Heilstatsachen (14)

Befreiung (1)

Viele Gläubige bleiben, nachdem sie geistlich erweckt und lebendig gemacht worden sind, an diesem Punkt stehen. Sie sind unter den Schutz des kostbaren Blutes des Herrn Jesus gekommen, aber es fehlt ihnen die volle Erkenntnis der Errettung. Sie haben häufig eine «gute Hoffnung», dass sie errettet sind. Wenn jedoch die Sünde in ihrem Herzen wieder die Oberhand gewinnt, verfallen sie durch das Gefühl ihrer völligen Verdorbenheit wieder in Unsicherheit und Angst.

In diesem Zustand bleiben diese Personen ausserhalb der Fülle des Segens, die jedem Gläubigen in Christus zusteht. Das ist so, weil sie die beiden Naturen in sich nicht kennen. Sie wissen auch nicht, welche Vorkehrungen Gott in Christus sowohl für die Sünde im Fleisch als auch für die Tatsünden getroffen hat. Der Grund dafür ist häufig eine mangelhafte oder schlechte Belehrung über die vollkommene Befreiung, die wir in Christus von unserer Sündenschuld vor Gott und unserer verdorbenen Natur finden. Der befreite Gläubige kann wirklich sagen: «Also ist jetzt keine Verdammnis für die, die in Christus Jesus sind. Denn das Gesetz des Geistes des Lebens in Christus Jesus hat mich frei gemacht von dem Gesetz der Sünde und des Todes» (Röm 8,1.2).

Dieses Thema wird besonders in Römer 5,12 – 8,39 entfaltet. Ein anderer Bibelausleger schreibt Folgendes zu diesem Abschnitt:

Bis Römer 5,11 wird die Vergebung der Sünden und die Rechtfertigung des Gläubigen umfassend dargestellt. Diese Wahrheit endet mit den gesegneten Vorrechten, die dem gerechtfertigten Menschen gehören. Aber sie steht immer in Verbindung mit der Wirkung des sühnenden Blutes des Herrn Jesus, die durch seine Auferstehung bestätigt worden ist. Das ist sehr wertvoll, aber nicht alles, was der Gläubige benötigt. Er kann durch die Entdeckung des in ihm wohnenden Bösen sehr unglücklich werden. Wenn er nicht bald die Wahrheit kennen lernt, die sich auf diese Schwierigkeit anwenden lässt, steht er in Gefahr, der Sünde gegenüber gleichgültig zu werden oder unter einen Geist der Knechtschaft zu kommen. Wie viele Gläubige haben das ganze Ausmass ihrer Errettung nie erfasst! Sie quälen sich Tag für Tag und versuchen, gegen ihre natürliche Verdorbenheit anzukämpfen. Doch das stellt sich bald als erfolglos heraus.

Andere freuen sich über eine trügerische Ruhe. Sie stellen ihren Glauben an die Vergebung der Sünden durch das Blut Christi als Gegengewicht zu ihrer inneren Plage auf, die sie als unheilbar erachten. Dies stellt sich als ebenso erfolglos heraus wie die Bemühungen der oben Genannten, die sich ernsthaft bessern wollen, aber vergeblich kämpfen. Weder die einen noch die anderen haben das Urteil begriffen, das bereits am Kreuz über den alten Menschen vollzogen worden ist. Sie haben auch ihre neue Stellung nicht erfasst, die sie in Christus – der aus den Toten auferstanden ist – vor Gott haben. Es ist das Ziel des Heiligen Geistes, diese Wahrheit ab Römer 5,12 aufzuzeigen.

Die kursiven Sätze im obigen Zitat werden in Römer 7 eindrücklich bestätigt. Dort finden wir einen Menschen, der von neuem geboren ist, aber noch nicht erkannt hat, dass er vom Gesetz befreit worden ist. Er seufzt unter der Sünde, die in ihm wohnt. In seinem Elend ruft er aus: «Ich aber bin fleischlich, unter die Sünde verkauft» (V. 14). Und weiter: «Ich habe Wohlgefallen an dem Gesetz Gottes nach dem inneren Menschen; ich sehe aber ein anderes Gesetz in meinen Gliedern, das dem Gesetz meines Sinnes widerstreitet und mich in Gefangenschaft bringt unter das Gesetz der Sünde, das in meinen Gliedern ist. Ich elender Mensch! Wer wird mich retten von diesem Leib des Todes?» (Röm 7,22-24).

Das ist genau der Zustand, unter dem viele Gläubige leiden. Diese Situation ist weit von dem entfernt, was sie gewünscht und erhofft haben. So werden sie wieder in Zweifel an ihrer Errettung gestürzt.

Wie begegnet Gott diesem Bedürfnis der Seele? Darauf gibt es nur eine Antwort: Es ist der Tod des Herrn Jesus. Er hat nicht nur unsere Sünden an seinem Leib auf dem Kreuz getragen, sondern Gott hat Ihn auch für uns zur Sünde gemacht (2. Kor 5,21). «Das dem Gesetz Unmögliche, weil es durch das Fleisch kraftlos war, tat Gott, indem er, seinen eigenen Sohn in Gleichgestalt des Fleisches der Sünde und für die Sünde sendend, die Sünde im Fleisch verurteilte» (Röm 8,3).

