Einleitung
Wenn man heute Christen fragt, was Anbetung ist, erhält man verschiedene Antworten. Manche sagen: «Wir gehen an diesen oder jenen Ort in den Gottesdienst» – und meinen damit die Predigt, die sie dort hören. Andere sprechen von Anbetung und denken dabei an eine musikalische Darbietung eines Chors, eines Orchesters oder einer Band. Aber treffen diese Ansichten wirklich das, was die Bibel unter Anbetung versteht? Wie bei jedem Thema, das unser Glaubensleben betrifft, müssen wir uns auch hier fragen: «Was sagt die Schrift?» (Röm 4,3).
Die Bibel zeigt, dass Anbetung eine Handlung gegenüber Gott ist. Wir beugen uns vor Ihm – ob persönlich oder gemeinsam – und bringen Ihm etwas dar, was Er annehmen kann.
Leider haben sich die Menschen vor allen möglichen Dingen niedergebeugt – vor Planeten oder Sternen, vor Götzenbildern aus Holz oder Stein. Sie dachten, dass diese Dinge ihr Leben beeinflussen würden. Natürlich ist diese Verehrung lebloser Dinge völlig gegen Gottes Willen. Doch wie kam es dazu? Die Antwort finden wir in Römer 1: Als sich die Menschen weigerten, Gott die Ehre zu geben, wurden ihr Herz und ihr Sinn verdunkelt. Als Folge davon verfielen sie in Torheit und knieten vor Götzenbildern nieder, die der Mensch gemacht hatte (V. 21-23). Wenn Menschen sich nicht vor Gott beugen wollen, werden sie sich schliesslich vor allen möglichen Dingen verneigen. In unserer immer weniger christlich geprägten Gesellschaft – speziell in den westlichen Ländern – mögen sich viele Menschen als nicht-religiös ausgeben. Aber in ihrem Leben zeigen sie, dass sie trotzdem das Bedürfnis haben, zu jemand aufzublicken, etwas zu verehren oder sich vor jemand niederzubeugen. So verehren sie Fussballstars, Athleten, Sänger oder sonstige Prominente.
Die Bibel zeigt die wahre Bedeutung von Anbetung nach Gottes Gedanken. Sie macht klar, dass die Prinzipien der Anbetung immer gleich bleiben:
- Es muss im Glauben geschehen (Heb 11,6).
- Es erfordert eine ehrfurchtsvolle Haltung vor Gott.
- Wir sollen Ihm das bringen, was Er annehmen kann.
Andere Elemente der Anbetung haben sich im Lauf der verschiedenen Zeitepochen grundlegend geändert: Was wir heute Gott darbringen können, unterscheidet sich von dem, was Ihm die Juden einst opferten. Die ganze Art und Weise der christlichen Anbetung unterscheidet sich fundamental vom jüdischen Gottesdienst.
Die jüdische Anbetung war ein formeller, materieller Gottesdienst, der tierische Opfer, Backwerk (Speisopfer), Erstlingsfrüchte, Räucherwerke usw. beinhaltete. Kunstvolle Gebäude und Kleider spielten eine wichtige Rolle. Der christliche Gottesdienst hingegen ist geistlich, nicht materiell. Wir werden einige dieser Unterschiede behandeln.
Da kann man sich fragen: Warum hat Gott die Art und Weise des Gottesdienstes so verändert? Ist Gott anders geworden? Sicher nicht (Jak 1,17; Heb 13,8)! Aber etwas anderes hat sich geändert: Der Herr Jesus ist am Kreuz gestorben. Christen können auf sein Erlösungswerk zurückblicken und auf dieser Grundlage Gott anbeten. Sie bringen Ihm Dank und Anbetung im Bewusstsein, dass ihre Sünden vergeben sind, ihr Gewissen gereinigt und Gott verherrlicht ist. Das war offensichtlich zur Zeit des Alten Testaments nicht möglich. Das Opfer von Christus lag damals noch in der Zukunft. Darum richtete Gott im Volk Israel einen zeremoniellen, formellen und materiellen Gottesdienst ein, der das Werk des Herrn Jesus bildlich darstellte. Als Jesus Christus dann kam, verschwanden diese Schatten und machten dem «Körper», d.h. der Realität, Platz (Kol 2,17).
Um Gott einsichtsvoll anbeten zu können, ist es wichtig, sowohl die Parallelen als auch die Unterschiede zwischen dem jüdischen und dem christlichen Gottesdienst gut zu verstehen.
