Die Offenbarung (18)

Offenbarung 13,11-18; Matthäus 24,15-27; Daniel 9,24-27

Die Prophezeiungen unseres Herrn in Matthäus 24

Wir haben den Charakter des ersten Tieres betrachtet. Dieses stellt den Regierungschef des wiedererstehenden Römischen Reichs dar, dem götzendienerische Anbetung zuteilwerden wird. Das zweite Tier, der falsche Christus, der die Juden täuscht, erzwingt die Anbetung des ersten Tieres und seines Bildes. Gemeinsam mit diesem verfolgt es jene bis zum Tod, die eine solch gotteslästerliche Ehrerbietung verweigern. Zwei Bibelabschnitte werfen helles Licht auf diese schreckliche Zeit. Beim ersten handelt es sich um eine Prophezeiung unseres Herrn:

«Wenn ihr nun den Gräuel der Verwüstung, von dem durch Daniel, den Propheten, geredet ist, stehen seht an heiligem Ort wer es liest, beachte es , dann sollen die, die in Judäa sind, in die Berge fliehen; wer auf dem Dach ist, steige nicht hinab, um die Sachen aus seinem Haus zu holen; und wer auf dem Feld ist, kehre nicht zurück, um sein Oberkleid zu holen. Wehe aber den Schwangeren und den Stillenden in jenen Tagen! Betet aber, dass eure Flucht nicht im Winter stattfinde noch am Sabbat; denn dann wird grosse Drangsal sein, wie sie seit Anfang der Welt bis jetzt nicht gewesen ist und auch nicht wieder sein wird. Und wenn jene Tage nicht verkürzt würden, so würde kein Fleisch errettet werden; aber um der Auserwählten willen werden jene Tage verkürzt werden. Dann, wenn jemand zu euch sagt: Siehe, hier ist der Christus!, oder: Hier!, so glaubt es nicht. Denn es werden falsche Christi und falsche Propheten aufstehen und werden grosse Zeichen und Wunder tun, um so, wenn möglich, auch die Auserwählten zu verführen. Siehe, ich habe es euch vorhergesagt. Wenn sie nun zu euch sagen: Siehe, er ist in der Wüste!, so geht nicht hinaus. Siehe, in den Gemächern!, so glaubt es nicht. Denn ebenso wie der Blitz ausfährt vom Osten und leuchtet bis zum Westen, so wird die Ankunft des Sohnes des Menschen sein.» (Mt 24,15-27).

Betrachten wir zunächst die Begleitumstände, in denen diese Prophezeiung ausgesprochen worden ist. Der Herr Jesus hatte den Juden soeben gesagt: «Siehe, euer Haus wird euch öde gelassen; denn ich sage euch: Ihr werdet mich von jetzt an nicht sehen, bis ihr sprecht: Gepriesen sei, der da kommt im Namen des Herrn!›» (Mt 23,38.39). Dann sagte Er den Jüngern die Zerstörung des Tempels voraus. Diese scharten sich um Ihn und wollten als Juden wissen: «Sage uns, wann wird das sein, und was ist das Zeichen deiner Ankunft und der Vollendung des Zeitalters?» (Mt 24,3). Die «Vollendung des Zeitalters» war eine gut verständliche Aussage, die das Ende der Herrschaft der Nationen, d.h. das Ende der Zeiten der Nationen bedeutete. Damit verbunden ist die Rückkehr des Messias, eine Zeitperiode, in der die Juden Ihn als im Namen des Herrn kommend annehmen werden. Die Prophezeiung unseres Herrn im Matthäus-Evangelium ist darum als Antwort auf diese Fragen zu verstehen. Im Lukas-Evangelium bezieht sie sich zweifellos auf die Eroberung von Jerusalem durch den römischen Feldherrn Titus. Im Matthäus-Evangelium sind aber sowohl die Frage als auch die Antwort verschieden. Die Prophezeiung unseres Herrn hat zweifellos eine doppelte Bedeutung. Lukas ist durch den Heiligen Geist dazu veranlasst worden, die Prophezeiung in Bezug auf die Eroberung Jerusalems wiederzugeben, die verhältnismässig nahe bevorstand. Matthäus wurde durch denselben Geist dazu geführt, in der Antwort des Herrn auf die Fragen der Jünger das festzuhalten, was seine eigene Rückkehr sowie die Vollendung des Zeitalters betraf.

