Unser Dienst und seine Voraussetzung

Im ersten Brief an die Thessalonicher werden drei Dinge aufgezählt, die jene Anfänger im Glauben kennzeichneten. Sie hatten sich:

  1. von den Götzenbildern zu Gott bekehrt; um
  2. dem lebendigen und wahren Gott zu dienen; und
  3. seinen Sohn aus den Himmeln zu erwarten (1. Thes 1,9.10).

Jeder von uns sollte sich prüfen, ob dies auch von ihm gesagt werden kann. Fehlt uns eines dieser drei Stücke, so sind wir missgestaltete Christen. Dann muss unsere geistliche Entwicklung von Anfang an nicht normal gewesen sein, oder sie hat irgendwann einen Unterbruch erfahren.

Als wir noch unbekehrt waren, da hatten auch wir unsere Götzenbilder. Sie waren wohl nicht aus Holz und Stein, aber sie thronten in unseren Herzen und nahmen da den Platz Gottes ein. Ihnen gehörten unsere Zuneigungen, unser Leben, unsere Zeit und unsere Kraft. Bei dem einen war es der Sport, das Auto, die Freude am Reisen. Bei einem anderen irgendein Mensch, Freunde, Geselligkeit. Bei einem dritten Beruf, Kunst und Wissenschaft. Und mitten drin sass das dicke «Ich», der Hauptgötze, dem wir täglich huldigten.

Als dann das Wort Gottes unser Herz durchbohrte, als sein Licht unser Gewissen erleuchtete und unser Leben blosslegte, als uns das Verständnis über das Evangelium aufging und wir zu Jesus Christus hingezogen wurden, da haben wir uns zu Gott bekehrt. Aber beachten wir es wohl: die Thessalonicher bekehrten sich von den Götzenbildern weg – zu Gott hin. Ist es bei uns nicht zu einem ebenso deutlichen Bruch mit all den Personen und Dingen gekommen, die in unseren Herzen den Platz Gottes einnahmen, so bleiben wir in der Entwicklung gehemmte geistliche Säuglinge, die Milch benötigen, unfähig und unbrauchbar zu jedem Dienst für Gott, und zwar so lange, bis auch wir rücksichtslos und radikal mit unseren Götzenbildern aufräumen. Das sei auch denen zugerufen, die – wie jemand gesagt hat – bei ihrer Bekehrung die Welt «en gros» verlassen, aber im Lauf der Zeit «en detail» wieder aufgenommen haben.

Legt der Heilige Geist durch dieses Bibelwort seinen Finger auf die wunde Stelle deines Christentums, o so wende dich nicht ab! Es geht um deinen Frieden, deine Freude, deine innere Gesundheit. Mache es doch wie Jakob, der mit festem Herzensentschluss die fremden Götter, die er so lange Zeit in seinem Haus geduldet hatte, für immer vergrub, um nach Bethel, dem Haus Gottes hinaufzuziehen und Ihm dort zu dienen (1. Mo 35,1-5). Oder wolltest du dich um dein jetziges Leben betrügen, um den Lohn vor dem Richterstuhl des Christus, und Gott vorenthalten, was Ihm gebührt?

Vorbereitung zum Dienst

Die Thessalonicher

Paulus und Silas, die beiden Boten des Evangeliums, waren wegen der einsetzenden heftigen Verfolgung wohl nicht viel länger als drei Wochen in Thessalonich geblieben. Aber schon hatten jene jungen, in mancher Hinsicht noch unerfahrenen Gläubigen angefangen, dem lebendigen und wahren Gott zu dienen. Als mit Christus Gestorbene hatten sie nichts mehr mit dem alten Leben zu tun; und als mit Christus Auferstandene hielten sie sich der Sünde für tot, Gott aber lebend in Christus Jesus (Röm 6,8-11). Vierundzwanzig Stunden am Tag konnten sie nun Gott leben. Ob sie assen oder tranken oder irgendetwas taten, so durfte alles zur Ehre Gottes geschehen (1. Kor 10,31). «Alles, was immer ihr tut, im Wort oder im Werk, alles tut im Namen des Herrn Jesus, danksagend Gott, dem Vater, durch ihn» (Kol 3,17). Ihre von der Liebe Gottes und der Liebe ihres Heilands erfüllten Herzen brauchten nicht besonders dazu aufgefordert zu werden. Sie waren zu Nachahmern des Apostels, zu Vorbildern für alle Gläubigen in Mazedonien und Achaja und zu kraftvollen Zeugen geworden. Das Wort des Herrn und ihr Glaube an Gott breitete sich von dort in der ganzen Umgebung aus (1. Thes 1,6-8). Dies alles geschah schon in den ersten Monaten ihres Christenlebens, als sie noch Anfänger waren. Wie ermunternd und – wie beschämend für uns!

