Die Macht der zukünftigen Welt (1)
Als die Jünger die Gnade, Liebe und Macht des Herrn Jesus anschauten, durch die Er die Menschen von ihrer Not befreite, sahen sie tatsächlich etwas von der Glückseligkeit des Reiches Gottes. Aber sie sahen es in Umständen der Schwachheit, denn der König war als ein armer Mann in ihrer Mitte, verachtet und verworfen von den Menschen, der nichts hatte, wo Er sein Haupt hinlegen konnte. Um ihren und unseren Glauben zu stützen, die wir einem verworfenen Christus auf seinem demütigen Pfad der Leiden und Schmach nachfolgen, lässt der Herr uns einen Blick auf die kommende Herrlichkeit werfen. Er will uns damit zeigen, dass der Weg äusserlicher Schwachheit in «dem Reich Gottes, in Macht gekommen», enden wird.
Verse 2,3
Um dieses herrliche Gesicht zu sehen, führt der Herr Petrus, Jakobus und Johannes auf einen «hohen Berg für sich allein.» Und wenn wir als Gläubige über die lange, dunkle Nacht hinaussehen und den kommenden Tag begrüssen sollen, dann haben auch wir nötig, im Geist über den Tumult dieser armen Welt erhöht zu werden, um mit dem Herrn Jesus allein zu sein. In solchen Augenblicken werden unsere Seelen, wie die der Jünger, vor allem mit der Herrlichkeit seiner Person beschäftigt sein. So sind die Jünger in diesem Gesicht zuerst von der Herrlichkeit des Herrn gefesselt. «Er wurde vor ihnen verwandelt.» In späteren Jahren, als Petrus über dieses grosse Ereignis schrieb, konnte er sagen: «Wir haben euch die Macht und Ankunft unseres Herrn Jesus Christus kundgetan» (2. Petrus 1,16). Die Apostel reden nicht nur von seinem Kommen, sondern von der Macht seiner Ankunft. Sie sahen ein Beispiel der mächtigen Kraft, die uns bei seinem Kommen in einem Augenblick umgestalten wird, damit wir Ihm gleich seien. In einem Moment wurde Er «verwandelt», und sein Gewand der Niedrigkeit wurde in glänzende Kleider verwandelt, «sehr weiss.»
Vers 4
Weiter lernen wir, dass bei seiner Herrschaft in Herrlichkeit und Macht nicht nur die Gläubigen der gegenwärtigen Zeitperiode dabei sein werden, dargestellt durch die drei Apostel, sondern auch alle Gläubigen, die vor dem Kommen des Herrn auf dieser Erde gelebt haben. Sie werden in dem Gesicht durch Mose und Elia dargestellt, diese zwei besonderen Zeugen für Gott in den Zeiten des Gesetzes und der Propheten.
Verse 5-8
Diese Zeugen werden mit Christus in seiner irdischen Herrlichkeit verbunden sein. Doch so gross sie in ihren Tagen auch sein mochten, der erste Platz gehört Christus. Seine persönliche Herrlichkeit als des Einen, der vor allen ist, wird aufrechtgehalten. Vom Volk hatte Er nur Unehre und Schande empfangen. Von den unwissenden, aber wahren Jüngern empfängt Er wenig mehr als die Ehre und Herrlichkeit, die sie Mose und Elia geben würden, denn Petrus wollte den Herrn auf die gleiche Stufe mit diesen grossen Dienern stellen. Später, als der Heilige Geist gekommen war, sah Petrus die wahre Bedeutung dieser grossartigen Szene, denn er sagt: Der Herr Jesus «empfing von Gott, dem Vater, Ehre und Herrlichkeit, als von der prachtvollen Herrlichkeit eine solche Stimme an ihn erging: ‹Dieser ist mein geliebter Sohn, an dem ich Wohlgefallen gefunden habe›». (2. Pet 1,17). Die Ehre, die Er vom Vater aus dem Himmel empfing – die prachtvolle Herrlichkeit –, steht im Gegensatz zu dem, was Er vom Menschen, von der Welt und sogar von den wahren Jüngern empfing. Und wie ist es in unseren Tagen? Stehen Gläubige manchmal nicht in Gefahr, in diesen Fallstrick zu fallen und zu vergessen, dass, trotz grosser Hingabe und geistlichem Empfinden einzelner Diener, der Herr weit erhabener ist? Diese Männer mögen ändern und sterben; aber nur vom Herrn kann gesagt werden: «Du aber bleibst» und «Du bist der derselbe». Deshalb sahen die Jünger, nachdem sie die Stimme vom Himmel gehört hatten: «Dieser ist mein geliebter Sohn, ihn hört», «niemand mehr, sondern Jesus allein». Und weiter sahen sie Ihn «bei sich». Soeben hatten sich zwei Männer «mit Jesus» in Herrlichkeit unterredet; jetzt sehen die Jünger Jesus «bei sich», auf dem Pfad, der zur Herrlichkeit führt. Es ist gut für uns, die Herrlichkeit dieser Person zu erkennen: Er ist der Eine, mit dem wir in der Herrlichkeit sein werden, und Er ist derselbe, der auf dem Weg dorthin mit uns ist.
