(Gedanken zum Buch des Propheten Maleachi)
Kapitel 1 – Geliebt, aber keine Antwort der Liebe
Die Last – für ganz Israel
«Ausspruch des Wortes des HERRN an Israel durch Maleachi» (V. 1).
Das hebräische Wort für «Ausspruch» kann auch mit «Last» übersetzt werden (siehe die Fussnote zu Jeremia 23,33.34).
Last und Ausspruch
Der Ausspruch des HERRN ist also eine Last. Für wen? Für Gott und den Propheten. Wenn Gott eine solch ernste Sprache führt, tut Er das nicht gern. Das belastet Ihn. Gott ist ein heiliger Gott, aber Er hat keine Freude am Strafen. Es ist Ihm eine «Last», so ernst zu reden, aber Er muss es doch tun. Und auch der Prophet musste so reden.
Wir finden etwas Ähnliches im Brief des Judas. Judas hätte gern über gute, schöne und erbauliche Dinge geredet. Aber er musste ermahnen, für den einmal den Heiligen überlieferten Glauben zu kämpfen. Er musste eigentlich über Trauriges sprechen. Das ist für den, der sich auf die Seite Gottes stellt, nie ein Vergnügen. Es ist vielmehr eine Belastung.
Es war wohl für Maleachi wie für Jeremia und andere Boten nicht leicht, Trauriges zu sagen. Normalerweise redet man lieber über Schönes. Doch man muss zuweilen etwas Ernstes sagen.
Maleachi ist gehorsam. Er begehrt nicht auf wie Jona. Er nimmt den Auftrag an, redet und tritt ab. Das ist das Wichtige für einen Diener. Er tut das, was ihm gesagt wird, tritt dann ab und überlässt das Weitere seinem Gott.
Eine Botschaft an ganz Israel
Ein anderer Punkt fällt auf, wenn es heisst: «Ausspruch (Last) an Israel durch Maleachi.» Warum ist das so interessant? Weil Israel als Volk gar nicht mehr bestand! Es gab am Ort der Anbetung in Jerusalem nur eine relativ kleine Gruppe von zurückgekehrten Juden. Nicht einmal die zwei Stämme Juda und Benjamin waren vollständig zurückgekehrt, geschweige denn die übrigen zehn Stämme. Und doch wendet Gott sich hier an Israel.
Darin erkennt man einen Grundsatz, der immer gilt. Gott hat auch da, wo der Mensch Zersplitterung angerichtet hat, das Ganze im Auge, als wenn es keine Trümmer gäbe! Gott sah hier ganz Israel. So ist es auch im Jakobus-Brief, der an die 12 Stämme Israels gerichtet ist. Den gleichen Grundsatz findet man durchweg in den Büchern nach der Verbannung. Immer steht das ganze Volk im Blickfeld Gottes.
Diese Bücher sind also nicht nur an die Zurückgekehrten gerichtet, sondern an ganz Israel. So dürfen wir heute die Belehrungen der Schrift, die alle Christen angehen, in diesem Glauben zu verwirklichen trachten, als wenn es keine Zersplitterung gäbe. Das war das Anliegen unserer geschätzten Brüder aus dem 19. Jahrhundert gewesen. Sie wollten keine «Brüderbewegung» ins Leben rufen, sondern einfach zu den Anfängen der neutestamentlichen Belehrungen zurückgehen, als wenn es keine Trennungen gegeben hätte. Sie kamen einfach auf der Grundlage des Wortes Gottes zusammen. Wenn man das begriffen hat, kann man nicht einfach irgendwohin gehen. Diese Glaubenden damals haben verstanden: Die ganze Versammlung ist gemeint. Das haben sie in grosser Glaubenstreue festgehalten.
In unserem Abschnitt könnte man sagen, dass es damals zwei grosse Gruppen gab. Da waren erstens die Vielen, die in Babel und in den Ländern zurückgeblieben waren und sich nicht um den Aufruf von Kores kümmerten. Sie blieben «daheim», es ging ihnen inzwischen gut. Doch sie waren am falschen Ort, in der falschen Stellung und in einem falschen Zustand.
