Jüngerschaft und Nachfolge (1)

Der Ruf zur Nachfolge

Was denkst du über dieses Thema? Zum Herrn Jesus kommen und Ihm nachfolgen, das ist etwas für junge Leute, oder? Sicher steht die Nachfolge am Anfang deines Glaubenslebens. Aber hat der Herr nicht gesagt, dass wir Ihm täglich nachfolgen sollen? – Wir bleiben Jünger, bis wir am Ziel sind. Der Herr sagte zu Petrus: «Wahrlich, wahrlich, ich sage dir: Als du jünger warst, gürtetest du dich selbst und gingst, wohin du wolltest; wenn du aber alt geworden bist, wirst du deine Hände ausstrecken, und ein anderer wird dich gürten und hinbringen, wohin du nicht willst» (Joh 21,18).

Der Ruf zur Nachfolge

«Kommt her zu mir, alle ihr Mühseligen und Beladenen, und ich werde euch Ruhe geben. Nehmt auf euch mein Joch und lernt von mir, denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig, und ihr werdet Ruhe finden für eure Seelen; denn mein Joch ist sanft, und meine Last ist leicht» (Mt 11,28-30).

Kommt her zu mir! Mit diesen Worten hat Jesus Christus Menschen in seine Nachfolge gerufen. Was muss das für ein Ruf gewesen sein, dass Menschen Ihm gefolgt sind! Fischer verliessen ihre Netze, ein Zöllner verliess sein einträgliches Geschäft. Sie blieben bei Ihm. Es war nicht ein marktschreierischer Ruf, sondern ein sanfter Ruf, aber mit mächtiger Wirkung.

Es sind vor und nach Jesus Christus viele Männer und auch Frauen aufgestanden, die Menschen zu sich gerufen haben. Früher waren es Könige und Regenten; Aufklärer und Revolutionäre; Philosophen und Weltverbesserer; heute eher Film- und Musikstars. Sie haben sich angemasst, Menschen hinter sich herzuziehen, aber sie sind alle dem Tod unterworfen. Sie sind wie Steine, die, wenn sie ins Wasser geworfen werden, untergehen. Einige Wellenringe erinnern noch an sie, bis ihr Ruhm schliesslich verblichen ist. Was tun dann die, die ihnen gefolgt sind?

Aber wer ist Dieser, dass Er solche Autorität hat, Menschen in seine Nachfolge zu rufen? Jesus Christus ist kein Geringerer, als der Sohn Gottes selbst. Gleichzeitig ist Er der Sohn des Menschen. Gott wurde Mensch, das Wort wurde Fleisch und wohnte unter uns. Als Mensch hat Er sich Gott unterordnet und als Knecht gedient, um schliesslich den schmachvollen Tod am Kreuz zu sterben. Doch Er ist auferstanden, denn als Sohn Gottes hat Er Gewalt, sein Leben zu lassen und es wiederzunehmen. Dieser Jesus hat Macht, uns zu rufen.

1) Kommt her zu mir

Wen ruft Er denn zu sich? Alle Mühseligen und Beladenen. Was sind das für Leute? Die einen sind eher ernsthafte Menschen, die Gott suchen. Solche, die sich abmühen, um Gott zu gefallen, dieses Ziel aber nicht erreichen. Aufrichtige Menschen, die merken, dass sie es allein nicht schaffen, selig zu werden. Die anderen, eher oberflächlich, sind Menschen, die Sünden aufhäufen. Obwohl sie ihre Sünden verharmlosen mögen, werden sie doch von ihnen eingeholt. Beide Gruppen haben gemeinsam, dass ihre Sündenlast immer schwerer wird, bis sie an ihr zu zerbrechen drohen und in ihrem Leben nicht mehr ein noch aus wissen. Solchen Menschen ruft der Heiland zu: «Kommt her zu mir, und ich werde euch Ruhe geben.» Er allein kann diesem nutzlosen Ringen ein Ende machen. Er hat Vollmacht, Sünden zu vergeben, weil Er sein eigenes Leben dafür gegeben hat. Er schenkt uns Ruhe für das Gewissen, wie der Liederdichter sagt:

  • Ruhe fand hier mein Gewissen,
    denn sein Blut, o reicher Quell,
    hat von allen meinen Sünden
    mich gewaschen rein und hell.

Diese Ruhe des Gewissens empfängt jeder, der zu Ihm kommt, und zwar kostenlos. Die Gnade ist kostenfrei, sonst wäre sie nicht Gnade. Aber Gnade ist nicht billig. Unser Heiland hat den grössten Preis dafür bezahlt, der je bezahlt worden ist: sein sündloses Leben. Doch dann folgt für uns der nächste Schritt: die Nachfolge des Herrn, und die hat für uns wohl einen Preis.

