Der erste Johannesbrief (12)

1. Johannes 5,6-13

Das Zeugnis Gottes über die Sühnung und das Leben in seinem Sohn

Vers 6

«Dieser ist es, der gekommen ist durch Wasser und Blut, Jesus Christus; nicht durch das Wasser allein, sondern durch das Wasser und durch das Blut. Und der Geist ist es, der Zeugnis ablegt, weil der Geist die Wahrheit.ist.»

Die hier bezeugte Tatsache ist von einer solchen Bedeutung, dass der Apostel sie in seinem Evangelium zum Gegenstand eines ganz besonderen Zeugnisses macht: «Einer einer der Soldaten durchbohrte mit einem Speer seine Seite, und sogleich kam Blut und Wasser herausheraus» (Joh 19,34).

Als Kinder Adams waren wir von Natur durch die Sünde verunreinigt und hatten nötig, davon gewaschen zu werden; im Blick auf unsere Verantwortung waren wir schuldig und es konnte für uns weder Gnade noch Vergebung geben, wenn unsere Sünden nicht gesühnt wurden. Diesem schreienden Bedürfnis hat der Tod Jesu vollkommen entsprochen. Das reinigende Wasser und das sühnende Blut sind aus der Seite des gestorbenen Christus herausgeflossen. Am Kreuz ist die Reinigung geschehen, dort wurde der Mensch in Adam gerichtlich völlig beseitigt; dort ist auch Sühnung getan worden für unsere Sünden, und das Leben, das ewige Leben in einem gestorbenen und auferstandenen Christus ist nun das Teil jedes Glaubenden. Johannes erwähnt hier die Tatsache der Auferstehung zwar nicht; er redet von der wirksamen Kraft, in welcher der Christus gekommen ist, um das Werk der Reinigung und Sühnung zu erfüllen. Aber nachdem Christus durch die Herrlichkeit des Vaters auferweckt und zur Rechten Gottes erhöht worden ist, ist der Heilige Geist gekommen, um zum Zeugnis der beiden Zeugen, die aus der durchbohrten Seite des gestorbenen Christus hervorgekommen sind, sein Zeugnis hinzuzufügen und uns Gläubigen zu sagen: «Gott hat uns ewiges Leben gegeben, und dieses Leben ist in seinem Sohn». Dieses Leben ist nicht im ersten Adam, sondern in dem Sohn Gottes, den wir nun besitzen. «Wer den Sohn hat, hat das Leben; wer den Sohn Gottes nicht hat, hat das Leben nicht.»

In seiner Unterredung mit Nikodemus, in der Er die Notwendigkeit, von neuem geboren zu werden, hervorhob, sagte der Herr: «Wenn jemand nicht aus Wasser und Geist geboren wird, so kann er nicht in das Reich Gottes eingehen» (Joh 3,5). Ach! sagt da jemand, ich bin verloren! Wenn ich von neuem geboren werden muss, dann ist ja meine ganze Existenz in Adam verurteilt. In der Tat, der Mensch, der, um uns seine Verdorbenheit zu zeigen, in jeder Weise geprüft worden ist, hat sich als unverbesserlich erwiesen; alle Bemühungen Gottes um ihn waren umsonst. Das auf den Menschen im Fleisch angewandte Gesetz diente nur dazu, die Tatsache an den Tag zu bringen, dass die Gesinnung des Fleisches Feindschaft gegen Gott ist, dass sie dem Gesetz Gottes nicht untertan ist und es auch nicht vermag. Das ist das Endergebnis. Und nun? Wie kann ich dieses neue Leben, das ewige Leben empfangen? – Die grosse Frage der Sünde muss geregelt werden. Gott kann den Urteilsspruch des Todes und des Gerichts, den Er über das Geschlecht des ersten Adam ausgesprochen hat, nicht widerrufen, und um den Strom seiner Gnade fliessen zu lassen, muss die Sünde gesühnt, die göttliche Gerechtigkeit befriedigt werden. Um den neuen Menschen einzuführen, muss Gott mit dem alten Schluss machen.

Gelobt sei sein Name! Seine grosse Liebe hat dies zustande gebracht. «Wie Mose in der Wüste die Schlange erhöhte, so muss der Sohn des Menschen erhöht werden, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren gehe, sondern ewiges Leben habe» (Joh 3,14.16). Der Sohn Gottes ist also Mensch geworden, um dieses wunderbare Werk zu vollbringen. Es ist nun eine vollendete Tatsache. Die Sünde ist weggetan, gesühnt; der Mensch in Adam hat sein Ende gefunden, und wir, die Glaubenden, haben das ewige Leben. Durch den Tod und die Auferstehung des Herrn Jesus ist eine neue Schöpfung eingeführt.