Verse 9,10
Um dies möglich zu machen, musste der teure Herr sterben und aus den Toten auferstehen. So konnte ein Apostel später schreiben; «Er ist für uns gestorben, damit wir, sei es, dass wir wachen oder schlafen, zusammen mit ihm leben» (1. Thes 5,10). Zu jener Zeit rief diese grosse Wahrheit eine Schwierigkeit in den Gedanken der Jünger hervor. Sie glaubten an eine allgemeine Auferstehung am letzten Tag (Joh 11,24). Hingegen war die Tatsache, dass jemand aus den Toten auferstehen sollte, während andere für eine spätere Auferstehung im Grab bleiben würden, etwas völlig Fremdes für ihre Gedanken. Aber dies ist eben eine Grundwahrheit des Christentums. Die Auferstehung Christi aus den Toten ist der ewig gültige Beweis dafür, dass Gott sein Werk angenommen hat, und dass die Gläubigen angenehm gemacht sind in Ihm und mitteilhaben werden an der Auferstehung der Gerechten, d.h. an der ersten Auferstehung. So lesen wir: «Jeder aber in seiner eigenen Ordnung: der Erstling, Christus; dann die, die des Christus sind bei seiner Ankunft» (1. Kor 15,23).
Leider war es mit ihnen wie mit uns, wenn wir mit Schwierigkeiten konfrontiert werden. Sie behielten das Wort für sich, indem sie sich untereinander befragten, anstatt ihre Schwierigkeit dem Herrn vorzulegen.
Verse 11-13
Die Jünger hatten jedoch ein anderes Problem, worüber sie mit dem Herrn sprachen. Die Schriftgelehrten sagten, dass Elia zuerst kommen müsse, aber offensichtlich war Elia dem Herrn nicht vorausgegangen. Die Schwierigkeit entsprang der Tatsache, dass sie wohl die Schriften annahmen, die vom Kommen Christi in Herrlichkeit sprachen, aber jene Stellen übersahen, die von seinem Kommen, um als Sohn des Menschen zu leiden, redeten. Der Prophet Maleachi erklärte, dass Elia dem Kommen Christi in Herrlichkeit vorausgehen würde. Die Weissagung wird bestimmt in Erfüllung gehen. Moralisch war er trotzdem schon gekommen, und zwar in dem Vorläufer Johannes dem Täufer, der im Geist Elias, gekommen war und das Volk zur Buße aufgerufen hatte (siehe Mt 11,14).
Verse 14-19
Im vorherigen Kapitel «stritten» die Pharisäer mit Christus (Mk 8,11). Nachdem der Herr vom Berg herabgestiegen war, fand Er die Schriftgelehrten im Streit mit seinen Jüngern. Etwas später erinnert der Herr uns: «Ein Knecht ist nicht grösser als sein Herr» und fügt dann hinzu: «Wenn sie mich verfolgt haben, werden sie auch euch verfolgen» (Joh 15,20). Kein Wunder, dass die Menschen den Gläubigen widerstehen, da sie sich sogar getrauten, mit Christus zu streiten. Beim Herrn brachte diese Opposition nur seine Vollkommenheit zum Vorschein, aber bei uns enthüllt sie meistens unsere Schwachheit. So finden wir in dieser Geschichte, nachdem wir auf dem Gipfel des Berges einen Blick auf die Herrlichkeit des Herrn werfen konnten, am Fuss des Berges das Elend des Menschen, die Macht Satans und die Schwachheit der Jünger.
Als der Herr die Zwölf aussandte, «gab er ihnen Gewalt über die unreinen Geister»; und während einer Zeit gebrauchten sie diese Kraft auch, denn wir lesen: «Sie trieben viele Dämonen aus» (Mk 6,7.13). Hier jedoch versagte ihr Glaube. Sie konnten den stummen Geist nicht austreiben. Die Kraft war da, um Wunder zu wirken und die Macht Satans zu überwinden, aber der Mensch konnte sie sich nicht zunutze machen, und die Jünger hatten keinen Glauben, um sie zu gebrauchen.
