Der Tisch des Herrn
Bis dahin haben wir uns aufgrund von 1. Korinther, Kapitel 11 hauptsächlich mit dem Mahl des Herrn beschäftigt. Nun aber wenden wir uns dem 10. Kapitel zu, das den Tisch des Herrn und die damit verbundenen Wahrheiten vor uns hinstellt.
Worin besteht der Unterschied zwischen diesen beiden Dingen? Wir wollen es anhand eines Bildes klarzumachen suchen:
Ein Mann hat zum Abendessen Freunde eingeladen. Vor ihnen steht nun das Mahl des Hausherrn. Jeder der Geladenen geniesst davon und wird sich dabei vielleicht über den Gastgeber Gedanken machen, über seine Einfachheit oder seinen Reichtum, seine Gewohnheiten, seine Aufmerksamkeit usw. Sein Mahl verrät das alles. – Die Freunde sitzen dabei aber auch am Tisch des Hausherrn. Jeder, der von seinem Mahl geniesst, gehört jetzt zu seiner Tischgemeinschaft. Ist er ein rechtschaffener und geachteter Mann, wird er daher nicht Leute mit umstürzlerischen Ideen oder mit unmoralischem Lebenswandel an seinen Tisch geladen haben, sonst würde ja sein guter Name mit diesen Dingen in Verbindung gebracht und dadurch verunehrt. – Diese Tischgemeinschaft ist zudem aber auch der Ausdruck der Verbundenheit der Geladenen. Jeder steht in Beziehung zum Hausherrn und seinen Interessen und geniesst von den Speisen, die auf seinem Tisch sind.
Jetzt verstehen wir vielleicht etwas besser, was 1. Korinther 10,14-22 uns sagen will, obwohl die Bedeutung dieser Stelle weit über unser schwaches Bild hinausgeht:
Das Mahl und der Tisch des Herrn sind zwei ganz verschiedene Seiten ein und derselben Sache. Das Mahl des Herrn dient, wie wir gesehen haben, sowohl zum Gedächtnis als auch zur Verkündigung der Liebe und des Werkes des Herrn in seinem Tod. Der Tisch des Herrn hingegen spricht von Gemeinschaft.
Die Symbole zum Gedächtnis in 1. Korinther 11 werden in 1. Korinther 10 als Symbole der Gemeinschaft betrachtet.
Wenn die Gläubigen am Tisch des Herrn den Kelch segnen und daraus trinken, so bekunden sie damit die Gemeinschaft mit dem Blut des Christus (1. Kor 10,16). Die Sühnung durch dieses Blut bildet die Grundlage ihrer Gemeinschaft mit Gott und untereinander. – Wenn sie am Tisch des Herrn das Brot brechen, so ist es nicht nur zur Erinnerung an den für sie gegebenen Leib des Herrn. Sie geben damit auch ihrer Gemeinschaft mit dem unsichtbaren Leib des Christus Ausdruck, der aus allen wiedergeborenen Christen auf der Erde gebildet ist und Christus in der Herrlichkeit zum Haupt hat (Eph 1,22.23). «Denn ein Brot, ein Leib sind wir, die Vielen, denn wir alle nehmen teil an dem einen Brot.» (1. Kor 10,17).
Somit ist des Herrn Tisch die öffentliche Darstellung der Einheit des Leibes Christi, der Ausdruck der Gemeinschaft, der völligen Vereinigung mit Ihm und seinem Leib, an dem alle Erlösten teilhaben, wie die Glieder am menschlichen Körper. Beim Tisch des Herrn geht es also nicht um das Möbelstück, auf das der Kelch und das Brot hingestellt sind, sondern um den göttlichen Grundsatz, um den schriftgemässen Boden, auf dem das Brot gebrochen werden soll.
Da mögen bei einigen Lesern Fragen auftauchen, die wir möglichst kurz und einfach zu beantworten suchen.
Kann der Christ das «Abendmahl» für «sich selbst» feiern?
Viele aufrichtige Gläubige in der Christenheit bejahen diese Frage. Sie «prüfen sich selbst» und gehen zum Abendmahl, wo sie in tiefer Ehrfurcht, für sich persönlich an die Liebe des Herrn denken, die Ihn in die Leiden und in den Tod führte, um die Sünden des Einzelnen zu sühnen und ihn zu Gott zu bringen. Sie meinen, es sei nicht ihre Sache, sich zu vergewissern, dass an dem Ort, wo sie das Abendmahl nehmen, Zucht geübt wird und die Ungläubigen nicht zugelassen sind. Aber, ob sie es wissen oder nicht, das Mahl, das sie geniessen, steht immer in Beziehung zu einem Tisch, zu einem Grundsatz der Gemeinschaft. Und sie sind daher vor dem Herrn verantwortlich zu prüfen, ob der Tisch, mit dem sie in Verbindung stehen, wirklich den Charakter des Tisches des Herrn trägt.
Wo ist heute des Herrn Tisch?
Die kurze grundsätzliche Antwort, die aufgrund des Wortes Gottes gegeben werden kann, lautet: Da, wo der Herr Jesus das alleinige Zentrum des Zusammenkommens ist. Wo mit seinem heiligen Namen nicht Ungerechtigkeit und andere schriftwidrige Dinge in Verbindung gebracht werden. Wo zu diesem Zweck Zucht geübt wird. Wo die Autorität des Herrn anerkannt ist und nicht durch unabhängiges Handeln beiseite gesetzt wird. Wo man keine Kinder Gottes durch Mauern der Organisation oder des Sonderbekenntnisses von der Gemeinschaft ausschliesst, sondern wo man alles zu meiden sucht, was der Wahrheit, dass alle Erlösten auf der Erde zu dem einen Leibe des Christus gehören, entgegensteht.
Wer darf an des Herrn Tisch am Brechen des Brotes teilnehmen?
Jeder, der nach 1. Kor 10,17 mitsprechen kann: «Ein Brot, ein Leib sind wir, die Vielen, denn wir alle nehmen teil an dem einen Brot», also jeder aus Gott Geborene, der in Wandel und Lehre gesund ist und sich von allem absondert, was mit dem Grundsatz des Tisches des Herrn nicht übereinstimmt.
Da aber die örtliche Versammlung vom Herrn verantwortlich gemacht wird, dass sie nicht mit «Sauerteig der Bosheit und Schlechtigkeit» Festfeier hält, sondern mit «ungesäuertem Brot der Lauterkeit und Wahrheit» (1. Kor 5,8), so liegt es auf der Hand, dass die Person, die am Tisch des Herrn der Gemeinschaft Ausdruck geben möchte, von der örtlichen Versammlung geprüft werden muss, ob sie den durch das Wort gegebenen Voraussetzungen entspricht.