Der Herr Jesus versammelt die Jünger um sich
Wir folgen dem Herrn nach, weil Er uns persönlich in seine Nachfolge gerufen hat: «Folge du mir nach.» Doch wir folgen Ihm nicht als Einzelgänger, sondern dürfen zusammen nachfolgen und gemeinsam Dienste tun. Unser Jüngersein verwirklicht sich nicht nur auf einem persönlichen, sondern auch auf einem gemeinschaftlichen Weg. Wahre Jüngerschaft führt nicht in die Isolation, sondern in die Gegenwart des Herrn: zum Versammeltsein in seinem Namen.
Der Herr hat sein Leben für uns nicht nur gegeben, damit wir durch den Glauben an Ihn Kinder Gottes werden konnten, sondern auch, um uns in eins zu versammeln. Jesus Christus hat selbst von seiner Versammlung gesprochen, die Er bauen würde. Seit der Geist Gottes auf der Erde ist, sammelt Er ein Volk für seinen Namen. Die Schriften des Neuen Testaments lehren uns «das Geheimnis des Christus», womit die Wahrheit über die Versammlung gemeint ist.
1) Da bin ich in ihrer Mitte
Nachdem unser Herr, der als Messias für Israel gekommen war, von den Obersten des Volkes öffentlich verworfen wurde, fing Er an, von seiner Versammlung zu reden. Als Petrus erklärte: «Du bist der Christus, der Sohn des lebendigen Gottes», wurde klar, dass der Herr Jesus der ewige Sohn Gottes ist. Dieser Ausspruch war eine Offenbarung vom Vater und bezeugt deutlich, dass Christus der Fels ist, auf den Er seine Versammlung baut (Mt 16,18).
Wer sind denn die Steine, mit denen Er baut? Es sind erlöste Menschen, die Er aus der Welt herausgerufen und in seine Nachfolge gerufen hat. Das besagt das Wort Versammlung (ekklesia), denn das griechische Wort bezeichnet ursprünglich eine einberufene Versammlung, eine Versammlung von Herausgerufenen. Der Herr baut die Erlösten als lebendige Steine zu einem geistlichen Haus auf. Die Versammlung wird also aus einzelnen Jüngern gebildet. Sie kann örtlich dargestellt werden, wie Jesus Christus erklärt: «Wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich in ihrer Mitte» (Mt 18,20).
Das Persönliche tritt zurück, etwas Neues wird gebildet: eine Körperschaft. Bei der Verheissung der Gegenwart des Herrn handelt es sich nicht um ein gelegentliches Zusammentreffen von Gläubigen, sondern um die Versammlung, die der Herr an einem Ort um sich versammelt. Beachten wir, dass die Belehrungen des Herrn über die örtliche Versammlung in Matthäus 18 in das Thema der gegenseitigen Vergebung eingebettet sind. «Wenn aber dein Bruder gegen dich sündigt» (V. 15). Die persönliche Nachfolge beruht auf Vergebung. Ein Zusammenkommen im Namen des Herrn Jesus kann nur verwirklicht werden, wenn wir bereit sind, einander zu vergeben, und das nicht sieben Mal, sondern bis siebzig mal sieben (V. 22).
Weiter erfahren wir aus dem Gebet des Herrn Jesus zum Vater vom Einssein der Glaubenden: «Aber nicht für diese allein bitte ich, sondern auch für die, die durch ihr Wort an mich glauben; damit sie alle eins seien» (Joh 17,20.21). Am Auferstehungstag und acht Tage danach waren die Jünger versammelt. Da «kam Jesus und stand in der Mitte und spricht zu ihnen: Friede euch!» (Joh 20,19.26).
Merken wir aus seinen Belehrungen, seinem Gebet und seinem mehrmaligen Erscheinen in der Mitte der Jünger, wie wichtig Ihm seine Versammlung ist? Es kann doch nicht sein, dass wir sein «Friede euch» verpassen möchten, wenn Er uns um sich versammelt!
2) Der Geist sammelt ein Volk für seinen Namen
Als der Herr Jesus in den Evangelien von der Versammlung und der Einheit der Gläubigen sprach, bestand sie noch nicht. Ihre Geburtsstunde war erst an Pfingsten in Apostelgeschichte 2. Da erfüllte sich, was schon im alttestamentlichen Pfingstfest angedeutet war und was der Herr Jesus selbst angekündigt hatte. «Als der Tag der Pfingsten erfüllt wurde, waren sie alle an einem Ort beisammen. Und plötzlich kam aus dem Himmel ein Brausen, wie von einem daherfahrenden, gewaltigen Wind, und erfüllte das ganze Haus, wo sie sassen. Und es erschienen ihnen zerteilte Zungen wie von Feuer, und sie setzten sich auf jeden Einzelnen von ihnen. Und sie wurden alle mit Heiligem Geist erfüllt und fingen an, in anderen Sprachen zu reden, wie der Geist ihnen gab auszusprechen» (Apg 2,1-4).
Es waren einzelne an einem Ort versammelte Jünger, die in einem Geist zu einem Leib getauft wurden (1. Kor 12,13). Das geschah einmal. Von da an bis heute fügt der Herr täglich gläubig gewordene Menschen zur Versammlung hinzu (Apg 2,47; 5,14). Es blieb nicht bei diesem Anfang. Das Werk setzte sich fort.
