Der hebräische Knecht (5)

2. Mose 21,2-6; Johannes 1,29; Johannes 13,31

Einleitung

Der Herr Jesus hat als der wahre hebräische Knecht gesagt: «Ich liebe meinen Herrn.» Aus Liebe zu seinem Gott und Vater gab Er am Kreuz sein Leben. Diese Tatsache übersteigt unseren Verstand, aber im Glauben schauen wir nach Golgatha und beten an. Es ist eine unermessliche Gnade, dass wir etwas über das wissen dürfen, was der Herr Jesus in seinem Leben und vor allem in seinem Tod für Gott war.

In 1. Petrus 2,4 lesen wir: «Zu welchem kommend als zu einem lebendigen Stein, von Menschen zwar verworfen, bei Gott aber auserwählt, kostbar.» Je näher wir zum Herrn Jesus kommen, desto besser verstehen wir, wie sehr Er von der Welt abgelehnt wird. Aber wir erfassen auch immer mehr, wie kostbar Jesus Christus für Gott ist. Das hat sich besonders gezeigt, als Er am Kreuz litt und starb.

Siehe, das Lamm Gottes

Johannes 1,29

Johannes der Täufer ruft uns zu: «Siehe, das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt wegnimmt!» Wir sollen von uns wegschauen und zuerst auf Gott blicken, der das Lamm gegeben hat. Das ist ein wichtiger Gedanke, den wir schon am Anfang der Bibel finden. Nach dem Sündenfall kam Gott zu den Menschen und machte ihnen Kleider aus Fell (1. Mo 3,21). Er selbst sorgte dafür, dass sie bekleidet wurden. Dafür mussten Tiere sterben. Das ist der erste Hinweis, dass Gott selbst das Opfer bringt, das nötig ist, um das Problem der Sünde zu lösen.

Wir denken auch an Abraham, wie er mit Isaak ins Land Morija reiste, um dort auf einem der Berge, den Gott ihm zeigen würde, seinen Sohn zu opfern. Sie gingen beide miteinander, der Vater und der Sohn. Wir dürfen ihrem Gespräch zuhören: «Isaak sprach zu seinem Vater Abraham und sagte: Mein Vater! Und er sprach: Hier bin ich, mein Sohn. Und er sprach: Siehe, das Feuer und das Holz; wo aber ist das Schaf zum Brandopfer? Und Abraham sprach: Gott wird sich ersehen das Schaf zum Brandopfer, mein Sohn. Und sie gingen beide miteinander»(1. Mo 22,7.8). In der Antwort Abrahams sehen wir den zweiten Hinweis: Gott wird sich das Schaf zum Brandopfer ersehen. Es wird ein Mensch sein. Er selbst wird seinen eigenen, geliebten Sohn als Opferlamm geben. Unergründliche Liebe Gottes! Nachdem wir Menschen Gott durch den Sündenfall und durch unsere Sünden schrecklich verunehrt hatten, gab Er das Opfer. So konnte Johannes sagen: «Siehe, das Lamm Gottes.»

Es handelt sich hier um die Seite des Brandopfers und um die Sühnung, die im Brandopfer vorgestellt wird (3. Mo 1,3-5). Der Herr Jesus hat Gott im Blick auf die Sünde, die in die Welt gekommen ist, unendlich und für immer verherrlicht. Das war eine fundamentale Voraussetzung, damit Gott wieder mit Sündern Kontakt aufnehmen konnte. Es handelt sich hier nicht um begangene Sünden, sondern um die Sünde. Es geht um das böse Prinzip oder die Erbsünde, die seit dem Sündenfall da ist und schwerwiegende Folgen über die Menschheit und die Schöpfung gebracht hat. Doch Jesus Christus, das Lamm Gottes, hat am Kreuz ein Werk vollbracht, das für die Verunehrung Gottes durch die Sünde Sühnung getan und Ihn verherrlicht hat.

Die Auswirkungen dieses Werks am Kreuz sind herrlich und weitreichend: Die Sünde der Welt wird einmal weggenommen werden. Die ganzen tragischen Folgen des Sündenfalls werden auf der Grundlage des Todes, den der Herr Jesus am Kreuz erduldet hat, beseitigt werden. Wir können von der Wirksamkeit seines Werks nicht zu hoch denken. Die Sünde wird aus dem Weltall entfernt werden. Die ersten Ergebnisse davon werden im Tausendjährigen Reich sichtbar. Das beschreiben mehrere Bibelstellen:

«Der Wolf wird sich beim Lamm aufhalten, und der Leopard beim Böckchen lagern; und das Kalb und der junge Löwe und das Mastvieh werden zusammen sein, und ein kleiner Knabe wird sie treiben. Und Kuh und Bärin werden miteinander weiden, ihre Jungen zusammen lagern; und der Löwe wird Stroh fressen wie das Rind. Und der Säugling wird spielen am Loch der Otter, und das entwöhnte Kind seine Hand ausstrecken nach der Höhle der Viper. Man wird weder Böses tun noch Verderben anrichten auf meinem ganzen heiligen Berg; denn die Erde wird voll Erkenntnis des HERRN sein, wie die Wasser den Meeresgrund bedecken» (Jes 11,6-9).