So kann also das Leben und der Dienst für Gott «vom ersten Tag an» beginnen (vgl. Phil 1,5). Doch ist es anderseits sehr beachtenswert, dass jeder, und vor allem der, den der Herr zu einer besonderen Aufgabe beruft, durch Ihn zum Dienst vorbereitet werden muss. Unsere äussere Tätigkeit soll dem Grad unserer inneren Reife entsprechen.

Josua

Um dies deutlich zu machen, wollen wir zwei Punkte aus dem Leben Josuas herausgreifen.

Israel hatte gegen das erste Gebot gesündigt und das goldene Kalb umtanzt. Da nahm Mose das Zelt der Zusammenkunft, auf das, wenn er hineinging, die Wolkensäule der Gegenwart Gottes herabkam, und schlug es sich fern vom Lager auf. Jeder nun, der den HERRN suchte, ging zu diesem Zelt hinaus, ausserhalb des Lagers. Josua aber, «ein Jüngling, wich nicht aus dem Innern des Zeltes» (2. Mo 33,7-11). Mose musste ein- und ausgehen und sich um den Zustand des Volkes kümmern. Das war der Dienst eines erfahrenen Knechtes des HERRN. Josua hingegen hatte verstanden, dass es für ihn, den Jüngling, besser war, sich in der Absonderung des Zeltes, im Verborgenen des Allmächtigen aufzuhalten, solange die Reihe noch nicht an ihm war, einen solchen Dienst auszuüben. – So ist es auch für uns alle überaus wichtig, dass wir, in Absonderung von allem Bösen, uns viel in der Nähe und Gegenwart Gottes aufhalten. Da werden wir in die Gemeinschaft seiner Gedanken eingeführt. Da, im Betrachten seiner Liebe zu den Verlorenen, empfangen wir immer neue Impulse zur Teilnahme am Evangelium. Da werden wir nach und nach aber auch zu einem guten und wirksamen Dienst unter seinem Volk zubereitet, zu dem Er uns später führen will.

In der Geschichte Josuas werden wir noch auf etwas anderes aufmerksam gemacht, das für uns alle als Vorbereitung zu jeder Art von Dienst ebenfalls unbedingt erforderlich ist (siehe Josua 1,1-9).

Nach dem Tod Moses war Josua an der Spitze des Volkes, um Israel in das verheissene Land einzuführen. Wie gross und verantwortungsvoll musste ihm diese Aufgabe vorgekommen sein! Aber Gott gab ihm die Zusicherung: «So, wie ich mit Mose gewesen bin, werde ich mit dir sein; ich werde dich nicht versäumen und dich nicht verlassen.» Doch fügte Er hinzu: «Nur sei sehr stark und mutig, dass du darauf achtest, zu tun nach dem ganzen Gesetz … Dieses Buch des Gesetzes soll nicht von deinem Mund weichen, und du sollst darüber nachsinnen Tag und Nacht, damit du darauf achtest, zu tun nach allem, was darin geschrieben ist; denn dann wirst du auf deinem Weg Erfolg haben, und dann wird es dir gelingen.» – Das Wort Gottes ist der Same des Sämanns, der zum Heil der Menschen in ihren Herzen aufgehen kann. Es beschreibt uns das vollkommene Heil in Christus Jesus und die unermesslichen Ergebnisse seines Werkes. Es schildert uns den Sohn Gottes, der uns in seiner Menschheit Gott offenbart und den Namen des Vaters kundgetan hat. Es ist die Nahrung des Gläubigen und gibt ihm Licht über seinen persönlichen Pfad und den gemeinsamen Weg der Kinder Gottes. Es zeigt uns Gottes Ratschlüsse für die Zukunft. Es ist auch das Schwert des Geistes gegenüber dem Feind.

