem menschlichen Leib der Fall ist – die richtige Betätigung eines jeden Organs, auch des scheinbar geringsten unter ihnen, für das Gedeihen des ganzen Leibes wichtig ist.
In Römer 12,3-8 lesen wir, dass «Gott einem jeden das Mass des Glaubens zugeteilt hat», und dass wir «verschiedene Gnadengaben» haben, die nach dem Mass des Glaubens jedes Einzelnen verwendet werden sollen. Eine Besonderheit dieser Schriftstelle ist die, dass sie nach Erwähnung der Gaben (Weissagung, Dienst, Lehre, Ermahnung) sogleich zu der christlichen Tätigkeit übergeht, für welche keine besonderen Gaben nötig sind: «der gibt, in Einfalt; der vorsteht, mit Fleiss; der Barmherzigkeit übt, mit Freudigkeit.» Nach der Lehre des Apostel Paulus über den einen Leib des Christus hat jede Betätigung im Dienst des Herrn als die Funktion eines Gliedes oder Organs dieses Leibes zu geschehen.