Die andere Gruppe sind die, die unter Serubbabel dem Aufruf gefolgt waren. Der HERR rief sie heraus, um den Altar in Jerusalem aufzurichten. Diese Leute waren nicht mehr in der falschen Stellung und nicht mehr in der Gefangenschaft. Sie befanden sich am richtigen Ort. Sie waren nicht mehr in Babel. Doch ihr innerer Zustand war genauso schlecht wie es vorher der Fall war. Deshalb musste Maleachi zu ihnen reden.
Die Belehrung ist diese: Man kann äusserlich richtig zu stehen scheinen und doch innerlich eine ganz traurige Haltung einnehmen. Das ist sehr ernst. Gott sieht die Herzen an. Denken wir an die ernsten Verse aus Jeremia 7,3-7! Da beriefen sie sich darauf, den Tempel des HERRN zu besitzen. Aber Gott beeindruckte das nicht. Er musste das Volk in die Gefangenschaft schicken.
Hier in Maleachi finden wir eine kleine Anzahl von Leuten, die nicht mehr treu waren, und doch spricht Gott sie an, als wären sie das ganze Israel. Und wie spricht Er sie an!
Die verschmähte Liebe des HERRN
«Ich habe euch geliebt, spricht der HERR» (V. 2).
Gott spricht hier den zentralen Gedanken in diesem Prophetenbuch aus: «Ich habe euch geliebt.» Das ist etwas Grossartiges, dass Gott dies im Alten Testament sagt. Und diese Tatsache finden wir öfter in der Schrift, auch im Alten Testament.
In 5. Mose 7,8 liest man von «der Liebe des HERRN zu euch». In Jeremia 31 spricht Gott von seiner ewigen Liebe und dass Er sich nicht geändert hat. Er hat sein Volk geliebt. Wie spricht dies unsere Herzen an!
Wir betrachten diese alttestamentlichen Stellen vor dem Hintergrund des Neuen Testaments, in dem die Liebe Gottes im Zentrum steht. Wenn jemand verstehen kann, was die Liebe Gottes ist, dann sind es wir Christen.
Doch auch schon im Alten Testament werden Personen vom Gedanken an die Liebe Gottes erfüllt: «Der HERR hat uns lieb.» Das beflügelte sie, Hand anzulegen und zu arbeiten, wo alles traurig war. Das darf auch uns anspornen, Hand anzulegen und aktiv zu werden, auch da, wo zumindest äusserlich wenig Erfreuliches zu sehen ist.
Eine Antwort auf die Liebe des Herrn
Gott sagt auch jetzt noch: «Ich liebe euch.» Wenn wir wieder an die Geschwister aus dem 19. Jahrhundert denken: Was hat sie bewegt? Im tiefsten Grund der einfache Gedanke: Unser Herr hat uns geliebt. Er hat die Versammlung geliebt. Lohnt es sich da nicht, einmal zu fragen, was Gott denn über die Versammlung sagt? Genau das haben die Geschwister damals getan.
Und die Folge? Getrieben von dieser Liebe haben sie Schriften verfasst, die von dem Erlebnis der Errettung handeln. Mit diesem Bewusstsein der Liebe des Herrn haben sie das Wort Gottes neu untersucht und haben festgestellt, was die Bibel alles über diese wunderbare Versammlung Gottes sagt. Sie nahmen Nachteile in Kauf, ihre Karriere stand oft auf dem Spiel. Aber das Bewusstsein der Liebe ihres Herrn war ihnen wichtiger. Deshalb gehorchten sie dem Wort Gottes.