Wir sind «aus Wasser und Geist geboren». – Der Geist wendet das Wort auf die Seele an und teilt ihr das göttliche Leben, die göttliche Natur mit. Das Wort richtet in sittlicher Hinsicht alles, was vom alten Menschen ist; dessen eigentliches Gericht aber fand am Kreuz statt.

In Johannes 19,34 wollte der Mensch, der das Mass seiner Sünden dadurch zum Überfliessen gebracht hatte, dass er den Sohn Gottes an das Fluchholz nagelte, sich in seinem Hass vergewissern, ob Er auch wirklich gestorben sei und ob die Welt nun vor Ihm Ruhe habe: «Einer der Soldaten durchbohrte mit einem Speer seine Seite.» Da kam aus der durchstochenen Seite des gestorbenen Christus Heil und Leben hervor – das Zeugnis vonseiten Gottes, dass das ewige Leben das Teil dessen ist, der an den Namen Jesu glaubt. Welche Antwort Gottes auf all die Sünde und auf all den Hass des Menschen!

Die menschliche Wissenschaft sagt, Blut und Wasser könnten unmöglich aus einem toten Leib, der durchstochen wird, hervorfliessen. Das zeigt wiederum, dass Gott und das Geheimnis der Fleischwerdung wie auch des Todes des Sohnes Gottes, weit über der Wissenschaft steht. Das geschah nicht für die Wissenschaft, sondern für den Glauben.

Verse 7-8

«Denn drei sind es, die Zeugnis ablegen: der Geist und das Wasser und das Blut, und die drei sind einstimmig.» In der geschichtlichen Reihenfolge kommt der Heilige Geist zuletzt (Vers 6); hier aber, wo diese Heilstatsache auf die Seele angewandt wird, ist Er zuerst erwähnt.

Das Werk der Reinigung und Sühnung ist vollbracht und Gott hat es völlig anerkannt, indem Er Jesus auferweckte und zu seiner Rechten erhob. Aber wenn nicht der Heilige Geist im Menschen seine göttliche Wirksamkeit ausüben kann, bleibt das Werk des Kreuzes wirkungslos für ihn. Der Heilige Geist ist gekommen, um sein Zeugnis zu dem des Wassers und des Blutes hinzuzufügen und – indem Er unsere Gewissen und unsere Herzen dem Licht und der göttlichen Liebe erschliesst – um dem Herzen des Glaubenden das Zeugnis Gottes in Kraft zu bestätigen.

«Und die drei sind einstimmig». Es ist ein vollständiges, göttliches Zeugnis von einer unbedingten Gewissheit, das «aller Annahme wert» ist, ein Zeugnis Gottes über seinen Sohn, das vor dem Kreuz nie bestanden hat, noch je abgelegt werden konnte.

Verse 9-10

«Wenn wir das Zeugnis der Menschen annehmen – das Zeugnis Gottes ist grösser; denn dies ist das Zeugnis Gottes, das er bezeugt hat über seinen Sohn. Wer an den Sohn Gottes glaubt, hat das Zeugnis in sich selbst.» Es handelt sich um die Person des Sohnes, um das, was der Sohn für das Herz des Vaters ist, und um das Werk des Sohnes in der Wertschätzung Gottes. Das ist der grosse Gegenstand des Evangeliums Gottes (Röm 1,1-4).

Unschätzbare Segnung, das zu besitzen, was dem dringenden Bedürfnis der Seele entspricht: Das Zeugnis Gottes, das ihr, wenn sie es annimmt, eine göttliche und unerschütterliche Gewissheit gibt! Denn, «wer an den Sohn glaubt, hat das Zeugnis in sich selbst», durch den Geist, der in ihm bleibt. Ich habe es mit Gott zu tun; darum benötige ich sein eigenes Zeugnis über die Person und das Werk seines Sohnes; ohne dieses Zeugnis hätte ich weder Gewissheit noch Ruhe; nun aber besitze ich es, und darum ist meine Seele für ewig in Ruhe.

Verse 11-12

«Und dies ist das Zeugnis: dass Gott uns ewiges Leben gegeben hat, und dieses Leben ist in seinem Sohn. Wer den Sohn hat, hat das Leben; wer den Sohn Gottes nicht hat, hat das Leben nicht.»

Wir haben das ewige Leben, wenn wir es auch erst völlig geniessen werden, wenn wir einst, in verherrlichten Leibern, Jesus in der himmlischen Herrlichkeit sehen. Wir besitzen es jetzt schon im Sohn, weil wir Ihn selbst haben, Gott ist es, der das sagt.

