Verse 10 und 11
Welch ein erstaunliches und wunderbares Ereignis: ein Mensch steigt zum Himmel! Ein Mensch, geboren in Bethlehem, dessen Leben des Dienstes hier auf der Erde durch den Tod am Kreuz abgeschlossen wurde! Aber dieser Mensch war als der Sohn Gottes vom Himmel gekommen, der wieder zum Himmel zurückkehrte. Wir begreifen das Erstaunen der Jünger. Während sie unverwandt zum Himmel schauten und Jesus nicht mehr sehen konnten, da Ihn eine Wolke, das Zeichen der Wohnung Gottes, vor ihren Augen weggenommen hatte, «da standen zwei Männer in weissen Kleidern bei ihnen, die auch sprachen: Männer von Galiläa, was steht ihr da und seht hinauf zum Himmel? Dieser Jesus, der von euch weg in den Himmel aufgenommen worden ist, wird ebenso kommen, wie ihr ihn habt auffahren sehen in den Himmel.» Gott will nicht, dass sie, die nun allein gelassen waren, hinsichtlich eines solchen Ereignisses in der Ungewissheit bleiben. Sie stehen noch auf jüdischem Boden und stellen den Überrest Israels dar, der von dem ungläubigen Volke ausgegangen ist. Zwei Engel werden zu ihnen gesandt – zwei, erforderlich für ein Zeugnis nach dem Gesetz – um ihnen zu sagen, dass Jesus «ebenso kommen wird, wie sie ihn haben auffahren sehen in den Himmel».
Er wird persönlich auf die Erde herabkommen, um sich mit dem künftigen Überrest, der Ihn erwarten wird, wieder zu vereinen. Er wird dann nicht nur für Israel das Reich wieder herstellen, wie sie es damals erwarteten, sondern über die ganze Erde herrschen. In Sacharja 14,4 heisst es: «Seine Füsse werden an jenem Tag auf dem Ölberg stehen, der vor Jerusalem im Osten liegt». Es geht also hier nicht um die Frage des Kommens des Herrn für die Seinen, welches Ereignis vor seinem Erscheinen in Herrlichkeit stattfinden wird. Wir befinden uns hier noch nicht auf dem Boden der Kirche. Es wird sich Micha 5,2-3 erfüllen: «und der Rest seiner Brüder wird zurückkehren zu den Kindern Israel. Und er wird dastehen und seine Herde weiden in der Kraft des HERRN …»
Die Jünger kehrten mit grosser Freude nach Jerusalem zurück, nachdem sie diese Botschaft der Engel gehört hatten (Lukas 24,52).
Die Engel redeten die Jünger mit den Worten an: «Männer von Galiläa». Sie waren aus einer Gegend, die von den Juden verachtet war, aber der Herr hatte dort einen grossen Teil seines Dienstes erfüllt. Sie empfingen jedoch die Mitteilungen der Engel nicht als Galiläer, sondern als Heilige, als die Herrlichen, die auf der Erde sind, an denen der Herr all seinen Gefallen hatte (Ps 16,3). Sie waren die Gefährten des Herrn, der soeben aus ihrer Mitte hinweggenommen worden war.
Der Ausdruck: «von euch weg» ist rührend. Er war bei ihnen gewesen, Er hätte nicht mit andern zusammensein können. Er war mit ihnen gewesen während seines ganzen Dienstes hier auf der Erde; sie hatten Ihn aufgenommen, während das Volk Ihn verachtete und verwarf. Nach seiner Auferstehung hat der Herr seinen Platz wieder in ihrer Mitte eingenommen. Und Er, der von ihnen weg emporgehoben wurde, wird wiederkommen, um mit ihnen zu sein, dem künftigen Überrest, der Ihn erwarten wird. Sie, die verachtet sind wie Er verachtet war, werden mit Ihm sein während seiner Herrschaft in Herrlichkeit. So wurden einst auch die Helden Davids erhoben, nachdem sie mit ihm verachtet gewesen waren (1. Sam 22,1-4 und 2. Sam 23).
Der Ölberg nimmt im Leben Jesu einen wichtigen Platz ein. Gegen das Ende seiner irdischen Laufbahn zog Er sich für die Nacht dorthin zurück. Und auch sonst begab Er sich oft dorthin mit seinen Jüngern. Dort ergriffen Ihn die Häscher, die von Judas angeführt wurden. Von dort aus wurde Er in den Himmel emporgehoben. Und einst werden seine Füsse dort stehen, wenn Er kommen wird, um den zukünftigen Überrest Israels zu befreien.
