Heilstatsachen (4)

Von neuem geboren (1)

Die Notwendigkeit der Neugeburt

Als Nikodemus zum Herrn Jesus kam, um von Ihm belehrt zu werden, erhielt er sofort die feierlich ernste Antwort: «Wahrlich, wahrlich, ich sage dir: Wenn jemand nicht von neuem geboren wird, so kann er das Reich Gottes nicht sehen» (Joh 3,3). Denken wir einen Augenblick über diese göttliche und herzerforschende Aussage nach. Wie auch immer der Seelenzustand oder das Glaubensbekenntnis einer Person sein mag, wenn es diesen grossen Wechsel – die Neugeburt – nicht gegeben hat, besitzt sie noch kein Leben aus Gott und keine Errettung.

An wen richtet der Herr diese Worte? An Nikodemus, einen Obersten der Juden. Der wirkliche Zustand der Juden wird im zweiten und dritten Kapitel des Johannes-Evangeliums beschrieben.

«Als er (Jesus) aber in Jerusalem war, am Passah, auf dem Fest, glaubten viele an seinen Namen, als sie seine Zeichen sahen, die er tat. Jesus selbst aber vertraute sich ihnen nicht an, weil er alle kannte und nicht nötig hatte, dass jemand Zeugnis gebe von dem Menschen; denn er selbst wusste, was in dem Menschen war. Es war aber ein Mensch aus den Pharisäern, sein Name Nikodemus, ein Oberster der Juden» (Joh 2,23 – 3,1). Einige Juden glaubten an Jesus, als sie seine Wunder sahen. Darunter befand sich auch Nikodemus. Aber Jesus vertraute sich ihnen nicht an, weil Er wusste, was im Menschen ist. Ihr Glaube war eigentlich nur eine natürliche Überzeugung von der Wirklichkeit der Ansprüche, die Jesus besass. Ihre Überzeugung war offensichtlich durch die Zeichen hervorgerufen worden. Diesem Glauben lag aber keine Demütigung des Herzens vor Gott zugrunde. Er stützte sich auf eine intellektuelle Kenntnis von Christus. So war Nikodemus, als er in der Nacht zum Herrn kam, zweifellos auf der Suche nach mehr. Er drückte seinen Glauben mit folgenden Worten aus: «Rabbi, wir wissen, dass du ein Lehrer bist, von Gott gekommen, denn niemand kann diese Zeichen tun, die du tust, wenn Gott nicht mit ihm ist» (Joh 3,2). Der Herr antwortete ihm und betonte als Erstes die Notwendigkeit, von neuem geboren zu werden. Es ist, als würde Er ihm sagen: Ihr könnt an mich als einen göttlichen Lehrer glauben und trotzdem verloren sein. Ihr müsst zuerst von neuem geboren werden, um ins Reich Gottes eingehen zu können.

Wir bekommen damit eine sehr ernste Ermahnung und gleichzeitig eine notwendige Warnung. Die Ermahnung lautet: Hüte dich davor, dich mit einem blossen christlichen Glaubensbekenntnis zufrieden zu geben! Die Warnung heisst: Vergiss nie, dass alles vergeblich ist, wenn du nicht von neuem geboren bist! Du kannst sehr ernsthaft, sehr religiös sein, ein Vorbild an Eifer abgeben, in deiner christlichen Lebensweise einen guten Ruf haben oder gute Werke aufweisen. Trotzdem kannst du verloren gehen. Denn wenn du nicht von neuem geboren bist, kannst du das Reich Gottes nicht einmal sehen.

Warum von neuem geboren werden?

Weshalb muss ein Mensch von neuem geboren werden? Die Antwort auf diese Frage führt uns zu einem sehr wichtigen Teil unseres Themas. Wir haben bereits darauf hingewiesen, dass alle Menschen Sünder sind. Aber es geht nicht nur um die Tatsache, dass alle gesündigt haben. Sie haben auch eine böse und verdorbene Natur. Diese unheilbar verdorbene Natur ist der Baum, der all die bösen Früchte der Sünde hervorbringt. Die sündigen Handlungen zeigen den Charakter dieser Natur. Sie ist völlig unpassend für die Gegenwart Gottes. Hier sehen wir die Tragweite der Worte von Johannes 3,6: «Was aus dem Fleisch geboren ist, ist Fleisch.» Alles, was wir als natürliche Menschen und Nachkommen Adams sind, ist Fleisch. Darin «wohnt nichts Gutes» (Röm 7,18).

Verstehen wir nun, dass ausnahmslos alle Menschen völlig verdorben und hoffnungslos schlecht sind? Ja, so lautet das Urteil Gottes über die menschliche Natur. Was aus dem Fleisch geboren ist, ist Fleisch.

Da stellt sich die Frage: Ist es möglich, dass all die historischen Beispiele edler Taten oder alle lieblichen, grosszügigen und wohltuenden Handlungen, denen wir im täglichen Leben begegnen, das Werk von Menschen mit einer völlig verdorbenen Natur sind? Sicher müssen unterschiedliche Grade auseinandergehalten werden, wenn es um unseren natürlichen Zustand als Menschen geht. Denn unmöglich können wir solche Handlungen mit groben und offensichtlichen Sünden gleichstellen!

Nicht eine Frage des Tuns, sondern des Seins

Doch es geht jetzt nicht um die Frage, was für einen äusserlichen Charakter die Handlungen der Menschen haben. Es ist nicht massgebend, ob sie den Beifall oder das Missfallen der Mitmenschen auslösen. Solange sie von Menschen hervorgebracht werden, die nicht von neuem geboren sind, sind sie in den Augen Gottes nichts wert. Denn es gibt keinen «faulen Baum, der gute Frucht bringt … von Dornen sammelt man keine Feigen, noch liest man von einem Dornbusch eine Traube» (Lk 6,43.44). Das Wort Gottes ist diesbezüglich ganz eindeutig: «Die Gesinnung des Fleisches ist Feindschaft gegen Gott, denn sie ist dem Gesetz Gottes nicht untertan, denn sie vermag es auch nicht. Die aber, die im Fleisch sind, vermögen Gott nicht zu gefallen» (Röm 8,7.8). Wie es jemand einmal treffend ausgedrückt hat: Es ist nicht eine Frage des Tuns, sondern des Seins. Es ist nicht eine Frage des Charakters der Handlungen, sondern der Natur des Handelnden. Gott macht klar, dass diese Natur Fleisch ist. Das Fleisch kann in den Augen Gottes nur Schlechtes hervorbringen.

Darin liegt die Ursache für die Notwendigkeit, von neuem geboren zu werden. «Was aus dem Fleisch geboren ist, ist Fleisch … Verwundere dich nicht, dass ich dir sagte: Ihr müsst von neuem geboren werden» (Joh 3,6.7). Diese Notwendigkeit trifft auf alle Menschen zu. Sie umfasst jeden, der in die Welt geboren wird: das unterwürfige und gehorsame Kind wie den verlorenen Sohn, den aktiven und eifrigen Menschenfreund wie den verurteilten Verbrecher im Gefängnis. Denn Fleisch ist Fleisch und kann nicht in das Reich Gottes eingehen. Dazu sind eine neue Natur und ein neues Leben nötig. Wenn diese nicht vorhanden sind, wird ein Mensch für ewig aus dem Reich Gottes ausgeschlossen sein, was auch immer sein irdischer Ruf sein mag.