Denken wir daran, was sie alles erfasst und verstanden und worüber sie geschrieben haben: die Berufung der Versammlung, das Wirken des Heiligen Geistes, den Tisch des Herrn, das Vorhandensein des einen Leibes, das Bewahren der Einheit des Geistes in dem Band des Friedens; den Dienst, den die Gläubigen ausüben dürfen: örtlich der Dienst der Ältesten und Diener, überörtlich die Ausübung der Gaben, die Christus gibt. Das hat ihre Herzen bewegt. Sie sprachen davon, weil ihre Herzen davon erfüllt waren, und zwar von der Liebe des Herrn zu seiner Versammlung.
Ich frage mich, wie das bei mir ist, und ich darf die Frage auch weitergeben. Wenn ich verstehe, wie Er die Versammlung geliebt hat, dann habe ich das Verlangen, mehr davon zu verstehen, was von ihr im Neuen Testament gesagt wird. Dann falle ich nicht um, wenn ein Sturm kommt.
Daher sollten wir uns alle fragen, was diese Versammlung eigentlich ist. Viele von uns sind verheiratet. Manche sind vielleicht verlobt. Wenn ich weiss, dass da jemand ist, der mich liebt, dann frage ich mich doch, was ihm gefällt. Kann ich etwas aus dem Leben dessen, der mich liebt, lernen, was ich vielleicht noch nicht kenne? Dieses Gefühl der Liebe sollten wir auf die Versammlung übertragen. Daher fragen wir uns: Was sagt der Herr über diesen Gegenstand der Liebe? Ich möchte sie auch so lieben, wie Er sie liebt! Und dann habe ich den Wunsch, mehr von dieser Versammlung zu lernen! Und vielleicht lese ich dann mit Interesse und innerem Gewinn ein belehrendes Buch über die Versammlung des lebendigen Gottes.
Die böse Gegenrede des ungläubigen Volkes
«Ich habe euch geliebt, spricht der HERR; aber ihr sprecht: ‹Worin hast du uns geliebt?›» (V. 2).
Sofort finden wir hier diese böse Gegensprache, dieses Gegenargument. Äusserlich gesehen hatten sie sogar recht. Gott hatte wiederholt die Verheissung gegeben, dass Israel das erste Volk in der Welt sein sollte. Nichts davon war jedoch passiert. Im Gegenteil! Die Juden waren von den Persern versklavt worden. Doch diese Sichtweise war sehr oberflächlich. Wenn man sich den Blick öffnen lässt, erkennt man, dass die Liebe Gottes da war, und dass sie sich auch bei Israel gezeigt hat.
Wie viele Menschen – auch in unseren Tagen – machen sich über den Gott der Liebe lustig, der alles Böse zuzulassen scheint. Wir wissen, dass das Kreuz von Golgatha der Beweis dafür ist, dass Gott Liebe ist. Haben wir das erkannt, dann kann uns keiner mehr davon abbringen.
«Worin hast du uns geliebt?» Das ist die rebellische Sprache dieser Menschen, die zu Gottes Volk gehörten. Es geht nicht um heidnische Babylonier oder sonstige Heiden, sondern um Leute, die um und in Jerusalem lebten, die sich äusserlich zu Gott bekannten und doch solch eine böse Sprache führten! Gott selbst gibt ihnen eine Antwort.
Jakob geliebt – Esau gehasst
«War nicht Esau der Bruder Jakobs?, spricht der HERR. Und ich habe Jakob geliebt, Esau aber habe ich gehasst, und ich habe seine Berge zur Wüste gemacht und sein Erbteil für die Schakale der Steppe» (V. 2.3).
Wir verstehen, dass Gott am Beispiel der beiden Brüder Esau und Jakob deutlich macht, welch eine Sonderstellung Jakob und seine Nachkommen einnahmen. Wir lesen schon sehr früh, dass Gott dies sagt. Schon vor der Geburt heisst es: «Der Ältere wird dem Jüngeren dienen» (1. Mo 25,23). In 1. Mose 25 geht es um das Erstgeburtsrecht von Esau. Da lesen wir, dass sich Jakob auf eine höchst traurige Weise benimmt. Er erwirbt dieses Erstgeburtsrecht, obwohl er das nicht tun durfte. Und in Kapitel 27 erfahren wir, dass Jakob sich den Segen seines Vaters durch Lügen erschleicht. Da haben wir wohl zunächst mehr Sympathie für Esau. Doch wir müssen lernen, mit den Augen Gottes zu beurteilen.
