Jüngerschaft und Nachfolge (4)

Überschlage die Kosten

Nachfolgen ja, aber überschlage zuerst die Kosten

Der Ruf von Jesus Christus, zu Ihm zu kommen, ist ein zweifacher: Als Heiland lädt Er zum grossen Gastmahl ein. Als Herr ruft Er in seine Nachfolge.

Das Gleichnis in Lukas 14 zeigt, wie der Herr Jesus zum grossen Gastmahl der Gnade einlädt. Die Geladenen wollten aber nicht kommen. Besitz, Arbeit und Ehe waren ihnen wichtiger. Sie schätzten die Einladung der Gnade gering und urteilten nach dem Motto: «Was nichts kostet, ist nichts wert.»

Materieller und geistiger Reichtum, Beschäftigungen des Lebens und menschliche Beziehungen sind noch immer die Hauptgründe, die die Menschen vom Heil und vom ewigen Glück in der Gegenwart Gottes abhalten.

Wenn der Herr seine Jünger aufruft, Ihm zu folgen, sind es wieder diese drei Gründe, die uns davon abhalten können:

  • unsere Nächsten, wenn nicht gar wir selbst,
  • unsere eigenwilligen Beschäftigungen und
  • unser Besitz.

Die Menschen, die Jesus Christus folgten, waren von seinem Wirken beeindruckt und angezogen. Da der Heiland aber ihre Überlegungen kannte, wandte Er sich zur Volksmenge um und nannte ihnen drei Bedingungen der Nachfolge. Er fordert zu drei konsequenten Überlegungen auf, denn die Kosten der Nachfolge muss man zuvor überschlagen, sonst wird man die Jüngerschaft wieder aufgeben.

«Wenn jemand zu mir kommt und hasst nicht seinen Vater und seine Mutter und seine Frau und seine Kinder und seine Brüder und Schwestern, dazu aber auch sein eigenes Leben, so kann er nicht mein Jünger sein. Wer nicht sein Kreuz trägt und mir nachkommt, kann nicht mein Jünger sein» (Lk 14,26.27).

Erste Bedingung: Wenn jemand mir nachkommt und hasst nicht …

Kaum eine Aussage von Jesus Christus ist so falsch verstanden worden wie diese. Die einen begründen damit ihren religiösen Fanatismus, andere sagen, der Herr habe nicht das gemeint, was Er gesagt hat. Wie kann man wissen, was Er wirklich gemeint hat? Unser Herr konnte von sich sagen, dass seine Worte nicht weiter gingen als seine Gedanken. Seine Taten entsprachen seinen Worten. Unser Meister hat das gelebt, was Er von seinen Jüngern erwartete.

Wie verhielt Er sich in seiner Beziehung zu Vater und Mutter? In Lukas 2 finden wir den 12-jährigen Jesus im Tempel, wie Er den Ältesten zuhörte und sie befragte. Seinen Eltern, die sich wegen Ihm Sorge machten, antwortete Er: «Warum habt ihr mich gesucht? Wusstet ihr nicht, dass ich in dem sein muss, was meines Vaters ist?» (Lk 2,49). Der erste Platz galt seinem himmlischen Vater, und doch war Er seinen Eltern untertan. In der Beziehung zu seiner Mutter Maria erstaunt uns sein Verhalten. Bei der Hochzeit zu Kana wies Er sie zurück, als sie Ihm mitteilte, sie hätten keinen Wein mehr. Ihr Gedanke war nicht falsch. Doch der Zeitpunkt entsprach nicht dem Zeitplan seines himmlischen Vaters. Trotzdem liebte Er seine Mutter und sorgte für sie, selbst als Er am Kreuz schrecklich litt: «Als nun Jesus die Mutter sah und den Jünger, den er liebte, dabeistehen, spricht er zu seiner Mutter: Frau, siehe, dein Sohn! Dann spricht er zu dem Jünger: Siehe, deine Mutter! Und von jener Stunde an nahm der Jünger sie zu sich» (Joh 19,26.27). Als seine Mutter und seine Brüder Ihn sehen wollten und wegen der Volksmenge nicht zu Ihm gelangen konnten, antwortete Er den Umstehenden: «Meine Mutter und meine Brüder sind diese, die das Wort Gottes hören und tun» (Lk 8,21).

