Jesus Christus – unser grosser Hoherpriester (4)

Hebräer 10,23-39; Hebräer 13,1-13

4. Ermutigung und Ermahnung

Der letzte Abschnitt des Hebräer-Briefs enthält viele Ermutigungen für den Glaubensweg durch die Welt, die für uns einer Wüste gleicht. Dabei taucht in diesem Brief wiederholt eine Wortkombination auf, die die Menschen aus dem Volk Israel vorher nicht kannten. Im Gesetz richtete sich Gott an sie mit den Worten: «Du sollst» oder: «Du sollst nicht». Doch im Hebräer-Brief heisst es: «Lasst uns!» Das ist typisch christlich, denn da ermutigt uns die Gnade zu einem Gott wohlgefälligen Leben. Ein Ausspruch der Braut im Hohenlied unterstreicht diesen Gedanken: «Zieh mich: Wir werden dir nachlaufen» (Hld 1,4). Der Herr zieht uns durch seine Gnade, damit wir Ihm nachfolgen. Er spricht jeden persönlich an. Wenn wir diesem Aufruf folgen, wirkt das als Vorbild auf andere und wir gehen Ihm gemeinsam nach. Es kommt in der Familie und in der örtlichen Versammlung auf dich und mich persönlich an. Aber wir wollen den christlichen Glauben gemeinsam ausleben.

Die letzten Kapitel richten auch ermahnende Worte an die Glaubenden. So ruft der Schreiber am Schluss des Briefs den Hebräern und uns zu: «Brüder, ertragt das Wort der Ermahnung» (Kap. 13,22).

In diesem inhaltsreichen und praktischen Abschnitt möchten wir fünf Schwerpunkte hervorheben:

  • Der Gerechte wird aus Glauben leben (Kap. 12,1-3).
  • Wen der Herr liebt, den züchtigt Er (Kap. 12,4-11).
  • Ans himmlische Ziel denken (Kap. 12,22-24).
  • Lasst uns zu Ihm hinausgehen (Kap. 13,13-15).
  • Der Gott des Friedens vollende euch (Kap. 13,20.21).

4.1. Der Gerechte wird aus Glauben leben

Hebräer 12,1-3. Deshalb nun, da wir eine so grosse Wolke von Zeugen um uns haben, lasst auch uns, indem wir jede Bürde und die leicht umstrickende Sünde ablegen, mit Ausharren laufen den vor uns liegenden Wettlauf, hinschauend auf Jesus, den Anfänger und Vollender des Glaubens, der, die Schande nicht achtend, für die vor ihm liegende Freude das Kreuz erduldete und sich gesetzt hat zur Rechten des Thrones Gottes. Denn betrachtet den, der so grossen Widerspruch von den Sündern gegen sich erduldet hat, damit ihr nicht ermüdet, indem ihr in euren Seelen ermattet.

Die grosse Wolke von Zeugen (V. 1)

Der Gerechte wird aus Glauben leben (Kap. 10,38). Das ist ein Leben des täglichen Vertrauens zu Gott. In Kapitel 11 erinnert uns der Schreiber des Hebräer-Briefs, dass wir nicht die Ersten sind, denen Gott das zuruft. Schon zur Zeit des Alten Testaments gab es viele Männer und Frauen, die aus Glauben lebten. Die Beschreibung dieser Glaubenshelden zeigt uns verschiedene Auswirkungen eines Lebens des Glaubens.

Wenn wir so durch die Geschichte des Alten Testaments geführt werden, erkennen wir, dass es eigentlich immer wenige waren, die ein Glaubensleben führten. Zur Zeit Noahs waren es acht Menschen, die auch noch alle miteinander verwandt waren.

Es war also immer nur eine kleine Schar, die ganz Gott vertraute. Aber wenn wir sie alle zusammennehmen, sagen wir: «Wir haben eine grosse Wolke von Zeugen um uns!» Es ist sehr gesegnet, wenn man von Jugend auf die Heiligen Schriften kennt und über diese Männer und Frauen des Glaubens belehrt ist. Diese grosse Wolke von Zeugen macht uns Mut, auch in unserer modernen Zeit Tag für Tag im Glauben und in Gemeinschaft mit dem Herrn zu leben.