Gottes Wort macht uns in 1. Mose 25 zunächst deutlich, dass Gott in seiner Auswahl souverän ist. Er ist über unser kleines Augenmass erhaben. Ob wir das persönlich so sehen oder nicht, ist nicht wichtig. Wenn Er eine Beurteilung abgibt und in seiner souveränen Weise handelt, haben wir das zu akzeptieren.
Die Schrift nennt Esau in Hebräer 12 einen Ungöttlichen und Hurer. Und wenn wir durch die weitere Geschichte gehen, sehen wir, dass Esaus Nachkommen zu den ärgsten Feinden Israels gehörten. Es gibt wohl in der Bibel kaum ein böseres Volk als die Edomiter, die Nachkommen Esaus. Darum diese Aussage Gottes in Maleachi 1,2. Das hätte eigentlich einen Juden sofort überzeugen müssen. Wenn wir das heute lesen, dann haben wir Schwierigkeiten damit, wie Gott jemand hassen kann. Wir müssen uns jedoch sagen lassen, dass Gott uns sein Werturteil erst am Ende der Geschichte, am Ende des Alten Testaments mitteilt.
Im Vergleich mit anderen Stellen zeigt sich, dass sich die Sprache der Schrift durchaus von unserem Denken unterscheiden kann. Manchmal spricht sie von hassen, wenn sie meint, jemand weniger zu lieben als einen anderen, also nicht so absolut, wie wir den Begriff deuten mögen. Aber wir dürfen dennoch nicht übersehen, dass Esau ein ungöttlicher und böser Mann war.
Der HERR reisst nieder, was der Mensch ohne Gott baut
«Wenn Edom spricht: Wir sind zerschmettert, werden aber die Trümmer wieder aufbauen, so spricht der HERR der Heerscharen: Sie werden bauen, ich aber werde niederreissen; und man wird sie nennen ‹Gebiet der Gottlosigkeit› und ‹das Volk, dem der HERR in Ewigkeit zürnt›. Und eure Augen werden es sehen, und ihr werdet sprechen: Gross ist der HERR über das Gebiet Israels hinaus!» (V. 4.5).
Mich beeindruckt hier, dass Gott in der Ankündigung über Edom Ausnahmen macht. Wenn man Jeremia 49 liest, findet man dort einen sehr ernsten Ausspruch des Gerichts über Edom. Dann aber, mitten in Vers 11, spricht Gott von den Waisen und den Witwen in Edom, die auf Ihn vertrauen sollten. Für sie hat der HERR ein Herz! Er weiss, dass sie die Schwachen sind, die Ihn auch in Edom brauchten.
Gott ist ein gerechter Richter, Er urteilt nicht pauschal. Er weiss, dass es solche gibt, denen seine Zuneigung gilt. Das trifft auch auf andere Völker zu, die durch ähnliche Grausamkeiten gekennzeichnet sind. Gott, der ein Herz für die Schwachen hat, ist da.
Er hat also Jakob geliebt und Esau gehasst. Das war der Beweis dafür, dass Jakob wirklich einen Platz in Gottes Herz hatte. Er sagte den Juden: «Wenn die Edomiter auch bauen werden, ich reisse alles nieder. Ihr seid das Volk, um das es geht.» Auch wenn es uns Menschen nicht gefällt, müssen wir das hinnehmen. Gott hat – in Ehrfurcht gesagt – keine sentimentale Liebe, wie wir sie kennen. Lasst uns daran denken, dass Liebe auch mit Strenge verbunden ist. Es gibt bei Gott keine Liebe ohne Wahrheit, auch nicht Wahrheit ohne Liebe. Liebe und Wahrheit sind wie ein Begriffspaar; sie gehören zusammen.