«Es wird geschehen: Ehe sie rufen, werde ichantworten; während sie noch reden, werdeich hören. Wolf und Lamm werden zusammen weiden, und der Löwe wird Stroh fressen wie das Rind. Und die Schlange: Staub wird ihre Speise sein. Man wird nichts Böses tun und kein Verderben anrichten auf meinem ganzen heiligen Berg, spricht der HERR» (Jes 65,24.25).

Die Folgen des Sündenfalls, die die Schöpfung betreffen, werden im Tausendjährigen Reich fast ganz aufgehoben sein. Eine Ausnahme bildet die Schlange. Sie wird noch Staub fressen. Damit wird gezeigt, dass die Befreiung noch nicht vollständig sein wird. Erst im ewigen Zustand werden die Sünde und ihre Folgen ganz beseitigt werden.

«Ich sah einen neuen Himmel und eine neue Erde; denn der erste Himmel und die erste Erde waren vergangen, und das Meer ist nicht mehr. Und ich sah die heilige Stadt, das neue Jerusalem, aus dem Himmel herabkommen von Gott, bereitet wie eine für ihren Mann geschmückte Braut. Und ich hörte eine laute Stimme aus dem Thron sagen: Siehe, die Hütte Gottes bei den Menschen! Und er wird bei ihnen wohnen, und sie werden sein Volk sein, und Gott selbst wird bei ihnen sein, ihr Gott. Und er wird jede Träne von ihren Augen abwischen, und der Tod wird nicht mehr sein noch Trauer noch Geschrei noch Schmerz wird mehr sein; denn das Erste ist vergangen. Und der, der auf dem Thron sass, sprach: Siehe, ich mache alles neu» (Off 21,1-5).

Die Grundlage dafür ist der Opfertod des Herrn Jesus. Als Landwirt habe ich bei meiner Arbeit den Kampf in der Tierwelt und die Probleme in der Pflanzenwelt gesehen. Ich denke gern daran zurück, wie ich ein Feld mit Weizen besäte. Bei gutem Wetter konnte ich nach zehn Tagen sehen, wie unzählige Samen gekeimt und gesprosst hatten. Ein Wunder Gottes! Doch drei Wochen später sah es anders aus. Das Unkraut hatte auch zu wachsen begonnen und war bereits grösser als der Weizen. Jetzt erkannte ich nicht nur die Schöpferherrlichkeit Gottes, sondern auch die Folgen des Sündenfalls.

Der Kampf in der Tierwelt und der Kampf zwischen Mensch und Tier sind heute eine traurige Realität. Wie ganz anders wird es in der Zukunft sein! Wir haben gelesen: «Ein kleiner Knabe wird sie treiben.» Jetzt fürchten sich die Tiere vor den Menschen und die Menschen vor den Tieren. Doch im Tausendjährigen Reich wird es diese Furcht nicht mehr geben: «Der Säugling wird spielen am Loch der Otter, und das entwöhnte Kind seine Hand ausstrecken nach der Höhle der Viper.»

Im ewigen Zustand wird alles neu sein. Gott selbst sagt: «Siehe, ich mache alles neu.» Die Grundlage dafür ist das Werk des Herrn Jesus am Kreuz, der sich selbst als das wahre Brandopfer hingegeben hat. Darüber können wir nur staunen und anbeten.

In Johannes 1,36 wiederholt Johannes der Täufer seine Worte: «Siehe, das Lamm Gottes!» Dieses Mal fügt er nichts hinzu. Er lenkt jetzt die Gedanken nicht auf das Werk am Kreuz, sondern auf die Person, die das Opfer gebracht hat. So wollen wir im Glauben auf das Lamm Gottes blicken. Jesus Christus ist es wert, dass wir Ihn bewundern und Ihm unsere ganze Aufmerksamkeit schenken. Was für eine herrliche Person ist Er! Ihm gehört unsere Anbetung.

Gott ist verherrlicht in Ihm

Johannes 13,31

Der Herr Jesus befindet sich mit seinen zwölf Jüngern im Obergemach. Zuerst wäscht Er ihnen die Füsse, dann deckt Er den Verräter auf. Es ist eine ernste und feierliche Szene! Judas ist drei Jahre mit dem Herrn Jesus gegangen, hat aber kein Leben aus Gott. Die übrigen Jünger merken es nicht, denn er ist ein guter Schauspieler. Doch dem Sohn Gottes kann er nichts vormachen.

Es ist zu Herzen gehend, wie der Herr den Verräter entlarvt. Zuerst befestigt Er die elf anderen Jünger, damit sie nicht an seiner Person zweifeln: «Von jetzt an sage ich es euch, ehe es geschieht, damit ihr, wenn es geschieht, glaubt, dass ich es bin»(Joh 13,19). Es erschüttert die Jünger, dass einer mitgegangen ist, der kein Leben aus Gott hat und sich jetzt gegen den gemeinsamen Meister wendet. Doch sie sollen nicht am Sohn Gottes zweifeln, der vom Verräter nicht überrascht wird.

