Der erste Brief an Timotheus (12)

1. Timotheus 4,7-16

Verse 7-9

Die ungöttlichen und altweibischen Fabeln sollen uns nicht nur nicht interessieren, wir sollen sie auch verwerfen. Was die Einbildung des Menschen hervorzubringen vermag, dient nur dazu, die heiligen Dinge zu entweihen. Nur der Heilige Geist kann uns in die Dinge Gottes einführen; Er leitet uns in die ganze Wahrheit (Joh 16,13). Der alte Mensch wendet sich immer zu den Fabeln (2. Tim 4,4), zu den endlosen Geschlechtsregistern (Tit 3,9), zu den jüdischen Fabeln, zu den Geboten von Menschen (Tit 1,14) und kehrt sich von der Wahrheit ab. Diese Fabeln, diese menschlichen Unterweisungen werden oft mit Beredsamkeit und in ansprechender Form vorgestellt, manchmal mit biblischen Ausdrücken und Bibelzitaten durchsetzt, so dass man sie gerne hört, weil sie dem Fleisch gefallen. Der Apostel aber sagt: Weise sie ab!

Die Fragen: Macht uns das, was wir hören, was wir lesen, die Person Christi kostbar? Wird uns dadurch etwas von seiner Herrlichkeit gezeigt?, sind ein guter Prüfstein. Wenn uns Gott diese Fabeln verwerfen heisst, so stellt Er im Gegensatz dazu etwas unendlich Kostbares vor unsere Herzen: die Gottseligkeit. «Übe dich aber zur Gottseligkeit.» Bei dieser Übung werden die Fabeln ganz von selbst und ohne Anstrengung ausgeschaltet. Alle Beziehungen der Seele durch Jesus Christus zu Gott sollen entwickelt und gepflegt werden. Diese Übung soll schon am frühen Morgen in unserer Kammer beginnen (Ps 5,4), wo wir den Vater bitten dürfen, uns zu bewahren, zu unterweisen, zu ermuntern usw., in der Demut, in der Abhängigkeit und im Vertrauen. Dort bitten wir Ihn auch, uns durch seine Gnade in der Verbindung aufrecht zu halten, in die uns seine Liebe versetzt hat, damit wir diese gesegnete Verbindung mit Ihm, wie auch die Gemeinschaft mit dem Vater und mit seinem Sohn durch den Heiligen Geist geniessen können.

Die Übung in der Gottseligkeit muss eine persönliche Sache sein: «Übe dich aber.» Wir können nicht von der Gottseligkeit anderer – unserer Eltern oder unserer Familien – leben; die Gottseligkeit und die Gemeinschaft sind ganz persönlich. Die Gnade Gottes unterweist uns, gottselig zu leben (Tit 2,12); in seiner Gnade und seinem Erbarmen hat Gott den Frommen für sich abgesondert, und Er erhört ihn (Joh 9,31; Ps 4,3)

Wir berauben uns vieler Segnungen, wenn wir uns nicht zur Gottseligkeit üben. Für die leibliche Übung verwendet man oft gerne eine gewisse Zeit; sie hat ja ihren Platz, aber der Apostel sagt, dass sie zu wenigem nützlich sei; leibliche Übungen dienen nur dem gegenwärtigen Leben. Die Gottseligkeit hingegen bringt nicht nur für das jetzige Leben, sondern auch für die Ewigkeit grossen Gewinn.

Die Vertiefung unserer Gemeinschaft mit Gott in allen Belangen, die Vertrautheit mit Ihm und mit dem Herrn, die Erkenntnis Gottes, die wir verwirklicht haben, bleiben für die Ewigkeit. Im Himmel wird das Gefäss jedes Erlösten voll sein; aber die Gefässe sind verschieden; es wird grössere und kleinere geben, entsprechend dem Mass der auf der Erde ausgeübten Gottseligkeit. Die Gottseligkeit führt uns dazu, den alten Menschen auszuziehen, uns vor Gott zu richten, das Fleisch im Tod zu halten und im Dienst nur mit dem Material zu wirken, das uns der Herr selbst gegeben hat: Gold, Silber, wertvolle Steine (1. Kor 3,12). Noch mehr, die Ausübung der Gottseligkeit veranlasst uns, die Wiederkunft des Herrn zu erwarten und so den himmlischen Charakter der Gotteskindschaft zu verwirklichen. So verleiht die Gottseligkeit dem christlichen Leben einen erhabenen Charakter, und sie erfüllt das Herz mit Freude! Ein Christ kann hier auf der Erde nicht glücklich sein, wenn er ein weltliches Leben führt. Vielleicht hat er dabei ein wenig mehr Bequemlichkeit, eine gewisse fleischliche Befriedigung, aber was ist dies im Vergleich mit der Freude eines Herzens in Gemeinschaft mit dem Herrn? Das Kind Gottes findet nur dann wahren Segen, wenn es im Licht, in der Gemeinschaft und zum Wohlgefallen des Herrn wandelt.

