Der erste Johannesbrief (13)

1. Johannes 5,14-21

Nach seinem Willen bitten

Verse 14-15

«Und dies ist die Zuversicht, die wir zu ihm haben, dass, wenn wir etwas nach seinem Willen bitten, er uns hört. Und wenn wir wissen, dass er uns hört, um was irgend wir bitten, so wissen wir, dass wir die Bitten haben, die wir von ihm erbeten haben.»

Wir besitzen das Vorrecht, unser Bitten und Flehen im völligen Vertrauen in seine Liebe und sein Interesse für uns vor Ihn hinzulegen und haben die feste Zuversicht, dass Er uns hört, wenn wir etwas nach seinem Willen bitten. Seine Liebe wird uns nicht zu anderen Wünschen anregen, als nur zu solchen, die Ihm wohlgefällig sind und seinen Namen verherrlichen. Unser Herr sagt: «Wenn ihr in mir bleibt und meine Worte in euch bleiben, so werdet ihr bitten, um was ihr wollt, und es wird euch geschehen» (Joh 15,7). Bleiben wir in Jesus, so werden auch seine Worte in uns bleiben und uns in allen Wünschen leiten. Wir werden dann nur den Willen des Herrn und die Verherrlichung seines Namens suchen und werden als wahre Jünger Jesu nichts anderes wünschen, als was dem Vater gefällt. Dann erfüllt sich die Verheissung: «So werdet ihr bitten, um was ihr wollt, und es wird euch geschehen.» Wenn wir wissen, dass Er sein Ohr zu unseren Bitten neigt, so «wissen wir, dass wir die Bitten haben, die wir von ihm erbeten haben.» Wir können mit der vollen Gewissheit bitten, dass Er uns erhören wird.

Jakobus sagt von gewissen Personen: «Ihr bittet und empfangt nichts» (Jak 4,3). Nicht die Ehre Gottes war der Zweck ihrer Bitten, sondern die Befriedigung ihrer Begierden.

Viele Dinge können unsere Herzen beschäftigen, viele Gegenstände der Sorge und Furcht sie beunruhigen und viele Wünsche sich darin bilden. Wenn wir nun aber in Bezug auf die Wege Gottes mit uns keine klare Erkenntnis seines Willens haben, was müssen wir dann tun? – Trotzdem Ihm alles übergeben! «Seid um nichts besorgt», ruft uns das Wort zu, «sondern in allem lasst durch Gebet und Flehen mit Danksagung euere Anliegen vor Gott kundwerden.» Er weiss viel besser als wir, was für uns und andere gut ist. Mögen die Dinge, die wir erbitten, seinen Absichten entsprechen oder nicht – wir wissen es oft nicht – lasst uns gleichwohl die Bitten vor Ihn legen! In diesem Zusammenhang wird uns allerdings nicht gesagt, dass Er uns erhören wird, wohl aber, dass «der Friede Gottes, der allen Verstand übersteigt, unsere Herzen und unseren Sinn bewahren wird in Christus Jesus» (Phil 4,6.7). Könnte es für seine Allmacht eine Schwierigkeit geben? Etwas, das den Frieden Gottes, der allen Verstand übersteigt, zu trüben vermöchte? Wenn wir unsere Bitten vor Ihn hingelegt und alles seinen Händen übergeben haben, dann wird sein Friede um unsere Herzen herum eine Wache sein, um sie in der Glückseligkeit zu bewahren, die in Christus Jesus ist. Wir wissen, dass Er uns liebt, dass Er bessere Gedanken für uns hat, als wir selbst sie zu bilden vermögen, dass Er sich um unsere Glückseligkeit kümmert, viel mehr als wir selbst, und sind gewiss, dass Er für uns alles zum guten Ende ausführen wird.