2) Nehmt auf euch mein Joch

Jeder Mensch trägt ein Joch, ob er sich das bewusst ist oder nicht. Die Pharisäer sagten einmal: «Wir sind nie jemandes Knechte gewesen», obwohl sie als Volk unter römischer Herrschaft standen. Menschen sind sogar stolz auf ihren «freien Willen» und ihre Selbstverwirklichung. Sie tun, was sie wollen, ohne nach Gott zu fragen. Doch damit tragen sie das Joch der Sünde. Denn jeder, der die Sünde tut, ist der Sünde Knecht. Andere tragen zudem das Joch des Gesetzes. Sie wollen sich selbst erlösen. Der Prophet sagt vom Volk Israel, dass sie durch die Hand des HERRN an das eiserne Joch ihrer Übertretungen angeschirrt sind (Klgl 1,14).

Wer zu Jesus Christus kommt, darf diese Lasten ablegen. Er hat die Ketten dieser Joche gesprengt. Dafür legt Er uns sein Joch auf, das sanft und leicht ist. Das Wort Joch bedeutet Paar, das lässt uns an ein Doppeljoch denken. Wer ist denn der andere in «seinem Joch»? – Wohl der Herr selbst. Er geht mit mir, ich geh mit Ihm. Schwer ist dieses Joch nur, wenn wir uns nicht im gleichen Schritt zum gleichen Ziel bewegen. Sollte es uns doch einmal zu schwer werden, dann zeigt uns der Prophet Hosea, wie der Herr selbst eingreift, um die Last zu erleichtern: «Mit Menschenbanden zog ich sie, mit Seilen der Liebe; und ich wurde ihnen wie solche, die das Joch auf ihren Kinnbacken emporheben, und sanft gegen sie, gab ich ihnen Nahrung» (Hos 11,4).

Wie nehmen wir dieses Joch auf? Der Herr selbst ist uns Beispiel: Obwohl Er sich in seinem Dienst vergeblich um sein Volk mühte, konnte Er doch zu seinem Vater sagen: «Ja, Vater, denn so war es wohlgefällig vor dir» (Mt 11,26). Paulus fragte, als er vor Damaskus am Boden lag: «Was soll ich tun, Herr?» Wir dürfen sagen, wenn Er sein Joch auf uns legen möchte: Ja, Herr. Wir merken, es ist nicht so einfach, unseren Willen Ihm zu unterstellen und mit Ihm im Gleichschritt zu gehen. Wir müssen es lernen.

3) Lernt von mir

Er selbst ist uns Beispiel für das richtige Verhalten. Er erklärte: «Ich bin sanftmütig und von Herzen demütig.» In seinem Leben und Dienst war Er sanftmütig. Er gab anderen keinen Anstoss, d.h. keinen Anlass sich an Ihm zu ärgern, und doch haben sie sich an Ihm geärgert. «Für meine Liebe feindeten sie mich an», musste der Herr klagen. Beachte beim Lesen der Evangelien, wie sanft Er mit den Menschen geredet hat. Als Schöpfer hätte Er Gewalt gehabt zu gebieten. Aber wie sanft ist sein Ruf: «Lernt von mir!» Mose, der Mann Gottes, war als junger Mann jähzornig. Er tötete einen Ägypter, weil dieser einen seiner Brüder schlug. Als er alt war, heisst es von ihm, dass er, obwohl Führer des Volkes, der sanftmütigste Mann auf der Erde war (4. Mo 12,3).

Auch wir müssen lernen, dass Sanftmut nicht aus uns selbst kommt, sondern eine Frucht des Geistes ist. Unser Herr war auch von Herzen demütig. Obwohl Er ewig Gott ist, hielt Er das nicht wie einen Raub fest, sondern erniedrigte sich selbst, nahm Knechtsgestalt an und wurde Mensch, um am Kreuz zu sterben. Er hat sich an den niedrigsten Platz gestellt, um jeden Menschen erreichen zu können. Für uns gilt es, uns von Herzen an den rechten Platz zu stellen. Der Psalmist sagt: «Bevor ich gedemütigt wurde, irrte ich; jetzt aber halte ich dein Wort» (Ps 119,67). Wenn wir uns von Herzen demütigen, tun wir das von innen heraus. Wenn wir gedemütigt werden, tut der Herr es von aussen durch Umstände oder Menschen. Wenn wir bereit sind, von Ihm zu lernen, werden wir für unsere Seelen Ruhe finden. Das bleibt aber eine tägliche Übung mit Ihm.

Doch noch etwas: Was ist denn das Besondere, das wir in seiner Nachfolge erfahren? Wir finden es in den Worten, die der Einladung des Herrn: «Kommt her zu mir», vorangehen. Da sagt Er, dass nur der Sohn Gottes den Vater erkennt. Aber diese Erkenntnis möchte Er mit seinen Jüngern teilen, indem Er ihnen den Vater offenbart (Mt 11,27).