Die Wüstenwanderung (9)

4. Mose 17,1-11

IV. Die Hilfsquellen in der Wüste

Die grosse Hilfsquelle in der Wüste – wie übrigens überall – ist es nicht der Zugang zu Gott? «Ich aber, Gott zu nahen ist gut für mich» (Ps 73,28), sagte Asaph nach der schlimmen Prüfung, die er durchzumachen hatte. Dieser Gedanke führt uns dazu, nacheinander

  • das Gebet,
  • den Glauben,
  • das Hohepriestertum und
  • die Opfer in der Wüste

zu betrachten.

Aber die höchste Hilfsquelle ist Gott selbst, der zu uns kommt mit seinen Segnungen, durch sein Eingreifen, mit seiner Gnade. Das wird den Schluss unserer Ausführungen bilden.

1. Das Gebet

In Hebräer 4 ist das Gebet, nach dem Wort Gottes und dem Hohenpriestertum Christi, die dritte Hilfsquelle für den, der sich auf dem Weg zur Ruhe befindet: «Lasst uns nun mit Freimütigkeit hinzutreten zu dem Thron der Gnade, damit wir Barmherzigkeit empfangen und Gnade finden zu rechtzeitiger» (Heb 4,16).

In 4. Mose ist es hauptsächlich Mose, der das tut. Er hatte eine wunderbare Gemeinschaft mit Gott. Der HERR konnte sagen: «Mit ihm rede ich von Mund zu Mund» (4. Mo 12,8). Er unterhielt sich mit ihm «wie ein Mann mit seinem Freund redet» (2. Mo 33,11).

Ein Vers zeigt uns das Geheimnis dieser Vertrautheit: «Und wenn Mose in das Zelt der Zusammenkunft hineinging, um mit ihm zu reden, dann hörte er die Stimme zu ihm reden vom Deckel herab, der auf der Lade des Zeugnisses war, zwischen den beiden Cherubim hervor; und er redete zu ihm» (4. Mo 7,89). Sehen wir auf Mose in der beständigen Spannung, die ihm das Murren und die Vorwürfe des Volkes verursachten, ohne von den Aufgaben seiner Stellung als Führer zu reden, unter denen er mehr als einmal geseufzt hat! Und siehe, er liess alles zurück, was ihn bedrückte, das Durcheinander, das ihn umgab, den Staub der Wüste, und trat in die Dämmerung des Heiligtums ein, um mit seinem Gott zu reden. Er kam in die Stille hinein und lauschte zunächst der Stimme, die vom Deckel herab zu ihm redete; dann, erst nachher, sprach er zu Ihm. Glückselige Gemeinschaft der Seele mit ihrem Gott, wovon uns der Herr Jesus das vollkommene Beispiel gegeben hat, als Er lange vor Tagesanbruch aufstand und sich an einen öden Ort begab oder des Abends allein auf den Berg stieg, um zu beten.

Dieses Vorrecht ist heute unser Teil; denn wir können jeden Tag und besonders jeden Morgen die Gegenwart des Herrn aufsuchen, in seinem Wort auf seine Stimme hören und Ihm alles sagen, was wir auf dem Herzen haben. Das Lesen des Wortes in der Familie ist eine kostbare und nützliche Sache, aber nichts kann den täglichen, persönlichen Umgang mit dem Herrn Jesus zu seinen Füssen ersetzen. Der Gläubige, der das vernachlässigt, wird in seinem geistlichen Leben keine Fortschritte machen und dem Feind umso mehr die Flanke bieten.

Auf dem ganzen Weg durch die Wüste sehen wir Mose beten.

  • In Tabera betet er und das Feuer legt sich (4. Mo 11,2).
  • Für seine Schwester Mirjam, die ihn schwer beleidigt hat, fleht er: «O Gott, bitte, heile sie doch!» (4. Mo 12,13). Nach sieben Tagen der Züchtigung wird Mirjam wieder aufgenommen.
  • In Kades legt er Fürsprache für Israel ein und erreicht die Vergebung vonseiten des HERRN (4. Mo 14,13-20).
  • Zur Zeit des Aufstandes von Korah tritt er wieder ein nicht für Korah, Dathan und Abiram – sondern für das Volk des HERRN, das ihm so am Herzen liegt (4. Mo 16,22).
  • Als die feurigen Schlangen das Volk bissen, betet Mose von neuem für sie (4. Mo 21,7).