Wir möchten dieses wichtige Thema anhand von Fragen und Antworten behandeln. Dadurch sollen wir ermutigt werden, aktive Anbeter zu werden. Anbetung hat im christlichen Leben eine zentrale Bedeutung. Als Menschen, die durch das kostbare Blut des Lammes erlöst worden sind (1. Pet 1,18.19), haben wir allen Grund, uns vor Gott in Anbetung niederzubeugen.
Der Begriff «Anbetung»
1) Was genau ist Anbetung?
Anbetung ist ein Sich-Niederbeugen vor Gott. Damit ist nicht unbedingt eine Körperhaltung, sondern eine innere Einstellung der Ehrerbietung gemeint. Wir verbeugen uns vor Gott, indem wir Ihn anerkennen und seine Würde zum Ausdruck bringen: Wir verehren seine Person, seine Eigenschaften und seinen Charakter. Ein Beispiel dazu gibt uns Offenbarung 5,9, wo es heisst: «Du bist würdig.» In diesem Sinn beinhaltet Anbetung auch, dass wir Gott etwas bringen oder etwas vorstellen.
Anbetung hat einen zentralen Platz im christlichen Leben – sowohl im persönlichen als auch im gemeinsamen. Wir sind errettet worden, um Anbeter zu werden – schon auf der Erde (Joh 4,23), aber auch in alle Ewigkeit (Off 4,10.11; 5,9-14).
2) Was lernen wir vom griechischen Wort für anbeten?
«Proskuneo» ist das griechische Wort, das in der Bibel im Allgemeinen mit «anbeten» oder «huldigen» übersetzt wird. Dieses Wort wird so definiert: «sich niederbeugen», das heisst: «sich – buchstäblich oder sinnbildlich – in Ehrerbietung niederwerfen». In manchen Situationen bezieht es sich nur auf die Körperhaltung. Aber normalerweise wird dieses Wort benutzt, wenn es darum geht, sich vor Gott niederzubeugen. Das unterstreicht, was in der Antwort zu Frage 1 gesagt worden ist. Die körperliche Haltung des Sich-Verneigens, die dem Wort «proskuneo» entnommen wird, illustriert die geistliche Einstellung, die für die Anbetung notwendig ist. Das gilt besonders für die christliche Anbetung, da sie eine geistliche Tätigkeit ist.
Die erste Handlung von Anbetung im Neuen Testament wird uns in Matthäus 2 berichtet. Da kamen weise Männer aus dem Osten, um vor dem Kind Jesus niederzufallen und Ihm zu huldigen (V. 11).
Das Wort «proskuneo» kommt im Neuen Testament ungefähr 60 Mal vor. Das Wort «latreuo», das auch mit Anbetung übersetzt wird, hat mehr die Bedeutung von Gottesdienst.
3) Ist anbeten das Gleiche wie loben oder danken?
Nein. Wir danken für das, was wir bekommen haben (siehe Apg 27,35; 2. Kor 9,15; 1. Thes 1,2). Wir loben jemand für das, was er getan hat (Mt 11,25; Lk 19,37; 1. Kor 11,2.17.22; 1. Pet 2,14). Aber wir beten Gott für das an, was Er ist (Lk 24,52; Joh 4,22-24; Joh 9,38; Off 5,9). Nur Gott steht Anbetung zu. Es ist jedoch richtig – falls es angebracht ist –, Menschen zu danken und sie zu loben. Der Dank, das Lob und die Anbetung Gottes sind eng miteinander verbunden und werden oft auch zusammen dargebracht (Off 5,9).
4) Ist Anbetung eine spontane Reaktion oder eine geplante Aktivität?
Es ist beides. Auf der einen Seite lesen wir von einzelnen Menschen, die sich – beeindruckt von Gottes Grösse und seinen wunderbaren Taten – spontan vor Ihm niedergeworfen und Ihn angebetet haben. Beispiele sind der Knecht Abrahams und Gideon (1. Mo 24,26; Ri 7,15). Dasselbe gilt für die fünf Begebenheiten in der Offenbarung, bei denen Gott angebetet wird (Off 4,10.11; 5,14; 7,11; 11,16.17; 19,4).
Auf der anderen Seite werden wir dazu aufgefordert, Anbetung zu bringen. Gott verdient es, angebetet zu werden (5. Mo 26,10; 1. Chr 16,29; Ps 29,2; 45,12; 95,6; 96,9; 99,9; 132,7). Der Israelit sollte nicht «leer vor dem HERRN erscheinen» (2. Mo 34,20; 5. Mo 16,16). Im Neuen Testament finden wir in 1. Petrus 2,5 und Hebräer 13,15 konkrete Ermutigungen zur Anbetung.