Führer

Matthäus 2,6

Führer

Nur einmal lesen wir in den Evangelien, dass der Herr Jesus «Führer» genannt wird. In Matthäus 2,6 heisst es: «Und du, Bethlehem, Land Juda, bist keineswegs die Geringste unter den Fürsten Judas; denn aus dir wird ein Führer hervorkommen, der mein Volk Israel weiden wird.» Genau genommen handelt es sich bei diesem Vers um ein Zitat aus dem Alten Testament.

Die Hohenpriester und Schriftgelehrten der Juden nannten dem bestürzten König Herodes auf seine Frage, wo der Christus geboren werden sollte, diese Stelle aus dem Propheten Micha. Dort steht: «Und du, Bethlehem-Ephrata, zu klein, um unter den Tausenden von Juda zu sein, aus dir wird mir hervorkommen, der Herrscher über Israel sein soll; und seine Ursprünge sind von der Urzeit, von den Tagen der Ewigkeit her. Darum wird er sie hingeben bis zur Zeit, da eine Gebärende geboren hat; und der Rest seiner Brüder wird zurückkehren zu den Kindern Israel. Und er wird dastehen und seine Herde weiden in der Kraft des HERRN, in der Hoheit des Namens des HERRN, seines Gottes. Und sie werden wohnen; denn nun wird er gross sein bis an die Enden der Erde» (Micha 5,1-3).

Durch die Belehrungen des Neuen Testaments wissen wir, dass diese drei Verse erst im 1000-jährigen Friedensreich vollständig erfüllt sein werden. Dann wird der Name des Herrn Jesus Christus bis an die Enden der Erde gross sein. Doch es ist interessant, dass die Elite im Volk Israel zur Zeit des Herodes, als Christus geboren worden war, klar verstand, dass sich diese Verse auf Ihn bezogen (Mt 2,4). Auch wenn sie den Zusatz über die ewige Herrlichkeit Jesu wegliessen – dass seine Ursprünge von der Urzeit sind, dass Er also der HERR, Gott selbst, ist –, so zweifelten sie selbst nicht daran, dass der in Bethlehem Geborene der Christus, der HERR, war.

Heute stellen viele die Echtheit der Herkunft, die Würde und die Herrlichkeit dieser einzigartigen Person in Zweifel. Wir aber dürfen diesen Herrscher in unseren Herzen und durch unsere Worte bewundern. Damals, kurz nach der Geburt Jesu, waren sich jene, die sich später als seine Feinde offenbarten, im Klaren: Es geht um den Messias, den König und Herrscher Israels. Aber sie wollten Ihn nicht.

Das in Bethlehem geborene Kind Jesu wird in Matthäus 2 Führer genannt. Er sollte kommen, um sein Volk zu führen und zu leiten. Im Gegensatz zu historischen Herrschern, die den Begriff «Führer» in schlimmer Weise nahezu nicht mehr anwendbar gemacht haben, lesen wir hier, was Gott als herausragende Aufgabe eines Führers ansieht: das Weiden des anvertrauten Volkes.

An dieser Stelle finden wir nicht einmal etwas von der Aufgabe, die Petrus als Hirte bekam: die Schafe zu hüten (Joh 21,16). Hüten hat mit Aufsicht zu tun. Beim Weiden hingegen denken wir an Nahrung, Pflege und Fürsorge. Genau das wollte der Herr Jesus für sein Volk sein: Nahrung. Er wollte als das «Brot vom Himmel» die tiefen Bedürfnisse seines Volkes stillen (Joh 6,51). Er wollte ihm dienen, um es zu Gott zurückzubringen. In seiner Fürsorge war Er sogar bereit, für sein Volk zu sterben, damit es den Segen, den Gott seinem Volk zugedacht hatte, geniessen konnte.

Wenn wir von Führung, von Führern und Herrschern hören, denken wir vielleicht zuerst an Ordnung, Strenge und Gehorsam. Sicher hat auch das mit der Führung des Herrn zu tun. Wenn aber der Geist Gottes – hier durch die Hohenpriester und Schriftgelehrten des Volkes Israel – vom Führer redet, dann erinnert Er daran, dass Gott sich seinem Volk in göttlicher Liebe zuwendet, um ihm all das zu schenken, was es an Fürsorge nötig hat.

Das ist für uns mehr als ein Beispiel. Es zeigt uns das Herz Gottes, wie es in Christus offenbart wurde. Wie dankbar dürfen wir sein, dass dieser Christus auch für uns Führer ist. Er weidet uns auf grünen Auen und führt uns zu stillen Wassern (Ps 23,2).