Die Wurzel und das Geschlecht Davids
Kurz vor dem Abschluss des Heiligen Buches verkündet der Herr Jesus das nahe Bevorstehen seiner Wiederkunft und stellt sich einerseits als die Wurzel und das Geschlecht Davids und anderseits als der glänzende Morgenstern vor. In der Tat, diese beiden Sinnbilder sind mit seinem Kommen verknüpft: Das erste bringt die Hoffnung Israels und der Nationen zum Ausdruck und bezieht sich auf das Reich Christi auf der Erde, während das zweite auf die Hoffnung der Kirche Bezug hat und auf die himmlische Herrlichkeit hinweist.
Betrachten wir Christus zunächst in seinen königlichen Vorrechten! Der Ausdruck Wurzel deutet auf Christus hin, auf den Ursprung, die Quelle der irdischen Verheissungen, und als das Geschlecht Davids ist Er der Erbe dieser Verheissungen. Doch ist es nicht richtig, so scheint es uns, den ersten Begriff nur auf das Königtum Christi über die Nationen anzuwenden, den zweiten dagegen nur auf Israel. Wie aus Jesaja 11 hervorgeht, wird Christus für Israel «ein Reis aus dem Stumpf Isais» (Vers 1) und für die Nationen ein «Wurzelspross Isais» sein (Vers 10). Für alle ist Er dann der «wahre Sohn Davids», hervorgegangen aus dem Stumpf Isais, der «König über die ganze Erde» (Sach 14,9).
Durch den Mund des Propheten Nathan hatte Gott zu David gesagt: «Dein Haus und dein Königtum sollen vor dir beständig sein in Ewigkeit, dein Thron soll fest sein in Ewigkeit» (2. Sam 7,16). David hat hinsichtlich dieser Verheissung keinerlei Zweifel geäussert. Im Gegenteil, er hat sie mit voller Gewissheit des Glaubens ergriffen und Gott dafür gepriesen: «Und nun, Herr, HERR, du bist es, der da Gott ist und deine Worte sind Wahrheit, und du hast dieses Gute zu deinem Knecht geredet. So lass es dir nun gefallen und segne das Haus deines Knechtes, dass es ewig vor dir sei; denn du, Herr, HERR, hast geredet, und so werde mit deinem Segen das Haus deines Knechtes gesegnet auf ewig!» (2. Sam 7,28.29).
Die Nachkommen Davids, die – mit einigen Ausnahmen – den HERRN verlassen hatten, wurden vom Königtum abgesetzt. Aus diesem Grund werden die göttlichen Verheissungen in Christus allein ihre Erfüllung finden. Er wird gleichzeitig der wahre Sohn Davids sein, der, nachdem Er seine Feinde vernichtet hat, seine Herrschaft aufrichten wird, als auch der wahre Salomo, der die Gerechtigkeit und den Frieden einführen wird, nicht nur über Israel, sondern auch über die ganze Erde. Er ist der, «der den Schlüssel des David hat» (Off 3,7), und als solchem gehört Ihm der Thron Davids. Der Engel Gabriel hat dies Maria gegenüber ausdrücklich erklärt: «Gott der Herr wird ihm den Thron seines Vaters David geben; und er wird über das Haus Jakobs herrschen in Ewigkeit, und sein Reich wird kein Ende haben» (Lk 1,32.33).
«Aus dem Geschlecht Davids gekommen dem Fleisch nach» (Röm 1,3), wird Christus als der aus den Toten auferstandene Sohn des Menschen diese königliche Herrlichkeit besitzen. Als Pilatus Ihn über seinen Anspruch auf das Königtum befragte, antwortete ihm der Herr Jesus: «Ich bin dazu geboren», obwohl der Augenblick der Aufrichtung seines Reiches auf dieser Erde noch nicht gekommen war. «Jetzt aber ist mein Reich nicht von hier» (Joh 18,36.37). Gott zwang den heidnischen Statthalter, das Königtum Christi durch die dreisprachige Überschrift, die er am Kreuz befestigen liess, öffentlich bekannt zu machen: «Jesus, der Nazaräer, der König der Juden.» Und angesichts des Protestes der Obersten des Volkes, die geschrien hatten: «Wir wollen nicht, dass dieser über uns herrsche» und von Pilatus verlangten, er solle den Text der Überschrift abändern, entgegnete ihnen dieser: «Was ich geschrieben habe, habe ich geschrieben.» Trotz des Hasses der Juden und der Schlaffheit des Statthalters hielt Gott in diesem feierlichen Augenblick die königlichen Ansprüche des wahren Jedidjah (2. Sam 12,25) aufrecht. Sein Recht war bei dem HERRN und sein Lohn bei seinem Gott (Jes 49,4).
Jetzt ist Er hoch erhoben und Ihm ist alle Gewalt gegeben im Himmel und auf der Erde (Phil 2,9; Mt 28,18). Bald wird Ihn Gott auf Zion, seinem heiligen Berg, zum König salben (Ps 2,6). Das Königtum wurde Ihm verweigert, als Er in das Seine kam, doch hält Er den Schlüssel nicht weniger fest und keine Macht wird ihn aus seiner Hand zu rauben vermögen. Jede Zunge wird bekennen, dass Er Herr ist, zur Verherrlichung Gottes des Vaters. Wie wir schon sagten, wird Er nicht nur das Königtum über das Haus Jakob empfangen, sondern Gott wird Ihm das Königtum über die ganze Erde verleihen. «Fordere von mir, und ich will dir die Nationen zum Erbteil geben und die Enden der Erde zum Besitztum. Mit eisernem Zepter wirst du sie zerschmettern, wie ein Töpfergefäss sie zerschmeissen» (Ps 2,8.9). «Und es wird geschehen an jenem Tag: Der Wurzelspross Isais, der dasteht als Banner der Völker, nach ihm werden die Nationen fragen; und seine Ruhestätte wird Herrlichkeit sein» (Jes 11,10). Bald werden in dem Himmel laute Stimmen geschehen, die sprechen: «Das Reich der Welt unseres Herrn und seines Christus ist gekommen, und er wird herrschen von Ewigkeit zu Ewigkeit» (Off11,15, vgl. auch 12,10).
Der Herr Jesus verheisst nun dem, der überwindet, die Ehre, mit Ihm die Herrschaft seines Reiches zu teilen. In der Tat, wir lesen in Offenbarung 2,26-28: «Wer überwindet und meine Werke bewahrt bis ans Ende, dem werde ich Gewalt über die Nationen geben; und er wird sie weiden mit eiserner Rute, wie Töpfergefässe zerschmettert werden, wie auch ich von meinem Vater empfangen habe.» Aber Er wird ihnen, wie wir dem folgenden Kapitel entnehmen können, noch ein unendlich erhabeneres Teil geben als die Herrschaft über die Erde und die Nationen: Er gibt ihnen auch «den Morgenstern», das heisst sich selbst. Eingeführt in die heilige Stadt, werden sie an dem Baum des Lebens teilhaben, sie werden das Angesicht ihres Herrn sehen, sein Name wird an ihren Stirnen sein und sie werden mit Ihm herrschen von Ewigkeit zu Ewigkeit (Off 22,4.5).