Mit diesen einleitenden Wünschen bringt der Apostel in seinem Gebet nun drei grosse Bitten vor:
- Dass wir die Hoffnung der Berufung Gottes kennenlernen möchten;
- Dass wir den Reichtum der Herrlichkeit des Erbes Gottes in den Heiligen erkennten;
- Dass wir wissen möchten, welches die Kraft ist, die den Vorsatz seiner Berufung zustande bringen und die Heiligen in das Erbteil einführen wird.
Die Berufung ist nach oben, in Verbindung mit den göttlichen Personen im Himmel. Das Erbe ist hier auf der Erde in Verbindung mit den geschaffenen Dingen. Wie wir aus Philipper 3,14 lernen, ist die Berufung Gottes nach oben, und in Christus. Die Quelle der Berufung ist Gott, deshalb wird sie hier «seine Berufung» genannt. Sie ist uns in den Versen 3 bis 6 dieses Kapitels entfaltet. Gemäss der göttlichen Berufung sind wir gesegnet mit jeder geistlichen Segnung in den himmlischen Örtern in Christus; wir sind auserwählt in Christus durch den Vater, um passend vor Gott zu sein, «heilig und untadelig vor ihm in Liebe», zur Freude und Befriedigung seines Herzens. Weiter sagt uns die Berufung, dass wir vor Gott sind, nicht als Diener – wie die Engel – sondern als Söhne vor seinem Angesicht. Zudem sagt uns die Berufung, dass wir in Gottes ewiger Gunst stehen werden, angenehm gemacht in dem Geliebten. Zuletzt sehen wir in der Berufung, dass wir zum ewigen Preise der Herrlichkeit der Gnade Gottes sein werden.
Fassen wir die Berufung zusammen, wie sie uns in diesen wundervollen Versen vorgestellt ist, dann heisst dies, dass wir auserwählt und zu himmlischer Segnung in der Höhe berufen sind, um wie Christus und mit Christus vor dem Vater zu sein, in Gemeinschaft mit dem Vater, in der ewigen Gunst des Vaters und zum ewigen Preise der Herrlichkeit seiner Gnade.
Das ist die Berufung, betreffs derer der Apostel betet, und wofür auch wir wohl beten mögen, dass wir in ihre Glückseligkeit eingehen und wissen möchten, was die «Hoffnung seiner Berufung» ist. Hier bezieht sich die Hoffnung nicht auf das Kommen des Herrn. Da die Heiligen in diesem Brief mitsitzend in den himmlischen Örtern gesehen werden, finden wir hier keinen Hinweis auf das Kommen des Herrn. Hier ist, wie ein anderer gesagt hat, die «Hoffnung» die volle Offenbarung alles dessen, wozu Gott uns in Christus berufen hat – gesehen in der ewigen Herrlichkeit – als die Frucht seiner Ratschlüsse einer vergangenen Ewigkeit.
Zweitens bittet der Apostel, dass wir wissen möchten, «welches der Reichtum der Herrlichkeit seines Erbes in den Heiligen sei». Es ist gesagt worden: In seiner Berufung schauen wir nach oben; das Erbe streckt sich sozusagen unter unseren Füssen aus. Das Erbe wird uns in den Versen 10 und 11 dieses Kapitels vorgestellt. Dort erfahren wir, dass das Erbe alle geschaffenen Dinge im Himmel und auf der Erde umfasst, über die Christus das verherrlichte Haupt sein wird. In Ihm wird die Versammlung ein Erbe erlangen, denn wir werden mit Ihm herrschen. In dem Gebet wird das Erbe «sein Erbe in den Heiligen» genannt. Ein Königreich besteht nicht nur aus einem König und seinem Hoheitsgebiet, sondern auch aus einem König und seinen Untertanen. Weiter wird der «Reichtum der Herrlichkeit seines Erbes» in den Heiligen zur Schau gestellt. An jenem Tag wird Er «verherrlicht werden in seinen Heiligen» und «bewundert in allen denen, die geglaubt haben (2. Thes 1,10).