Mit Ausharren laufen (V. 1)

«Lasst auch uns, indem wir jede Bürde und die leicht umstrickende Sünde ablegen, mit Ausharren laufen den vor uns liegenden Wettlauf.» Das Leben des Christen ist weder ein Spaziergang noch eine Urlaubszeit, sondern ein Wettlauf. Da müssen wir uns anstrengen und mit Ausharren dem Ziel entgegenlaufen. Es handelt sich dabei nicht um ein 100-Meter-Rennen, sondern um einen Langstreckenlauf. Da besteht die Gefahr, mit viel Energie einen guten Anfang zu machen, aber dann immer langsamer zu werden. Ist das vielleicht in unserem Leben so? Laufen wir den vor uns liegenden Wettlauf immer noch mit Ausharren?

Dazu ist es nötig, jede Bürde und die leicht umstrickende Sünde abzulegen. Bürden sind keine Sünden, sondern unnötige Dinge, die wir in unserem Leben mitschleppen. Sie hindern uns im Glaubenslauf. Ein gläubiger Christ lebte einige Jahrzehnte mit seiner Frau und seinen beiden Söhnen in einem kleinen Einfamilienhaus. Die Söhne wurden erwachsen und zogen aus. Eines Tages sagte er zu mir: «Ich habe mein Haus verkauft. Es ist mir zu einer Bürde geworden. Ich werde in eine Wohnung ziehen.» Er wollte seine ganze Kraft dem Herrn geben und den Glaubenslauf ohne diese Bürde weiterlaufen. Prüfen wir uns persönlich! Gibt es in unserem Leben unnötige Liebhabereien, die unser Glaubensleben behindern? Ein Bruder hat geschrieben: «Wenn ich mit Ausharren einen Wettlauf laufe, ist selbst ein Sack voll Gold Ballast, den ich mit Leichtigkeit abwerfe, wenn ich auf den Herrn blicke.»

Was ist eine leicht umstrickende Sünde in unserem Leben? Wenn im Hebräer-Brief das Wort «Sünde» vorkommt, ist in aller Regel nicht die in uns wohnende Sünde, sondern die Sünde, die von aussen an uns herantritt, gemeint. So auch an dieser Stelle. Religiöse Menschen versuchten damals, die Glaubenden zum Judentum zurückzubringen. Das hätte sie als Genossen der himmlischen Berufung gehindert, mit Ausharren zu laufen. Wir denken da auch an Mose in Ägypten. Die Welt bot ihm viele Vergnügungen an. So trat die Sünde an ihn heran. Doch er legte sie ab, denn er «wählte lieber, mit dem Volk Gottes Ungemach zu leiden, als den zeitlichen Genuss der Sünde zu haben» (Kap. 11,25). Natürlich können wir die in uns wohnende Sünde nicht ganz ausschliessen, denn sie ist ein Bundesgenosse für die Verführungen zur Sünde von aussen.

In Vers 4 heisst es: «Ihr habt noch nicht, gegen die Sünde ankämpfend, bis aufs Blut widerstanden.» Auch hier handelt es sich nicht um die in uns wohnende Sünde, denn gegen dieses böse Prinzip müssen und können wir nicht ankämpfen. Das schaffen wir nicht. Es geht in diesem Vers darum, dass wir zu allem Bösen von aussen «Nein» sagen, damit wir nicht gehindert werden, den Glaubenslauf zu gehen. «Bis aufs Blut widerstehen» bedeutet, für den Herrn zu sterben, statt der Sünde nachzugeben.

Der Anfänger und Vollender des Glaubens (V. 2.3)

Während wir laufen, ist unser Blick auf Jesus Christus gerichtet. «Hinschauend auf Jesus» meint: Von allem anderen wegschauen und auf den Herrn hinschauen. Das ist sehr gesegnet. Möchten wir doch in den verschiedenen Umständen des Lebens immer wieder von allem weg auf Jesus blicken.

Er ist der «Anfänger und Vollender des Glaubens». Als Anfänger hat Er hier auf der Erde ein Glaubensleben geführt. Er ist uns darin als Beispiel vorangegangen. Als Vollender ist Er bereits im Himmel. Sein Glaubensweg ist beendet, denn Er hat das Ziel erreicht. Ihn am himmlischen Ziel zu sehen, macht uns Mut, weil wir wissen, dass Er hier in schwierigen Umständen Gott wohlgefällig gelebt hat.

