Lektionen aus dem ersten Johannes-Brief (3)

1. Johannes 2,1-2

3. Der Anwalt beim Vater

Gott ist Licht und Liebe, und der Herr Jesus hat uns das Leben, das beim Vater war, durch sein Kommen und Sterben mitgeteilt, damit wir mit dem Vater und dem Sohn Gemeinschaft haben. Doch leider können wir als Glaubende noch sündigen. Dann wird die Gemeinschaft mit Gott getrübt. Nun wird uns im vorliegenden Abschnitt gezeigt, wie Jesus Christus tätig wird, damit unser Fehltritt Gott gemäss geordnet werden kann und wir die Gemeinschaft mit dem Vater wieder ungehindert geniessen können.

Meine Kinder (V. 1)

Zunächst nennt Johannes die Brief-Empfänger seine Kinder. Diese spezielle Anrede macht klar, dass er jetzt von Gläubigen spricht. Aber er will damit nicht betonen, dass sie Kinder Gottes sind. Davon schreibt er später in Kapitel 3. «Meine Kinder» ist im Neuen Testament vielmehr eine zärtliche Anrede, die eine vertraute Beziehung erkennen lässt.

Auch der Apostel Paulus nennt die Korinther seine geliebten Kinder (1. Kor 4,14). Zu den Galatern sagt er: «Meine Kinder, um die ich abermals Geburtswehen habe, bis Christus in euch Gestalt gewinnt» (Gal 4,19). Paulus macht hier klar, was diese Anrede beinhaltet. Wenn eine Frau ein Kind zur Welt bringt, bekommt sie durch die Wehen und den Geburtsvorgang eine spezielle Bindung und Beziehung zu diesem Kind. Das hat der Schöpfer-Gott so eingerichtet. Die Galater waren durch den Dienst des Apostels Paulus zum Glauben an den Herrn Jesus gekommen. Das hatte ihn manche Mühe und manchen Kampf gekostet. Weil sie sich jetzt von der reinen Gnade abwandten und sich zum Gesetz hinwandten, hatte er nochmals Geburtswehen um die Galater. Sein besonderes Verhältnis zu ihnen liess Paulus erneut alles einsetzen, um sie innerlich wieder auf Christus auszurichten.

Dieses Beispiel zeigt überaus schön, wie Paulus und Johannes mit der Anrede «meine Kinder» eine besondere Beziehung ausdrücken wollen.

Sündigt nicht! (V. 1)

Sein ganzes Herz geht mit, wenn Johannes schreibt: «Meine Kinder, ich schreibe euch dies, damit ihr nicht sündigt.» Es ist der tiefe Wunsch des alten Apostels, dass die Glaubenden nicht sündigen. So etwas kann er nur Menschen schreiben, die sich bekehrt haben. Vor unserer Bekehrung waren wir Sklaven der Sünde, denn sie herrschte über uns (Röm 6,17). Aber als Erlöste müssen wir nicht mehr sündigen. Wir sind auf der Grundlage des Werks des Herrn Jesus auf Golgatha von der Macht der Sünde befreit worden. So gibt es jetzt auf der Erde Menschen, die nicht mehr sündigen müssen, aber doch noch sündigen können. Jeder Christ kennt das aus persönlicher Erfahrung. Jakobus schreibt in seinem Brief: «Wir alle straucheln oft» (Kap. 3,2). Mit «straucheln» meint er «sündigen». Wie schnell sündigen wir leider in unseren Gedanken, Worten, Taten und Wegen.

Es ist sehr schwerwiegend, wenn wir als Kinder Gottes sündigen. Dann sind nie die anderen schuld, weder die Frau noch der Mann noch die Eltern. Auch Gott dürfen wir die Schuld dafür nicht zuschieben. An unserem Fehltritt sind wir immer selbst schuld!

Nachdem Adam gesündigt hatte, besuchte ihn Gott. In seiner Gnade rief Er ihn und fragte: «Wo bist du?» Dann stellte Er den Menschen zur Rede: «Hast du gegessen von dem Baum, von dem ich dir geboten haben, nicht davon zu essen?» Da antwortete Adam: «Die Frau, die du mir beigegeben hast, sie gab mir von dem Baum, und ich ass» (1. Mo 3,12). Damit gab er Gott und seiner Frau die Schuld, nur nicht sich selbst. Das ist die spontane Reaktion von uns allen, wenn wir gesündigt haben. Wir suchen einen Schuldigen ausserhalb von uns.