Der erste Teil der Prophezeiung handelt vom «Anfang der Wehen», die mit den Kriegen, Hungersnöten, Seuchen und Verfolgungen, die unter den ersten sechs Siegeln stattfinden werden, übereinstimmen. Der zweite Teil, aus dem der oben angeführte Ausschnitt wiedergegeben worden ist, beginnt mit einem Ereignis, das Daniel vorausgesagt hat: mit dem «Gräuel der Verwüstung», der an heiligem Ort stehen wird. Daniel beschreibt dies wie folgt: «Von der Zeit an, da das beständige Opfer abgeschafft wird, und zwar um den verwüstenden Gräuel aufzustellen, sind 1290 Tage. Glückselig der, der ausharrt und 1335 Tage erreicht!» (Dan 12,11.12). Diese Stelle deutet auf die Zeit der Wiederherstellung und des Segens Israels hin. Es wird ihm gesagt, dass von der Abschaffung des beständigen Opfers bis zu diesem Zeitpunkt 1290 Tage oder 1335 Tage liegen werden. Diese Zeitperioden sind etwas länger als die 42 Monate oder die 1260 Tage, die in der Offenbarung genannt werden, was auf drei Abschnitte hindeutet. Zum einen die dreieinhalb Jahre nach diesem Ereignis, gefolgt von zwei Abschnitten von 30 beziehungsweise 75 Tagen, bis zur vollen Erfüllung der Befreiung und des Segens Israels.

Dieser Abschnitt im Matthäus-Evangelium lehrt im Weiteren, dass ein Gräuel – womit die Bibel einen Götzen meint – an heiligem Ort, im Tempel in Jerusalem stehen wird. Das wird etwa dreieinhalb Jahre vor der endgültigen Befreiung Israels sein. Dieses Standbild wird «Gräuel der Verwüstung» oder ein «verwüstender Gräuel» genannt, denn wie wir aus anderen prophetischen Stellen sehen werden, wird die Rückkehr zum Götzendienst von Elend und Verwüstung in der Stadt Jerusalem begleitet sein.

Und nun der Zusammenhang zwischen der Prophezeiung unseres Herrn im Matthäus-Evangelium und jener in der Offenbarung:

  • Im Matthäus-Evangelium finden wir ein Götzenbild, das in Jerusalem aufgestellt wird, etwa dreieinhalb Jahre vor dem Ende der Herrschaft der Nationen. In der Offenbarung haben wir dasselbe (Off 13,14).
  • Im Matthäus-Evangelium werden die Glaubenden durch die Aufrichtung des Bildes gewarnt und aufgefordert, in die Berge zu fliehen. In der Offenbarung fliehen sie (Off 12,6).
  • Im Matthäus-Evangelium wird eine beispiellose Drangsal beschrieben, die während dieser Zeit herrschen wird. In der Offenbarung heisst es von denen, die die Gerichte überleben, dass sie aus der grossen Drangsal kommen (Off 7,14).
  • Im Matthäus-Evangelium wird die Zeit um der Auserwählten willen verkürzt. In der Offenbarung ist Satan wütend, weil er weiss, «dass er wenig Zeit hat» (Off 12,12).
  • Im Matthäus-Evangelium treten falsche Christi auf, die Wunder und Zeichen wirken werden, um, falls dies möglich wäre, die Auserwählten zu verführen. In Offenbarung 13,14 verführt der falsche Christus die, die auf der Erde wohnen, durch die Zeichen, die er wirken wird.
  • Im Matthäus-Evangelium suchen die Menschen einen Messias auf der Erde. Sie erwarten nicht, dass Christus aus dem Himmel kommt. In der Offenbarung folgen sie einem falschen Christus, der sich auf der Erde befindet (Off 13,11).
  • Schliesslich endet die Beschreibung im Matthäus-Evangelium mit der Erscheinung des Sohnes des Menschen auf den Wolken des Himmels in Macht und grosser Herrlichkeit (Mt 24,30). In der Offenbarung endet die Szene mit der Erscheinung von Christus, der vom Himmel als König der Könige und Herr der Herren, ausgestattet mit Majestät und Ruhm und begleitet von den himmlischen Heeren, herniederkommt (Off 19,11-16).

Daniels Prophezeiung über die 70 Jahrwochen

(Kapitel 9)

Bei der zweiten Prophezeiung, die Licht auf die behandelte Zeitperiode wirft, geht es um die Mitteilung des Engels Gabriel an Daniel. Es war die Antwort auf das Gebet und das Bekenntnis Daniels in Bezug auf die Schuld und den Niedergang seines Volkes. «70 Wochen» sagt der Engel, «sind über dein Volk und über deine heilige Stadt bestimmt, um die Übertretung zum Abschluss zu bringen und den Sünden ein Ende zu machen und die Ungerechtigkeit zu sühnen und eine ewige Gerechtigkeit einzuführen und Gesicht und Propheten zu versiegeln und ein Allerheiligstes zu salben» (Dan 9,24). An dieser Stelle sind die Mitteilungen Gabriels nicht nur als Reaktion auf das Gebet Daniels über sein eigenes Volk und seine eigene Stadt zu sehen. Der Engel nimmt vielmehr ausdrücklich Bezug auf «dein» Volk und «deine» Stadt, womit Israel und Jerusalem gemeint sind. Israel und Jerusalem sind nicht einfach mit in die Prophezeiung eingeschlossen, sie sind vielmehr ihr unmittelbares und zentrales Thema. Es geht um die Übertretungen Israels und Jerusalems, die ein Ende finden, wie auch deren Sünden. Auch bei der Sühnung geht es um Israel und Jerusalem, so auch bei der ewigen Gerechtigkeit, die für Israel und Jerusalem eingeführt wird. Wer will behaupten, dass sich dies schon ereignet habe? Israel ist immer noch «Lo-Ammi», «nicht mein Volk» (Hos 1,9). Seine Versöhnung und Wiederherstellung sind noch zukünftig. Solange sich dies nicht ereignet hat, bleibt die Prophetie unerfüllt. Bis zu diesem Zeitpunkt wird sich das Volk und die Stadt unter dem Joch der Nationen befinden. Die Versöhnung wird stattfinden, wenn der Messias kommen und die Herrschaft über die Erde antreten wird.