Wann immer wir aber über seinen Willen im Klaren sind, wenn es um seine Ehre, um seine Sache geht, so können wir Ihm unsere Bitten mit der Gewissheit vorbringen, dass Er uns hört. Er wird uns vielleicht auf seine Antwort lange warten lassen und unsere Geduld auf die Probe stellen, aber wir wissen doch, «dass er uns hört» und dass wir die Bitten oder Dinge haben, die wir von ihm erbaten. «Früh werde ich dir mein Anliegen vorstellen und harren» (Ps 5,4). Er ermuntert uns gewiss nicht umsonst dazu.

Sünde zum Tod

Verse 16-17

«Wenn jemand seinen Bruder sündigen sieht, eine Sünde nicht zum Tod, so wird er bitten, und er wird ihm das Leben geben, denen, die nicht zum Tod sündigen. Es gibt Sünde zum Tod; nicht für diese sage ich, dass er bitten solle. Jede Ungerechtigkeit ist Sünde; und es gibt Sünde, die nicht zum Tod ist.»

Hier handelt es sich um jemanden, der wegen dieser oder jener Sünde unter der Züchtigung des Herrn ist. Man kann für ihn bitten, dass Gott ihn demütige, ihn zur Buße führe und ihn wiederherstelle. Der Herr wird die Heiligen in dieser Beziehung leiten und erhören; Gott wird ihm das Leben geben, d.h. ihn nicht von der Erde wegnehmen.

«Sünde zum Tod» kann irgendeine Sünde sein, jedoch unter so schwerwiegenden Umständen begangen, dass sie den Abscheu der Heiligen und das unmittelbare Gericht des Herrn hervorruft. Das war z.B. der Fall von Ananias und Sapphira. Heuchelei und Lüge sind ernste Sünden; hier aber wurden sie in Umständen begangen, die ihre Schwere derart erhöhten, dass, anstatt bei den Brüdern Fürbitte hervorzurufen, sie nur Unwillen weckten. Es war «eine Sünde zum Tod».

Man kann auch den Fall jener Korinther hier anführen, die «entschlafen sind», und so vom Schauplatz dieser Welt weggenommen wurden, indem Gott sie «richtete». Sie hatten das Abendmahl des Herrn verunehrt, indem sie «den Leib nicht unterschieden» (1. Kor 11,27-32). Sie hätten sich demütigen und Selbstgericht ausüben sollen, um erst dann dem Tisch des Herrn zu nahen; aber sie vernachlässigten dieses Selbstgericht, waren gegenüber der Ehre des Herrn und seines Tisches gleichgültig; sie assen in unwürdiger Weise und verachteten so das Gedächtnismahl seines Todes. Sie begingen damit eine Sünde zum Tod, wofür die Fürbitte fehl am Platz gewesen wäre, die gegenüber einem Bruder, «der von einem Fehltritt übereilt wird», getan werden soll. Man konnte diese Schuldigen nur den Händen des Herrn übergeben. Wie ernst ist ein solcher Fall!

Gott möge uns in seinem Licht bewahren, um unser Herz und Gewissen wach zu halten, denn wenn wir nicht wachen, wird sich das Fleisch in uns zeigen und die Oberhand gewinnen, wenn wir es nicht richten. Dann ist der Geist betrübt und am Wirken gehindert; das Leben wird schwach, das geistliche Unterscheidungsvermögen geht verloren, das Gewissen stumpft ab und verhärtet sich. Man kann sogar dahin kommen, so tief zu fallen, wie die Kinder dieser Welt, und sich dadurch seitens des Herrn ein Gericht zum Tod zuziehen. «Wenn wir uns aber selbst beurteilten, so würden wir nicht gerichtet. Wenn wir aber gerichtet werden, so werden wir vom Herrn gezüchtigt, damit wir nicht mit der Welt verurteilt werden» (1. Kor 11,31.32).

Der Gottgeborene bewahrt sich

Vers 18

«Wir wissen, dass jeder, der aus Gott geboren ist, nicht sündigt; sondern der aus Gott Geborene bewahrt sich, und der Böse tastet ihn nicht an.»