Was war für Ihn die «vor ihm liegende Freude»? Es war das Eintreten in die strahlende Herrlichkeit der Gegenwart Gottes, nachdem Er seinen Lauf über diese Erde, über das Kreuz, den Tod und die Auferstehung beendet hatte. Als Er hier durch Leiden und Nöte ging, blickte Er darüber hinaus und freute sich, nach einem Leben zur Ehre Gottes als Mensch in die Herrlichkeit des Himmels einzuziehen.

Darum war Er bereit, «die Schande nicht zu achten» und «das Kreuz zu erdulden». Hier wird uns der Opfertod von Christus nicht als die Grundlage unserer Errettung gezeigt. Der Schreiber will uns klarmachen, dass der Herr einen enorm schweren Lebensweg gehen musste. Am Kreuz erduldete Er die tiefsten Leiden und ging durch die grösste Erprobung seines Lebens. Wenn wir es schwer haben, dann lasst uns daran denken: Das Leben des Herrn war ungleich schwerer.

«Die Schande nicht achtend.» Diesen Satz dürfen wir nicht falsch verstehen. Der Herr Jesus hat die Schande durchaus tief empfunden. In den Psalmen sagt Er prophetisch: «Der Hohn hat mein Herz gebrochen.» Wie tief haben Ihn die Menschen durch ihre spöttischen Worte verletzt! Einmal sagten sie zu Ihm: «Wir sind nicht durch Hurerei geboren.» Damit verhöhnten sie seine wunderbare Zeugung durch den Heiligen Geist. Auch ihre Aussage: «Sagen wir nicht recht, dass du einen Dämon hast?», traf sein Herz. Es schmerzte Ihn ebenfalls, als die Juden mit Schwertern und Stöcken gegen Ihn auszogen, um Ihn wie einen Verbrecher zu verhaften. Durch diese Schande liess Er sich auf dem Weg des Gehorsams nicht aufhalten. Unbeirrt ging Er nach Jerusalem hinauf, liess sich nach Golgatha führen und starb am Kreuz.

Auch wir werden verspottet, wenn wir uns zum Herrn bekennen und Ihm gehorchen wollen. Dieser Spott und diese Verachtung tun uns weh. Wir stehen manchmal in Gefahr, dieser Schande auszuweichen, indem wir es mit dem Gehorsam nicht mehr so genau nehmen. Das hat unser Heiland nicht getan. Er hat die Schande nicht geachtet und wegen der vor Ihm liegenden Freude das Kreuz erduldet.

«Betrachtet den, der so grossen Widerspruch von den Sündern gegen sich erduldet hat.» Betrachten ist intensiver als hinschauen. Es bedeutet, unseren Herrn in Ruhe und von allen Seiten anzuschauen.

«Damit ihr nicht ermüdet, indem ihr in euren Seelen ermattet.» Ermüden hat mit unseren Füssen zu tun, ermatten mit unserer Seele. Ermüdung auf dem Glaubensweg und geistlicher Rückgang beginnen immer in unserem Innern. Das ist dann der Fall, wenn wir mit vielen unnötigen Dingen oder mit uns selbst statt mit dem Herrn beschäftigt sind. Darum müssen wir auf unser Herz aufpassen. «Behüte dein Herz mehr als alles, was zu bewahren ist; denn von ihm aus sind die Ausgänge des Lebens» (Spr 4,23).

