Der Brief an die Epheser (1)

Epheser 1,1-6

Einleitung

Es ist ein grosses Vorrecht, dass der heilige Gott sich in Gnaden einer Welt von Sündern offenbart hat. Den Gläubigen aber hat Er die geheimen Ratschlüsse seines Herzens der Liebe enthüllt.

Um die Glückseligkeit dieser Offenbarungen kennenzulernen, müssen wir uns zum Brief des Apostels Paulus an die Epheser wenden. Darin finden wir eine inspirierte Enthüllung der Ratschlüsse Gottes zur Verherrlichung Christi und zum Segen derer, die zuvor bestimmt sind, seine Herrlichkeit zu teilen.

Es ist von höchster Wichtigkeit zu sehen, dass es sowohl den Ratschluss des Willens Gottes für die Gläubigen gibt, als auch die Gnade Gottes, die allen Menschen das Heil anbietet. Im Allgemeinen sind wir mit seiner rettenden Gnade besser vertraut, als mit den Ratschlüssen seines Herzens. Die errettende Gnade Gottes begegnet unserem Zustand als Sünder; und notwendigerweise müssen wir mit dem beginnen, was unseren Bedürfnissen entspricht. Aber die Ratschlüsse Gottes offenbaren das, was Gott zur Befriedigung seines eigenen Herzens zustande zu bringen beabsichtigt hat. Die errettende Gnade Gottes und der Ratschluss Gottes, obwohl verschiedene Segnungen, können nicht voneinander getrennt werden. Denn die Gnade, die unsere Seelen errettet, führt weiter zur Herrlichkeit, die Gottes Herz befriedigt.

In der Offenbarung der Ratschlüsse des Herzens Gottes entdecken wir den wahren, himmlischen Charakter des Christentums. Wir lernen, dass die Versammlung, obwohl auf der Erde gebildet, zum Himmel gehört. Obwohl sie durch die Zeit geht, war sie in Ewigkeit beschlossen und für die Ewigkeit bestimmt.

  • Kapitel 1 enthüllt uns die ewigen Ratschlüsse Gottes in Bezug auf Christus und seine Versammlung, im Blick auf die Ewigkeit.
  • Kapitel 2 stellt uns Gottes Wege zur Bildung der Versammlung in der Zeit vor, angesichts seiner Ratschlüsse für die Ewigkeit.
  • Kapitel 3 zeigt uns den besonderen Dienst in Verbindung mit der Bekanntmachung der Wahrheit über die Versammlung – eine Aufgabe, die dem Apostel Paulus anvertraut worden war.
  • Kapitel 4 bis 6 bilden den praktischen Teil des Briefes. Darin werden die Gläubigen, die in den Ratschlüssen Gottes unterwiesen worden sind, ermahnt, solange sie hier wandeln, in Übereinstimmung mit diesen Wahrheiten voranzugehen. Wenn Gott beschlossen hat, dass während der Ewigkeit in den Seinen seine Gnade zur Schau gestellt werden soll, dann kann Er nur wünschen, dass die Versammlung in der Zeit, da sie gebildet wird, ein Zeugnis seiner Gnade, Liebe und Heiligkeit sei.

Gottes Vorsatz in Christus (Kapitel 1)

Im ersten Kapitel des Briefes wird uns die Offenbarung des Vorsatzes Gottes im Blick auf Christus und seine Versammlung entfaltet. In den folgenden Kapiteln werden wir die gnädigen Wege Gottes in der Bildung der Versammlung kennenlernen. Aber zuerst wird uns der Vorsatz Gottes in Bezug auf die Ewigkeit enthüllt, damit wir Verständnis erlangen für seine Wege in dieser Zeit.

Nach den einleitenden Versen wird uns

  • erstens die Berufung Gottes vorgestellt, die seinen Vorsatz für alle, die die Versammlung Gottes bilden, ans Licht bringt (Verse 3-7).
  • Zweitens haben wir die Offenbarung des Willens Gottes für die Verherrlichung Christi als Haupt der ganzen Schöpfung und die Segnung der Versammlung in Verbindung mit Christus (Verse 8-14).
  • Drittens haben wir das Gebet des Apostels, dass wir die Grösse der Berufung Gottes erkennen möchten, die Segensfülle des Erbes und die mächtige Kraft, die den Vorsatz Gottes erfüllt und die Gläubigen in das Erbteil bringt.