So wie der Wille seines Vaters für unseren Herrn erste Priorität hatte, möchte Er von dir – wenn du sein Jünger sein willst –, dass du Ihm den ersten Platz in deinem Leben gibst. Das schliesst nicht aus, dass wir unsere Eltern, die Frau und die Kinder lieben. Diese Zuneigungen sind sogar kennzeichnend für christliches Verhalten. Das Problem entsteht jedoch, wenn wir sie mehr lieben als Ihn. Wie Er selbst gesagt hat: «Wer Vater oder Mutter mehr lieb hat als mich, ist meiner nicht würdig; und wer Sohn oder Tochter mehr lieb hat als mich, ist meiner nicht würdig» (Mt 10,37).

Als Letztes verlangt der Herr, dass wir auch unser eigenes Leben hassen. Die Frage ist nur: Welches Leben? Unser altes Leben vor der Bekehrung war ein Leben der Sünde, weil wir es für uns selbst statt für den Schöpfer gelebt haben. Dieses alte Leben sollen wir hassen. Ja, wir müssen es verlieren, wenn wir das wirkliche Leben ergreifen wollen: «Wer sein Leben findet, wird es verlieren, und wer sein Leben verliert um meinetwillen, wird es finden» (Mt 10,39). Wenn unsere Nächsten oder sogar wir selbst uns von der Nachfolge des Herrn abhalten, dann ist «hassen» der angemessene Ausdruck. Denn wenn wir Ihm nicht folgen, heisst dies, den Sinn des Lebens zu verpassen. Ihm zu folgen dagegen bedeutet, das wirkliche Leben zu ergreifen.

Zweite Bedingung: Wer nicht sein Kreuz trägt …

Nicht nur unsere Nächsten und wir selbst können ein Hindernis sein, sondern auch die Welt kann uns abhalten, dem Herrn zu folgen. Mit der Welt sind die Menschen um uns her gemeint, die nach ihren Ideen und Prinzipien leben. Es sind besonders solche, die Gottes Wort «Söhne des Ungehorsams» nennt, die uns mitzureissen versuchen. Unser Kreuz macht uns frei für die Nachfolge des Herrn. Das Kreuz tragen heisst, sich auf die Seite des Gekreuzigten zu stellen. Wenn einer ein Kreuz trägt, dann will sich niemand mit ihm solidarisieren. Die Welt hat mit ihm abgerechnet, und er erwartet auch nichts anderes mehr als Verachtung und Spott. Durch das Kreuz werden wir von der Welt getrennt, von allem, was nicht mit unserem Herrn vereinbar ist, und nicht zuletzt auch von uns selbst. Paulus beschreibt diese Bedingung der Nachfolge wie folgt: «Nicht mehr lebe ich, sondern Christus lebt in mir» (Gal 2,20).

Dritte Bedingung: … und mir nachkommt

Ihm nachfolgen heisst, sich selbst aufgeben, um sich Ihm hinzugeben. Das bedingt, dass wir nicht mehr unserem eigenen Willen folgen wollen, sondern uns Ihm unterordnen. Wir eilen Ihm auch nicht voraus oder folgen gar einem anderen nach (Ps 16,4), sondern wir gehen hinter Ihm her. Wer ist denn Dieser, dem wir folgen? – Es ist der Mensch Jesus Christus, der selbst als Knecht Gottes einst seinen Weg ging und sagen konnte: «Der Sohn des Menschen ist nicht gekommen, um bedient zu werden, sondern um zu dienen und sein Leben zu geben als Lösegeld für viele» (Mk 10,45). Wir folgen dem guten Hirten, der einst sein Leben für uns gegeben hat und uns jetzt sicher führt. Ihm nachfolgen heisst, Ihm die Führung zu übergeben.