Das 6. Kapitel des Römer-Briefs bestätigt diese Wahrheit. Zuerst wird in Kapitel 5 nachgewiesen: «Wo aber die Sünde überströmend geworden ist, ist die Gnade noch überreichlicher geworden, damit, wie die Sünde geherrscht hat im Tod, so auch die Gnade herrsche durch Gerechtigkeit zu ewigem Leben durch Jesus Christus, unseren Herrn» (V. 20.21). Dann fügt der Apostel in Kapitel 6 hinzu: «Was sollen wir nun sagen? Sollten wir in der Sünde verharren, damit die Gnade überströme? Das sei ferne! Wir, die wir der Sünde gestorben sind, wie sollten wir noch darin leben? Oder wisst ihr nicht, dass wir, so viele auf Christus Jesus getauft worden sind, auf seinen Tod getauft worden sind? So sind wir nun mit ihm begraben worden durch die Taufe auf den Tod, damit, so wie Christus aus den Toten auferweckt worden ist durch die Herrlichkeit des Vaters, so auch wir in Neuheit des Lebens wandeln. Denn wenn wir mit ihm einsgemacht worden sind in der Gleichheit seines Todes, so werden wir es auch in der seiner Auferstehung sein, da wir dieses wissen, dass unser alter Mensch mitgekreuzigt worden ist, damit der Leib der Sünde abgetan sei, dass wir der Sünde nicht mehr dienen. Denn wer gestorben ist, ist freigesprochen von der Sünde» (Röm 6,1-7).

Wenn wir unsere Aufmerksamkeit auf die kursiv wiedergegebenen Sätze lenken, wird das Thema klar für uns.

  1. Wir lernen, dass wir am Tod des Herrn teilhaben: Wir sind «auf seinen Tod getauft worden». «Unser alter Mensch ist mitgekreuzigt worden» (V. 3-6). Es handelt sich um das Prinzip der Stellvertretung, die uns in der nachfolgenden Erzählung treffend illustriert wird.
    Zur Zeit Napoleons I. wurde ein junger Mann zum Militärdienst einberufen. Doch seine finanziellen Mittel erlaubten es ihm, einen Stellvertreter zu bezahlen. Dieser wurde eingezogen und fiel in einer Schlacht. Wenig später verfügte eine Verordnung eine erneute Mobilmachung. Wieder fiel das Los auf den jungen Mann. Dieser machte geltend, er sei tot. Als man eine Erklärung von ihm forderte, antwortete er: Mein Stellvertreter ist gefallen, deshalb bin ich ebenfalls als tot zu betrachten. Dieser Einzelfall wurde anschliessend von den Gerichten beurteilt. Sie befanden, dass der junge Mann in rechtlicher Hinsicht tatsächlich als tot betrachtet werden musste, weil sein Stellvertreter gestorben war. So wurde er von der Wehrpflicht befreit.
    Bei uns verhält es sich ähnlich, wenn wir an den Herrn Jesus Christus glauben. Wir sind seither mit Ihm verbunden. Darum können wir uns darauf berufen, dass wir mit der Person unseres «Stellvertreters» gestorben sind und dass Gott an Ihm die Strafe für unsere Sünden und das Urteil über die Sünde in uns vollzogen hat.
  2. Als Folge davon sind wir der Sünde gestorben und als Gestorbene von der Sünde freigesprochen (V. 2.7). Das bedeutet, dass unsere von Adam vererbte Natur – die Wurzel der Sünden – von Gott im Tod des Herrn Jesus verurteilt worden ist. Unser alter Mensch ist gekreuzigt worden und der Heiland hat die Strafe bereits erduldet. Das Urteil über uns wurde so vollständig an Christus vollzogen, dass wir vor Gott rechtlich betrachtet tot sind. Wir sind daher von der Sünde freigesprochen. Das bedeutet, dass wir durch den Tod des Herrn Jesus von jeder Anklage im Blick auf die Sünde in uns befreit worden sind.

Die folgenden Bibelverse zeigen die praktischen Folgen dieser Wahrheit. «Wenn wir aber mit Christus gestorben sind, so glauben wir, dass wir auch mit ihm leben werden, da wir wissen, dass Christus, aus den Toten auferweckt, nicht mehr stirbt; der Tod herrscht nicht mehr über ihn. Denn was er gestorben ist, ist er ein für alle Mal der Sünde gestorben; was er aber lebt, lebt er Gott. So auch ihr, haltet dafür, dass ihr der Sünde tot seid, Gott aber lebend in Christus Jesus. Also herrsche nicht die Sünde in eurem sterblichen Leib, um seinen Begierden zu gehorchen» (V. 8-12). Diese Worte erinnern uns (zumindest indirekt) daran, dass wir nicht nur am Tod des Herrn Jesus teilhaben, sondern auch an seiner Auferstehung: «Wenn wir aber mit Christus gestorben sind, so glauben wir, dass wir auch mit ihm leben werden» (V. 8). Diese Wahrheit wird durch folgende Tatsache bestätigt: «Was er gestorben ist, ist er ein für alle Mal der Sünde gestorben; was er aber lebt, lebt er Gott» (V. 10). Daraus ergeben sich praktische Ermahnungen, die wir in der Fortsetzung näher ansehen wollen.