Göttliche Vorkehrungen, damit wir nicht sündigen

a) Gott kann uns bewahren

Johannes schrieb, geleitet durch den Geist Gottes, an seine Kinder, «damit ihr nicht sündigt». Das macht klar, dass Gott alle Vorkehrungen getroffen hat, damit wir nicht in Sünde fallen. Am Ende des Judas-Briefs steht in Vers 24: «Dem aber, der euch ohne Straucheln zu bewahren und vor seiner Herrlichkeit untadelig darzustellen vermag mit Frohlocken.» Gott kann uns bewahren, damit wir das himmlische Ziel ohne zu straucheln, d.h. ohne zu sündigen, erreichen.

b) Der Hohepriester hilft uns

Im Weiteren setzt sich der Herr Jesus in einer wunderbaren Weise als Hoherpriester für uns ein, damit wir nicht sündigen. Wir finden diese Tätigkeit im Hebräer-Brief. Der Hohepriester verwendet sich für unsere Schwachheiten. Er hilft uns zur rechten Zeit, damit wir in den Schwierigkeiten weder mutlos werden noch in Sünde fallen.

Schwachheiten und Sünden sind nicht dasselbe. Es ist gut, wenn wir sie unterscheiden. Zu den menschlichen Schwachheiten zählen z.B. Müdigkeit, Krankheiten, Altersbeschwerden und Ähnliches. Auch die Eigenheiten der Menschen sind Schwachheiten. Die einen sind schnell, die anderen langsam. Die einen sind schweigsam, die anderen machen viele Worte. Zu den Schwachheiten gehören zudem Familien- und Ländermentalitäten.

Was wir uns aber merken müssen, ist dieses: Unsere Schwachheiten sind oft das Einfallstor für Sünde. «Bei der Menge der Worte fehlt Übertretung nicht» (Spr 10,19). Damit wir jedoch nicht sündigen, kommt uns der Hohepriester in der Schwachheit zu Hilfe, indem Er uns seine Barmherzigkeit und Gnade erfahren lässt (Heb 4,15.16).

Göttliche Vorkehrungen für den Fall, dass wir doch sündigen

Wenn wir trotz der göttlichen Bewahrungsmitteln gesündigt haben, gibt uns Jesus Christus nicht auf. Er wird jetzt als Sachwalter tätig. «Sachwalter» ist ein alter, aber treffender Ausdruck. Er macht deutlich, wie Jesus Christus zur Wiederherstellung der Glaubenden handelt. Er ist unser Anwalt beim Vater und übernimmt unseren Fall.

Es ist nämlich so: Wenn der Feind uns zu einem Fehltritt verführt, verharmlost er die Sünde. Er sagt: Das tun doch alle, das ist nicht so schlimm. Sobald wir aber gesündigt haben, erklärt er: Du hast etwas überaus Schlimmes getan, das nie mehr geordnet werden kann. Wie gut, dass wir dann einen Sachwalter beim Vater haben. Er wird für uns tätig, damit wir nicht verzweifeln, sondern die Sünde einsehen und die Sache in Ordnung bringen.

Das Beispiel von Petrus, der seinen Herrn dreimal verleugnet hat, aber völlig wiederhergestellt worden ist, zeigt uns eindrücklich die Tätigkeit des Herrn Jesus als Sachwalter für uns.

a) Die Warnung des Sachwalters

Zuerst warnt Er uns. Bevor Petrus seinen Herrn verleugnete, lagerte die Sünde bei ihm vor der Tür. Zweifellos liebte er seinen Herrn mit der ganzen Kraft seines Herzens, aber es fehlte ihm an Demut. Er sagte: «Wenn auch alle Anstoss nehmen werden, ich aber nicht.» Der Herr sah die böse Wurzel und warnte ihn vor der Sünde: «Wahrlich, ich sage dir, dass du heute, in dieser Nacht, ehe der Hahn zweimal kräht, mich dreimal verleugnen wirst» (Mk 14,29.30).

b) Das Gebet des Sachwalters

Christus verwendet sich für uns. So liess Er damals Petrus wissen: «Ich aber habe für dich gebetet, damit dein Glaube nicht aufhöre» (Lk 22,32). Dadurch versicherte Er ihm, dass er trotz seines schlimmen Fehltritts nicht verloren gehen würde. Dies ist eine weitere gnädige Hilfe unseres Herrn. Aber Petrus beachtete die Worte seines Meisters nicht und kam zu Fall.

c) Der Blick des Sachwalters

Wenn wir trotz der Bemühungen des Herrn sündigen, führt Er uns zum Bewusstsein der Sünde. Oft sündigen wir, ohne dass wir es merken. Dann muss uns der Sachwalter die Übertretung zuerst deutlich machen.