Danach sagt der Herr: «Einer von euch wird mich überliefern»(Joh 13,21). Damit werden alle ins Licht Gottes gestellt. Sie sollen sich prüfen, ob sie zu einer solch bösen Tat fähig sind. Erst in einem dritten Schritt macht Er Judas offenbar: «Der ist es, dem ich den Bissen, wenn ich ihn eingetaucht habe, geben werde»(Joh 13,26).

Manchmal handelt der Herr auch heute so. Wenn etwas Trauriges in der Versammlung vorkommt, will Er uns zuerst befestigen, damit wir nicht an Ihm zweifeln. Ich erinnere mich an einen Ausspruch meiner Mutter, den sie mir fürs Leben mitgegeben hat: Wenn Gläubige Fehler machen – nie Gott aufgeben! Ja, das ist die Bemühung unseres Herrn.

Judas geht in die Nacht hinaus. Damit beginnt für Jesus Christus die letzte Strecke des Wegs ans Kreuz. Es ist wichtig, dass wir das erkennen. Nur so verstehen wir, worauf sich der Herr in Vers 31 bezieht. Er spricht dort vom Werk, das Er am Kreuz vollbringen wird. Dabei benutzt Er zweimal das Wort «verherrlichen». Was meint Er damit? Es bedeutet, die Vorzüge einer Person ins Licht zu stellen.

Zuerst sagt der Herr Jesus: «Jetzt ist der Sohn des Menschen verherrlicht.» Wir können den wunderbaren Sohn des Menschen betrachten, wie Er als ein Wurzelspross aus dürrem Erdreich vor Gott aufschoss (Jes 53,2). Wir bewundern Jesus Christus, wie Er Gott in seinem Leben gehorchte und in Hingabe an Ihn lebte. Aber das ganze Mass seiner Herrlichkeit wurde am Kreuz offenbar. Dort zeigte sich, dass Er als hebräischer Knecht seinem Gott aus Liebe bis in den Tod gehorchte. In den schwersten Stunden am Kreuz offenbarte der Sohn des Menschen seine völlige Hingabe an Gott und seinen vollkommenen Gehorsam. Das ganze Mass seiner wunderbaren Person wurde sichtbar.

Weiter heisst es: «Gott ist verherrlicht in ihm.» Im vollkommenen Opfer des Herrn Jesus kamen alle Wesenszüge Gottes klar zum Vorschein. Gott ist Licht! Den grossen Beweis davon sehen wir am Kreuz, als Er seinen eigenen Sohn nicht verschonte. Gott ist heilig, darum verliess Er Jesus in den drei Stunden der Finsternis. Seine Heiligkeit wurde völlig ans Licht gestellt, als Er sich vom Sündenträger abwandte. Gott ist gerecht. Deshalb «hat er den, der Sünde nicht kannte, für uns zur Sünde gemacht»(2. Kor 5,21). Er hat die Sünde an Jesus Christus verurteilt. In diesem Urteil über die Erbsünde zeigte sich die vollkommene Gerechtigkeit Gottes. Es kam auch die Majestät seiner göttlichen Person ans Licht, als Gott Jesus in den Tod gab. Der Lohn der Sünde ist der Tod, und die Ausführung dieser Tatsache offenbarte die Majestät Gottes.

Gott ist Liebe – sein zweiter grosser Wesenszug. Den Beweis dafür erbrachte Er am Kreuz, als Er seinen eigenen, geliebten Sohn in den Tod gab. In dieser wunderbaren, göttlichen Liebe am Kreuz zeigte sich auch, dass Gott barmherzig ist und verlorene Sünder retten will. Im Tod des Erlösers neigte sich Gottes Barmherzigkeit zu schuldigen Menschen, um sie zu retten: zum Räuber am Kreuz, zum kleingläubigen Thomas oder zu Saulus, der die Versammlung verfolgte. Im Werk, das der Heiland vollbrachte, offenbarte sich auch das ganze Mass der göttlichen Gnade. Dort wurde die Grundlage gelegt, damit Sünder durch den Glauben Erlöste werden können. Darin zeigt sich der Reichtum der Gnade Gottes (Eph 1,7). Der Tod des Herrn Jesus am Kreuz bildet aber auch die Basis, um aus Menschen, die erlöst werden, Kinder und Söhne Gottes zu machen. Darin wird die Herrlichkeit der Gnade Gottes sichtbar (Eph 1,6).

Im Opfertod des Herrn Jesus entfaltete sich die göttliche Liebe im göttlichen Licht. Diese beiden Wesenszüge Gottes wurden völlig offenbar. Gott ist im Sohn des Menschen, der am Kreuz litt und starb, auf einzigartige Weise verherrlicht worden. Aus Liebe zu seinem Gott hat der Herr Jesus am Kreuz das Werk vollbracht, um Gottes Herrlichkeit völlig ans Licht zu stellen.