Das Werk des Herrn (3)

Der Diener und die Dienste

Der Diener des Herrn und die örtliche Versammlung

In den bereits betrachteten Abschnitten stellten wir fest, dass der Herr oder der Heilige Geist oder Gott selbst die Gaben verleihen und selber die Aussendung der Knechte bestimmen. Was sagt nun Gottes Wort über die Verantwortung einer örtlichen Versammlung in diesem Zusammenhang?

In einer Hinsicht untersteht jeder, auch der begabteste Bruder, dem Urteil aller Versammlungen: Sie haben nach 1. Korinther 14,29 zu «urteilen», ob in seiner Verkündigung unvermischte Wahrheit dargeboten wird.

In Apostelgeschichte 13,2 sehen wir, dass der Heilige Geist Barnabas und Saulus zu dem Werk berief, als die Brüder der Versammlung in Antiochien dem Herrn dienten und fasteten. Die Interessen des Herrn, sein Werk, lag ihnen am Herzen. Die Aussendung der Arbeiter durch den Heiligen Geist wird damit in Beziehung gebracht. Als der Herr von der grossen Ernte und den wenigen Arbeitern zu den Jüngern sprach (Mt 9,37-38), sagte Er ihnen nicht: Sendet Arbeiter aus, sondern: «Bittet nun den Herrn der Ernte, dass er Arbeiter aussende in seine Ernte.» So wurden auch die Gebete der Brüder in Antiochien diesem Wort gemäss erhört. Als sie dann die Weisung des Heiligen Geistes vernommen hatten, fasteten und beteten sie; und als sie ihnen die Hände aufgelegt hatten, entliessen sie sie. «Sie nun», fährt das Wort weiter, «ausgesandt von dem Heiligen Geist, gingen hinab», usw. (Verse 3 und 4). In Apostelgeschichte 14,26 lesen wir, dass Paulus und Barnabas nach Antiochien zurückkehrten, «von wo sie der Gnade Gottes befohlen worden waren zu dem Werk, das sie erfüllt hatten.» Als Paulus zum zweiten Male ausreiste, jetzt mit Silas, zog er aus «von den Brüdern der Gnade Gottes befohlen» (Kapitel 15,40).

Von Timotheus wird gesagt (Kapitel 16,2), dass er von den Brüdern in Lystra und Ikonium ein gutes Zeugnis gehabt habe. Der Apostel ermahnt ihn später: «Vernachlässige nicht die Gnadengabe in dir, die dir gegeben worden ist durch Weissagung mit Auflegen der Hände der Ältestenschaft» (1. Tim 4,14). Und ein anderes Mal: «Ich erinnere dich, die Gnadengabe Gottes anzufachen, die in dir ist durch das Auflegen meiner Hände» (2. Tim 1,6).

Ein gutes Zeugnis von den Brüdern der örtlichen Versammlung ist für einen Bruder, der eine Gabe hat und sie über den örtlichen Kreis hinaus auszuüben berufen ist, heute ebenso notwendig wie damals. Wie könnte einer anderswo in Segen arbeiten, wenn er sich an seinem eigenen Ort nicht bewährt hat? Eine Versammlung wird einem Bruder, der ein gutes Zeugnis hat, ein solches nicht verweigern und wird in einem solchen Fall auch nicht zögern, ihn der Gnade Gottes anzubefehlen. Das Auflegen der Hände der Brüder von Antiochien bei Barnabas und Saulus hatte den Sinn des Sicheinsmachens mit ihnen, in dem Werk, zu dem sie berufen worden waren; es war der Ausdruck ihrer inneren Anteilnahme und Gemeinschaft.

Bei Timotheus kam noch eine Bezeichnung durch Weissagung hinzu, die heute, in den Zeiten des Niedergangs der Christenheit, nicht mehr erfolgt, und auch die apostolische Autorität des Paulus fehlt uns gänzlich.

Wir sehen hier durchwegs, dass die örtlichen Versammlungen in Antiochien, Lystra und Derbe, am Weggang der Brüder ins Werk des Herrn Anteil nahmen. Wir lesen aber nicht, dass man von dort aus zuerst die Zustimmung der Apostel in Jerusalem eingeholt hätte.