Kinder sind manchmal frech gegenüber ihrem Vater, aber sie merken es nicht. Dann übernimmt die Mutter die Rolle des Sachwalters. Sie wird versuchen, dem Kind klarzumachen, dass dieses Verhalten dem Vater gegenüber nicht in Ordnung war.

Bei Petrus genügte ein Blick der Liebe des Heilands, um ihn in seinem Gewissen zu treffen. Nach diesem Blickkontakt ging Petrus bitterlich weinend hinaus. Es wurde ihm deutlich bewusst: Ich habe meinen Herrn verleugnet!

d) Der Sachwalter führt zum Bekenntnis der Sünde und zur persönliche Wiederherstellung

Nachdem wir unseren Fehltritt eingesehen haben, will uns der Sachwalter dahin führen, dass wir die Sünde Gott bekennen und so persönlich wiederhergestellt werden. Mit dem aufrichtigen Bekenntnis tun wir uns oft schwer. Doch der Herr Jesus unterstützt uns, damit wir die Sünde mit Gott und Menschen in Ordnung bringen.

So wird auch die Mutter das fehlbare Kind dahin bringen, zum Vater zu gehen, um ihm die Sünde zu bekennen. Dieser Gang zum Vater kostet grosse Überwindung. Darum muss die Mutter oft ein wenig nachhelfen. Das ist ein schwaches Bild von dem, was der Herr Jesus als Sachwalter tut.

Nach vollbrachtem Erlösungswerk begegnete der auferstandene Herr seinem Jünger Petrus und hatte mit ihm ein Gespräch unter vier Augen (Lk 24,34; 1. Kor 15,5). Eine göttliche Decke des Schweigens liegt über dieser Begegnung. Doch bei jenem Zusammentreffen wurde Petrus persönlich wiederhergestellt.

e) Der Sachwalter führt zur öffentlichen Wiederherstellung

Damit war der Dienst des Sachwalters bei Petrus aber noch nicht zu Ende. Es brauchte noch die Wiederherstellung zum Dienst, von der wir in Johannes 21 lesen. Da stellte der Herr seinem Jünger die herzerforschenden Fragen: Liebst du mich? Hast du mich lieb? Auch das gehört zur Tätigkeit des Sachwalters. Durch dieses Gespräch in Anwesenheit der anderen Jünger wurde Petrus öffentlich wiederhergestellt. Das machen seine Ansprachen am Anfang der Apostelgeschichte deutlich. Freimütig trat er auf und zeugte kühn von seinem Herrn.

Es ist immer das Beste, wenn es dem Sachwalter gelingt, eine sofortige Wiederherstellung zu bewirken. Wegen der Störrigkeit unserer Herzen erreicht Er es leider nicht immer. Johannes Markus hatte auch gesündigt, als er aus dem Dienst gelaufen war, zu dem er mit Paulus und Barnabas ausgegangen war (Apg 13,5.13). Es dauerte etwa 11 Jahre, bis wir wieder etwas von Markus lesen: «Wenn er zu euch kommt, so nehmt ihn auf» (Kol 4,10). Da war er wiederhergestellt. Dann dauerte es noch ungefähr 5 Jahre, bis Paulus schreiben konnte: «Nimm Markus und bring ihn mit dir, denn er ist mir nützlich zum Dienst» (2. Tim 4,11). Daraus lernen wir: Je länger wir mit dem Bekenntnis unserer Sünden warten, umso mehr Zeit benötigt auch die Wiederherstellung. Wenn der Sachwalter aber sofort ein Bekenntnis bewirken kann, dann gibt es auch eine schnelle Wiederherstellung.

Die Wiederherstellung eines Gläubigen, der gesündigt hat, ist vielleicht ein noch grösseres Wunder der göttlichen Gnade als seine Bekehrung.

Wenn jemand gesündigt hat … (V. 1)

Johannes schreibt hier: «Wenn jemand gesündigt hat …». Damit bestätigt er die ernste Wahrheit, dass Kinder Gottes noch sündigen können. Diese Aussage scheint jedoch im Widerspruch zu dem zu stehen, was er in Kapitel 5,18 sagt: «Wir wissen, dass jeder, der aus Gott geboren ist, nicht sündigt.»

