Die Ohren Gottes

Gott hat den Menschen in seinem Bild geschaffen, um mit Ihm Gemeinschaft zu haben. So redete Er mit den ersten Menschen im Garten Eden. Sie hörten Gottes Stimme (1. Mo 3,8). Gott hatte auch Gemeinschaft mit seinem Volk am Eingang des Zeltes der Zusammenkunft, indem Er dort mit Mose redete (2. Mo 29,42.43). Bei der Einweihung des Tempels betete Salomo: «Nun, mein Gott, lass doch deine Augen offen und deine Ohren aufmerksam sein auf das Gebet an diesem Ort!» (2. Chr 6,40).

Gott redet zu uns mit seiner Stimme, damit wir mit unseren Ohren hören. Wir dürfen zu Gott reden, zu Ihm beten, und Er wird uns sein Ohr leihen, um uns zu hören. Was für eine überwältigende Tatsache: Der lebendige Gott hört auf seine Geschöpfe! Aber leider sind es nicht nur Gebete, die an seine Ohren dringen!

1) Was Gottes Ohren alles hören müssen

Von den Bewohnern von Sodom und Gomorra sagt Gott, dass ihr Geschrei gross geworden war vor Ihm (1. Mo 19,13). Geschrei fasst in einem Wort das ganze böse Tun des Menschen zusammen: seine Auflehnung gegen Gott, seine Enttäuschung, Wut und Zorn als Folge seines Tuns. Wie viel Geschrei ist schon zu Gott aufgestiegen von all den Menschen, die den gleichen Weg gegangen sind! Erst im ewigen Zustand wird es kein Geschrei mehr geben; dann wird es endgültig aufgehört haben (Off 21,4).

Israel als Sklavenvolk in Ägypten schrie wegen der Treiber, und ihr Geschrei stieg zu Gott hinauf. Er hat auf ihr Geschrei gehört und sie errettet. Was war der Dank dieses Volkes? Ihre erste Reaktion war das Lied am Ufer des Roten Meeres. Doch später sehnten sie sich nach Ägypten zurück und beklagten sich. Das war übel in den Ohren des HERRN. Es erregte seinen Zorn (4. Mo 11,1). – Das Volk hat geweint vor den Ohren Gottes und geklagt: In Ägypten ging es uns gut (4. Mo 11,18).

Als sie nach zwei Jahren in ihr Land einziehen sollten, schrien und murrten sie gegen Gott und sprachen: «Wären wir doch im Land Ägypten gestorben!» (4. Mo 14,1.2.26-28).

Sowohl ungläubige Menschen beleidigen Gottes Ohren als auch Gläubige, wenn wir untreu sind. Darf Gott von seinen Geschöpfen und besonders von seinem Volk nicht etwas anderes erwarten?

2) Was Gottes Ohren hören möchten

Gott hört auf das Rufen des Menschen. Er hat z.B. das Rufen Ismaels in der Wüste gehört (1. Mo 21,17). Er hört auch auf sein Volk. Der Psalmist sagt: «Der das Ohr gepflanzt hat, sollte er nicht hören?» (Ps 94,9).

Für uns Gläubige finden wir verschiedene Ausdrucksformen, wie wir zu Gott reden dürfen. David betete: «Nimm zu Ohren, HERR, mein Gebet, und horche auf die Stimme meines Flehens! Am Tag meiner Bedrängnis werde ich dich anrufen, denn du wirst mich erhören» (Ps 86,6.7). Das Gebet ist der vertraute, normale Umgang, den wir mit Gott pflegen dürfen. Wenn wir in Schwierigkeiten sind, wird unser Gebet zum Flehen. «Ich sprach zu dem HERRN: Du bist mein Gott! Nimm zu Ohren, HERR, die Stimme meines Flehens» (Ps 140,7).

In Psalm 141,1 ist sein Gebet noch intensiver: «HERR, zu dir habe ich gerufen, eile zu mir! Nimm zu Ohren meine Stimme, wenn ich zu dir rufe!» Manchmal wird das Rufen zu einem Hilfeschrei: «Neige dein Ohr zu meinem Schreien» (Ps. 88,3). «In meiner Bedrängnis rief ich zu dem HERRN, und ich schrie zu meinem Gott; er hörte aus seinem Tempel meine Stimme, und mein Schreien vor ihm kam in seine Ohren» (Ps 18,7). Dieses Schreien ist nicht zu verwechseln mit dem Geschrei der Menschen. Das Schreien der Gläubigen ist der Ausdruck eigener Hilflosigkeit und der Einsicht, dass nur von Gott Hilfe kommen kann. Es kann auch mit unserer Klage verbunden sein (Ps 142,2.3). Klage meint das Ausschütten des Herzens, nicht die Anklage gegen Gott.