Der Apostel fügt bei, dass dieses Wort gewiss und aller Annahme wert sei. Unsere Herzen sollen von der Gewissheit dieser Wahrheiten durchdrungen und auch vom Glauben erfüllt sein, dass Gott treu ist gegenüber seinen Verheissungen. Diese uns von oben geschenkte Gewissheit ist unendlich kostbar, während wir durch eine unbeständige Welt der Enttäuschung und der Unsicherheit pilgern, die dem Herzen nichts bieten kann. Nur die Dinge Gottes und seine Verheissungen sind dauerhaft und unveränderlich. Gott gibt uns sichere Zusagen für den Wandel in der Wüste, an seiner Hilfe kann es nie fehlen, und die Verheissung des zukünftigen Lebens erfüllt unsere Herzen mit Hoffnung und Freude. Alles, was von Ihm ist, ist gewiss. Das Wort, das sich selbst «gewiss» nennt, stellt sich in seiner ganzen Autorität vor uns hin, weil es die Wahrheit ist; Gott ist es, der da redet und der uns unterweist. Dieser neunte Vers bezieht sich auf alles, was uns Gott sagt und lehrt, wie auch auf alle seine Verheissungen. Die Glückseligkeit des Glaubens besteht daher darin, dass wir Gott glauben. Durch Glauben wandeln heisst, Gott glauben und sich vertrauensvoll auf das stützen, was Er sagt.

Verse 10-14

Arbeit und Schmach ist das Teil eines treuen Lebens für den Herrn, eines Wandels in der Nachfolge dessen, der auf dieser Erde ohne Unterlass gewirkt hat (Joh 5,17) und der von den Menschen verworfen und verachtet worden ist. «Ein Knecht ist nicht grösser als sein Herr» (Joh 15,20). Arbeit und Schmach sind die Folge der Hoffnung auf einen lebendigen Gott, der immer imstande ist, seine Verheissungen wahr zu machen. Gott ist nicht nur ein Heiland-Gott; Er ist auch der Erhalter der Gläubigen wie auch aller Menschen, und der Glaube erfasst, dass sich Gott in seiner Liebe Augenblick um Augenblick eines jeden annimmt, dass Er unseren Weg, und jeden Abend unseren Morgen zubereitet, dass Er allen unseren Bedürfnissen begegnet. In Apostelgeschichte 14,15-17 gaben die Apostel hievon Zeugnis und sagten: «Wir verkündigen euch, dass ihr euch von diesen nichtigen Götzen bekehren sollt zu dem lebendigen Gott, der den Himmel und die Erde und das Meer gemacht hat … indem er … eure Herzen mit Speise und Fröhlichkeit erfüllte.» In Hebräer 1,3 lesen wir: «Welcher … alle Dinge durch das Wort seiner Macht trägt.» Ja, wir rühmen uns Gottes (Röm 5,11). Der Apostel wies Timotheus an, dieses zu gebieten und zu lehren und für die Gläubigen ein Vorbild zu sein. Der äussere Dienst muss mit dem inneren Zustand übereinstimmen.

Verse 15 und 16

Der Diener soll mit den Dingen Gottes beschäftigt sein, sich davon nähren und darin leben. Das wäre für alle Kinder Gottes wünschenswert; wir alle sollten allezeit die Interessen des Herrn und seine Verherrlichung suchen und eifrig wirken, wie einst Nehemia beim Bauen der Mauer. Dann würde ein Zeugnis zur Ehre des Herrn entstehen, das allen offenbar ist. Der Dienst wäre dann die Frucht eines Herzens, das sich glücklich fühlt, seinem Meister zu leben, und der Meister gäbe dann alle Mittel zur Ausführung eines solchen Dienstes zu seiner Verherrlichung.

Daher ermahnt der Apostel den Timotheus: «Habe acht auf dich selbst und auf die Lehre.» Die Unterweisung hat nur dann Wert, wenn der Dienende auch praktiziert, was er sagt. Man muss zuerst Christ und dann Diener sein. Nach Römer 1,9 diente der Apostel Gott in seinem Geist, bevor er Ihm öffentlich diente. Der sittliche Zustand ist untrennbar vom Dienst. Der Arbeiter muss auf seinem Herzen und seinem Gewissen das ganze Gewicht der gesunden Lehre der Wahrheit spüren; fehlt diese Übung, so ist das Gleichgewicht gestört. Die Wahrheit Gottes ist nicht nur eine Theorie; sie bringt Leben, sie tötet, was in uns getötet werden muss, und nährt, was sich entfalten soll. Die Worte unserer Lippen müssen durch den Heiligen Geist aus tiefstem Herzen kommen.

Timotheus sollte in diesen Dingen beharren; dadurch errettete er sowohl sich selbst als auch die, die ihn hörten. Der Einfluss des Dieners soll sich zum Heil der anderen auswirken; hat er nicht diese Wirkung, wird er zur Folge haben, dass die Hörenden straucheln. Petrus war unter den Einfluss einer bösen Lehre gekommen und Paulus musste ihn vor allen zurechtweisen (Gal 2,14), damit sich diese nicht auch beeinflussen liessen. Jemand auf einen falschen Weg leiten kann diesem zum Verderben werden und zur Zerstreuung der Schafe führen.