Dreimal sagt der Herr: Wer sich diesen Bedingungen nicht stellen will, kann nicht mein Jünger sein (Lk 14,26.27.33). Möchte Er denn nicht, dass wir Ihm folgen? Doch, aber halbherzig geht es nicht. Deshalb fordert der Herr uns zu drei Überlegungen auf:

1) Überlege, bevor du anfängst nachzufolgen

«Wer unter euch, der einen Turm bauen will, setzt sich nicht zuvor hin und berechnet die Kosten, ob er das Nötige zur Ausführung hat? – damit nicht etwa, wenn er den Grund gelegt hat und nicht zu vollenden vermag, alle, die es sehen, anfangen, ihn zu verspotten, und sagen: Dieser Mensch hat angefangen zu bauen und vermochte nicht zu vollenden» (Lk 14,28-30).

Worum geht es bei diesen Überlegungen? Folge nicht einfach gedankenlos nach, ohne Vertrauen in seine Bewahrung und Hilfe. Warum wählt der Herr für sein Beispiel das Bauen eines Turms? Als Jünger des Herrn Jesus sind es nicht mehr die natürlichen Beziehungen, die uns Sicherheit geben und zu denen wir unsere Zuflucht nehmen, sondern unser Herr: «Der Name des HERRN ist ein starker Turm; der Gerechte läuft dahin und ist in Sicherheit» (Spr 18,10). Der Herr redet nicht davon, ein Häuschen zu bauen. Das schafften wir vielleicht. Bei einem Turm ist es klar, dass man zuvor rechnen muss, ob das die Möglichkeiten nicht übersteigt. Wie würde man dastehen, wenn man anfängt und nicht vollenden könnte! Fürchtest du dich, dass du es nicht schaffen könntest, dem Herrn treu zu bleiben? Dann erinnere dich an das Wort von Petrus: «Die ihr durch Gottes Macht durch Glauben bewahrt werdet zur Errettung» (1. Pet 1,5). Es ist wichtig, dass man zuvor merkt, dass man das aus eigener Kraft nicht schafft, sonst wird man keine Hilfe erbitten. Folge dem Beispiel des Königs Jotham, der zur rechten Zeit Burgen und Türme baute, kämpfte und erstarkte (2. Chr 27,1-6).

2) Bedenke zuvor, dass nachfolgen auch kämpfen bedeutet

«Oder welcher König, der auszieht, um sich mit einem anderen König in Krieg einzulassen, setzt sich nicht zuvor hin und beratschlagt, ob er imstande sei, dem mit zehntausend entgegenzutreten, der gegen ihn kommt mit zwanzigtausend? Wenn aber nicht, so sendet er, während er noch fern ist, eine Gesandtschaft und bittet um die Friedensbedingungen» (Lk 14,31.32).

Warum gebraucht der Herr das Beispiel des Kampfs? Das ist wohl ein Hinweis auf den christlichen Kampf, der – beachte es – nicht gegen Fleisch und Blut ist, sondern gegen geistliche Mächte der Bosheit, Vernunftschlüsse und alles, was sich gegen die Erkenntnis Gottes erhebt. Die Beratung muss vor dem Krieg stattfinden, denn die Machtverhältnisse zeigen deutlich, dass dieser Kampf nicht in eigener Kraft zum Sieg führen wird. Wie können wir gegen die Übermacht des Feindes bestehen? Mit drei Waffen: Gebet, Gottes Wort und Gesang! Ein schönes Beispiel ist der König Josaphat. Als die Menge von Moab und Ammon gegen ihn zogen,

  • betete er zuerst zum HERRN,
  • erinnerte er den HERRN an sein Wort und seine Zusagen und
  • die Sänger lobten Gott mit überaus lauter Stimme.