Beachte auch Psalm 102, der auf den Herrn Jesus hinweist, und den ersten Vers: «Gebet eines Elenden, wenn er verschmachtet und seine Klage vor dem HERRN ausschüttet.» Er hat die ganze Schwere seines Weges empfunden und dies vor seinem Gott im Gebet ausgeschüttet.

Doch was ist, wenn wir weder Kraft zum Schreien noch zum Beten haben? Gott wird sein Ohr neigen, um unser Seufzen und unser Stöhnen zu hören (Klgl 3,56; Ps 55,2.3). Das Neigen seines Ohres ist Ausdruck seiner Zuneigung und Barmherzigkeit. Sein Ohr ist aufmerksam auf unsere Gebete.

3) Was Gottes Ohren hören sollten

Wenn Gott bereit ist, auf unsere Sache zu hören, sollten wir nicht unsere Stimme gebrauchen, um Gott zu danken, Ihm zu lobsingen und Ihn anzubeten?

In Psalm 22,4 heisst es: «Der du wohnst bei den Lobgesängen Israels.» Das irdische Volk Gottes war angewiesen, den Herrn Morgen für Morgen und ebenso am Abend zu preisen (1. Chr 23,30). Wie oft rufen die Psalmdichter auf, den Herrn zu preisen (z.B. Ps 103,1; 136,1-3)! Preisen bedeutet auszudrücken, wie wertvoll eine Person ist.

Gleicherweise sollte das Volk Gott loben. «Loben will ich den HERRN mein Leben lang, will meinem Gott Psalmen singen, solange ich bin» (Ps 146,2). Loben heisst, in Worten formulieren, was eine Person Gutes getan hat und was sie uns bedeutet. Die Söhne Korahs wünschten sich die Zunge eines geübten Schreibers, um Gott besser loben zu können (Ps 45,2). In Psalm 100,1 finden wir sogar das Wort jauchzen, was wohl der Ausdruck eines übersprudelnden Herzens ist. Jahr für Jahr sollte der Israelit mit seinem Korb voll Erstlingsfrüchten vor Gott erscheinen, um vor Ihm anzubeten (5. Mo 26,10).

Auch wir als erlöste Sünder dürfen Gott danken für unsere Errettung, wie der geheilte Aussätzige zurückkehrte, auf sein Angesicht fiel und dem Herrn Jesus dankte. Dadurch wurde Gott verherrlicht (Lk 17,15.16).

Noch immer sucht der Vater solche, die Ihn in Geist und Wahrheit anbeten (Joh 4,23).

Ein Gegenstand der Anbetung ist der Gehorsam des Herrn Jesus. Als wahrer Mensch liess Er sich Ohren bereiten, um zu hören, und einen Körper, um zu gehorchen (Ps. 40,7; Heb 10,5). Als Diener liess Er sich das Ohr wecken und öffnen, um belehrt zu werden. Als Knecht, der seinen Herrn liebte, liess Er sich das Ohr durchbohren, um auf ewig zu dienen (2. Mo 21,6). Solche Gedanken dürfen wir vor Gottes Ohren ausbreiten.

4) Wenn Gottes Ohren nicht hören können

Wenn Gott nicht mehr hört, bedeutet das Gericht – Gericht über das böse Tun und die Gräuel, die sein Volk dem Herrn ins Angesicht verübt hat. Er sagt zum Propheten Hesekiel: «Israel ist ein widerspenstiges Haus. Sie haben Ohren, um zu hören, aber sie hören nicht» (Hes 12,2). Wie reagiert Gott darauf? «Und rufen sie auch vor meinen Ohren mit lauter Stimme, so werde ich sie doch nicht hören» (Hes 8,18). Diese Worte werden sich für Israel erfüllen. Wie ist es mit uns in der Gnadenzeit? Selbst wenn Gott nicht so mit uns handelt, müssen wir doch eine solche Stelle auf unser Gewissen anwenden, wie auch Petrus das tut. «Die Augen des Herrn sind gerichtet auf die Gerechten, und seine Ohren auf ihr Flehen; das Angesicht des Herrn aber ist gegen die, die Böses tun» (1. Pet 3,12). Wer aber in einer zerbrochenen Haltung vor Gott ist, darf sicher sein, dass Gott ihn hört (Ps 34,18.19).

5) Wer Ohren hat zu hören, der höre!

Wir dürfen mit unseren Anliegen und Nöten an Gottes Ohren gelangen. Und wenn wir vor Ihm das ausdrücken, was Ihn betrifft und Ihn ehrt, wenn wir Ihn anbeten, dann freut Er sich.

Aber müssen wir uns nicht noch daran erinnern, dass der, der unsere Ohren gebildet hat, von uns erwartet, dass wir auf Ihn hören? Gemeinschaft ist nur dann vollständig, wenn das Hören gegenseitig ist.

«Siehe, ich stehe an der Tür und klopfe an; wenn jemand meine Stimme hört und die Tür öffnet, zu dem werde ich hineingehen und das Abendbrot mit ihm essen, und er mit mir» (Off 3,20).