Das Volk verachtet den Namen des HERRN
«Ein Sohn soll den Vater ehren und ein Knecht seinen Herrn. Wenn ich denn Vater bin, wo ist meine Ehre? Und wenn ich Herr bin, wo ist meine Furcht?, spricht der HERR der Heerscharen zu euch, ihr Priester, die ihr meinen Namen verachtet und doch sprecht: ‹‹Womit haben wir deinen Namen verachtet?›» (V. 6).
Ab Vers 6 geht es um das Priestertum. Diese ernsten Worte Gottes erstrecken sich bis in das zweite Kapitel hinein. Wir haben hier seinen Tadel gegenüber den Priestern. Er stellt zwei Beziehungen an den Anfang: die des Vaters zum Sohn und die eines Untergebenen zu seinem Herrn. Sie sind durch Ehre und durch Furcht gekennzeichnet.
Weil Er bei den Priestern beides nicht findet, ist das für Gott Grund genug, einen scharfen Tadel an sie zu richten. Priester sind naturgemäss nahe bei Gott. Sie haben Gemeinschaft mit Ihm und sollen Ihm dienen.
Doch wir lesen hier sogar, dass Gott sagen muss, dass sie seinen Namen verachtet haben. Sein «Name» ist ein Wort, das im Propheten Maleachi zehn Mal vorkommt. Gott legt wert auf seinen Namen, aber die Priester haben Ihn und seinen Namen verachtet. Dann folgt die Gegenfrage: «Womit haben wir deinen Namen verachtet?», und in Vers 7: «Womit haben wir dich verunreinigt?» Sie hätten auch sagen können: «Wir haben deinen Namen doch gar nicht verachtet oder verunreinigt.» Sie tun es aber auf eine noch provozierendere Art und Weise, geradezu boshaft. Sie sagen, Gott solle seinen Vorwurf präzisieren und genauer angeben, was Er gegen sie habe. Sie verlangen Rechenschaft von Gott für seinen Vorwurf! Es ist kaum zu glauben, aber so böse kann das Volk Gottes reden.
Das Herz des Volkes ist voller Verachtung für den HERRN
«Die ihr unreines Brot auf meinem Altar darbringt und doch sprecht: ‹Womit haben wir dich verunreinigt?› Damit, dass ihr sagt: ‹Der Tisch des HERRN ist verächtlich›» (V. 7).
Wir sehen, dass Gott in seiner Liebe nicht müde wird, ihnen Vorhaltungen zu machen. Er versucht, ihr Herz zu gewinnen. So wollen wir uns warnen lassen. Aber zu welch rebellischen Fragen sind wir doch fähig! Wir haben keine anderen Herzen, auch wenn wir dem Herrn Jesus angehören. Man erschrickt manchmal, wenn man einen Blick in sein Herz tut. Möge Er uns vor solch arroganten Fragen bewahren!
Der Tisch des HERRN in den Versen 7 und 12 ist der Altartisch des HERRN im Alten Testament, von dem gegessen wurde. Die Bibel spricht in 3. Mose von der Speise Gottes. Wir dürfen daher diesen Tisch nicht mit dem Tisch des Herrn im Neuen Testament verwechseln. Berührungspunkte zwischen beiden sind ohne Frage die biblischen Grundsätze über Heiligkeit und Gemeinschaft. Von diesen spricht auch 1. Korinther 10,16 ff. sehr deutlich. Das Friedensopfer, auf das 1. Korinther 10,18 anspielt, war der Ausdruck der Gemeinschaft zwischen Gott, dem Priester, dem Opfernden und jedem reinen Israeliten. Das bedeutet aber nicht, dass der Tisch des Herrn in 1. Korinther 10,21 ein Altar wäre. Der Herr Jesus hat nie von diesem Tisch des Herrn gegessen, wie es der HERR vom Altartisch im Alten Testament tat.
