Was muss ich tun, um errettet zu werden? (Teil 2)
Der Gesetzgelehrte
Das Beispiel des Gesetzgelehrten in Lukas 10 unterscheidet sich in vielen Punkten von den Personen, an die wir bereits gedacht haben. Er kommt zu Jesus Christus, um Ihn zu versuchen. Damit nimmt er moralisch einen tieferen Platz ein als die vorherigen. Deshalb gibt der Herr an dieser Stelle eine viel tiefgründigere Lektion über den wahren Zustand des Menschen.
«Siehe, ein gewisser Gesetzgelehrter stand auf, versuchte ihn und sprach: Lehrer, was muss ich tun, um ewiges Leben zu erben? Er aber sprach zu ihm: Was steht in dem Gesetz geschrieben? Wie liest du? Er aber antwortete und sprach: ‹Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben aus deinem ganzen Herzen und mit deiner ganzen Seele und mit deiner ganzen Kraft und mit deinem ganzen Verstand, und deinen Nächsten wie dich selbst.› Er sprach aber zu ihm: Du hast recht geantwortet; tu dies, und du wirst leben. Da er aber sich selbst rechtfertigen wollte, sprach er zu Jesus: Und wer ist mein Nächster?» (Lk 10,25-29). Danach folgt das Gleichnis vom barmherzigen Samariter (V. 30-37). Der Herr begegnet dem Gesetzgelehrten, der Ihn versuchen will, auf seinem eigenen Terrain, d.h. auf dem Boden des Gesetzes. Er erkennt die Forderungen des Gesetzes an, fügt aber dann die Worte hinzu: «Tu dies, und du wirst leben.» Denn Gott sagt in 3. Mose 18,5: «Meine Satzungen und meine Rechte sollt ihr halten, durch die der Mensch, wenn er sie tut, leben wird.» Der Herr benutzt das Gesetz gemäss seinem göttlichen Ziel als einen Standard der Forderungen Gottes an den natürlichen Menschen, um ihm zu zeigen, dass durch das Gesetz «Erkenntnis der Sünde» kommt (Röm 3,20). Das ist die Wirkung seiner Worte: «Du hast recht geantwortet; tu dies, und du wirst leben» (V. 28). Dadurch wird der Gesetzgelehrte von der Sünde überführt.
So lesen wir von ihm: «Da er aber sich selbst rechtfertigen wollte, sprach er zu Jesus: Und wer ist mein Nächster?» (V. 29). Der Herr hat ihn mit dem Wort Gottes getroffen, denn es ist «lebendig und wirksam und schärfer als jedes zweischneidige Schwert und durchdringend bis zur Scheidung von Seele und Geist, sowohl der Gelenke als auch des Markes, und ein Beurteiler der Gedanken und Überlegungen des Herzens» (Heb 4,12). Doch anstatt sich zu demütigen, will der Gesetzgelehrte der Anwendung des Gesetzes ausweichen, indem er die Unmöglichkeit der Erfüllung des göttlichen Gebots andeutet. Er versucht, sich zu rechtfertigen – als ob es einem Menschen möglich wäre, sich vor Gott zu rechtfertigen. Wie tut er das? Er behauptet, man könne das göttliche Gebot nicht erfüllen, weil man nicht wisse, wie es zu erklären sei. Aber der Herr, der in seinem Innern die Erkenntnis der Sünde bewirkt hat, belehrt ihn jetzt darüber, wer sein Nächster ist. Er tut es anhand der Beschreibung des Mannes, der unter die Räuber fiel und vom Samariter Hilfe erfuhr.
Was lernen wir hier aus der Antwort auf die Frage: «Was muss ich tun, um ewiges Leben zu erben?» Es geht nicht nur darum, dass der Mensch nichts tun kann. Er wird auch als Sünder vor Gott überführt. In diesem Gleichnis finden wir bildlich den Zustand des Menschen. Er wird so beschrieben: «Ein gewisser Mensch ging von Jerusalem nach Jericho hinab und fiel unter Räuber, die ihn auch auszogen und ihm Schläge versetzten und weggingen und ihn halb tot liegen liessen» (V. 30). Der Ort, wo der Reisende den Räubern zum Opfer fällt, ist bezeichnend. Er geht von Jerusalem nach Jericho hinab. Er verlässt die Stadt Gottes und reist in die verfluchte Stadt (Jos 6,26). Das ist ein treffendes Bild der Reise eines Sünders ins Verderben. Er fällt in die Hände von Räubern, die ihn ausziehen, schlagen und halb tot liegen lassen. Wie er so daliegt, ist er ohne Hilfe und ohne Hoffnung. Er steht an der Schwelle des Todes.