Der Vorsatz Gottes für die Gläubigen

Verse 1,2

Der Apostel steht im Begriff, die grossen Geheimnisse des Willens und Vorsatzes Gottes darzulegen. Deshalb ist er darauf bedacht, die Heiligen daran zu erinnern, dass er ein «Apostel Christi Jesu durch Gottes Willen». Er ist nicht als Diener eines Menschen von Menschen gesandt, um den Willen des Menschen zu entfalten. Er ist von Gott ausgerüstet, von Jesus Christus gesandt, gemäss dem Willen Gottes, um diesen göttlichen Willen zu enthüllen.

Ausserdem redet er die gläubigen Epheser als «die Heiligen und Treuen in Christus Jesus» an, womit er andeutet, dass in der Versammlung in Ephesus ein geistlicher Zustand herrschte, gekennzeichnet durch Treue gegenüber dem Herrn, der sie in die Lage versetzte, diese tiefgründigen Mitteilungen zu empfangen. Es ist möglich, dass in einer Gruppe von Gläubigen viel Eifer und Tätigkeit zu sehen ist, und es ihnen trotzdem an Treue zum Herrn mangelt. Tatsächlich war dies der Zustand, in den die gleiche Versammlung in späteren Jahren fiel, so dass der Herr trotz all ihres Eifers und ihrer Mühe zu ihnen sagen musste: «Ich habe gegen dich, dass du deine erste Liebe verlassen hast … Du bist gefallen» (Off 2,4.5). Zur Zeit aber, da der Apostel seinen Brief schrieb, zeichneten sie sich noch durch Treue zum Herrn aus. Ferner benötigen wir, ausser dem rechten Zustand der Seele, «Gnade» und «Friede» von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus, was der Apostel diesen Heiligen wünscht, um einen geistlichen Gewinn von diesem Brief zu haben.

Vers 3

Nach den einführenden Versen entfaltet der Apostel sofort die höchsten Segnungen der Gläubigen nach dem Vorsatz Gottes. In diesem herrlichen Abschnitt lernen wir ihre Quelle kennen, ihren Charakter, ihren Anfang und das Ziel, das Gott im Auge hat, wenn Er uns so reich segnet. Und vor allem sehen wir, dass der Vorsatz Gottes sich durch Christus erfüllt.

Die Quelle all unserer Segnungen findet sich im Herzen des Gottes und Vaters unseres Herrn Jesus Christus. Gott ist in Christus vollkommen offenbart worden. Auf seinem Weg als Mensch durch diese Welt offenbarte Er die unendliche Heiligkeit und Macht Gottes, und die vollkommene Gnade und Liebe des Vaters. Wir sind bevorrechtet, alles das bis zu diesem so offenbarten Herzen Gottes, des Vaters, zurückzuverfolgen.

Dann werden wir über den Charakter unserer Segnungen belehrt. Der Vater hat «uns gesegnet mit jeder geistlichen Segnung in den himmlischen Örtern in Christus». Das kleine Wort «jeder» zeigt uns ihre Fülle an. Nicht eine einzige Segnung, die Christus als Mensch genoss, wurde zurückgehalten. Wir sind gesegnet mit «jeder» geistlicher Segnung. Die bekennende Christenheit mag den Menschen noch so viele äussere Wohltaten erwiesen haben, es bleibt doch stets wahr, dass christliche Segnungen geistlich und nicht materiell sind wie beim Volk Israel. Sie sind nicht weniger wirklich, weil sie einen geistlichen Charakter haben. Sohnschaft, Annahme, Vergebung – einige Punkte der christlichen Segnungen, die wir in der Schrift finden, sind geistlich, ausserhalb der Reichweite des Reichtums dieser Welt, aber dem einfachsten Gläubigen durch Christus und in Ihm sichergestellt.

Weiter ist die eigentliche Sphäre unserer Segnungen nicht die Erde, sondern der Himmel. Wir sind gesegnet «in den himmlischen Örtern». Auf der Erde mögen wir wenig besitzen; im Himmel sind wir reich gesegnet. Alle diese geistlichen und himmlischen Segnungen stehen in Verbindung mit Christus; sie bestehen in keiner Weise wegen unserer Verbindung mit Adam. Sie sind «in Christus». Die Segnungen der Juden waren zeitlich, irdisch, in der Geschlechtslinie von Abraham; jene der Christen sind geistlich, himmlisch und in Christus. Im Unterschied zu irdischen Segnungen sind sie unabhängig von Gesundheit, Reichtum, Stellung, Bildung oder Nationalität. Sie sind ausserhalb des ganzen Bereichs irdischer Dinge und werden in all ihrer Fülle noch bestehen bleiben, wenn das Leben in dieser Zeit zu Ende und unser Pfad auf der Erde abgeschlossen ist.