Ähnlich verhält es sich mit Apollos, der nur mit einem Empfehlungsbrief der Brüder in Ephesus nach Korinth reiste und dort sehr nützlich war (Apg 18,24-28). Trotzdem Aquila und Priszilla mit dem Apostel Paulus sehr verbunden waren, hören wir nicht, dass sie zuerst mit ihm hierüber Rücksprache genommen hätten. Auch aus einer späteren Begebenheit geht hervor, dass der Apostel die direkte Abhängigkeit des Apollos vom Herrn durchaus anerkannte. (Siehe 1. Kor 16,12 und Titus 3,13). Er rechnete ihn nicht zu der Zahl seiner Mitarbeiter.

Die sorgfältige Beachtung aller Richtlinien des Wortes wird naturgemäss sowohl für den Einzelnen, den der Herr beruft, als auch für jede örtliche Versammlung innere Nöte mit sich bringen, die dazu führen, uns alle in der Abhängigkeit des Herrn zu bewahren. Die Befugnisse einer örtlichen Versammlung oder einer weiteren Brüderschaft gehen nicht über das hinaus, was wir hier betrachtet haben. Alles Weitere hat sich der Herr selbst oder der Heilige Geist vorbehalten.

Ist der Bruder, der vom Herrn eine Gabe empfangen hat, betreffs ihrer Ausübung über den örtlichen Kreis hinaus innerlich geübt, soll er in der Abhängigkeit vom Herrn beginnen, damit zu arbeiten. Er ist Ihm hierfür verantwortlich. Wo finden wir in der Schrift, dass er warten müsste, bis ihn die Brüder am Ort dazu auffordern oder ermuntern? Dieser Gedanke hat zwar den Schein der Bescheidenheit, entspricht aber nicht den Gedanken des Herrn und kann zu grossen Zeitverlusten führen, weil die Brüder keine Weisung haben, solches zu tun. Am Tag der Abrechnung wird ein solcher Bruder dem Herrn keinen triftigen Entschuldigungsgrund vorlegen können, wenn er die Gabe brachliegen liess.

In 2. Korinther 10,18 lesen wir: «Denn nicht der ist bewährt, der sich selbst empfiehlt, sondern der, den der Herr empfiehlt.» Auch hier wird die Empfehlung durch den Herrn und nicht die Empfehlung durch die Brüder erwähnt. Der Herr vermag einen begabten Bruder, der innerlich recht steht, wohl zu beglaubigen; andernfalls, wenn eine falsche Anmassung vorliegen sollte, wird Er ihn aber als unbewährt offenbar machen. Die Nöte, die durch diese Tatsachen entstehen, sind für alle Beteiligten heilsam. Sie bewahren uns in der Abhängigkeit des Herrn, und sie sollten durch keine menschliche Einrichtung umgangen werden.

Sind wir bezüglich der grossen Ernte und der wenigen Arbeiter geübt, so lasst uns den Herrn der Ernte um solche bitten. Er selbst wird sie bestimmen, wie der Heilige Geist es einst in Antiochien getan hat.

Die Dienste innerhalb der örtlichen Versammlungen

Der Herr liebt und nährt und pflegt seine Versammlung. Entsprechend seiner eigenen Liebe und Fürsorge für sie schätzt Er jeden treuen Dienst, der zum Wohl einer örtlichen Versammlung gereichen kann.