Das Wort Gottes ist also der Inhalt und der Werkstoff allen christlichen Dienstes. Wie unumgänglich notwendig ist es daher, dass wir es von Anfang unserer christlichen Laufbahn an lieben, fleissig und unter Gebet darin lesen, Tag und Nacht darüber sinnen, mit dem aufrichtigen Wunsch, in der Abhängigkeit und Kraft des Herrn selbst danach zu handeln. Nur wer es kennt, sich selbst davon nährt, seine Lehren und Schätze weitergeben kann, ist ein Werkzeug, das der Herr in seinem Werk gebrauchen kann.

Ein Wink für den Dienst

Bist du damit beschäftigt, dem Menschen zu dienen, so hast du beim äusseren Kreis begonnen und wirst niemals zum inneren hinarbeiten. Wenn du aber Christus dienst, so wirkst du vom inneren Kreis aus. Wenn ich in seiner Nähe bin, beschäftigen mich die, die Ihm am nächsten sind zuerst und am meisten. Das ist Liebe. Sie fängt beim inneren Kreis an und gelangt zum äusseren, zu allem, was auf der Erde von Christus ist und seine Interessen betrifft.

Das Selbstvertrauen des Dieners muss zerschlagen werden.

Mose

Mose am Hof des Pharaos, unterwiesen in aller Weisheit der Ägypter, war mächtig in seinen Worten und Werken (Apg 7,22). Hat ihn, nebst einer tiefen Liebe zu seinem eigenen, unterdrückten Volk, wohl das Bewusstsein davon dazu geleitet, seinem Volk zu Hilfe zu kommen? Die Zeit dazu war ja noch nicht da, und wäre Mose damals schon in der demütigen Abhängigkeit des Herrn gestanden, so wäre es kaum zum Erschlagen des ägyptischen Treibers gekommen. Erst nach weiteren vierzig Jahren der Zurüstung, als Mose unter dem Eindruck stand, dass er kein Mann der Rede, sondern schwer von Mund und schwer von Zunge war, erst da gebrauchte ihn Gott zum Retter seines Volkes.

Petrus

Bevor Petrus seinen Meister verleugnete, meinte er, in seiner Liebe für Ihn vor den anderen Jüngern einen Vorsprung zu haben und sagte zum Herrn: «Wenn alle an dir Anstoss nehmen werden, ich werde niemals Anstoss nehmen» (Mt 26,33). Aber erst als Petrus im Hof des Hohenpriesters so traurig versagt und dann auch die wiederherstellende Gnade erfahren hatte, konnte der Herr ihm seine Lämmer und Schafe anvertrauen (Joh 21,15-23).

So muss jeder, der dem Herrn in wohlgefälliger und wirksamer Weise dienen will, erkennen lernen, dass er in sich selbst keine Weisheit, keine Kraft dazu besitzt, und dass er nicht besser ist als andere. Er muss lernen das Fleisch mit seiner Anmassung, seiner Selbstsucht und seinem Eigenwillen im Tod zu halten, damit er in steter Abhängigkeit vom Herrn ein Bote seiner Gnade, Liebe und Wahrheit sein kann, der die Seelen zu Ihm hinführt.

Oh, dass wir doch alle die Ermahnung zu Herzen nähmen: «Brüder, seid fest, unbeweglich, allezeit überströmend in dem Werk des Herrn» (1. Kor 15,58)! Wer, unbehindert durch die Liebe zur Welt, von der Person Christi erfüllt, Ihm jederzeit auch für unscheinbarste Dienste zur Verfügung steht, aus dem kann Er ein Werkzeug formen, das Er zur Ausführung der Pläne seiner Liebe braucht. Josua zum Beispiel, der Israel unter Kampf ins verheissene Land einführen sollte, wurde schon Jahrzehnte zuvor, im Streit gegen Amalek, in diesem Kampf ausgebildet, bei dem es völlig auf die Hilfe von oben ankam. Auch David, der Hirte Israels, wurde schon bei den «wenigen Schafen» seines Vaters für jenen späteren Dienst geschult, als er selbst noch nichts von seinem späteren hohen Amt wusste.

In dieser Welt die Ehre des Herrn zu suchen und in Abhängigkeit von Ihm seinen Interessen zu dienen, ist unsere wichtige und schöne Lebensaufgabe. Die Menschen mögen sie gering einschätzen, aber sie werden bald eine Umwertung aller Dinge erleben. Der Herr sagt: «Siehe, ich komme bald und mein Lohn mit mir!» (Off 22,12).