Der Messias kommt zu seinem Volk (1)

Matthäus 8

Ein Überblick über Matthäus 8 – 12

Das Matthäus-Evangelium stellt uns den Herrn Jesus als den Sohn Davids und den Sohn Abrahams vor. Er ist der rechtmässige König, den Gott seinem irdischen Volk gesandt hat. Doch die Rechte von Christus sind umfassender. Er ist auch der Sohn Abrahams, in dem alle Verheissungen erfüllt werden, die Gott jenem Patriarchen gab. So ist Christus die Grundlage des Segens für die ganze Welt, und zugleich gehören Ihm alle Nationen als Erbteil.

In den Kapiteln 8 – 12 haben wir einen entscheidenden Abschnitt in der Berichterstattung von Matthäus. Der Messias ist seinem Volk angekündigt und in sein Volk hineingeboren worden – Gott mit uns (Kap. 1 und 2). Nach der Einführung durch seinen Vorläufer und nach der Versuchung durch Satan sehen wir, dass der König einen dreifachen Dienst in Israel tut (Kap. 3 und 4):

  1. Er lehrt in den Synagogen;
  2. Er predigt das Evangelium des Königreiches, und
  3. Er vollbringt Wunder in Galiläa und in angrenzenden Gegenden.

Danach stellt der König die Grundsätze seines Reiches vor (Kap. 5 – 7). Er handelt auf der Basis dieser Grundsätze mit seinem Volk und offenbart ihnen, dass Er ihr Gutes, ihr Heil sucht, dass Er ein geduldiges Leben des Zeugnisses für seinen Gott führt, bis Er verworfen wird. Er wirkt als der HERR (Jahwe) und ist doch zugleich der gehorsame Mensch Jesus, der den Zugang in sein Königreich für die Nationen ankündigt, dessen gegenwärtige Form in dieser Welt als ein Geheimnis angekündigt wird (Kap. 13).

In Matthäus 8 – 12 entscheidet sich die Zukunft des Volkes Israel. Genau genommen sind es die Nachkommen der Übriggebliebenen, die in der Zeit Serubbabels aus dem Exil in Babylon in das Land Israel zurückgekommen sind. Werden sie den Messias aufnehmen?

Bereits in Kapitel 2 und 3 findet man Andeutungen für das ablehnende Verhalten des Volkes. In den fünf genannten Kapiteln vollbringt der Herr Jesus ein Zeichen nach dem anderen – die meisten direkt zugunsten seines Volkes. Hätte das Volk Den, der sich so als der von Gott verheissene Messias erwies, nicht annehmen müssen?

Doch sie verwerfen ihren eigenen König, auf den sie so lange gewartet haben. Diese Ablehnung gipfelt darin, dass die Führer des Volkes das vollkommene Wirken des Herrn Jesus in der Kraft des Heiligen Geistes dem Obersten der Dämonen, Beelzebul, zuschreiben. In Kapitel 12 nimmt Jesus deutlich Stellung zu dieser Bosheit. Nachdem das Volk Ihn verworfen hat, verwirft auch Er sein eigenes Volk und stellt es für eine Zeit auf die Seite (Kap. 13).

Gründe für die Zeichen des Messias

Warum vollbrachte der Herr Jesus so viele Zeichen?

