Der Leib des Christus
In den Briefen wird verschiedene Male von der Versammlung als dem Leib des Christus gesprochen. Lies bitte:
- Römer 12,5
- 1. Korinther 10,16.17
- 1. Korinther 12
- Epheser, 1,22-23; 4,4.12.15.16; 5,23.29.30
- Kolosser, 1,18.24; 2,19; 3,15
Was will uns Gott mit diesem Bild eindrücklich machen? Erstens: die Versammlung Gottes ist keine Organisation.
Was versteht man denn unter Organisation?
Nur Gott kann Organismen, wie z.B. Pflanzen, Tiere oder Menschen schaffen. Ein solcher Organismus besteht aus vielen lebendigen Gliedern, die wechselseitig zu ihrem Wachstum und Gedeihen beitragen. Die Menschen vermögen keine solchen Organismen hervorzubringen. Sie bauen zwar Maschinen und Apparate, in denen die vielen vorfabrizierten Teile mechanisch zusammenarbeiten. Doch kann man dabei höchstens von einer Organisation reden. Die Maschine ist kein Lebewesen. Ihre Teile vermögen sich gegenseitig nicht zu erneuern.
Wenn die Menschen unter sich Vereine oder Gesellschaften bilden, so sind auch das nur Organisationen. Ihre Mitglieder haben wohl Leben und mehr oder weniger alle dieselben Interessen. Aber nicht Gott war es, der diese Körperschaften bildete. Er hat sie nicht durch seinen Odem verbunden. Sie sind also kein lebendiges Ganzes, kein Organismus.
Kirchliche Organisationen
Die Menschen waren von jeher geneigt, ihr Organisationstalent auch auf die kirchliche Sphäre zu übertragen. Im Lauf der Zeit wurde immer wieder eine neue Kirche oder Gemeinschaft gegründet, und das Neue begeistert den natürlichen Menschen. Es beginnt mit einem neuen, besonderen Glaubensbekenntnis, einem neuen Namen und einer Gemeindeordnung, nach denen sich das ganze kirchliche Leben abwickeln soll. Jeder, der dazu gehören will, muss sich dieser äusseren Organisation und den Männern, die ihr vorstehen, unterziehen. Ob er im Glauben steht und Leben besitzt, ob eine innere Verbindung mit Christus und den übrigen «Mitgliedern» besteht – danach wird in gewissen Kirchen gar nicht gefragt. «Aussenstehende Gläubige» dürfen in solchen Organisationen nicht dreinreden und ohne Erlaubnis keine Funktion und keinen Dienst darin ausüben.
Die Versammlung Gottes ist ein «Organismus»
Im Gegensatz zu einer «Organisation» der Menschen wird also der «Organismus» als lebendiges Ganzes geboren. An Pfingsten wurden alle Gläubigen in einem Geist (Apg 2) zu einem Leib (1. Kor 12,13) getauft. Von da an besteht die Versammlung als ein lebendiger Körper. Seither wird jeder Mensch, der «aus Wasser und Geist» geboren wird und somit eine Neugeburt erlebt, ohne sein Dazutun, diesem Leib hinzugefügt. Bevor er sich bewusst wird, was mit ihm geschehen ist, steht er schon aufgrund des neuen Lebens in unauflöslicher Verbindung mit dem Leib des Christus, durch den dasselbe Leben pulsiert. Er bleibt von nun an ein lebendiges Glied an diesem Organismus. Da gibt es keine «Austritte».
Wie funktioniert der Leib des Christus?
Das Wort Gottes benützt das Beispiel des menschlichen Leibes, um uns das zu erklären (1. Kor 12). Der Schöpfer hat jedem Glied des menschlichen Körpers seinen Platz zugeteilt, damit es dort seine besondere ihm zugewiesene Tätigkeit verrichte. Wollten einige seiner Glieder oder Organe miteinander die Plätze vertauschen, so entstünde zum Ruin des Leibes eine chaotische Verwirrung. Nein, jedes Glied bleibt an seiner Stelle und lebt nach den Gedanken des Schöpfers. Nur so ist das ideale Zusammenwirken aller Glieder möglich, zum Gedeihen des ganzen Körpers. Und wenn nur ein Glied versagt, so sind Schwachheit, Schmerz und Krankheit da.