Aber diese beiden Bibelstellen widersprechen sich nicht. In Kapitel 5 steht eine Tatsache vor uns: Der Charakter des aus Gott Geborenen ist, dass er nicht sündigt. In Kapitel 2 geht es jedoch um unsere Praxis: Es kommt leider vor, dass wir noch sündigen. Doch dann tun wir etwas, was unserem Charakter als Kinder Gottes entgegengesetzt ist.

Das Wissen um diese Tatsache hat eine gewaltige Wirkung auf unsere Praxis. Obwohl wir bekennen müssen, dass wir oft straucheln, möchten wir im Alltagsleben unserem Charakter als Kinder Gottes entsprechen, indem wir nicht sündigen.

Der Sachwalter beim Vater (V. 1)

Unser Sachwalter ist beim Vater, denn der Fehltritt eines Kindes Gottes und seine Widerherstellung ist eine Angelegenheit der Familie Gottes. Durch unsere Sünden wird unsere Beziehung zu Gott glücklicherweise nicht unterbrochen. Sonst würden wir verloren gehen. Aber wenn wir als Kinder Gottes sündigen, wird die Gemeinschaft mit unserem himmlischen Vater massiv gestört.

Nehmen wir wieder das Beispiel einer Familie. Ein ungezogenes Kind bleibt trotzdem ein Kind des Vaters. Doch die Familiengemeinschaft wird durch den Ungehorsam dieses Kindes massiv beeinträchtigt. Das muss geordnet werden.

Jesus Christus, der Gerechte (V. 1)

Dieser Sachwalter beim Vater ist Jesus Christus, der Gerechte. Bei diesem Titel wollen wir an dreierlei denken:

  1. Jesus hat auf der Erde immer gerecht gelebt. Sein ganzes Leben war in völliger Übereinstimmung mit seinem Vater. Jetzt ist Er bei Ihm als vollkommener Mensch.
  2. In Christus, dem Gerechten, sind wir Gottes Gerechtigkeit geworden (2. Kor 5,21). Die Folge davon ist, dass unsere Errettung ewig fest in Gott bleibt.
  3. Der Herr Jesus ordnet alles gerecht. Gerechtigkeit bedeutet ja, dass jeder sein Teil erhält. Wenn wir Menschen etwas regeln, handeln wir nicht immer gerecht. Aber bei unserem Sachwalter ist es anders. Er übt seinen Dienst unfehlbar aus, denn Er ist der Gerechte.

Er ist die Sühnung (V. 2)

Nun macht Johannes klar, auf welcher Grundlage der Herr die Tätigkeit als Sachwalter ausübt. Wieder ist es das Kreuz von Golgatha. Jesus Christus ist die Sühnung für unsere Sünden. Alle meine Sünden vor meiner Bekehrung und alle meine Sünden nach meiner Bekehrung hat Er auf Golgatha gesühnt. Unsere Sünden bedeutet also, dass Er die Sünden all derer gesühnt hat, die jetzt Kinder Gottes geworden sind.

Johannes schreibt mit grosser Freude und mit tiefem Glück vom Dienst des Herrn Jesus als Sachwalter, der seinen Ursprung im liebenden Herzen des Vaters hat. Christus weiss, dass wir nur in der ungetrübten Gemeinschaft mit dem Vater und dem Sohn wirklich glücklich sind und völlige Freude finden. Darum lässt Er uns nicht auf verkehrten Wegen weitergehen, sondern setzt sich als Sachwalter für uns ein. Welch eine Gnade!

Bei diesem Gedanken wird das Herz des Apostels weit. Er denkt an die Menschen, die dieses Vorrecht noch nicht kennen. Deshalb fügt er hinzu: «… nicht allein aber für die unseren, sondern auch für die ganze Welt.» Das Angebot Gottes ist jetzt plötzlich an alle Menschen gerichtet. Weil Jesus Christus am Kreuz Sühnung getan hat, kann jeder Mensch mit Gott ins Reine kommen. Wenn er seine Sünden bekennt und an den Erlöser glaubt, wird er ein Kind Gottes.

Ähnlich geht Johannes in Kapitel 4 vor, wo er zuerst von der Liebe in der Familie Gottes schreibt und dann überraschend den Sohn Gottes als Heiland der Welt vorstellt (V. 14).