Ist das nicht ein klares Bild vom Zustand eines sündigen Menschen? Welche Dummheit, in diesem Zustand zu fragen: Was muss ich tun, um ewiges Leben zu erben? Die Frage lautet vielmehr: Was muss getan werden, um einen verlorenen Sünder zu retten? Das ist es, worüber der Herr den Gesetzgelehrten belehren will: Er zeigt ihm die Torheit eines Sünders, der danach fragt, was er tun kann, während seine Rettung von der Gnade und dem Eingreifen eines anderen abhängt. Dieser letzte Punkt wird durch den Samariter dargestellt. Vorher aber gehen ein Priester und ein Levit vorbei, überlassen aber den verletzten Mann seinem Schicksal. Damit wird die Machtlosigkeit des Gesetzes gezeigt: Es kann den Sünder nicht retten. Dann erscheint der Samariter. «Als er ihn sah, wurde er innerlich bewegt; und er trat hinzu und verband seine Wunden und goss Öl und Wein darauf; und er setzte ihn auf sein eigenes Tier und führte ihn in eine Herberge und trug Sorge für ihn. Und am folgenden Tag zog er zwei Denare heraus und gab sie dem Wirt und sprach: Trage Sorge für ihn; und was irgend du noch dazu verwenden wirst, werde ich dir bezahlen, wenn ich zurückkomme» (V. 33-35). Für wen steht dieser Samariter? Er weist auf niemand anders hin als auf den Herrn Jesus, der voll Erbarmen und Liebe die Verlorenen sucht und rettet. Das Elend des armen und verlassenen Menschen erregt sein Mitleid. Er verbindet seine Wunden und führt ihn an einen sicheren Ort. Er pflegt ihn und trägt Sorge für ihn. Er übernimmt sämtliche Kosten für seine Bedürfnisse, bis Er zurückkommt.
Daraus können wir manches lernen:
- Der Mensch ist ein Sünder.
- Als Sünder ist er verloren und ohne Hilfe.
- Folglich kann er selbst nichts tun.
- Er kann nur durch Jesus Christus und durch das, was der Heiland getan hat, gerettet werden.
Der Gefängnisaufseher von Philippi
Untersuchen wir nun das Beispiel des Gefängnisaufsehers von Philippi (Apg 16,25-34). Wir ziehen es dem Beispiel der Juden an Pfingsten vor, weil die Frage, die er stellt, positiver ist. Paulus und Silas waren in Philippi auf Betreiben einer erregten Volksmenge ins Gefängnis geworfen worden. Gegen Mitternacht beteten die beiden und lobsangen Gott. «Plötzlich aber geschah ein grosses Erdbeben, so dass die Grundfesten des Gefängnisses erschüttert wurden; sofort aber öffneten sich alle Türen, und die Fesseln aller wurden gelöst» (V. 26). Der Gefängnisaufseher erschrak. In der Aufregung des Augenblicks und in der Meinung, alle Gefangenen seien geflohen, hätte er sich ohne das Eingreifen des Apostels umgebracht.
«Er forderte aber Licht und sprang hinein; und zitternd fiel er vor Paulus und Silas nieder. Und er führte sie heraus und sprach: Ihr Herren, was muss ich tun, um errettet zu werden? Sie aber sprachen: Glaube an den Herrn Jesus, und du wirst errettet werden, du und dein Haus» (V. 29-31).
