Abraham lebte durch Glauben (6)

1. Mose 16

Das Ausharren habe ein vollkommenes Werk

In der Geschichte des Patriarchen folgt jetzt wieder ein dunkles Blatt. Zehn lange Jahre sind verstrichen, seit ihm Gott einen Nachkommen verheissen hat, der das Land besitzen wird. In der Zwischenzeit hat Gott diese Verheissung zweimal erneuert (Kapitel 13 und 15), das zweite Mal sogar sehr deutlich: «Der aus deinem Leib hervorgehen wird, der wird dich beerben … Und Abraham glaubte dem HERRN; und er rechnete es ihm zur Gerechtigkeit.» Gott hatte sich sogar herabgelassen, sein Versprechen mit einem einseitigen Bund zu besiegeln.

Aber seither war es wieder still geworden. Es geschah nichts. Nur die Zahl der Lebensjahre des Ehepaares kletterte unaufhaltsam in die Höhe.

Gott hätte ihm sagen können: Erst wenn du hundertjährig bist, werde ich dir den Sohn von Sarah geben. Wie viel leichter wäre dann die Wartezeit zu ertragen gewesen! Aber Er tat es nicht. Warum denn nicht?

Er will, dass unser Glaube wächst und erstarkt (2. Kor 10,15; 2. Thes 1,3). Dazu braucht es Zeit; und der Glaube kann nur zunehmen, wenn er in Prüfungen kommt und sich dabei einzig auf Gott und seine Ver­heis­sun­gen stützt, nicht auf sichtbare Krücken oder auf Zeitpunkte. So sagt Jakobus: «Haltet es für lauter Freude, meine Brüder, wenn ihr in mancherlei Prüfungen fallt, da ihr wisst, dass die Bewährung eures Glaubens Ausharren bewirkt. Das Ausharren aber habe ein vollkommenes Werk, damit ihr vollkommen und vollendet seid und in nichts Mangel habt» (Jak 1,2-4). Die Früchte der Prüfungen sind so wertvoll, dass wir uns über solche Versuchungen von aussen nur freuen sollen: Sie bewirken Ausharren, zerbrechen also den Eigenwillen; das Ich und die sichtbaren Dinge treten in den Hintergrund, damit sich der Glaube an Gott klammern kann.

Der junge David ist ein schönes Beispiel dafür. Samuel salbte ihn zum König; aber Saul blieb noch auf dem Thron, David wusste nicht, wie lange. In der bitteren Zeit der Verfolgung, die nun für David begann und nicht enden wollte, harrte er im Glauben aus. Er liess sich von den Söhnen der Zeruja nie dazu verleiten, selber nach dem Thron zu greifen. Seine Psalmen, die er in diesen Tagen schrieb, zeugen von wunderbaren Erfahrungen mit Gott und von Wachstum und Befestigung seines Glaubens und Vertrauens in Ihn.

Die Ungeduld des Unglaubens

Sarah, «Abrahams Frau, gebar ihm nicht», und sie wusste: «Der HERR hat mich verschlossen.» Statt auf Ihn zu warten, suchte sie in fleischlicher Ungeduld einen Ausweg. War da nicht Hagar, (die sie einst auf dem eigenwilligen Weg nach Ägypten von Pharao zum Geschenk erhalten hatte – Kap. 12,16); konnte sie nicht «aus ihr erbaut werden»? War das nicht ein Grundsatz, den Gott sanktionierte? (Vgl. z.B. Rt 4,13-17).

Ach, wie oft gehen Gläubige Wege des Fleisches und hängen zur Beruhigung des eigenen Gewissens und zur Tarnung vor anderen eine fromme Etikette davor auf! Dabei ist es doch gar nicht schwierig, solches Tun als ungöttlich zu erkennen und zu verurteilen! Die Überlegung: «Welches ist der gute und wohlgefällige und vollkommene Wille Gottes?» löst für den Treuen jede Frage.

Auf dem Weg nach Ägypten liess sich Sarah von Abraham zum Bösen beeinflussen, und jetzt hörte er auf sie. Wie wenig denken wir oft daran, dass wir durch unrichtiges Verhalten auch anderen zum Schaden sind!

Es scheint sogar, dass Abraham aus Freude darüber, dass sich der Nachkomme angemeldet hatte, Sarah ver­nach­lässigte und sie der Magd gegenüber zu wenig verteidigt hat. Sarah ihrerseits meinte, Hagar verjagen zu dürfen und die Folgen des eigenen Weges so aus der Welt schaffen zu können. Was aber vor allem angebracht ist, wenn wir gefehlt haben, ist dies, dass wir uns vor Gott beugen und unter seine Hand demütigen.

Wie gütig ist doch der Herr! Der Engel des HERRN geht Hagar, einer Magd, in die Wüste nach und tröstet sie in ihrem Elend, das sie ja zur Hauptsache selbst verschuldet hat. Wirklich, Er ist «ein Gott des Schauens», auch von Menschen, die Wege der Sünde gegangen sind.

Was ein Mensch sät, wird er ernten

Abraham und Sarah hatten «für ihr eigenes Fleisch gesät» und mussten daher «von dem Fleisch Verderben ernten» (Gal 6,7.8). Nicht nur musste Sarah in ihrer andauernden Unfruchtbarkeit die Magd Hagar als die Frau Abrahams mit Ismael noch lange vierzehn Jahre im Zelt neben sich dulden und viele Demütigungen ertragen – die Folgen ihres Tuns gingen noch viel weiter:

Der 83. Psalm zeigt uns, dass sich die Nachkommen Ismaels (Vers 7) mit den anderen Nachbarvölkern des Volkes Israel zusammenschliessen werden, mit dem festen Entschluss, das Volk Gottes auszurotten: «Sie sprechen: Kommt und lasst uns sie vertilgen, damit sie keine Nation mehr seien, damit nicht mehr gedacht werde des Namens Israels!» (Ps 83,5). Beginnt sich diese Prophezeiung nicht heute schon zu erfüllen? Alle Völker der Araber und der Nachbarn der Israelis haben sich gegen diese verbündet, um das verhasste Volk zu vertilgen, kaum hat es sich wieder in Palästina, seinem Erbteil, niedergelassen.

Welch ernste Warnung auch für uns, nicht für unser eigenes Fleisch zu säen, indem wir in Unabhängigkeit von Gott wandeln und dem Willen des Fleisches folgen! Die Auswirkungen erstrecken sich meist über das eigene Leben hinaus auf die Familie und sogar auf die weiteren Nachkommen.