Der Apostel Paulus setzte in den Versammlungen, die durch seine Arbeit entstanden, Älteste ein. Er tat dies kraft seiner apostolischen Autorität oder er beauftragte seine Mitarbeiter, es zu tun (vgl. Apg 14,23; Tit 1,5). In seinen Weisungen an Timotheus (1. Tim 3,1-7) und an Titus (1,6-9) nennt er die Eigenschaften, die für ein solches Amt notwendig waren. Es sind vor allem Eigenschaften der Treue und Gottseligkeit und eine gewisse Reife des Alters, die dem Ältesten vor den Geschwistern moralische Autorität oder Respekt verliehen, und er musste auch die Fähigkeit besitzen, zu lehren, zu ermahnen und zu überführen. Solche, die wohl vorstanden, sollten doppelter Ehre würdig geachtet werden, besonders, die da arbeiten in Wort und Lehre (1. Tim 5,17-19). Besondere Gaben des Geistes waren nicht Vorbedingung für einen solchen Dienst, aber sie konnten dabei sehr nützlich sein, und bei einigen waren sie auch vorhanden. Gegen einen Ältesten durfte keine Klage angenommen werden, ausser bei zwei oder drei Zeugen (1. Tim 5,19). Die Ermahnungen an die Ältesten, sowohl vom Apostel Paulus als auch vom Apostel Petrus zeigen, dass der Hirtendienst in den Versammlungen in der Hauptsache den Ältesten oblag: «Habt acht auf euch selbst und auf die ganze Herde, in der euch der Heilige Geist als Aufseher gesetzt hat, die Versammlung Gottes zu hüten, die er sich erworben hat durch das Blut seines Eigenen» (Apg 20,28). «Hütet die Herde Gottes, die bei euch ist … und wenn der Erzhirte offenbar geworden ist, so werdet ihr die unverwelkliche Krone der Herrlichkeit empfangen» (1. Pet 5,2-4).

Wir besitzen heute keine Autorität, um uns in den Versammlungen Älteste zu erwählen. Da, wo der Herr aber Brüder schenkt, welche die entsprechenden Eigenschaften der Treue und der Gottseligkeit aufweisen und die sich um das Wohl der Seelen und der Herde bemühen, hindert uns nichts daran, sie dementsprechend zu achten und fügsam zu sein, wie wir in Hebräer 13,17 ermahnt werden: «Gehorcht euren Führern und seid fügsam; denn sie wachen über eure Seelen (als solche, die Rechenschaft geben werden), damit sie dies mit Freuden tun und nicht mit Seufzen; denn dies wäre euch nicht nützlich.»

Neben den Ältesten gab es auch Diener (Diakonen), die sich, im Gegensatz zu den Ältesten, mehr mit den äusseren Belangen der örtlichen Versammlungen befassten. Für dieses Amt waren, wie bei den Ältesten, gewisse sittliche Merkmale Voraussetzung, wie dies aus 1. Timotheus 3,8-10, hervorgeht.

In Apostelgeschichte 6,1-6 sehen wir zum Beispiel, dass die Versammlung auf Anweisung der Apostel sieben Männer «von gutem Zeugnis, voll Heiligen Geistes und Weisheit» erwählte und über die Verwaltung der Gaben und über die Darreichung an die Bedürftigen setzte.

Solche und andere Dienste, die mehr das äussere Wohl der örtlichen Versammlung und der Geschwister betreffen, bestehen auch heute noch. Wenn sie treu ausgeübt werden, erweisen sie sich als sehr nützlich, ja als unentbehrlich. So braucht es auch Brüder, die mit Umsicht das Brot und den Kelch herumreichen; andere, die das Lokal verwalten und besorgen, usw. Alle diese Dienste werden meistens still und unauffällig verrichtet; sie entgehen aber dem freundlichen und wachsamen Auge des Herrn nicht; sie finden seine Anerkennung, und Er wird sie belohnen.

Der Apostel erwähnt in seinen Grüssen an die Heiligen in Rom mehrere Schwestern, die innerhalb ihres Bereiches dem Herrn dienten und sehr ehrenvoll dastehen: Phöbe war eine Dienerin der Versammlung in Kenchreä; Priska empfing mit ihrem Mann ein ausnehmend schönes Zeugnis; Maria hat «sehr für euch gearbeitet»; von Tryphäna und Tryphosa wird gesagt: «Sie arbeiten im Herrn»; Persis, die Geliebte, «hat viel gearbeitet im Herrn». Betreffs der Evodia und der Syntyche schreibt der Apostel in Philipper 4,3: «Ja, ich bitte auch dich, mein treuer Mitknecht, stehe ihnen bei, die in dem Evangelium mit mir gekämpft haben.»

Alle diese Dienste in den örtlichen Versammlungen gehören zum Werk des Herrn, so gut wie die Ausübung der Gaben in ihrem ausgedehnteren Bereich, und schliessen, wie wir gesehen haben, auch die Arbeit der Schwestern mit ein.