Warum antworten Paulus und Silas anders als der Herr in den beiden vorangehenden Fällen? Die Antwort ist in jedem Fall dem moralischen Zustand des Fragestellers angepasst. Paulus und Silas können die Gedanken des Gefängnisaufsehers unverzüglich auf den Herrn Jesus lenken, weil der Mann seinen moralischen Zustand erkennt, der dem halbtoten Menschen in Lukas 10 gleicht. Wenn ein Mensch die gleiche Frage stellt, muss er die gleiche Stellung einnehmen, damit er die Antwort aus Vers 31 erhalten kann. Wir haben bereits früher auf diese Wahrheit hingewiesen. Aber wir müssen sie hier nochmals betonen. Denn solange diese Lektion nicht verstanden wird, kann der Weg der Rettung nicht erkannt werden. Hast du begriffen, dass du Gott nichts bringen kannst? Sogar das, was dir bei den Menschen einen Vorteil bringt, ist bei Gott wertlos. Hast du auch verstanden, dass du ein Sünder bist, der hoffnungslos verloren ist? Hast du begriffen, dass du zu deiner Rettung nichts beitragen kannst? Wenn du errettet werden willst, muss dies durch ein Werk der Gnade eines anderen geschehen. Sobald du das verstanden hast, können wir dir die gesegnete Tatsache vorstellen, die in den Worten enthalten ist: «Glaube an den Herrn Jesus, und du wirst errettet werden» (V. 31).
Um gerettet zu werden und um ewiges Leben zu erhalten, musst du an den Herrn Jesus Christus glauben. Es ist nicht eine Frage des Tuns, sondern des Glaubens. Es handelt sich nicht um etwas, was der Sünder tun könnte, sondern um das, was Christus getan hat. Er hat das auf sich genommen, was ich verdient habe, während ich in den Genuss von dem komme, was Er getan hat. Deshalb heisst es: «Glaube an den Herrn Jesus, und du wirst errettet werden.» Es gibt keinen anderen Weg. Die Errettung ist immer an den Glauben geknüpft. Nennen wir dazu einige Beispiele:
- Lukas 7,50: «Er sprach aber zu der Frau: Dein Glaube hat dich gerettet; geh hin in Frieden.»
- Lukas 17,19: «Er sprach zu ihm: Steh auf und geh hin; dein Glaube hat dich gerettet.»
- Johannes 3,36: «Wer an den Sohn glaubt, hat ewiges Leben; wer aber dem Sohn nicht glaubt, wird das Leben nicht sehen, sondern der Zorn Gottes bleibt auf ihm.»
- Johannes 5,24: «Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wer mein Wort hört und dem glaubt, der mich gesandt hat, hat ewiges Leben und kommt nicht ins Gericht, sondern ist aus dem Tod in das Leben übergegangen.»
- Johannes 6,47: «Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wer an mich glaubt, hat ewiges Leben.»
- Apostelgeschichte 10,43: «Diesem geben alle Propheten Zeugnis, dass jeder, der an ihn glaubt, Vergebung der Sünden empfängt durch seinen Namen.»
- Römer 5,1: «Da wir nun gerechtfertigt worden sind aus Glauben, so haben wir Frieden mit Gott durch unseren Herrn Jesus Christus.»
Glaubst du nun an den Herrn Jesus? Wir haben die Stellung gezeigt, die der Sünder zuerst einnehmen muss. Es ist erforderlich, dass er das Zeugnis Gottes über seinen Zustand bejaht: schuldig, hilflos und verloren. Wenn du das Wort Gottes über dich und deinen Zustand annimmst, können wir dich auf das Lamm Gottes hinweisen, das die Sünde der Welt wegnimmt (Joh 1,29). Gott zeigt uns nicht nur, was wir in unserem natürlichen Zustand und in unserem Verhalten vor Ihm sind. Er hat auch alle Vorkehrungen für unsere Erlösung getroffen: «So hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren gehe, sondern ewiges Leben habe» (Joh 3,16). Wende deine Augen von dir weg und richte sie auf Christus. Nimm das Zeugnis Gottes über seinen Sohn an. Wenn du dich darauf besinnst und es im Glauben erfasst, wirst du vom Tod ins Leben übergehen. «‹Das Wort ist dir nahe, in deinem Mund und in deinem Herzen›; das ist das Wort des Glaubens, das wir predigen, dass, wenn du mit deinem Mund Jesus als Herrn bekennst und in deinem Herzen glaubst, dass Gott ihn aus den Toten auferweckt hat, du errettet werden wirst. Denn mit dem Herzen wird geglaubt zur Gerechtigkeit, mit dem Mund aber wird bekannt zum Heil» (Röm 10,8-10).