7. Psalm 2
«Du bist mein Sohn»
In Psalm 1 wird uns die vollkommene Gerechtigkeit des glückseligen Mannes – in der Person des Herrn Jesus selbst – vorgestellt.
In Psalm 2 finden wir drei Namen für Ihn, die dieser vollkommenen Gerechtigkeit entsprechen.
- In Vers 2 ist Er der Gesalbte Gottes, der Messias, der Christus. Er hat alles vollbracht, was Gott Ihm anvertraut hat: «das Werk habe ich vollbracht, das du mir gegeben hast, dass ich es tun sollte» (Joh 17,4)
- In Vers 6 ist Er sein König
- in Vers 7, dem Zentralvers dieses Psalms, sein Sohn
Dieser Psalm lässt sich in vier Teile zu je drei Versen aufgliedern. Zuerst drückt sich der Heilige Geist aus, dann Gott selbst, schliesslich der Sohn, und am Ende die Gläubigen.
Der Psalm beginnt mit dem Aufstand der Grossen dieser Erde gegen Christus selbst, und zwar in seinem Leben und in seiner Verurteilung. Selbst zwei Feinde, wie Herodes und Pontius Pilatus, beraten zusammen und werden Freunde gegen Christus (Lk 23,12). Diese Verfolgung setzt sich durch die Zeitepochen hindurch gegen die Kinder Gottes fort (Joh 15,19). In der Zukunft wird dieser Aufstand gegen Christus offenbar werden: Die zehn Könige, die mit dem Tier Gewalt empfangen haben, «werden mit dem Lamm Krieg führen» (Off 17,14). Das finden wir auch in Offenbarung 19,19: «Und ich sah das Tier und die Könige der Erde und ihre Heere versammelt, um den Krieg zu führen mit dem, der auf dem Pferd sass, und mit seinem Heer.»
Auf der anderen Seite will man keinerlei Einschränkungen oder Zurückhaltung mehr; das Böse entfaltet sich immer mehr (V. 3).
Und jetzt wartet die Geduld Gottes noch! Aber der Tag wird unweigerlich kommen, da sein Zorn und seine Zornglut sie in Angst versetzen werden.
In den Versen 4-6 redet Gott selbst. Es genügt, dass Er bestätigt: «Habe ich doch meinen König eingesetzt auf Zion», um den Mund der Rebellen zu verschliessen. In dem Aufstand von Adonija in 1. Könige 1 haben wir sozusagen eine bildliche Darstellung dieser Verse unseres Psalms.
Gott sagt von Christus: «mein König». In den Evangelien wurde Er nur bei seinem Einzug in Jerusalem während einiger Stunden als solcher anerkannt. Dann wurde Er verworfen. Aber eines Tages wird Er als König der Herrlichkeit wiederkommen.
Wer ist dieser König? Der Herr Jesus erklärt es selbst in den Versen 7-9: «Der HERR hat zu mir gesprochen: Du bist mein Sohn, heute habe ich dich gezeugt.» Er wird die Nationen zum Erbteil bekommen, aber Er wird sie aus der Hand des Vaters empfangen, nicht aus der Hand des Teufels, der sie Ihm unter der Bedingung anbot, sich vor ihm niederzuwerfen (Lk 4,6.7).
«Du bist mein Sohn!» Er ist es von Ewigkeit her: «Vater … du hast mich geliebt vor Grundlegung der Welt … die Herrlichkeit, die ich bei dir hatte, ehe die Welt war» (Joh 17,24.5). Aber Er ist, vom Vater gesandt, auf diese Erde gekommen: «Heute habe ich dich gezeugt» (Heb 1,5). Seine menschliche Geburt auf dieser Erde entsprach dem, was Er in seiner Gottheit war (Lk 1,35). «Da er in Gestalt Gottes war (wörtlich: bestand) … machte er sich selbst zu nichts und nahm Knechtsgestalt an.» Er hat sich der Zeichen der Herrlichkeit entäussert; Er ist in Gleichheit der Menschen geworden; in ein und derselben Person war Er wahrhaftiger Mensch und wahrhaftiger Gott. Hoch erhoben, als Herr ausgerufen, in dessen Namen jedes Knie sich beugen wird, bleibt Er wahrer Mensch und wahrer Gott: «In ihm wohnt die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig» (Kol 2,9).
Angesichts des Zustands der Gewalttat und der Verdorbenheit der Erde, wird das «eiserne Zepter» unerlässlich sein. Bevor das Reich des Friedens und der Gerechtigkeit aufgerichtet werden kann, werden die schrecklichen Gerichte der Offenbarung nötig sein (V. 9). «Wer überwindet» (Off 2,26) wird an dieser Autorität über die Nationen teilhaben, um sie «mit eiserner Rute zu weiden … wie auch ich von meinem Vater empfangen habe».
Verse 10-12: Während die schrecklichen Gerichte sich über die Erde ergiessen werden, wird noch das Evangelium des Reiches, das ewige Evangelium, gepredigt werden. Die Könige, die Richter der Erde, ja, alle Menschen werden aufgefordert, den HERRN zu fürchten, den Sohn zu küssen. Dieser Ausdruck «Küsst den Sohn» bedeutet Versöhnung. In Lukas 7 finden wir die Sünderin, die die Füsse des Herrn mit Küssen bedeckte und sie mit ihren Tränen benetzte: das ist ein Kuss der Buße und des Bekenntnisses.
Wie der Herr Jesus es offenbart, hat im Gegensatz dazu der Pharisäer, der den Herrn in seinem Haus empfangen hatte, Ihn nicht einmal geküsst. Er lud Jesus zu sich ein, tat es aber nicht von Herzen.
In Apostelgeschichte 20 sehen wir den Abschied von einem Diener am Ufer des Meeres: die Küsse einer ganzen Versammlung, die jemand begleiten, der sie verlässt und den sie nicht wiedersehen werden. Das ist ein Kuss der Anhänglichkeit, der sich durch die Gebete in die Länge zieht – und doch haben ihn die Gläubigen von Ephesus vergessen (2. Tim 1,15).
Wir haben auch den Kuss des Vaters, der den verlorenen Sohn umarmt. Wie herzlich ist dieser Kuss. Einer der zurückkehrt, einer der Buße tut!
Und schliesslich denken wir noch an einen Kuss – möchten wir ihn nie kennenlernen – den Kuss des Verräters. Als Judas den Herrn Jesus mit einem zärtlichen Kuss überlieferte, musste der Herr Jesus ihm sagen: «Freund, wozu bist du gekommen!»
«Glückselig alle, die zu ihm Zuflucht nehmen!», doch wehe dem, der auf dem Weg der Sünder steht und schliesslich auf dem Sitz der Spötter landet (Ps 1,1). Wenn man einmal sitzt, ist es nicht leicht, sich zu erheben; wenn man sich bewusst von Christus abgewendet hat, wie schwierig ist es dann, zu Ihm zurückzukehren. Hat man sich aber zu den Füssen des Herrn niedergesetzt, verweilt man durch die Gnade gerne dort, um seine Herrlichkeiten als König, als Gesalbten und als Sohn zu betrachten.