  1. Manche denken, dass Er dadurch beweisen wollte, dass Er wirklich der Messias Gottes für sein Volk war. Diese Überlegung übersieht jedoch, dass der Herr Jesus die Menschen nicht durch äussere Taten beeindrucken, sondern ihre Herzen und Gewissen erreichen wollte. Zudem sagte Er zu Thomas: «Glückselig sind, die nicht gesehen und doch geglaubt haben» (Joh 20,29).
  2. Christus konnte nicht anders handeln, denn Er war Emmanuel (= Gott mit uns). Wenn der Mensch gewordene Sohn Gottes Krankheit, Elend und Leid bei den Menschen sah, konnte Er nicht anders als sein Herz voller Barmherzigkeit zu öffnen, um den Menschen zu helfen. Wir werden an Richter 10,16 erinnert: «Die Seele des HERRN wurde ungeduldig über die Mühsal Israels.»
    Christus ist Gott selbst. Wenn Er als solcher handelt, tut Er es immer in göttlich grosser Gnade. So wendet Er sich dem Sünder zu, wenn dieser bereit ist, Ihn aufzunehmen.
  3. Christus hatte hier nur ein Ziel: den Vater zu verherrlichen (Joh 17,4). Wann immer Er ein Zeichen tun konnte, um den Vater, den Er hier auf der Erde offenbarte, zu verherrlichen, dann tat Er es. Manchmal konnte Er keine Wunder tun, weil es nicht zur Ehre Gottes gewesen wäre.
  4. Der Herr Jesus hat nur das getan, was Ihm der Vater aufgetragen hat: «Meine Speise ist, dass ich den Willen dessen tue, der mich gesandt hat, und sein Werk vollbringe» (Joh 4,34). Ohne Auftrag von oben vollbrachte Er kein Wunder.
  5. Dem Elend von uns Menschen konnte der Herr nur dadurch begegnen, dass Er Wunder über Wunder tat. Anders war uns nicht zu helfen. Er sah unser Elend und wollte uns nicht darin bleiben lassen. Daher die vielen Wunder. Es waren Handlungen der Macht Gottes, der in Güte die Welt besuchte. Kein einziges hat Er zu seinen Gunsten getan.

Es mag noch weitere Gründe für das wunderbare Wirken von Jesus geben, aber diese zeigen klar, dass es Ihm nie um sich, sondern immer um die Ehre seines Vaters und das Wohl der Menschen ging.

14 Zeichen

Im Folgenden eine Liste der Zeichen, die in diesen Kapiteln vorkommen:

  1. Die Reinigung des Aussätzigen. Jesus rührt ihn an (Kap. 8,2-4).
  2. Die Heilung des Knechts des Hauptmanns. Jesus heilt durch sein gesprochenes Wort, erfreut über den Glauben des Römers (Kap. 8,5-13).
  3. Die Heilung der fieberkranken Schwiegermutter von Petrus. Der Herr rührt sie an (Kap. 8,14.15).
  4. Die Heilung aller Leidenden, die zu Ihm gebracht wurden, durch sein Wort (Kap. 8,16.17).
  5. Das Beruhigen des Sturms durch das Schelten von Wind und See mit seinem Wort (Kap. 8,23-27).
  6. Die Heilung von zwei Besessenen. Seine Anwesenheit führt dazu, dass die Dämonen aus den Menschen ausfahren und in die Schweine fahren (Kap. 8,28-34).
  7. Die Heilung eines Gelähmten. Der Messias heilt gemäss Psalm 103,3 und Jesaja 35,6 durch sein Wort Seele und Körper (Kap. 9,1-8).
  8. Eine blutflüssige Frau wird geheilt, indem sie Jesus anrührt (Kap. 9,20-22).
  9. Ein soeben verstorbenes Mädchen wird auferweckt. Jesus ergreift es bei der Hand (Kap. 9,23-26).
  10. Zwei Blinde werden sehend (Jes 35,5). Er rührt ihre Augen an (Kap. 9,27-31).
  11. Ein besessener, stummer Mann wird geheilt (Jes 35,6). Er heilt durch sein Wort (Kap. 9,32-34).
  12. Jede Krankheit und jedes Gebrechen wird geheilt, und zwar durch sein Wort, wie Jesaja 61,1 es uns zeigt (Kap. 9,35).
  13. Eine verdorrte Hand wird wieder gesund. Er heilt durch sein Wort (Kap. 12,9-14).
  14. Ein blinder und stummer Besessener wird von Ihm geheilt (Kap. 12,22; siehe dazu Jes 35,5.6).