Vers 19
Drittens bittet der Apostel, dass wir die Kraft an uns, den Glaubenden, kennen möchten, durch die diese grossen Dinge zur Ausführung kommen werden. Diese Kraft wird als «Macht seiner Stärke» bezeichnet, die «wirksam» ist, sich also aktiv an uns betätigt in der gegenwärtigen Zeit. Sie ist «überragend gross». Es gibt andere grosse Kräfte im Universum, aber die Kraft, die an uns wirksam ist, übersteigt jede andere, sei es nun die Kraft des Fleisches in uns oder die Macht des Teufels gegen uns. Welch ein Trost, zu wissen, dass es in all unserer Schwachheit eine überragende göttliche Kraft gibt, die an uns und für uns wirksam ist.
Verse 20,21
Ausserdem ist es eine Kraft, die uns nicht nur durch eine Aussage offenbart worden ist, sondern sich in der Auferweckung Christi erwiesen hat. Der Welt und Satan wurde erlaubt, ihre grösste Machtentfaltung – die der Macht des Todes – dann zu beweisen, als sie den Herrn Jesus an das Kreuz nagelten. Als dann der Teufel und die Welt ihre Macht in höchstem Mass gezeigt hatten, machte Gott in der Auferweckung Christi aus den Toten die überragende Grösse seiner Kraft bekannt und setzte Ihn als Mensch auf den höchsten Platz im Universum, nämlich zu seiner Rechten. In dieser erhabenen Stellung ist Christus über jede andere Macht gesetzt, seien es geistliche Fürstentümer und Gewalten oder zeitliche Mächte und Herrschaften. In Bezug auf die Regierung dieser Welt werden heute und in Zukunft Namen genannt, aber Christus hat den Namen, der über jeden Namen ist – Er ist König der Könige und Herr der Herren.
Vers 22
Christus ist nicht nur über jede Macht gesetzt, sondern darüber hinaus wird auch alles Böse seinen Füssen unterworfen sein. Der machtvolle Ausdruck der Kraft wird uns nicht nur dorthin bringen, um diesen hohen Platz der Herrlichkeit mit Christus zu teilen, sondern wirkt auch für uns, während wir auf unserem Weg zur Herrlichkeit sind.
Dann lernen wir eine andere grosse Wahrheit kennen: Der Eine, in dem alle Macht zum Ausdruck kommt, der auf einen über jede Macht erhabenen Platz gesetzt ist; der die Gewalt hat, alles Böse zu unterwerfen, ist derjenige, der als Haupt über alles der Versammlung gegeben ist.
In seiner Beziehung zu den Mächten des Universums ist er «über» jede Gewalt gesetzt. Was das Böse betrifft, so ist alles seinen Füssen unterworfen. In Verbindung mit der Versammlung – seinem Leib – ist Er das Haupt, um alles zu lenken. So ist es das Vorrecht der Versammlung, zu Christus aufzublicken, um Leitung und Weisung in Bezug auf alles zu empfangen. In Gegenwart aller feindlichen Macht und alles Bösen hat der Leib eine Hilfsquelle in Christus. Er mag zwar Gaben und Führer benutzen, um uns zu unterweisen und zu führen, aber wir sollten zum Haupt emporschauen und nicht nur auf die armen, schwachen Gefässe, die Er in seiner Gnade für fähig erachten mag, von Ihm benutzt zu werden.