Wir finden die Jünger in verschiedenen Ortschaften an einem Ort im Namen Jesu versammelt (Apg 11,26; 20,7). Der Herr benutzte sowohl die Jünger, die aus Jerusalem fliehen mussten, um in der Zerstreuung das Evangelium zu predigen als auch besonders den Dienst des Apostels Paulus, um den Nationen das Evangelium Gottes und das Geheimnis des Christus zu verkünden. Dadurch entstanden in kurzer Zeit an vielen Orten Versammlungen.
3) Das Geheimnis des Christus
Es ist für uns unverständlich, dass Gott gerade dem Apostel Paulus, der einst ein Verfolger der Versammlung war, die Verkündigung des Geheimnisses des Christus anvertraute. Dieses Geheimnis war im Alten Testament noch verborgen. Jetzt ist es offenbart: Gott sammelt erlöste Menschen aus den Nationen und aus den Juden, Ferne und Nahe, um aus ihnen einen Leib zu bilden. Das ist der neue Mensch, wie wir ihn in Epheser 2,11-22 finden. Dieses wunderbare Wirken Gottes umfasst alle Erlösten auf der ganzen Erde von Pfingsten bis zur Entrückung.
Sichtbar zum Ausdruck kommt diese kostbare Tatsache an jedem Ort, wo man sich zum Namen des Herrn Jesus Christus hin versammelt (1. Kor 1,2). Das geschieht vor allem an jedem ersten Tag der Woche, wenn Glaubende am Tisch des Herrn versammelt sind, um Brot zu brechen. Da sind die Versammelten «Christi Leib», d.h. eine sichtbare Darstellung davon (1. Kor 12,27). Das eine Brot gibt Zeugnis von der Wahrheit des einen Leibes.
Schlussfolgerung
Diese Belehrungen bedeuten für uns konkret, dass sich Jüngerschaft nicht in individuellem Christenleben erschöpft, sondern sich letztlich nur auf einem gemeinsamen Weg voll erfüllt. Der Aufruf zur Nachfolge ist ganz persönlich. Die Antwort führt aber zum gemeinsamen Weg. Der Herr will uns um sich versammeln. Aber wie ist das heute noch möglich, wo das ganze Zeugnis Gottes in Trümmern liegt?
Der Herr hat Vorsorge getroffen, weil Er wusste, in welcher Zeit wir leben würden. Wir dürfen nicht in den Fehler von Elia fallen, der meinte, allein übrig geblieben zu sein. Er hat die 7000 übersehen, die ihre Knie nicht vor dem Baal gebeugt haben. Deshalb ging er seinen Weg allein (1. Kön 19,10.18). Die Gottesfürchtigen zur Zeit Maleachis machten es besser: «Da unterredeten sich miteinander, die den HERRN fürchten, und der HERR merkte auf und hörte» (Mal 3,16).
Lasst uns aber nicht beim Reden stehen bleiben, sondern die Vorsorge Gottes beachten: «Jeder, der den Namen des Herrn nennt, stehe ab von der Ungerechtigkeit! … Wenn nun jemand sich von diesen reinigt, so wird er ein Gefäss zur Ehre sein, geheiligt, nützlich dem Hausherrn, zu jedem guten Werk bereitet. Die jugendlichen Begierden aber fliehe; strebe aber nach Gerechtigkeit, Glauben, Liebe, Frieden mit denen, die den Herrn anrufen aus reinem Herzen» (2. Tim 2,19-22).
Schauen wir uns diese wichtigen Verse aus dem zweiten Timotheus-Brief etwas näher an. Zuerst wollen wir auf den persönlichen Aufruf in diesem Brief achten: «Du aber». Steht es dir und mir nicht an, uns zu demütigen? Das bedeutet, dass wir uns ohne Wenn und Aber unter den Zustand des Volkes Gottes stellen und dem Herrn bekennen, dass wir – du und ich – dafür mitverantwortlich sind. Die einzelnen Punkte, die wir beachten sollen, sind:
- Stehe ab von der Ungerechtigkeit. Leider gibt es im Haus Gottes unabhängiges, eigenwilliges Handeln und Verhalten. Dieses «Tun, was recht ist in den eigenen Augen» nennt Gott Ungerechtigkeit. Wir sollen uns von Personen trennen, die an einem solchen Zustand festhalten wollen und nicht bereit sind, sich zu reinigen.
- Reinige dich, damit du ein reines Gefäss bist, dem Hausherrn zu jedem guten Werk nützlich.
- Fliehe die jugendlichen Begierden. Wie oft sind Hochmut, Selbstüberschätzung oder Ungeduld Hindernisse für den gemeinsamen Weg.
Wenn du persönlich diesen Weg in Demut gehst, werden sich auch andere finden, die den gleichen Wunsch haben.
- Ein gemeinsamer Weg ist nur auf einer gerechten Grundlage möglich. Das bedeutet, dem Willen des Herrn, wie er im Wort Gottes offenbart ist, zu gehorchen.
- Wir können diesen Weg nur durch Glauben gehen, d.h. im Vertrauen auf den Herrn, der seine Verheissungen wahr macht.
- Liebe zum Herrn und den Glaubensgeschwistern muss die Motivation unseres Handelns sein.
- Frieden ist die gesegnete Folge von solchem Streben. Frieden – dieses wertvolle Gut – kann nur in Gemeinschaft mit dem Herrn erfahren und erhalten werden.
Ist es nicht etwas Beglückendes, dem Herrn nachzufolgen? Bestimmt!, doch wir wollen es nicht als Einzelgänger tun, sondern uns immer wieder im Namen des Herrn mit solchen versammeln, die den aufrichtigen Wunsch haben, es mit reinem Herzen zu verwirklichen.