Frieden mit Gott (1)
«Da wir nun gerechtfertigt worden sind aus Glauben, so haben wir Frieden mit Gott durch unseren Herrn Jesus Christus» (Röm 5,1). So lautet die Schlussfolgerung des Apostels, nachdem er die Voraussetzungen festgestellt hat, nach denen Gott dem Sünder in Gnade begegnen und jeden rechtfertigen kann, der an Jesus Christus glaubt. Der Grundsatz, der zu dieser Schlussfolgerung führt, ist wichtig und notwendig zu verstehen. Darum möchten wir ihn im Einzelnen vorstellen, um den bangen Seelen zu zeigen, wie sorgfältig Gott die Grundlage für den Frieden gelegt hat. Diese Basis liegt ganz ausserhalb der menschlichen Möglichkeiten. Wir müssen anerkennen, dass der Felsen, auf dem dieser Frieden ruht, nur in Christus und seinem Werk am Kreuz zu finden ist.
Rechtfertigung aus Glauben
Die Rechtfertigung erfolgt durch den Glauben, d.h. auf dem Grundsatz des Glaubens, der im Gegensatz zum Grundsatz der Werke steht. Dieser Hinweis erspart uns manche Verwirrung.
Auf diesen Kontrast gründet sich die Beweisführung des Apostels. Nachdem er den Zustand der Nationen und der Juden geschildert und nachgewiesen hat, dass sowohl die einen wie die anderen als Sünder überführt sind, hält er fest: «Darum, aus Gesetzeswerken wird kein Fleisch vor ihm (Gott) gerechtfertigt werden» (Röm 3,20). Etwas später erklärt er: «Denn wir urteilen, dass ein Mensch durch Glauben gerechtfertigt wird, ohne Gesetzeswerke» (Röm 3,28). Darauf folgt das Beispiel der Rechtfertigung Abrahams, das der Apostel in Kapitel 4,3 erwähnt: «Abraham aber glaubte Gott, und es wurde ihm zur Gerechtigkeit gerechnet.» Dann sagt er uns: «Dem aber, der nicht wirkt, sondern an den glaubt, der den Gottlosen rechtfertigt, wird sein Glaube zur Gerechtigkeit gerechnet» (Röm 4,5).
Wir haben hier den umfassendsten Gegensatz zwischen dem Gesetz und dem Evangelium vor uns. Das Gesetz forderte Werke: «Wer diese Dinge getan hat, wird durch sie leben» (Gal 3,12). Aber das Evangelium erklärt, dass Gott den rechtfertigt, der an Jesus glaubt (Röm 3,26). Es ist also nicht mehr eine Frage von Werken oder von irgendetwas, was der Mensch tun könnte. Gott hat das vollständige und unwiderrufliche Versagen des Menschen aufgezeigt, und zwar in jeder Position, in die Er ihn gestellt hat. Der Heide ohne Gesetz und der Jude unter Gesetz sind als Sünder überführt worden, «damit jeder Mund verstopft werde und die ganze Welt dem Gericht Gottes verfallen sei» (Röm 3,19). Aus diesem Grund ist der Mensch von jeder Möglichkeit ausgeschlossen, etwas zu seiner Wiederherstellung beizutragen oder sich selbst zu retten. Er steht bereits unter dem Verdammungsurteil und ist verloren. Folglich bleiben Werke und Bemühungen, wie auch immer sie geartet sein mögen, völlig nutzlos.
Wenn der Mensch errettet werden soll, kann es nur auf dem Grundsatz des Glaubens geschehen. «Denn durch die Gnade seid ihr errettet, mittels des Glaubens; und das nicht aus euch, Gottes Gabe ist es» (Eph 2,8). Selbst durch grösste Anstrengungen vermag kein Mensch irgendeine Gerechtigkeit vor Gott zu erlangen. Deshalb kann er, wenn er errettet werden will, der Gerechtigkeit Gottes nicht ausweichen, wie sie im Evangelium offenbart ist: aus Glauben zu Glauben (Röm 1,17).
Es ist sehr wichtig, diesen Punkt zu verstehen. Gerade daran haben sich die Juden von Anfang an gestossen. So lesen wir in Römer 10,3: «Da sie die Gerechtigkeit Gottes nicht erkannten und ihre eigene Gerechtigkeit aufzurichten suchten, haben sie sich der Gerechtigkeit Gottes nicht unterworfen.» Zuerst müssen die Menschen erkennen, dass sie nicht «ihre eigene Gerechtigkeit aufrichten» können und dass ihre Gerechtigkeiten «wie ein unflätiges Kleid» vor Gott sind (Jes 64,5). Erst dann werden sie die Tatsache akzeptieren, dass die Rechtfertigung nur auf der Grundlage des Glaubens erfolgt und dass das Mittel, um gerettet zu werden, die Gnade Gottes zu uns im Herrn Jesus ist. Aber wenn das einmal verstanden wird, ist die Wirkung enorm. Dann werden unsere Augen sofort von uns selbst weg auf Jesus Christus hin gelenkt, der allein der Retter ist. Wir geben unsere eigenen Mittel auf und sind bereit, uns auf der Grundlage des Glaubens der Gerechtigkeit Gottes unterzuordnen.
Der Gegenstand des Glaubens
Was ist der Gegenstand des Glaubens, der uns im Blick auf die Rechtfertigung vorgestellt wird? In Römer 4 finden wir eine klare Antwort. Zuerst führt der Apostel aus, dass Abraham Gott glaubte und dass ihm dies zur Gerechtigkeit gerechnet wurde. Im Weiteren stellt er uns die Umstände und das Wesen seines Glaubens vor Augen. Er weist darauf hin, dass sich dies vor seiner Beschneidung ereignet hat. Das Gesetz hat also nichts mit der Verheissung zu tun, die Abraham erhalten hat (Röm 4,9-16). Anschliessend fügt Paulus hinzu: «Es ist aber nicht allein seinetwegen geschrieben, dass es ihm zugerechnet worden ist, sondern auch unsertwegen, denen es zugerechnet werden soll, die wir an den glauben, der Jesus, unseren Herrn, aus den Toten auferweckt hat, der unserer Übertretungen wegen hingegeben und unserer Rechtfertigung wegen auferweckt worden ist» (Röm 4,23-25).