Vers 23
In Vers 22 sehen wir, was Christus für die Versammlung ist. In Vers 23 erkennen wir, was die Versammlung für Christus bedeutet. Die Versammlung ist «die Fülle dessen, der alles in allem erfüllt». Die Versammlung als sein Leib bringt die ganze Fülle dessen zur Darstellung, der das Haupt über alles ist. Christus sollte in der Versammlung gesehen werden. Es gibt nichts Wunderbareres als den Platz, den die Versammlung in ihrer Beziehung zu Christus einnimmt. Jemand hat gesagt: «Sie ist ein Leib, erfüllt mit seiner Liebe, angetrieben durch seinen Geist, und bringt seine Gedanken zur Ausführung; so wie unser Körper die Gedanken und Absichten unseres Geistes ausführt.» Leider haben wir gefehlt, Christus den Platz als «Haupt über alles der Versammlung gegeben» einzuräumen, und als Folge davon haben wir versagt, die Fülle des Christus darzustellen.
In diesem wunderbaren Gebet erwartet der Apostel eine gegenwärtige Wirkung im Leben der Gläubigen. Die Berufung und das Erbe sind uns sicher. Deshalb bittet der Apostel nicht, dass wir die Hoffnung und das Erbe haben möchten, sondern dass wir wissen möchten, was sie beinhalten. So sollte die Erkenntnis des Zukünftigen eine gegenwärtige Wirkung auf unser Leben und unseren Wandel haben, indem sie uns in der Kraft des Auferstehungslebens vom Fleisch und jeder feindlichen Macht befreit und uns im Geist von dieser gegenwärtigen Welt trennt.
Das Werk Gottes, um seinen Vorsatz auszuführen
(Kapitel 2)
- In Kapitel 1 sind uns die Ratschlüsse Gottes in Bezug auf Christus und die Versammlung offenbart. Es schliesst mit dem Gebet des Apostels, dass wir die Kraft kennen möchten, die an uns wirkt, durch die diese Ratschlüsse der Liebe in Erfüllung gehen werden.
- In Kapitel 2 dürfen wir erstens lernen, wie die Kraft Gottes in uns wirkt (Verse 1-10); zweitens Gottes Wege mit uns (Verse 11-22), um die Versammlung in der Zeit zu bilden, damit seine Ratschlüsse für uns erfüllt werden können.
Das Werk Gottes in dem Gläubigen
Verse 1-3
Das Kapitel beginnt mit dem Vorstellen eines ernsten Bildes vom Zustand und der Stellung, in die der Mensch unter der alten Schöpfung gefallen ist. Die ersten beiden Verse beschreiben den Zustand der heidnischen Nationen; Vers 3 bringt den Juden in dieses ernste Bild hinein. «Wir» – die Juden – sagt der Apostel, «waren von Natur Kinder des Zorns, wie auch die Übrigen.»
Juden und Nationen werden gegenüber Gott als tot in Vergehungen und Sünden gesehen, aber lebend für den Zeitlauf einer bösen Welt unter der Macht des Teufels – dem Fürsten der Gewalt der Luft. So ist der Mensch also Gott ungehorsam, erfüllt die Begierden des Fleisches und der Gedanken und steht von Natur unter dem Gericht Gottes.
Der Jude, obwohl er sich in einer Stellung äusserer Vorrechte befand, bewies durch seine Begierden, dass er eine gefallene Natur hatte und auf dem gleichen Boden stand wie der Heide. Beide, Jude und Heide, sind tot für Gott. Im Brief an die Römer werden wir unter dem Todesurteil gesehen, als Folge unserer Taten – unserer Sünden. Hier werden wir bereits als tot für Gott gesehen, aufgrund dessen, was wir sind – indem wir eine gefallene Natur haben. Für diesen Zustand des Todes sind wir jedoch verantwortlich, denn der Apostel beschreibt die Menschen als solche, die «wandeln», «Verkehr haben» und ihre Begierden erfüllen. Gott gegenüber ist der Mensch tot. Gegenüber den Einflüssen der Welt, des Fleisches und des Teufels ist er aktiv am Leben. Ausserdem hat der Teufel die Herrschaft über den Menschen erlangt, durch dessen Ungehorsam gegenüber Gott. Die gefallene Natur, die wir haben, ist die Folge dieses Ungehorsams – wir sind Söhne des Ungehorsams.