In Kapitel 3,9 lasen wir: «Jeder, der aus Gott geboren ist, tut nicht Sünde.» Das wird vom neuen Menschen gesagt, «der nach Gott geschaffen ist in wahrhaftiger Gerechtigkeit und Heiligkeit» (Eph 4,24). Der aus Gott Geborene bewahrt sich daher; der Böse findet in ihm – in seiner göttlichen Natur – durchaus keinen Anknüpfungspunkt: «Der Böse tastet ihn nicht an.» Wir haben also durch den Geist zu wandeln, in der Kraft dieser neuen Natur. Wir wissen, dass die alte Natur noch in uns ist, aber die neue Natur hat nichts Gemeinsames mit der alten Natur. Sie ist göttlich, vollkommen rein und heilig, ihr Streben kann nicht anders als mit der Heiligkeit Gottes übereinstimmen. Vergessen wir nicht: Wenn wir aus Gott geboren sind, so wohnt sein Heiliger Geist in uns, damit wir wachsam seien, sorgfältig und fleissig bestrebt, in dieser Welt seine Gedanken und sein Wesen zu offenbaren.

Vers 19

«Wir wissen, dass wir aus Gott sind, und die ganze Welt liegt in dem Bösen.»

Welch ein absoluter Gegensatz! Erinnern wir uns stets daran! Mit diesem Satz ist die Stellung des Gläubigen gegenüber der Welt klar umschrieben und festgelegt. Lasst uns im Bewusstsein dieser Tatsache wandeln, also in einer wahren Trennung von der Welt, indem wir uns ständig vor Augen halten: «Du bist aus Gott und die ganze Welt liegt in dem Bösen.»

Vers 20-21

«Wir wissen aber, dass der Sohn Gottes gekommen ist und uns Verständnis gegeben hat, damit wir den Wahrhaftigen erkennen; und wir sind in dem Wahrhaftigen, in seinem Sohn Jesus Christus. Dieser ist der wahrhaftige Gott und das ewige Leben. Kinder, hütet euch vor den Götzen!»

Wie kostbar, dies zu wissen! Er ist gekommen und hat uns das geschenkt, was wir nicht besassen und als Kinder Adams nicht haben konnten – ein Verständnis, um den Wahrhaftigen zu kennen. Wir sind aus Ihm geboren, sind Teilhaber seiner göttlichen Natur; wir besitzen seinen Geist, unsere Gesinnung ist erneuert, wir haben ein Verständnis empfangen, um Ihn zu erkennen. Alles in der Welt ist Lüge und Illusion: Satan ist der Lügner und der Vater der Lüge, und unsere eigenen Herzen sind trügerisch, – aber wir kennen den Wahrhaftigen. Er ist «das wahrhaftige Licht», das «wahrhaftige Brot vom Himmel», der «wahre Weinstock»; Er ist «die Wahrheit» (Joh 1,9; 6,32; 15,1; 14,6), und «wir sind in dem Wahrhaftigen, in seinem Sohn Jesus Christus. Dieser ist der wahrhaftige Gott und das ewige Leben.» Es ist auffallend zu sehen, wie der Heilige Geist, der gekommen ist, um Christus zu verherrlichen, in diesem Brief das eine Mal von Gott und dann wieder von Jesus spricht, ohne einen Unterschied zu machen (siehe z.B. Kap. 3,1.2).

Johannes hat uns die Person des Sohnes Gottes vorgestellt, den, der der wahrhaftige Gott und das ewige Leben, und Licht und Liebe ist. Er allein hat ein Recht auf unsere Huldigung, auf alle unsere Zuneigungen, auf unseren völligen Gehorsam. Dass sich doch nichts zwischen unsere Herzen und Ihn stellen möchte! Alles, was irgend sich dazwischen schieben will, ist ein Götze.

Lasst uns mit ganzem Herzen Ihm anhangen, um Ihn zu lieben, Ihm zu folgen, Ihm zu dienen und Ihn anzubeten!