Mehr als einmal fiel er auf sein Angesicht (14,5; 16,4.46; 20,6), indem er dadurch ausdrückte, dass er sich völlig auf Gott warf. Er fragte nach seinen Gedanken, als er sie nicht kannte, im Fall der unreinen Personen, die das Passah nicht feiern konnten (4. Mo 9,8) oder im Fall der Töchter Zelophchads (4. Mo 27,5). Schliesslich, als das Alter und der Augenblick gekommen war, um sein Amt niederzulegen, bittet er den HERRN, über sein Volk einen Mann zu bestellen, «der vor ihnen her aus- und einzieht und der sie aus- und einführt, damit die Gemeinde des HERRN nicht sei wie Schafe, die keinen Hirten haben» (4. Mo 27,16.17).

Wenn er der einzige ist im 4. Buch Mose, der betet, wie viel Segen hat dann sein treues Einstehen seinem Volk gebracht! Wir sehen nicht, dass Aaron betete (ausgenommen mit Mose: 4. Mo 16,22), trotz seiner wichtigen Stellung, mit der er bekleidet war.

Wollen wir nicht häufiger ins Heiligtum eintreten, seine Stimme hören und mit Ihm reden?

2. Der Glaube

Ohne Glauben war es unmöglich von Ägypten nach Kanaan zu gelangen. Wir haben im Abschnitt über den Unglauben gesehen, dass es der Glaube war, der dem Volk so sehr gefehlt hat.

Zwei Männer handeln anders, Josua und Kaleb (4. Mo 13,30; 14,6-9). Ihr Glaube und die Energie, die sich daraus ergibt, wird sie dahinführen, während all der Jahre des Umherirrens standhaft zu bleiben, sie wird sie am Jordan und vor Jericho stärken und während der ganzen Eroberung aufrechthalten. Von Kaleb wird wiederholt gesagt: «Er folgte dem HERRN völlig nach» (4. Mo 14,24; 32,12; 5. Mose 1,36; Jos 14,8.9.14). Für diese Männer zählte nur eine Sache: «Der HERR ist mit uns».

Hier geht es nicht um den errettenden Glauben, sondern um den praktischen, der uns den Weg gehen lässt und der jeden Tag in Tätigkeit sein muss: «Wir wandeln durch Glauben, nicht durch Schauen» (2. Kor 5,7). «Die blaue Quaste» sollte die Kinder Israel ständig daran erinnern (4. Mo 15,37-41). An den Zipfeln ihrer Kleider sollte die Saumfassung der blauen Schnur eine Quaste sein, die wie eine Blume die Aufmerksamkeit auf sich zog, um sie allezeit zu mahnen, weder den Gedanken ihrer Herzen, noch den Wünschen ihrer Augen zu folgen, sondern dem, was dem Herrn wohlgefällt. Taucht eine Schwierigkeit auf oder stellt sich ein Problem: Der Glaube schaut nach oben und folgt nicht seinen eigenen Gedanken. Tritt plötzlich eine Versuchung auf, der Blick des Glaubens richtet sich auf den Herrn und folgt nicht den Wünschen unserer Augen.

Uns Gläubigen heute sagt Kolosser 3,1.2: «Wenn ihr nun mit dem Christus auferweckt worden seid, so sucht, was droben ist, wo der Christus ist, sitzend zur Rechten Gottes. Sinnt auf das, was droben ist, nicht auf das, was auf der Erde ist.» Wenn wir den schlimmen Übeln, die das Gericht Gottes nach sich ziehen, ausweichen wollen, dann muss der himmlische Grundsatz die kleinsten Einzelheiten unseres Lebens durchdringen, selbst die, welche der Erde am nächsten stehen.