Vers 4

Dann lernen wir nicht nur die Quelle und den Charakter unserer Segnungen kennen, als aus dem Herzen unseres Gottes und Vaters kommend, sondern wir erfahren, dass sie ihren Anfang «vor Grundlegung der Welt» hatten. Es war in der weit zurückliegenden Ewigkeit, dass wir in Christus auserwählt wurden. Damit ist eine souveräne Auserwählung verknüpft, die unabhängig ist von allem, was wir in Verbindung mit Adam und seiner Welt sind. Und nichts, das sich in der Zeit ereignet, kann daran etwas ändern.

Überdies dürfen wir nicht nur den Anfang unserer Segnungen vor Grundlegung der Welt sehen, sondern auch das herrliche Ziel, das Gott im Auge hat, wenn die Welt vergangen sein wird. Der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus hat uns auserwählt in Christus vor Grundlegung der Welt, damit wir in den kommenden Zeitaltern «vor ihm» seien, zur Befriedigung seines Herzens – «dass wir heilig und untadelig seien vor ihm in Liebe». Wenn es Gottes Vorsatz ist, in alle Ewigkeit ein Volk vor sich zu haben, dann müssen sie in einem Zustand sein, der Ihm absolut entspricht. Dazu müssen sie Ihm gleich sein. Nur das, was Gott gleicht, kann Er annehmen. Deshalb will Gott uns «heilig und untadelig» haben, und «in Liebe». Das ist, was Gott in Wirklichkeit ist und was in Christus als Mensch vollkommen zum Ausdruck kam. Er war heilig in seinem Charakter, untadelig in Wandel und Liebe in seiner Natur. Gott will auch uns in einem vollkommen heiligen Charakter vor sich haben, in einem Wandel, dem nichts angelastet werden kann, und in einer Natur, die Liebe ist und auf Liebe – die Liebe Gottes – eingehen kann. Gott ist Liebe, und Liebe kann nicht zufrieden sein, ohne eine Antwort in den Gegenständen der Liebe zu finden. Gott will sich mit solchen umgeben, die, wie Christus als Mensch, vollkommen auf seine Liebe eingehen, so dass Er Freude an uns haben kann und wir an Ihm.

Wenn der Glaube diese grossen Wahrheiten aufnimmt und auf das herrliche Ziel schaut, freut er sich an allem, was aus dem Herzen Gottes offenbart worden ist und über die Wirksamkeit des Werkes Christi. So gross ist die Liebe des Vaters und der Wert des Werkes Christi, dass wir für alle Ewigkeit heilig und untadelig vor dem Angesicht des Vaters sein werden, im vollen, ungehinderten Genuss göttlicher Liebe.

Wenn wir so in die Ewigkeit blicken dürfen und sich ein solch ausgedehnter Ausblick auf Segnung vor uns öffnet, dann wird diese vergängliche Welt – die uns oft so gross und wichtig erscheint – sehr unbedeutend. Hingegen wird das Christentum, in seinem wahren, gottgemässen Charakter gesehen, überaus gross und gesegnet.

Vers 5

Ferner gibt es besondere Segnungen, zu denen Gläubige zuvor bestimmt sind. Zuvorbestimmung scheint immer diese besonderen Segnungen im Auge zu haben. Gemäss der unumschränkten Auserwählung werden Gläubige, wie die Engel, heilig und untadelig vor Gott sein. Aber ausser diesen Segnungen sind die Gläubigen auch zu einem besonderen Platz der Sohnschaft zuvor bestimmt. Wir sind in die gleiche Beziehung zu dem Vater gebracht worden, in der Christus als Mensch steht, so dass Er sagen kann; «Mein Vater, und euer Vater.» Engel sind Diener vor Ihm; wir sind Söhne «für ihn selbst».

Diese besondere Beziehung ist «nach dem Wohlgefallen seines Willens». So geht die Segnung des 5. Verses über jene des vierten hinaus. Dort war es unumschränkte Wahl, dass wir durch Gnade passend für Ihn selbst würden; hier ist es das Wohlgefallen Gottes, das Gläubige für die Sohnschafts-Beziehung zuvor bestimmt.

Vers 6

Die Weise, in der Gott gehandelt hat, indem Er uns für diesen wunderbaren Platz des Segens zuvor bestimmte, wird «zum Preise der Herrlichkeit seiner Gnade» ausschlagen. Der Reichtum der Gnade Gottes stellt uns passend für Ihn vor sich hin; die Herrlichkeit seiner Gnade bringt uns in Beziehung zu Ihm selbst, nachdem Er uns angenehm gemacht hat in dem Geliebten. Wenn wir angenommen sind in dem Geliebten, sind wir angenommen wie der Geliebte selbst – mit all der Freude, mit der Er in der Herrlichkeit empfangen worden ist.