6. Die Opfergabe an materiellen Gütern
Die ersten sechs Kapitel des 4. Buches Mose stellen uns das Volk Gottes vor, wie es sich am Sinai aufhielt. Die Kapitel 7-10 reden eher von seinen Beziehungen zum HERRN im Blick auf den Durchzug durch die Wüste, zu dem Gott es vorbereitete.
Im «ersten Jahr» hatte Gott das Volk aus Ägypten erlöst und zu sich geführt. Das Gesetz war gegeben worden, das Zelt der Zusammenkunft aufgebaut. Am ersten Tag des zweiten Jahres hatte Mose es aufgerichtet (2. Mo 40,2).
Dieses erste Jahr ist also vor allem durch die Erlösung gekennzeichnet, durch das persönliche Werk des Heiligen Geistes Gottes in den Herzen. Das zweite Jahr redet mehr vom Zusammenkommen, dem gemeinsamen Wandel und der Verantwortlichkeit.
Am ersten Tag wird die Wohnung aufgerichtet. Vom 2. bis zum 13. Tag bringen die Fürsten ihre Einweihungsgabe des Altars (Kap. 7). Am 14. Tag feiert das Volk das Passah (Kap. 9). Am ersten Tag des zweiten Monats führen Mose und Aaron die Zählung der Gemusterten durch (Kap. 1,1 ff.) und am 20. des gleichen Monats findet der Aufbruch vom Sinai in Richtung Kanaan statt (4. Mo 10,11). Der Aufenthalt am Fuss des Berges hatte ungefähr ein Jahr gedauert.
Nachdem die Wohnung «gesalbt» und «geheiligt» ist (4. Mo 7,1), bringen die Fürsten die Einweihungsgabe des Altars. Zuerst der Altar, dann die Opfergabe: Erstes Erfordernis war das Kreuz, damit Gott irgendeine Opfergabe vonseiten des Volkes annehmen konnte. Im persönlichen Leben muss man zuerst zum Heiland gekommen sein, die Vergebung der Sünden und ewiges Leben empfangen, um Gott ein Ihm wohlgefälliges Opfer darbringen zu können (Heb 13,15.16). Der natürliche Mensch tut das Gegenteil. Er meint, durch seine Opfer die Gunst Gottes zu erlangen.
Die Opfergabe der Fürsten ist zweifach: einerseits sechs Wagen und zwölf Rinder, um den Dienst der Leviten zu erleichtern; anderseits silberne und goldene Schalen voll Feinmehl und Räucherwerk und verschiedene Opfergaben zur Einweihung des Altars. Die eine Opfergabe war für die Diener Gottes und die andere für Gott selbst (vgl. die zwei Opfer in Heb 13,15.16).
Die Wagen reden von jeder praktischen Hilfe, die wir den Dienern des Herrn leisten können: Gastfreundschaft, Fahrgelegenheiten, Erleichterungen jeder Art. Sie zeigen auch, dass die Arbeiter ihrerseits unbesorgt sein können. Sie dürfen Vertrauen haben, dass ihnen die Mittel zur Ausführung des Dienstes, den Gott ihnen anvertraut hat, auch zur Verfügung gestellt werden, und zwar in dem Mass, wie Er es für gut findet. Joseph hatte Jakob Wagen gesandt, um ihn und seine Kinder nach Ägypten zu holen (1. Mo 45,21), ein Bild von der Fürsorge Gottes für die Seinen. Als Jakob «die Wagen sah, die Joseph gesandt hatte», fasste er Mut und entschloss sich hinzuziehen, um seinen Sohn wiederzusehen. Wissen wir die Fürsorge des Herrn zu schätzen, auch wenn wir nicht vollzeitlich im Werk des Herrn stehen? Und unsererseits wollen wir es am Herzen haben, eine Hilfe um uns her zu sein, um unsere Brüder in ihrem Dienst zu ermutigen.
Die Opfergabe zur Einweihung des Altars spricht vom Gottesdienst: Die silbernen Schalen voll Feinmehl, sind sie nicht ein Bild der Erlösten (Silber), die die Vollkommenheiten des Lebens Christi Gott vorstellen? Die goldene Schale lässt uns an die Kinder Gottes denken, als «Teilhaber der göttlichen Natur», die den Wohlgeruch seines Sohnes vor Ihm aufsteigen lassen. Das Brandopfer besteht aus einem jungen Stier, dem grössten der Opfertiere, einem Widder, dem Opfer der Weihe, ein Bild der Hingabe des Herrn bis in den Tod, und einem Lamm, ein in der Schrift so oft erwähntes Sinnbild der Leiden Christi. Ein Ziegenbock wird zum Sündopfer gestellt, während zum Friedensopfer Überfluss vorhanden ist: zwei Rinder, fünf Widder, fünf Böcke, fünf Lämmer: Vereinigt in der Gegenwart Gottes und in der Gemeinschaft mit Ihm, finden die Anbeter im Werk Christi, der uns den Frieden gegeben hat, ihre Freude und die Nahrung ihrer Herzen.
Warum wiederholt das Wort die Einzelheiten der Opfergaben der Fürsten zwölfmal? Hätte eine einzige Erwähnung nicht genügt? Gott nimmt von allem Kenntnis, was für Ihn getan wird, von allem was im Leben der Seinen und in ihren Opfergaben von Christus redet. In seinem Buch des Gedächtnisses hat Er alles eingetragen. Nichts wird in Vergessenheit geraten von dem, was für den Herrn getan wird.
Einige mögen finden, dass in der Anbetungsstunde ständig die gleichen Gedanken wiederholt werden. Wenn das der Fall wäre, bestünde darin nur eine Ähnlichkeit zu unserem Kapitel. Gibt es für ein aufmerksames Herz, das den Herrn liebt, nicht dennoch eine unbegrenzte Mannigfaltigkeit in einem Gottesdienst, der in Abhängigkeit vom Heiligen Geist ausgeübt wird? Der Geist legt einen Gegenstand der Anbetung auf die Herzen, der – im Gegensatz zu einer Liturgie – sich von Sonntag zu Sonntag erneuern kann. Der Inhalt bleibt derselbe: das Werk Christi. Im Himmel selbst wird es keinen grösseren Gegenstand des Lobes geben. Aber obwohl es nur «ein Opfer» gibt, wird es uns doch unter dem Gesichtspunkt von verschiedenen Schlachtopfern vorgestellt. Das Räucherwerk (2. Mo 30,34-38) war aus mehreren Bestandteilen, alle zu gleichen Teilen, zusammengesetzt. Sie stellen die vielfältigen Vollkommenheiten Christi vor. Wenn unsere «Körbe» (5. Mo 26,2) während der Woche von Ihm gefüllt worden sind, wird die Anbetung, die am Sonntagmorgen in die Gegenwart Gottes gebracht wird, immer frisch und neu sein. Wenn der Finger Gottes heute die Liste der Opfergaben, die unsere Hände gebracht haben, hervorzuheben hätte, was könnte Er da aufschreiben?