«Wer den Sohn hat, hat das Leben.» Konnte uns Gott noch reicher machen? Jesus, dem der Vater das Zeugnis gibt: «Dieser ist mein geliebter Sohn», von Ihm kann der Gläubige sagen: Er ist mein Teil, und weil ich Ihn besitze, Ihn, den Sohn Gottes, besitze ich in Ihm: Leben, Gerechtigkeit und Frieden, ja, alles. Wer vermöchte die Reichtümer der Segnungen zu ermessen, die für uns aus dem Besitz des ewigen Lebens im Sohn Gottes hervorgehen? Darum sagte der Herr zu Petrus – der sich noch nicht darüber Rechenschaft geben konnte, was die Erkenntnis Christi, des Sohnes des lebendigen Gottes für ihn einschloss – «glückselig bist du!» Darin bestand sein eigenes Glück, wie auch das des schwächsten Gläubigen. Das «Erbe der Heiligen in dem Licht», zu dessen Anteil wir durch die Gnade des Vaters fähig gemacht sind, ist das Erbe Christi selbst. Wir sind versetzt worden in das Reich des Sohnes seiner Liebe, den Mittelpunkt aller Segnung, damit wir Ihn geniessen könnten und damit auch alles, was der Vater Ihm gegeben hat!

Vers 13

«Dies habe ich euch geschrieben, damit ihr wisst, dass ihr ewiges Leben habt, die ihr glaubt an den Namen des Sohnes Gottes.»

Im Hinblick auf die falschen Lehrer, die den Glauben der Christen zu erschüttern und Zweifel in die Herzen zu säen suchten, schrieb ihnen der Apostel diese Dinge, damit sie mit einer vollen göttlichen Gewissheit wüssten, dass sie, die an den Namen des Sohnes Gottes glaubten, ewiges Leben hatten.

Wie viele Seelen gibt es doch, die aufrichtig glauben, dass Jesus der Sohn Gottes ist, die aber, weil sie die volle Wirksamkeit des Werkes Christi noch nicht erfasst haben, über sich selbst niedergebeugt sind, verwirrt durch die Einflüsterungen des Feindes und im Zweifel hinsichtlich ihres Heils! Auf alle diese Zweifel gibt das Wort die klare Antwort: «Ihr habt das ewige Leben, die ihr glaubt an den Namen des Sohnes Gottes.»

Da ist zum Beispiel eine Seele durch das Wort berührt und durch die Kraft des Geistes Gottes erweckt worden. Sogleich vollzieht sich in ihr ein Umschwung der Gedanken und Wünsche; neue Bedürfnisse entstehen in ihr. Sie wünscht aufrichtig, bekehrt zu werden. Das göttliche Licht ist in sie eingedrungen; aber nun ist die Seele beunruhigt und unglücklich; sie seufzt unter dem Gewicht ihrer Sünden; sie verurteilt sich selbst und sehnt sich nach Frieden, nach Befreiung. Dieses alles beweist, dass der Geist in einer solchen Seele sein Werk begonnen hat; aber sie hat noch keinen Frieden, noch keine Gewissheit. Was ihr Frieden und volle Gewissheit gibt, ist der Glaube an das Blut Jesu, die Erkenntnis der Erlösung, die durch den Glauben an das Zeugnis erlangt wird, das Gott über seinen Sohn und über die volle Genügsamkeit seines vollbrachten Werkes gibt. Es handelt sich darum, Gott zu glauben, der uns sagt, dass Er Jesus unserer Übertretungen wegen hingegeben und unserer Rechtfertigung wegen auferweckt hat (Röm 4,25).

Johannes geht hier nicht in die Einzelheiten und auch nicht in die Erfahrungen der Seele hinein. Er bringt das Zeugnis Gottes über seinen Sohn vor uns, womit uns zugesichert wird, dass, wer an den Sohn Gottes glaubt, ewiges Leben hat. Darin ist alles enthalten. Das Wort Gottes enthält eine Kraft, die mit nichts verglichen werden kann. Welche Gnade, dass uns Gott nicht uns selbst und unseren Gedanken überlassen hat, dass Er uns auch nicht den Irrtümern und Verführungen des Feindes preisgibt, sondern uns sein Wort der Wahrheit gegeben hat, das lebendig ist und ewig bleibt, das uns allein eine vollkommene und göttliche Gewissheit zu geben vermag: «damit ihr wisst, dass ihr … habt.» Der Apostel sagt immer wieder: Wir wissen, ihr wisst. Das Wort setzt nicht voraus, dass jemand, der sich in der Stellung eines Christen befindet, Zweifel habe hinsichtlich seines Heils. Wie kannst du Gott gefallen, wenn du Ihn dadurch zum Lügner machst, dass du sein Zeugnis nicht annimmst? Welche Beleidigung gegenüber Dem, der allein allen Vertrauens würdig ist und uns allen Grund dazu gegeben hat!