Auf diese Weise bewirkte der HERR den Sieg für sie (2. Chr 20,1-23).

Im Neuen Testament zeigt uns Paulus nebst den fünf Teilen der Waffenrüstung zur Verteidigung die drei gleichen Waffen für die Offensive:

  • «Zu aller Zeit betend mit allem Gebet und Flehen.»
  • «Nehmt das Schwert des Geistes, das Gottes Wort ist.»
  • «Singend und spielend dem Herrn in euren Herzen» (Eph 6,18.17; 5,19). Das Singen sollten wir nicht übersehen, denn es ermutigt uns. Ein mutloser Kämpfer ist schon vor dem Kampf erledigt!

Ein weiteres Beispiel, wo ein König einer Übermacht begegnete, finden wir in 2. Chronika 14,9-14. Asa und sein Volk, eine kleine Armee, sahen sich einem mächtigen Heer von einer Million Soldaten mit 300 Wagen gegenüber. Doch der Herr schenkte ihnen den Sieg durch Gebet.

Mit dem Feind zu verhandeln, wäre ein Aufgeben im Voraus. Das ist keine Option.

3) Konsequenz der Überlegungen

«So kann nun keiner von euch, der nicht allem entsagt, was er hat, mein Jünger sein» (Lk 14,33).

Dieses Wort «allem entsagen» geht sehr weit. Dabei handelt es sich nicht mehr um Personen, die hindern, sondern um unseren irdischen Besitz. Dieses Wort hat sich mir in letzter Zeit schwer aufs Herz gelegt. Wir sollten nicht versuchen, dieses Wort so zu deuten, dass es für uns passt, sondern den Herrn fragen: Was meinst du damit für mich? Für die Jünger ging es wirklich darum, alles zu verlassen und dem Herrn zu folgen. Das war tatsächlich das Beste, wenn wir bedenken, dass Jerusalem kurz danach vollständig zerstört wurde. Paulus macht deutlich, was es für uns heisst: «Die Zeit ist gedrängt. Im Übrigen, dass auch die, die Frauen haben, seien als hätten sie keine … und die Kaufenden als nicht Besitzende und die die Welt Gebrauchenden als sie nicht als Eigentum Gebrauchende; denn die Gestalt dieser Welt vergeht» (1. Kor 7,29-31). Die Vermögensverhältnisse haben gewechselt: Ein Jünger Jesu ist nicht länger ein Besitzender, sondern ein Verwalter von dem, was der Meister ihm anvertraut hat. Oder wie der Liederdichter es plastisch ausdrückt:

  • Oh, nehmt zu dieser Reise
    nicht so viel Plunder mit.
    Denn seht, auf diese Weise
    wird langsam euer Schritt.

Schlussfolgerung

«Das Salz nun ist gut; wenn aber auch das Salz kraftlos geworden ist, womit soll es gewürzt werden? Es ist weder für das Land noch für den Dünger tauglich; man wirft es hinaus. Wer Ohren hat, zu hören, der höre!» (Lk 14,34.35).

Der Herr beauftragt uns, als Jünger seine Charakterzüge auszuleben, damit die Menschen merken, Wem wir folgen. Seine Gnade wirkt in uns das Gute. Das ist das Salz. Wenn wir uns aber der Welt angleichen, wird unser Zeugnis wirkungslos. Deshalb sind wir aufgerufen, uns vom Bösen in dieser Welt zu trennen, um dem Herrn zu leben.

Warum redete unser Herr so eindringlich? Weil es viele Hindernisse gibt, die Menschen vom Heiland abhalten, und weil es ebenso viele Hindernisse gibt, dich von der Nachfolge des Herrn Jesus abzuhalten. Deshalb höre auf sein Rufen, mach deine Hausaufgaben und schreite dann mutig hinter deinem Herrn her.