Es fällt auf, dass sowohl in Kapitel 8 als auch in Kapitel 9 jeweils von 6 Zeichen die Rede ist. Jesus hat alles getan, um seinem Volk Rettung zu bringen, innerlich und äusserlich. Daher so ausserordentlich viele Zeichen in so kurzer Zeit. 12 Zeichen: sozusagen für jeden Stamm eines. Doch das Volk lehnte den eigenen König, der diese Zeichen bewirkte, ab. So nimmt ihre Zahl ab, bis schliesslich in Kapitel 12 das Gericht angekündigt wird. Der König wird verworfen und die Aufrichtung seines Königreichs in Herrlichkeit wird auf später verschoben. Israel und die Nationen müssen zusammen mit der seufzenden Schöpfung warten, bis die in Jesaja 35 beschriebene Herrlichkeit des Königreichs und des Königs Wirklichkeit werden.

Die vierzehnfache Ablehnung des Königs

Vor dem Hintergrund seines gnädigen Wirkens tritt die Verwerfung des Messias durch sein Volk besonders krass zutage:

  1. Wo bleibt das Zeugnis des Priesters, dass Gott hier ein Wunder gewirkt hat (Kap. 8,4)?
  2. Nach der Heilung der beiden Besessenen weisen die Bewohner der Stadt den Retter ab. Er soll aus ihrem Gebiet weggehen (Kap. 8,34).
  3. Die Schriftgelehrten nehmen die Worte zur inneren Heilung des Gelähmten zum Anlass, dem Herrn Lästerung vorzuwerfen (Kap. 9,3).
  4. Auf die Berufung des Zöllners Matthäus reagieren die Pharisäer mit Kritik (Kap. 9,11).
  5. Die Jünger des Johannes werfen dem Herrn vor, seine Jünger würden nicht genug fasten (Kap. 9,14).
  6. Auf die Worte Jesu, das gestorbene Mädchen «schlafe» nur, verlachen sie Ihn (Kap. 9,24).
  7. Die geheilten Blinden handeln gegen seine Anweisung. Anstatt die Sache für sich zu behalten, machen sie Ihn überall bekannt (Kap. 9,31).
  8. Die Heilung eines stummen, besessenen Menschen nehmen die Pharisäer zum Anlass, Ihm vorzuwerfen, Er treibe Dämonen durch den Fürsten der Dämonen aus (Kap. 9,34).
  9. Sogar Johannes der Täufer kommt trotz der geschehenen Wunder ins Zweifeln, ob Er wirklich der Kommende sei (Kap. 11,3).
  10. Das Volk nennt den Herrn Jesus einen «Fresser und Weinsäufer, einen Freund von Zöllnern und Sündern» (Kap. 11,19).
  11. Die Pharisäer kritisieren den Herrn, weil seine Jünger am Sabbat Ähren abpflückten (Kap. 12,2).
  12. Nach der Heilung des Menschen mit der verdorrten Hand halten die Pharisäer Rat gegen Christus, «wie sie ihn umbrächten» (Kap. 12,14).
  13. Die Pharisäer schreiben das Wundertun Jesu dem Obersten der Dämonen, Beelzebul, zu (Kap. 12,24-37).
  14. Die Pharisäer verlangen von Dem, der sich bis dahin so oft als Messias legitimiert hat, ein Zeichen als Beweis seiner Messias-Rechte. Damit verwerfen sie alle bis dahin vollbrachten Wunder (Kap. 12,38).

Diese Hinweise zeigen einerseits, dass der Herr Jesus in Vollkommenheit und in einer vollkommenen Zahl Zeichen vollbracht hat. Anderseits sehen wir, dass seine Verwerfung vollständig ist. Es gibt keine Gruppe von Menschen – ausser seine Jünger –, die diese Verwerfung nicht mitgemacht hätte. Der Herr Jesus wird vom ganzen Volk inklusive der Führer als Messias abgelehnt.