Die Priester verachteten den Namen Gottes
«Und wenn ihr Blindes darbringt, um es zu opfern, so ist es nichts Böses; und wenn ihr Lahmes und Krankes darbringt, so ist es nichts Böses. Bring es doch deinem Statthalter dar: Wird er dich wohlgefällig annehmen oder Rücksicht auf dich nehmen?, spricht der HERR der Heerscharen» (V. 8).
Das Priestertum war, auch wenn es für uns überraschend klingen mag, eine verruchte Gesellschaft. Sie verachteten den Namen Gottes. Dieser war für sie wie ein Mantel, auf den man stolz war. Aber auch wie ein Panzer, durch den das Wort nicht mehr hindurchdrang. Fromme Sprüche und Opfer waren vorhanden, aber dahinter war nichts. Das gefiel Gott nicht. Zudem haben wir ja schon gesehen, welch böse Worte aus dem Mund dieser Priesterschaft kamen.
Beim Tisch des HERRN ging es also um den Altar des HERRN. Diese Leute brachten schlechte, billige und minderwertige Opfertiere zum Altar, vermutlich aus materiellen und egoistischen Gründen. Was sie opferten, hätten sie nicht einmal dem Statthalter bringen können. Doch für Gott war alles gut genug! So sind unsere Herzen: Für Gott ist alles gut genug, selbst das Schlechte. Moralische Blindheit kennzeichnete damals die Priesterschaft.
Gott kündigt Gericht an
«Und nun, fleht doch Gott an, dass er uns gnädig sei! Von eurer Hand ist das geschehen – wird er um euretwillen Rücksicht nehmen?, spricht der HERR der Heerscharen» (V. 9).
Dieser Vers ist nicht so leicht zu verstehen. Ich glaube nicht, dass es sich um einen Appell zur Buße handelt. Hier wird vielmehr gesagt: Ihr könnt ja versuchen, dem Statthalter diese Tiere zu bringen. Er wird sie nicht annehmen! Meint ihr dann, Gott nehme sie an? Denkt ihr wirklich, Gott, der Heilige, nehme Rücksicht auf euch, weil ihr es seid? Weder der Statthalter noch Gott wird es annehmen. Daher der Nachsatz im nächsten Vers, der Tempel möge verschlossen werden. Das wäre die logische Konsequenz.
Gott sucht wenigstens Aufrichtigkeit
«Wäre doch nur einer unter euch, der die Türen verschlösse, damit ihr nicht vergeblich auf meinem Altar Feuer anzündetet! Ich habe kein Gefallen an euch, spricht der HERR der Heerscharen, und eine Opfergabe nehme ich nicht wohlgefällig aus eurer Hand an» (V. 10).
Man spürt die Entrüstung Gottes förmlich. Diese Opfer will Er nicht annehmen! Das Verschliessen der Türen ist historisch tatsächlich einmal passiert. Ahas, der Vater von Hiskia, schloss die Türen des Tempels, aber als Aufsässiger gegen Gott, denn er war ein grosser Götzendiener. Sein gottesfürchtiger Sohn Hiskia öffnete sie dann wieder.
Hier allerdings scheint Gott zu sagen: «Wenn ihr zumindest noch ehrlich und aufrichtig wäret, würdet ihr die Türen schliessen, anstatt mich zu betrügen.» In Vers 14 findet man, wie sie Gott betrogen haben. Wir sehen, wozu wir fähig sind, auch wenn wir keine materiellen Opfergaben bringen. Prüfen wir uns selbst vor dem Herrn! Müssen wir uns vielleicht nicht auch manchmal fragen: Machen wir Ihm etwas vor? Wie oft war ich schon unaufrichtig mit meinen Gedanken, Worten und im Herzen?
Unaufrichtigkeit war die Devise des damaligen Priestertums. Es scheint, dass die Priester nicht wörtlich gesagt haben, wie wir es am Ende von Vers 7 lesen: «Der Tisch des HERRN ist verächtlich», oder in Vers 12: «Der Tisch des Herrn ist verunreinigt, und sein Einkommen, seine Speise, ist verächtlich.» Aber sie verhielten sich so, als wenn sie solch eine Aussage machen wollten. Für sie war der Altar Gottes eine Lächerlichkeit geworden. Wir finden das auch in Vers 13: «Ihr blast ihn an» (Fussnote: verachtet ihn). Das ist das Verhalten einer Priesterschaft, die auf eine grosse Tradition zurückblicken konnte. So schlimm können auch unsere Herzen sein!