So ähnlich ist es auch mit dem Leib des Christus. Gott setzt jedes Glied an seinen Platz (1. Kor 12,18), damit es aufgrund der ihm verliehenen Gnadengabe die ihm zugedachte Funktion ausübe, auch wenn es eine ganz verborgene ist, im Zusammenwirken mit allen übrigen Gliedern. Jeder soll den ihm von Gott angewiesenen Platz als lebendiges Glied am Leib einnehmen und seine Aufgabe im Gehorsam erfüllen, in der treibenden Kraft der Liebe (1. Kor 13). Auf diese Weise bewirkt «der ganze Leib, wohl zusammengefügt und verbunden durch jedes Gelenk der Darreichung, nach der Wirksamkeit in dem Mass jedes einzelnen Teiles, für sich das Wachstum des Leibes … zu seiner Selbstauferbauung in Liebe» (Eph 4,16). Auf die Natur der verschiedenen Gaben und ihrer Ausübung kommen wir in einem anderen Zusammenhang zu sprechen.
Nun aber folgt die zweite Tatsache, der überragende Hauptpunkt in unserem Bild:
Christus ist das Haupt des Leibes
Der Tod, die Auferstehung und die Verherrlichung Christi zur Rechten Gottes (Eph 1,20.21) sind die Voraussetzungen für die Bildung der Versammlung. Ohne Christus, das Haupt, wären die Glieder oder – wie man auch sagen könnte – der Rumpf des Leibes gar nie gebildet worden. Erst als das Werk der Erlösung für sündige Menschen vollbracht und Christus «über jedes Fürstentum und jede Gewalt und Kraft und Herrschaft und jeden Namen, der genannt wird», als Mensch erhoben worden war, kam der Heilige Geist herab, um die Gläubigen zu einem Leib zu taufen.
Gleichzeitig hat Ihn Gott «als Haupt über alles der Versammlung gegeben, die sein Leib ist, die Fülle dessen, der alles in allem erfüllt» (Eph 1,22.23). Ist das nicht ein Gedanke, der unsere Herzen berührt? Christus hatte – in Ehrfurcht sei es gesagt – die «Fülle» oder der Ergänzung durch die Versammlung nötig, damit «der Christus», Haupt und Leib, in Erscheinung treten konnte. So war nach Gottes Gedanken auch Adam, der erste Mensch, erst vollständig, als ihm seine Frau Eva gegeben worden war.
Das Haupt lenkt die Glieder seines Leibes
Der Mensch bewegt seine Glieder vom Haupt aus, durch das Leitungsnetz seiner Nerven. Christus aber lenkt die Glieder seines himmlischen Leibes hier auf der Erde durch den Heiligen Geist, der in jedem der Seinen wohnt. Jedes Glied untersteht unmittelbar dem Haupt und ist dem Herrn gegenüber verantwortlich, zur bestimmten Zeit die Funktion auszuüben, für die Er es benützen will. Wir Menschen dürfen nicht durch «Organisieren» in seine Hoheitsrechte eingreifen. Wir haben kein Recht, zu wählen oder zu bezeichnen, wer predigen, wer lehren und wer in ein bestimmtes Missionsgebiet hinausgesandt werden soll.
Oh, lasst uns «das Haupt festhalten» (Kol 1,19) und darüber wachen, dass nichts zwischen Ihn und uns trete und sein Herrschaftsanspruch durch nichts beschränkt werde!
Das Zeugnis von dem einen Leib
Ernstgesinnte Christen leiden und trauern wegen der Zersplitterung der Christenheit. Sie sagen sich: Wir gehören doch eigentlich alle zusammen. Aus dieser Not sind die Bewegungen der Allianz und der Ökumene entstanden. Man möchte dieser Verbundenheit im Herrn Ausdruck geben und findet sich zu «Wochen» oder zu «Tagungen» zusammen. Um dabei einander näher zu kommen, macht man sich vorübergehende Zugeständnisse und fasst Beschlüsse, – dann aber kehrt jede Gruppe wieder in ihr Gehege zurück.
Finden diese Bestrebungen den Beifall des Herrn? Ist der Zusammenschluss kirchlicher Organisationen zu einer Dachorganisation das göttliche Heilmittel in unseren Zeiten des Verfalls?
Wie aus den eingangs erwähnten Stellen hervorgeht, spricht das Wort Gottes nur von der Einheit des Geistes (1. Kor 10,17) und von dem einen Leib des Christus (Eph 4,4); es anerkennt keine andere Körperschaft. Die Einheit muss also nicht mehr gemacht werden. Wir sollen in dieser Welt vielmehr Zeugen sein von dem einen Leibe in Christus, der vor Gottes Augen ununterbrochen fortbesteht. Dieses Zeugnis von dem, was Gott geschaffen hat, können wir aber nur aufrecht halten, wenn wir uns sorgfältig von dem trennen, was der Mensch daraus macht, von den Sonderbekenntnissen, die eine Verleugnung der göttlichen Tatsache darstellen und die uns von andern Gläubigen trennen.