Der Gegenstand von Abrahams Glauben war Gott selbst, und zwar in der Verheissung, dass er der «Welt Erbe» sein sollte (V. 13). «Der gegen Hoffnung auf Hoffnung geglaubt hat, damit er ein Vater vieler Nationen würde, nach dem, was gesagt ist: ‹So wird deine Nachkommenschaft sein.› Und nicht schwach im Glauben, sah er nicht seinen eigenen schon erstorbenen Leib an, da er fast hundert Jahre alt war, und das Absterben des Mutterleibes der Sara, und zweifelte nicht an der Verheissung Gottes durch Unglauben, sondern wurde gestärkt im Glauben, Gott die Ehre gebend, und war der vollen Gewissheit, dass er, was er verheissen hatte, auch zu tun vermag. Darum ist es ihm auch zur Gerechtigkeit gerechnet worden» (Röm 4,18-22).
Der Gegenstand seines Glaubens war also ein Gott der Verheissung. Der Gegenstand unseres Glaubens ist ein Gott der Vollendung. Denn die Gerechtigkeit wird uns zugerechnet, wenn wir «an den glauben, der Jesus, unseren Herrn, aus den Toten auferweckt hat» (Röm 4,24). Deshalb wird Gott dem Sünder im Evangelium als Der vorgestellt, der in Gnade eingegriffen hat. Gott selbst hat in Christus die Erlösung geschaffen und dann verkündigt, dass Christus für unsere Sünden hingegeben und unserer Rechtfertigung wegen auferweckt worden ist. Er ist also ein Retter-Gott. Als solcher fordert Er jetzt vom Sünder nichts anderes als den Glauben an Ihn selbst. Er verlangt nichts vom Menschen, weil Er seinen einzigartigen Sohn gesandt hat, der unsere ganze Verantwortung auf sich genommen und in seinem Tod alle Forderungen eines heiligen Gottes uns gegenüber erfüllt hat. Damit hat Er die Frage der Sünde für ewig geregelt. Gott ist durch den Tod des Erlösers verherrlicht worden. Darum kann Er nun auf der Grundlage eines vollbrachten Erlösungswerks alle, die glauben, in Gerechtigkeit annehmen und rechtfertigen.
Gott hat also in Gnade und aus der Liebe seines Herzens heraus allen Bedürfnissen des Sünders entsprochen. So wird der Glaubende durch das kostbare Blut des Christus von seiner Schuld gereinigt und durch die göttliche Gerechtigkeit gerechtfertigt, damit er nun in Gottes eigener Gegenwart stehen kann. Gott hat für alles gesorgt, was dem Sünder fehlt, um ihn aus seiner Stellung der Gottesferne, der Schuld und des Todes zu sich selbst zurückzuführen. Im Evangelium der Gnade wird Er als der Gebende und nicht als der Fordernde vorgestellt. Er ist der Gegenstand unseres Glaubens in seinem Zeugnis über das, was Er in seinem Sohn und durch Ihn für uns getan hat.
In Römer 3 ist es das Blut des Christus, das uns als Glaubensgegenstand gezeigt wird. Wir «werden umsonst gerechtfertigt durch seine Gnade, durch die Erlösung, die in Christus Jesus ist; den Gott dargestellt hat als Sühnmittel durch den Glauben an sein Blut, zur Erweisung seiner Gerechtigkeit wegen des Hingehenlassens der vorher geschehenen Sünden» (V. 24.25). Die Bedeutung dieses Abschnitts ist anders. Die Menschheit – die ganze Welt – ist vor Gott schuldig (V. 19). Deshalb ist die Frage, die sich hier stellt: Wie kann den Anforderungen Gottes als dem Richter entsprochen werden?
Die Antwort findet sich im Blut des Christus, das Gott in seiner Gnade gegeben hat, damit auch der Schuldigste kommen und durch den Glauben an das Blut des Christus gerechtfertigt werden kann (V. 24-26).
Aber in Römer 4 zeigt sich Gott als Heiland-Gott. Er ist durch das Werk des Herrn Jesus zufrieden gestellt worden, dessen Tod Sühnung für die Sünde getan hat. Auf diese Weise zeigt Er sich als Gott der Gnade in der Erlösung und als Gegenstand des Glaubens für den Sünder. Wie einfach und gesegnet ist dieser Gedanke! Was verlangt Gott von den Sündern? Nur, dass sie an Ihn glauben, indem sie sein Zeugnis über das annehmen, was für sie durch den Tod seines Sohnes vollbracht worden ist. Gleichzeitig stellt Er ihnen die Tatsache der Auferstehung des Herrn Jesus aus den Toten vor, um sein Zeugnis zu bestätigen. Es ist, als ob Gott zu uns sagen würde: «Wenn ihr einen Beweis dafür benötigt, dass Christus für eure Übertretungen hingegeben worden ist, dass Er eure Sünden durch seinen Tod gesühnt hat und dass alle meine Ansprüche euch gegenüber vollkommen erfüllt worden sind, dann betrachtet seine Auferstehung. Ich habe Ihn aus den Toten auferweckt und zu meiner Rechten in der Herrlichkeit gesetzt, um allen zu bestätigen, dass Er die Sühnung vollbracht hat und dass Ich sein Werk angenommen habe.»