Angesichts dieses Versagens musste der Herr sagen: «O ungläubiges Geschlecht! Bis wann soll ich bei euch sein? Bis wann soll ich euch ertragen?» – Worte, die die ernste Bedeutung des Versagens der Jünger anzeigen. Es bedeutete, dass das Zeugnis Gottes durch die Jünger gescheitert war, und dass als Folge davon das Heilszeitalter zu Ende gehen würde. «Bis wann soll ich bei euch sein?» besagt, dass dem vorübergehenden Aufenthalt des Herrn auf dieser Erde eine Grenze gesetzt war. Eine bedürftige Generation, die von der Macht des Teufels unterdrückt war, würde den Herrn nicht wegtreiben – im Gegenteil! Es waren die tiefen Bedürfnisse des Menschen unter der Gewalt Satans, die den Herrn Jesus in diese Welt brachten. «Christus Jesus ist in die Welt gekommen, Sünder zu erretten.» Es ist das ungläubige Geschlecht, nicht das bedürftige, das seiner Mission der Gnade und Macht auf der Erde ein Ende setzt. Wenn es keine Kraft mehr gibt, um die Hilfsquellen in Christus zu gebrauchen, dann ist sein Dienst auf der Erde beendet.
Redet dies nicht auch zu uns Christen? Ist es nicht eher das Versagen des Volkes Gottes als das zunehmende Böse in der Welt, das diesen Tag der Gnade zu seinem Abschluss bringt? Das, was bekennt, ein öffentliches Zeugnis für Christus auf der Erde zu sein, wird in seinem letzten Zustand so ekelerregend für Christus sein, dass Er sagen muss: «Ich werde dich ausspeien aus meinem Mund.»
Trotzdem hat die Güte des Herrn nicht aufgehört, weder durch den Widerstand des Menschen noch durch das Versagen der Seinen, denn der Herr kann im Blick auf den besessenen Mann die tröstenden Worte anfügen: «Bringt ihn zu mir.» Wie jemand gesagt hat: Der Glaube, und mag er noch so klein sein, wird nie ohne Antwort des Herrn gelassen. Welch ein Trost! Wie gross auch der Unglaube, nicht nur der Welt, sondern auch der Christen sein mag – wenn nur eine einzige Person in der Welt übrigbliebe, die Glauben in die Güte und Macht des Herrn Jesus hat, sie könnte in einfachem Glauben mit ihren wirklichen Bedürfnissen zu Ihm kommen und würde ein bereitwilliges Herz und eine ausreichende Kraft bei Ihm finden. So, wie Er angesichts des Versagens seiner eigenen Jünger auf der Erde sagen konnte: «Bringt ihn zu mir», so kann der Herr in den letzten ernsten Augenblicken, da Er im Begriff steht, die bekennende Kirche aus seinem Mund auszuspeien, sagen: «Siehe, ich stehe an der Tür und klopfe an; wenn jemand meine Stimme hört und die Tür öffnet, zu dem werde ich hineingehen und das Abendbrot mit ihm essen, und er mit mir» (Off 3,20). Wie dunkel auch der Tag, wie gross auch unser Versagen – Christus ist derselbe, und Er bleibt. Er steht immer noch an der Tür und ist bereit, jeden, der seine Stimme hört und Ihm die Tür öffnet, zu segnen. Möchte es unser glückliches Teil sein, seiner Stimme zu antworten.
Verse 20-27
Als Antwort auf die Worte des Herrn bringen sie den bedauernswerten Sohn «zu Ihm». Aber wie es bei uns oft der Fall ist, kommen sie mit einem kleinen Glauben an die Macht des Herrn, denn der arme Vater sagt «Wenn du etwas kannst, so erbarme dich unser und hilf uns!» Der Herr gibt ihm zur Antwort: «Was das ‹wenn du kannst› betrifft – dem Glaubenden ist alles möglich.» Es hat jemand richtig zu diesen Worten bemerkt: Kraft verbindet sich mit dem Glauben; die Schwierigkeit liegt nicht in der Kraft Christi, sondern im Glauben des Menschen. Alles wäre möglich, wenn er glauben könnte. Das ist ein wichtiger Grundsatz. Die Kraft Christi versagt nie, alles das zustande zu bringen, was gut ist für den Menschen. Aber leider fehlt es bei uns oft an Glauben, um Nutzen davon zu haben.