4.2. Wen der Herr liebt, den züchtigt Er

Hebräer 12,4-11. Ihr habt noch nicht, gegen die Sünde ankämpfend, bis aufs Blut widerstanden und habt die Ermahnung vergessen, die zu euch als zu Söhnen spricht: «Mein Sohn, achte nicht gering des Herrn Züchtigung, noch ermatte, wenn du von ihm gestraft wirst. Denn wen der Herr liebt, den züchtigt er; er geisselt aber jeden Sohn, den er aufnimmt.» Was ihr erduldet, ist zur Züchtigung: Gott handelt mit euch als mit Söhnen; denn wer ist ein Sohn, den der Vater nicht züchtigt? Wenn ihr aber ohne Züchtigung seid, deren alle teilhaftig geworden sind, so seid ihr denn Bastarde und nicht Söhne. Zudem hatten wir auch unsere Väter nach dem Fleisch als Züchtiger und scheuten sie; sollen wir uns nicht viel mehr dem Vater der Geister unterwerfen und leben? Denn jene zwar züchtigten uns für wenige Tage nach ihrem Gutdünken, er aber zum Nutzen, damit wir seiner Heiligkeit teilhaftig werden. Alle Züchtigung aber scheint für die Gegenwart nicht ein Gegenstand der Freude, sondern der Traurigkeit zu sein; danach aber gibt sie die friedsame Frucht der Gerechtigkeit denen, die durch sie geübt worden sind.

«Wen der Herr liebt, den züchtigt er.» Der Herr liebt alle, die Ihm angehören, auf dieselbe göttliche Weise. Hier aber scheint es, dass Er manchmal mit einzelnen Glaubenden, die seine Liebe durch ihr Verhalten besonders auf sich ziehen, eine spezielle Absicht hat. Er erzieht sie. Diesen Gedanken finden wir auch im Sendschreiben an Laodizea in Offenbarung 3. Dort wird der geistliche Zustand unserer Tage beschrieben und der Herr muss ein ernstes Urteil darüber abgeben. Doch Er fügt in Vers 19 hinzu: «Ich überführe und züchtige, so viele ich liebe.» Der Herr schaut heute vom Himmel auf die Erde und sieht jeden der Seinen, der Ihm in Aufrichtigkeit gefallen möchte. Diesen liebt und erzieht Er. Es ist sehr ernst, wenn der Herr uns nicht mehr in den Weg tritt, sondern uns laufen lässt.

Unser Verhalten in der Züchtigung (V. 5.11)

Wie sollen wir uns verhalten, wenn wir etwas Schweres erleben? Wir haben drei Möglichkeiten:

  1. Wir können die Züchtigung «gering achten» (V. 5). Wir sind dann der Meinung: Jeder wird älter, jedem begegnet ab und zu etwas Unangenehmes. Wir nehmen es auf die leichte Schulter und gehen mit Humor darüber hinweg. In diesem Fall richtet sich die Ermahnung an uns: «Achte nicht gering des Herrn Züchtigung.»
  2. Wir können in der Schwierigkeit «ermatten» oder verzweifeln. In einer solchen Situation rufen wir aus: «Jetzt kann ich nicht mehr, jetzt will ich nicht mehr!» Man hört manchmal die Aussage: «Gute Tage sind für uns gefährlich. Schwere Tage bringen uns zum Herrn.» Das ist an sich wahr, wie uns auch Beispiele aus der Bibel zeigen. Aber vergessen wir nicht: Schwere, anhaltende Nöte können uns auch vom Herrn distanzieren. Es kann sein, dass der Feind uns einflüstert: «Wenn Gott dich so schwer straft, dann musst du es im Glaubensleben nicht mehr so genau nehmen.» Darum ruft uns der Herr zu: «Ermatte nicht, wenn du von ihm gestraft wirst!»
  3. Was ist denn die richtige innere Einstellung? Der Herr möchte, dass wir durch die Züchtigung «geübt werden» (V. 11). Geübte Herzen fragen den Herrn: «Was willst Du mir damit zeigen? Was ist deine Absicht?» Er gibt nicht immer eine Antwort. Aber Er wünscht, dass wir uns so vor Ihm aufhalten, wenn wir gezüchtigt werden. Auch Hiob wurde durch die Züchtigung geübt. Gott erreichte bei ihm sein Ziel. Trotzdem hat Er ihm nie erklärt, warum Er ihm all das Schwere begegnen liess. Er zeigte ihm einfach seine Grösse; das brachte Hiob an den rechten Platz.

Das Ergebnis der Züchtigung (V. 10.11)

Dieser Abschnitt stellt uns zwei Ergebnisse der Erziehung Gottes vor. Das erste wird in Vers 10 erwähnt: «Damit wir seiner Heiligkeit teilhaftig werden.» Durch die Schwierigkeit, die der Herr uns auferlegt, trennt Er uns vom Bösen. Es gibt manchmal Verkehrtes in unserem Leben, das uns erst auffällt, wenn die züchtigende Hand Gottes auf uns liegt.