Wie beeindruckend ist die Aussage in Vers 10: «Ich habe kein Gefallen an euch.» Kurz vorher hiess es: «Ich habe euch geliebt.» Welch ein Gegensatz! Beides stimmt. Gott nimmt seine erste Aussage nicht im Geringsten zurück, doch Er besteht auch mit Nachdruck auf der zweiten. Das redet auch zu uns. Gott teilt uns mit, wie Er uns sieht. Vielleicht können wir diese Worte mit denen im Sendschreiben an Ephesus vergleichen: «Ich habe gegen dich …» (Off 2,4). Vorher liest man, dass Er uns liebt (Off 1,5). Das, so könnte man sagen, sind gegensätzliche Aussagen. Und trotzdem stimmen sie überein. Er liebt sein Volk, und trotzdem sagt Er diese ernsten Worte.
Der Name des HERRN wird gross sein
«Denn vom Aufgang der Sonne bis zu ihrem Niedergang wird mein Name gross sein unter den Nationen; und an jedem Ort wird geräuchert, dargebracht werden meinem Namen, und zwar reine Opfergaben. Denn mein Name wird gross sein unter den Nationen, spricht der HERR der Heerscharen» (V. 11).
Ich weiss nicht, ob es eine ähnliche Aussage noch einmal gibt. Dieser Satz bedeutet, dass in der Zeit des Tausendjährigen Reiches nicht nur Jerusalem der Ort ist, wo man Opfergaben bringt, sondern an jedem Ort. Gott macht das durch den Gegensatz klar: Die Priester brachten in Jerusalem Unreines dar. Aber es kommt die Zeit, wo an jedem Ort Reines dargebracht wird. Natürlich wird Jerusalem das Zentrum des Opferdienstes sein. Das bestätigen uns andere Stellen. Aber trotzdem ist es interessant, dass Gottes Name an jedem Ort, von Osten bis Westen, gross sein wird.
Nur äusserliche Religiosität
«Ihr aber entweiht ihn, indem ihr sprecht: ‹Der Tisch des Herrn ist verunreinigt, und sein Einkommen, seine Speise, ist verächtlich.› Und ihr sprecht: ‹Siehe, welch eine Mühsal!› Und ihr blast ihn an, spricht der HERR der Heerscharen, und bringt Geraubtes herbei und das Lahme und das Kranke; und so bringt ihr die Opfergabe. Soll ich das wohlgefällig von eurer Hand annehmen?, spricht der HERR» (V. 12.13).
Das war für die Priester eine Anstrengung! Sie waren innerlich müde geworden, Gott etwas zu bringen. Äusserlich allerdings lief alles prächtig ab. Religiosität auf der ganzen Linie, könnte man sagen. Es wurden regelmässig Opfer dargebracht – aber ohne eine Beziehung zu Gott. Man sieht, wie schlimm es ist, wenn man behauptet, Priester zu sein, den Gottesdienst und die priesterlichen Tätigkeiten jedoch nur äusserlich ausübt.
Das Vergessen des Namens des HERRN
«Und verflucht sei, wer betrügt, während ein Männliches in seiner Herde ist; und wer gelobt und dem Herrn ein Verdorbenes opfert! Denn ich bin ein grosser König, spricht der HERR der Heerscharen, und mein Name ist furchtbar unter den Nationen» (V. 14).
Die Tatsache, dass Gott ein grosser König ist, und dass sein Name unter den Nationen furchtbar ist, war nicht neu. Es gab immer wieder Menschen aus den Nationen, die das erkannt haben: zum Beispiel Rahab, Ruth, Nebukadnezar oder Kores. Den Nationen war dies bewusst, doch das Volk Gottes hatte alles Empfinden dafür verloren. Das spricht auch zu uns.