3. Das Hohepriestertum

(4. Mo 17,1-11)

Das zentrale Kapitel, sozusagen das Herzstück des 1. Buches Mose, spricht vom Vater und vom Sohn in Morija (1. Mo 22). In der Mitte des 2. Buches Mose finden wir den hebräischen Knecht, der erklärt: «Ich liebe meinen Herrn, meine Frau und meine Kinder, ich will nicht frei ausgehen» (2. Mo 21,5). Im Zentrum des 3. Buches Mose und zugleich in der Mitte der fünf Bücher Mose steht der grosse Versöhnungstag, der die Grundlage für das Wohnen Gottes inmitten seines Volkes bildet. Unser Kapitel, im Herzen des 4. Buches Mose, zeigt uns die alleinige Grundlage, auf der Gott Israel in das Land wird einführen können: Das Priestertum, wie aufs Neue bestätigt, auf der Grundlage des Lebens.

Beim Aufstand von Korah, Dathan und Abiram wurde die Autorität Moses und die Stellung Aarons durch das Gericht und den Tod wiederhergestellt, aber das Volk hatte alle Rechte auf das Land verloren. Wären die Dinge so weitergegangen, so wäre das Volk in Kürze unter dem Gericht Gottes aufgerieben worden. Nur die Gnade konnte es nach Kanaan bringen, die Gnade, gegründet auf das Priestertum, wie es unser Kapitel vorstellt. Der Stab Moses, der doch so oft benutzt wurde, war nicht ausreichend. Als Symbol der Autorität und der Macht war er nicht in der Lage, die Stämme, die so voll Schwachheiten und Elend waren, ans Ziel zu führen. Er konnte die Murrenden schlagen, aber dem Murren kein Ende setzen. Auf dem Weg durch die Wüste konnte das Priestertum nur in Begleitung der reinen Gnade Gottes wirksam sein.

Das gleiche finden wir in Hebräer 4: Niemand, kein Gläubiger, würde ohne die Fürbitte des Herrn Jesus das Ende des Weges erreichen. «Daher vermag er diejenigen auch völlig zu erretten, die durch ihn Gott nahen, indem er allezeit lebt, um sich für sie zu verwenden» (Heb 7,25).

Um in der Sache Korahs den Mann zu bezeichnen, «den der HERR erwählen wird», wurde Mose gezwungen, den Test mit den Räucherpfannen vorzuschlagen. Was anderes hatte sich daraus ergeben, als der Tod der 250 Männer, die Weihrauch dargebracht hatten? Aber Gott hatte bei sich noch einen anderen Test in Bereitschaft als den des Todes: den des Lebens. Jeder Stammesfürst musste seinen Stab, sein Zepter, zum Heiligtum bringen, zwölf Stäbe, «und der Stab Aarons war unter ihren Stäben». Um den Mann zu bezeichnen, den der HERR erwählt hatte, würde Er seinen Stab sprossen lassen. Anders gesagt, das Leben, das in diesem toten Holzstab in Erscheinung treten würde, zeigte den Priester nach dem Herzen Gottes. «Und es geschah am nächsten Tag, als Mose in das Zelt des Zeugnisses hineinging, siehe, da hatte der Stab Aarons, vom Haus Levi, gesprosst: Er hatte Sprossen getrieben und Blüten gebracht und Mandeln gereift» (4. Mo 17,23). Ein bemerkenswertes Vorbild vom Herrn Jesus, dem Priester, «der es nicht nach dem Gesetz eines fleischlichen Gebots geworden ist, sondern nach der Kraft eines unauflöslichen Lebens» (Heb 7,16). «Wenn er nun auf der Erde wäre, so wäre er nicht einmal Priester, weil solche da sind, die nach dem Gesetz die Gaben darbringen» (Heb 8,4). Gestorben, auferweckt und in die Herrlichkeit erhöht, «ist er allen, die ihm gehorchen, der Urheber ewigen Heils geworden, von Gott begrüsst als Hoherpriester nach der Ordnung Melchisedeks» (Heb 5,9.10).

So steht heute vor unseren Augen und Herzen kein gestorbener Erlöser, sondern eine lebende Person, die sich für uns verwendet. «Ich war tot», sagt Er zu Johannes, «und siehe, ich bin lebendig von Ewigkeit zu Ewigkeit» (Off 1,18). Der Stab Aarons blieb vor dem Zeugnis, in der Bundeslade, als Gewähr dafür, dass die Gnade Gottes nie versagen würde.