Das zweite Ergebnis finden wir in Vers 11. Die Züchtigung bringt «die friedsame Frucht der Gerechtigkeit» hervor. Da wächst in einem geprüften Leben eine Frucht für Gott. Sie wird Frucht der Gerechtigkeit genannt, denn sie ist in Übereinstimmung mit Gott. Zudem ist sie friedsam. In der Erziehung des Herrn verschwindet die Rebellion im Herzen und macht dem Frieden Platz. Dann hat der Herr sein Ziel mit uns erreicht.

4.3. Ans himmlische Ziel denken

Hebräer 12,22-24. Ihr seid gekommen zum Berg Zion und zur Stadt des lebendigen Gottes, dem himmlischen Jerusalem; und zu Myriaden von Engeln, der allgemeinen Versammlung; und zu der Versammlung der Erstgeborenen, die in den Himmeln angeschrieben sind; und zu Gott, dem Richter aller; und zu den Geistern der vollendeten Gerechten; und zu Jesus, dem Mittler eines neuen Bundes; und zu dem Blut der Besprengung, das besser redet als Abel.

Jetzt werden unsere Gedanken in die himmlische Zukunft gelenkt, um uns in den Schwierigkeiten des Lebens Mut zu machen. Wir dürfen uns als solche, die noch auf der Erde leben, mit dem Himmel und mit dem, was uns da erwartet, beschäftigen. Einleitend steht die grundsätzliche Aussage: «Ihr seid zum Berg Zion gekommen.» Zion ist der Berg der Gnade. Als Genossen der himmlischen Berufung sind wir zu unermesslicher Gnade gekommen. Gnade charakterisiert unsere Beziehung zu Gott. Immer wieder sind wir erstaunt über das Ausmass der Gnade, das wir bereits empfangen haben, jetzt empfangen und noch empfangen werden. Es ist ein Berg der Gnade! Alle weiteren Ausdrücke dieses Abschnitts beschreiben unsere himmlischen Vorrechte im Blick auf das Tausendjährige Reich.

  • «Die Stadt des lebendigen Gottes, das himmlische Jerusalem.» Im Tausendjährigen Reich wird es zwei Ebenen geben: eine irdische und eine himmlische. Die irdische Plattform ist das Reich des Sohnes des Menschen und die himmlische das Reich des Vaters. Darüber belehrt uns der Herr in den Evangelien. Das irdische Jerusalem ist die Hauptstadt des Reiches auf der Erde, und das himmlische Jerusalem ist die Hauptstadt im Himmel. Die gläubigen Hebräer sollten ihre Erwartung auf das himmlische Jerusalem richten. Sie und auch wir werden vom Himmel aus am Reich teilhaben. Es heisst hier: «Ihr seid gekommen.» Es ist noch keiner ins himmlische Jerusalem eingegangen. Trotzdem ist es in Vergangenheitsform ausgedrückt, weil es ganz sicher ist, dass wir es erreichen.
  • «Die Myriaden von Engeln, der allgemeinen Versammlung.» Nur wenige Menschen haben auf der Erde Engel gesehen. Wenn wir einmal ins himmlische Jerusalem eingehen, dann werden wir nicht nur einen, sondern Myriaden von Engeln sehen. Sie sind die eigentlichen Himmelsbewohner. Darum werden sie als die «allgemeine Versammlung» bezeichnet. Wenn wir die Myriaden dieser gewaltigen Geschöpfe Gottes sehen, werden wir einen tiefen Eindruck von der Allmacht Gottes bekommen.
  • «Die Versammlung der Erstgeborenen, die in den Himmeln angeschrieben sind.» Das sind die Gläubigen der Zeit der Gnade. Sie nehmen in den Heilsplänen Gottes mit den Menschen eine Sonderstellung ein, darum werden sie die Versammlung der Erstgeborenen genannt. Es ist der zweite Hinweis im Hebräer-Brief auf die Versammlung nach der Erwähnung in Kapitel 3,6: «dessen Haus wir sind.» Wir werden unsere Geliebten, die uns vorangegangen sind, wiedersehen. Was wird das sein!
  • «Gott, der Richter aller.» Gott steht an der höchsten Stelle. Er ist der Richter, der in allen Fragen das letzte Wort hat. Das hat Abraham bereits erkannt, als er in 1. Mose 18,25 von Ihm sagt: «Sollte der Richter der ganzen Erde nicht Recht üben?» Gott verwaltet auch alles. Jetzt regiert Er in Vorsehung, im Tausendjährigen Reich wird Er durch Christus direkt und unmittelbar in die Umstände eingreifen. Doch wir werden nicht vor Gott, sondern zu Gott, dem Richter aller, kommen, denn unser Fall ist bereits erledigt. Wir stehen auf seiner Seite. Welch ein Glück!
  • «Die Geister der vollendeten Gerechten.» Wer sind diese? Es sind die Gläubigen des Alten Testaments. Wir werden sie auch im himmlischen Jerusalem antreffen. Wir freuen uns, dort diesen Glaubenden, die wir aus dem Wort Gottes kennen, zu begegnen. Wir werden unter anderen den Patriarchen Jakob, diesen merkwürdigen Mann, sehen. Von Jugend an schlug sein Herz für Gott. Aber sein Leben war durch fleischliches Verhalten gekennzeichnet und er musste bitter ernten, was er gesät hatte. Doch am Ende seines Lebens hat Gott mit ihm das Ziel erreicht. Er beugt sich über seinen Stab und überblickt sein ganzes Leben. Er sieht seinen Eigenwillen und die ganze Bitterkeit der Ernte seines Egoismus. Aber er erkennt auch die göttliche Gnade, die ihn nie aufgegeben hat. Und darüber neigt er sich und betet an. Auch Mose, den sanftmütigsten von allen Menschen, und David, den Mann nach dem Herzen Gottes, werden wir dort antreffen.
  • «Jesus, der Mittler eines neuen Bundes.» Seine Person wird in der himmlischen Stadt das Zentrum bilden. Dieser Gedanke wird in einem bekannten Lied ausgedrückt:

