Der glänzende Morgenstern
Für uns, die wir mit Christus auferstanden sind, aus seinem Leben leben und eins sind mit Ihm, ist Er unsere Hoffnung (1. Tim 1,1). Er ist es, den wir erwarten, Ihn, den glänzenden Morgenstern.
Dieser Titel, den der Herr annimmt, bringt in uns die heiligen Zuneigungen für seine Person in Schwingung und belebt unseren Wunsch, Ihn bald zu sehen. Die Erscheinung des Morgensterns erinnert uns tatsächlich an die unmittelbare Nähe seiner Wiederkehr. Aber es ist noch Nacht. Der Morgenstern kündet das Morgengrauen an, das der Erscheinung des Tages unmittelbar vorausgeht. Christus ist schon jetzt, während der Nacht seiner Abwesenheit, unser Teil, als die Hoffnung unserer Herzen, mit der Gewissheit, dass diese Nacht bald enden wird. Darum richten sich unsere Blicke auf den glänzenden Morgenstern, auf den kommenden Christus, der verherrlicht ist. Diese Betrachtung vermehrt in uns den Wunsch, Ihn von Angesicht zu Angesicht zu schauen, unsere Herzen verspüren ein zunehmendes Heimweh nach dem Himmel und rufen mit dem Geist und der Braut: Komm, Herr Jesu!
Der Heilige Geist bringt diesen Wunsch in uns hervor, indem Er uns das Bewusstsein unserer Verbindung mit dem Herrn und seiner Liebe für uns gibt: «Ich bin meines Geliebten, und mein Geliebter ist mein … Ich bin meines Geliebten, und nach mir ist sein Verlangen», sagt Sulamith. Ihr Herz, gedrängt von der Liebe zu ihrem Geliebten, lässt sie Ihm sogleich zurufen: «Komm, mein Geliebter» (Hld 6,3; 7,11.12). Die Braut ist der Gegenstand der Liebe Christi, und Christus ist der Gegenstand der Zuneigung der Braut. Sobald Er daher sagt: «Ich bin der glänzende Morgenstern», antwortet sie Ihm mit dem Geist: «Komm!» Die Verheissung seiner Wiederkehr ist für den Herrn ebenso kostbar wie für uns selbst: Die Freude der Begegnung ist für den Bräutigam ebenso gross wie für die Braut, die Ihn erwartet. Der glänzende Morgenstern ist für den Überwinder. «Ich werde ihm den Morgenstern geben» (Off 2,28). Dies wird dann nicht mehr nur die Hoffnung auf die Wiederkunft des Herrn sein, seine Person selbst ist es, den wir in der himmlischen Herrlichkeit besitzen werden. Durch den Glauben ist der Morgenstern schon in unseren Herzen aufgegangen (2. Pet 1,19). Wir erkennen Ihn als den Kommenden, und dieses Wissen erfüllt unsere Seelen mit Freude. Dazu aber müssen wir wachsam sein und unsere Blicke zum Himmel richten. Nur wer wacht und nach oben blickt, entdeckt den Morgenstern und kann seinen Glanz und seine Schönheit betrachten. «Die Nacht ist weit vorgerückt, und der Tag ist nahe» (Röm 13,12). Wir sehen unseren Geliebten noch nicht, aber wir wissen, dass Er erscheinen wird. Diese Gewissheit befestigt unseren Glauben, erfreut unser Herz und macht uns «überreich in der Hoffnung durch die Kraft des Heiligen Geistes» (Röm 15,13). Ist dies bei uns Wirklichkeit, wird unser tägliches Leben der lebendige und strahlende Ausdruck davon sein. Es gibt kein besseres Mittel gegen den Einfluss des Bösen und gegen geistlichen Schlaf, als die dauernde Erwartung des Herrn. «Und jeder, der diese Hoffnung zu ihm hat, reinigt sich selbst, wie er rein ist» (1. Joh 3,3).
Möge die Aussicht auf sein baldiges Kommen uns in den Prüfungen trösten, unseren Glauben und unseren Eifer für Ihn anfachen, so dass wir bereit sind, Ihn zu empfangen, wenn Er kommt!
- Ja, wir ziehen dir entgegen,
Jesus, nur bei dir ist volle Ruh.
Neu gestärkt durch Himmelssegen
eilen wir der Heimat fröhlich zu.
Und den guten Kampf in deinem Namen
kämpfend, rufen wir mit Sehnsucht: «Komm!»
«Ja, ich komme bald!» so sagst du. «Amen!» –
O welch starker Trost! – «Herr Jesus, komm!»
Wir haben nun einige Wesenszüge der Person Christi betrachtet, der in der Schrift sich selbst als der göttliche «Ich bin» kundmacht. Er ist die Quelle lebendigen Wassers, an der unsere Seelen sich Tag für Tag zu laben so nötig haben. Möchten wir doch fortwährend nach Ihm dürsten und wünschen, Ihn immer besser kennen zu lernen! Als Abschluss dieses Gegenstandes möchten wir die Worte zweier unserer alten Führer zitieren:
«Die Person des Herrn Jesus wird unseren Seelen immer Nahrung zuführen, wenn wir Ihn besser zu erkennen suchen. Wir werden dadurch demütiger, zu gleicher Zeit aber auch durch den Gedanken gestärkt, dass Er alles, was Er ist, für uns ist. Unsere Herzen finden unsere Wonne an Ihm, als an dem, der uns persönlich angehört, und gleichzeitig ist Er der Gegenstand unserer Verehrung und unserer Anbetung. Was wir nötig haben ist dies: zu wachen, dass unsere mit Christus beschäftigten Seelen Ihm gleichförmig werden. Dazu ist es nötig, dass allezeit Er selbst der Gegenstand unserer Herzen sei» (J. N. D.).
«Wir können unseren eigenen Zustand nach dem Durst beurteilen, den wir nach Christus haben. Wir besitzen den Heiligen Geist, und sobald wir uns mit der Quelle in Verbindung setzen, strömt die Segnung auf uns herab. Das ist alles. Das ist das Geheimnis des christlichen Lebens … Unser Durst soll Durst nach Christus sein, nach Christus selbst» (H. R.).
Die Ermahnung, die Barnabas an die Gläubigen in Antiochien richtete, ist immer noch gültig, heute mehr denn je: «Er ermahnte sie, mit Herzensentschluss bei dem Herrn zu verharren» (Apg 11,23). Lasst uns denn Christus anhangen, wie die Rebe am Weinstock, damit wir zur Freude seines Herzens und zur Ehre seines Namens viel Frucht tragen!