Wenn wir diesen Bibeltext für unsere Herzen irgendwie mit Gewinn lesen wollen, müssen wir bei der Anwendung etwas über den eigentlichen Sinn hinausgehen. Es geht hier um den Namen Gottes. Für uns ist er der Inbegriff alles Kostbaren. Wir sind durch den Namen des Herrn Jesus gerettet. Wir versammeln uns zu seinem Namen hin und möchten alles in seinem Namen tun. Wir haben eine grosse Anzahl von Stellen im Neuen Testament, die unser christliches Dasein mit seinem Namen verbinden. Jeder wahre Christ möchte, dass dieser Name in seinem Leben verherrlicht wird.
Es ist interessant, auch einmal das Alte Testament zu untersuchen, um zu sehen, was die Schrift dort über die Namen Gottes sagt. Gott legt sich viele Namen bei, die Bestimmtes aussagen, z.B. «der HERR, unsere Gerechtigkeit» (vgl. Jer 23,6; 33,16) oder «der HERR, mein Banner» (2. Mo 17,15) oder andere.
Nebenbei bemerkt fällt einem im Buch des Propheten Maleachi auf, wie oft der Name «der HERR» oder «der HERR der Heerscharen» genannt wird, 46-mal. Der Name Gottes ist etwas ganz Besonderes, und auch wir sollten nicht daran vorbeigehen, sondern uns wirklich in unserem Herzen anstrengen, das Einzigartige dieses Namens mehr zu erfassen. Dazu brauchen wir natürlich ein Glaubensleben. Wenn wir hier lesen: «Ich habe kein Gefallen an euch» (V. 10), müssen wir uns in diesem Zusammenhang fragen: Sagt Er das etwa zu mir? Ist in meinem Leben etwa alles nur formal? Liebe ich seinen Namen wirklich?
Anbetung – kein Automatismus
Sonntag für Sonntag haben wir Gelegenheit, zusammenzukommen, um das Brot zu brechen, und zwar mit dem Wunsch, anzubeten. Meinen wir etwa, das gehe alles automatisch? Oder denken wir, wenn wir unseren Mund öffnen und ein Lied singen, das sei dann ohne weiteres Anbetung? Der Herr wünscht, dass wir eine entsprechende Herzenshaltung haben. Dann führt Er uns auch zur Anbetung. Wenn wir alles nur äusserlich tun, sind wir innerlich nicht mehr weit von dieser Gesellschaft von Priestern in Maleachi 1 und 2 entfernt.
Lasst uns wirklich bewusst und mit dem Wunsch an diesen Ort gehen, unsere Herzen zu öffnen und zu sagen, wie kostbar uns der Herr Jesus und sein Werk am Kreuz sind. So etwas einfach automatisch zu tun, wäre wirklich verheerend.
Ich möchte das noch grundsätzlicher fassen: Prüfen wir unser Leben. Wie steht es mit unserem persönlichen Gebetsleben und dem Studium der Bibel, oder mit manchem anderen, was nur der Herr sieht? Ob Er uns nicht auch manchmal sagen muss: «Ich habe kein Gefallen an dir.»? Trotzdem hat Er uns lieb und hat sich für uns hingegeben.
Der Teufel mag den Gedanken in unser Herz legen, dass wir die Zusammenkünfte als Mühsal ansehen. Ein Ehepaar zog an einen neuen Ort, ging aber bald wieder fort, weil sich nur wenige Geschwister an jenem Ort zum Herrn Jesus versammelten. Für sie war es «Mühsal», dort zu bleiben. Gewiss, das Volk in der Zeit Maleachis war grösstenteils unbekehrt. Es befand sich nur in einer äusseren Beziehung zum HERRN. Wir aber sind gläubig und haben eine innere Beziehung zu Ihm. Darum wäre es sehr viel ernster, wenn wir eine Haltung wie das Volk damals einnehmen würden!