Verse 12-14
Als die Jünger nach Jerusalem zurückkehrten, gingen sie nicht in den Tempel. Dieses Haus war öde gelassen worden. Sie gingen in den Obersaal und blieben dort. Sie hingen der Person ihres Herrn an, und Er war der Mittelpunkt Ihres Zusammenkommens. Rings um sie her war die feindliche Welt.
Nach der Aufzählung der Apostel wird uns gesagt: «Diese alle verharrten einmütig im Gebet mit einigen Frauen und Maria, der Mutter Jesu, und seinen Brüdern.» Sie waren versammelt durch den Herrn und verharrten in der Stellung der Abhängigkeit, wartend auf die Verheissung des Vaters.
Verse 15-22
Die Jünger hatten schon vor der Ausgiessung des Geistes ein gewisses Verständnis der Schriften, das der Herr ihnen nach seiner Auferstehung gegeben hatte (Joh 20,22). Darum steht Petrus in der Mitte von etwa 120 Brüdern auf, und überzeugt die Versammlung von der Notwendigkeit, Judas zu ersetzen. Er stützt sich dabei auf die Erklärungen Davids in den Psalmen 69,26 und 109,8. Er beginnt mit der Feststellung, dass der Herr Judas erwählt hatte, um die Schriften zu erfüllen, die angekündigt hatten, dass einer der Vertrauten des Christus einen solchen Ausgang nehmen würde. Jesus erwählte ihn zu diesem Zweck, obwohl Er wusste, was daraus hervorgehen sollte.
Im Zwischensatz (Verse 18 und 19) erwähnt Petrus, dass sich Judas von dem Lohn der Ungerechtigkeit einen Acker erworben hatte, und fügt zum Bericht seines Endes eine Einzelheit hinzu, die sich in den Evangelien nicht findet. In Mt 27,7 und 8 wird uns gesagt, dass die Hohenpriester es waren, die den Acker des Töpfers kauften und ihn zu einer Begräbnisstätte für die Fremden machten. Die Hohenpriester werden in dieser Tat mit Judas identifiziert. Sie verkörpern das Volk, das an der Verwerfung Christi schuldig ist, denn in Psalm 69,26 wird gesagt: «Verwüstet sei ihr Zeltlager, in ihren Zelten sei kein Bewohner.»
Es bestand eine doppelte Veranlassung für die Wahl eines Ersatzes für Judas. Erstens sagt die Schrift: «Sein Amt empfange ein anderer» (Ps 109,8), und zweitens hatte der Herr zwölf Apostel erwählt. Diese Zahl zwölf (eine vollkommene Zahl für eine menschliche Verwaltung) sollte beibehalten werden. «Es muss nun» sagt Petrus, «von den Männern, die mit uns gegangen sind in all der Zeit, in der der Herr Jesus bei uns ein- und ausging, angefangen von der Taufe des Johannes bis zu dem Tag, an dem er von uns weg aufgenommen wurde – von diesen muss einer mit uns ein Zeuge seiner Auferstehung werden.» Dieses Zeugnis von der Auferstehung Christi ist wichtig, denn sie ist die Grundlage des Evangeliums, durch das das Christentum als Zeugnis Gottes auf der Erde eingeführt werden sollte.
Verse 23-26
Die Jünger stellen zwei Männer dar: Joseph, genannt Barsabas, mit dem Beinamen Justus, und Matthias. Sie waren der Überzeugung, bei diesen beiden Männern seien die erforderlichen Voraussetzungen für dieses Apostelamt vorhanden. Aber sie stützen sich nicht auf ihre eigene Meinung und auch nicht auf das Los, denn sie wissen, dass «das Los im Gewandbausch geworfen wird, aber all seine Entscheidung von dem Herrn kommt» (Spr 16,33). Sie übergeben sich dem, der ihre Herzen kennt und sagen: «Du, Herr, Herzenskenner aller, zeige von diesen beiden den einen an, den du erwählt hast, das Los dieses Dienstes und Apostelamtes zu empfangen». Sie werfen das Los und es fällt auf Matthias, den sie in zweiter Linie genannt hatten.
Dieser Vers schliesst diese ganz besondere Szene, die einen jüdischen Charakter trägt und wo wir die Jünger nach der Auferstehung des Herrn ohne den Heiligen Geist finden.
Sie stellen hier noch den zukünftigen Überrest Israels dar, der zwischen der Entrückung der Kirche und der Rückkehr des Herrn in Herrlichkeit erweckt werden wird. Aber nach dem Kommen des Heiligen Geistes bildeten sie dann die Kirche, die Versammlung des lebendigen Gottes. Von da an leitete sie der Geist durch das Wort und war gleichzeitig die Kraft, durch die sie ihren Dienst erfüllten. Mit einer solchen Wegweisung war es nicht mehr nötig, das Los zu werfen, um die Gedanken Gottes zu erkennen.