    Dort vor dem Throne im himmlischen Land
    treff ich die Freunde, die hier ich gekannt.
    Dennoch wird Jesus, und Jesus allein,
    Grund meiner Freude und Anbetung sein.

     
  • «Das Blut der Besprengung, das besser redet als Abel.» Das spricht vom Erlösungswerk des Herrn Jesus und vom Wert seines Opfers. Sein Opfertod wird auch in der Zukunft zentral sein. Das Blut Abels rief nach Rache. Das Blut des Herrn Jesus hingegen ruft uns Gnade zu. Mit dieser Gnade werden wir ewig beschäftigt sein und uns anbetend vor dem Herrn Jesus niederbeugen, der einst am Kreuz gestorben ist.

4.4. Lasst uns zu Ihm hinausgehen

Hebräer 13,13-15. Deshalb lasst uns zu ihm hinausgehen, ausserhalb des Lagers, seine Schmach tragend. Denn wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen wir. Durch ihn nun lasst uns Gott stets ein Opfer des Lobes darbringen, das ist die Frucht der Lippen, die seinen Namen bekennen.

In diesem Abschnitt wird uns der gemeinsame Weg der Erlösten in klaren Schritten vorgestellt:

  • Abgesonderte
  • Fremde
  • Pilger
  • Priester
  • Anbeter

Zu Ihm hinausgehen (V. 13.14)

«Lasst uns zu ihm hinausgehen, ausserhalb des Lagers, seine Schmach tragend.» Das ist eine Ermahnung zur gemeinsamen Absonderung zu Ihm hinaus. Wir gehen diesen Weg nicht aus Hochmut, weil wir uns zu den Treuen zählen, oder aus Tradition, weil unsere Vorfahren ihn schon gegangen sind. Nein, das Wichtige der Absonderung ist, dass wir zu Ihm hinausgehen. Es geht darum, ausserhalb aller menschlichen religiösen Organisationen allein beim Herrn zu sein. Doch das ist mit Schmach verbunden.

Im Hebräer-Brief wird die Schmach zweimal erwähnt. Das erste Mal bei Mose auf seinem persönlichen Glaubensweg. Weil er sich zu Gott bekannte, erfuhr er die Schmach von der Welt. Aber er «hielt die Schmach des Christus für grösseren Reichtum als die Schätze Ägyptens» (Kap. 11,26). Das ist die Schmach, die wir erfahren, wenn wir uns persönlich zum Herrn Jesus bekennen. Das zweite Mal wird die Schmach hier in Verbindung mit dem gemeinsamen Weg der Glaubenden erwähnt. Diese Schmach von der religiösen Welt trifft uns kollektiv. Es gibt Glaubende, die die persönliche Schmach in hohem Mass auf sich nehmen, aber nicht bereit sind, die gemeinsame Schmach zu tragen. Leider kann auch das Umgekehrte der Fall sein. Es gibt Christen, die bereit sind, die gemeinsame Schmach auf sich zu nehmen, aber im persönlichen Leben, im Beruf oder in der Schule sich so elegant durchschlängeln, dass niemand merkt, dass sie zum Herrn Jesus gehören. Wer sich so verhält, meidet die persönliche Schmach. Doch wir wollen beides für unseren Heiland auf uns nehmen.

«Wir haben hier keine bleibende Stadt», denn wir sind Fremde. Verhalten wir uns als solche, die nur vorübergehend hier sind? Dann folgt der nächste Schritt: «Die zukünftige Stadt suchen wir.» Wir haben ein himmlisches Ziel. Darum sind wir als Pilger unterwegs zum Himmel.

Gott loben und anbeten (V. 15)

«Durch ihn nun lasst uns Gott stets ein Opfer des Lobes darbringen.» Das ist praktisches Priestertum, indem wir als Christen Gott loben und anbeten. Wir bringen jetzt «Opfer des Lobes» dar. Im israelitischen Gottesdienst gab es tierische Opfer. Sie wiesen alle auf das ein für alle Mal geschehene Opfer unseres Herrn Jesus Christus hin. Er hat alles vollbracht. Uns bleiben nur die «Opfer des Lobes», das ist unsere Anbetung. Was ist mit dem Wort «stets» gemeint? Es bedeutet nicht, Gott 24 Stunden im Tag zu loben, sondern in allen Lebenslagen. In hellen und in dunklen Tagen darf unser Lob zu Gott emporsteigen.

«Das ist die Frucht der Lippen, die seinen Namen bekennen.» Was ist das für ein Name? Es ist der Name des Herrn Jesus. Als heilige Priester bekennen wir Ihn vor Gott, indem wir Ihm anbetend sagen, wer der Herr Jesus ist. Wenn wir vor Gott mit dem Leben und Sterben unseres Herrn beschäftigt sind, reden wir eigentlich von den Charakterzügen Gottes selbst, denn Jesus Christus ist die volle Offenbarung des unsichtbaren Gottes. «In ihm wohnt die Fülle der Gottheit leibhaftig» (Kol 2,9). So verehren wir Gott, indem wir in unseren Herzen Jesus Christus, seinen Sohn, bewundern. Das ist christliche Anbetung.

Anbetung ist das, was aus den Herzen von Brüdern und Schwestern zu Gott emporsteigt, wenn wir zum Brechen des Brotes versammelt sind. Nicht nur der Bruder, der ein Gebet laut spricht, ist Priester. Zur Anbetung gehört alles, was während des Gebets oder beim Singen der Lieder oder beim Lesen eines Abschnitts der Bibel aus den Herzen der Versammelten zu Gott aufsteigt. Passende Bibelverse können genauso wie ein Gebet oder ein Lied zur Anbetung führen.

4.5. Der Gott des Friedens vollende euch

Hebräer 13,20.21. Der Gott des Friedens aber, der aus den Toten wiederbrachte unseren Herrn Jesus, den grossen Hirten der Schafe, in dem Blut des ewigen Bundes, vollende euch in jedem guten Werk, damit ihr seinen Willen tut, in euch das bewirkend, was vor ihm wohlgefällig ist, durch Jesus Christus, dem die Herrlichkeit sei von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen.

Die Gnade Gottes (V. 20)

«Der Gott des Friedens» – das ist ein grosser Titel unseres Gottes. Er zeigt uns, dass Gott in sich selbst völlig ruht. Nichts erschüttert seinen Thron. Der Gott des Friedens steht über allem.

«Der aus den Toten wiederbrachte.» Hier gibt es in der Elberfelder-Übersetzung eine Fussnote. Dort wird Gott «der Wiederbringer aus den Toten» genannt. Das ist auch ein wunderbarer Titel von Ihm. Er ist ein Gott, der aus dem Tod Leben hervorbringen kann.

Gott hat seinen Namen verherrlicht, indem Er «unseren Herrn Jesus» aus den Toten hervorbrachte. Dadurch demonstrierte Er, dass Er ein Wiederbringer aus den Toten ist. Das hat für die Praxis unseres Lebens allergrösste Wichtigkeit. Gott wird in unserem Leben nur etwas bewirken können, wenn wir merken und zugeben, dass wir in uns selbst nichts können. Das illustriert uns die Begebenheit von Abraham und Sara in Kapitel 11,12. Als der Körper Abrahams erstorben war, d.h. nicht mehr fähig, einen Nachkommen zu zeugen, hat Gott aus dem Tod Leben hervorgebracht, indem Er ihnen trotzdem ein Kind schenkte. Gott wird auch bei uns da, wo wir mit uns selbst zu Ende sind, Frucht für sich hervorbringen können.

Der Herr Jesus ist als der auferstandene und verherrlichte Mensch im Himmel der «grosse Hirte». Dort verwendet Er sich für seine Schafe, die sich noch auf der Erde befinden.

«Im Blut des ewigen Bundes.» Das verweist auf sein vollbrachtes Erlösungswerk, auf dessen Grundlage wir ewig mit Gott verbunden sind. Das scheint hier die Bedeutung des Wortes «Bund» zu sein. Es spricht von unserer ewigen, unverbrüchlichen Verbindung mit Gott, die sich auf den Tod des Herrn Jesus gründet. Diese beiden gewaltigen Tatsachen dürfen wir täglich vor Augen haben: unseren grossen Hirten im Himmel und sein vollgültiges Erlösungswerk. Das befestigt uns in unserem praktischen Glaubensleben.

Unsere Verantwortung (V. 21)

«Vollende euch in jedem guten Werk.» Das ist eine Aufforderung zu einem aktiven Christenleben in der Kraft des Herrn zur Ehre Gottes. Zwei Attribute belehren uns, wie sich unsere Aktivität entfalten darf. Erstens sollen wir «seinen Willen tun». Das ist Gehorsam gegenüber Gott und seinem Wort. Zweitens sollen die guten Werke in uns das bewirken, «was vor ihm wohlgefällig ist». Das ist Abhängigkeit und Übereinstimmung mit Gott. Es geht nicht darum, einfach nur aktiv zu sein, sondern in unseren Tätigkeiten nach dem Willen Gottes zu fragen und diesen zu seiner Freude zu erfüllen.

Wir tun es «durch Jesus Christus», d.h. indem unsere Herzen von der Person des Herrn Jesus erfüllt sind. Alle unsere Aktivitäten sollen aus einer lebendigen Glaubensbeziehung zu unserem Heiland hervorkommen, sonst haben sie für Ihn keinen Wert. In 2. Timotheus 1,13 weist der Apostel seinen Mitarbeiter Timotheus an: «Halte fest das Bild gesunder Worte, die du von mir gehört hast.» Damit fordert er ihn auf, die christliche Glaubenswahrheit festzuhalten. Doch er fügt hinzu: «in Glauben und Liebe». Das soll in Gemeinschaft mit dem Herrn und aus Liebe zu Ihm geschehen. Wenn das fehlt, ist das Festhalten der biblischen Wahrheit reine Orthodoxie oder Rechthaberei.

«Dem die Herrlichkeit sei von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen.» Das Ziel jeder christlichen Tätigkeit ist die Verherrlichung Gottes.

Wir fassen diesen praktischen Abschnitt aus dem Hebräer-Brief zusammen:

  • Lasst uns aus Glauben leben.
  • Lasst uns in der Züchtigung geübt sein.
  • Lasst uns viel mit dem himmlischen Jerusalem beschäftigt sein.
  • Lasst uns gemeinsam zum Herrn Jesus hinausgehen.

Ist das nicht eine angemessene Antwort auf das Reden Gottes im Sohn, auf die unermessliche Gnade, dass wir freien Zugang zu Ihm haben? Möge der Gott des Friedens uns dabei zu Hilfe kommen!