Das messianische Reich ist das Ziel, auf das die Prophetie hinweist. Siebzig Jahrwochen im Handeln Gottes mit Israel werden vergehen, bevor dieses Ziel erreicht wird. Es wird nicht gesagt, dass diese Jahrwochen sofort beginnen oder dass sie kontinuierlich ablaufen werden, wenn sie begonnen haben. Es ist mit der Sprache der Prophetie vereinbar, dass das Werk eine Weile ruht und dann wieder aufgenommen wird. Tatsächlich können wir feststellen, dass die Juden durch ihr eigenes Verhalten einen zeitlichen Unterbruch bewirkt haben. So hat Gott die Vollendung seines verheissenen Wirkens für eine unbestimmte und bis heute andauernde Zeit hinausgeschoben.

Gabriel fährt fort: «So wisse denn und verstehe: Vom Ausgehen des Wortes, Jerusalem wiederherzustellen und zu bauen, bis auf den Messias, den Fürsten, sind 7 Wochen und 62 Wochen. Strassen und Gräben werden wiederhergestellt und gebaut werden, und zwar in Drangsal der Zeiten. Und nach den 62 Wochen wird der Messias weggetan werden und nichts haben» (V. 25.26).

Die «Drangsal der Zeiten» (wörtlich «Enge der Zeiten») meint die kürzere von beiden Zeitperioden. Es besteht offensichtlich ein Zweck dafür, die Zeitperiode von 69 Jahrwochen auf diese Art zu unterteilen. Es gibt kaum Zweifel darüber, dass die sieben Jahrwochen oder 49 Jahre gebraucht wurden, um die Stadt Jerusalem wieder aufzubauen. Die 62 Jahrwochen oder 434 Jahre betreffen die Zwischenzeit zwischen dem Ende dieser Arbeit und dem Kommen des Messias. Zusammen ergibt dies nur 69 Jahrwochen. Nach diesen wird der Messias verworfen. Statt seine Herrschaft anzutreten – was das Ziel ist, worauf die Prophetie hinweist –, wird Er weggetan werden. Den Zeitpunkt seiner Verwerfung an das Ende der 70. Jahrwoche zu verlegen, würde heissen, dass die Prophetie sich widerspricht. Es wird ausdrücklich gesagt, dass der Messias nach den 62 Wochen weggetan werden wird. Dies ergibt mit den vorangegangen 7 Jahrwochen insgesamt 69. Was würde es für einen Sinn machen, zu sagen, dass der Christus nach Ablauf der 69 Jahrwochen weggetan wird, wenn er tatsächlich nach 70 Jahrwochen weggetan würde? Es verbleibt offensichtlich eine Zeit von einer Jahrwoche oder 7 Jahren, die den ganzen Zeitabschnitt nach dem Tod des Messias vollständig macht.

Dieser Umstand und die direkte Sprache der Prophetie zeigen, dass die Handlungen, die beschrieben werden – die Übertretung zum Abschluss zu bringen und den Sünden ein Ende zu machen –, sich nicht auf den Tod von Christus am Kreuz oder auf die dort vollbrachte Erlösung beziehen. Es geht um etwas anderes: um die Versöhnung und Wiederherstellung von Israel, was sich zwar aus dem Tod von Christus ergibt, aber später stattfinden wird.

Gibt es in den sieben Jahren, die auf den Tod von Christus folgten, irgendein Ereignis, das als Abschluss der Übertretung von Israel und Jerusalem bezeichnet werden könnte oder das den Sünden ein Ende gemacht hätte? Offensichtlich nicht. Diese letzte Jahrwoche folgt also nicht direkt auf die vorangehenden 69, sondern erst nach einer Zwischenzeit. Dies ist nicht schwierig zu erklären. Der Messias, der alle Hoffnungen Israels erfüllen konnte, zeigte sich dem Volk Daniels. Aber anstatt Ihn freudig als ihren Erlöser aufzunehmen, lehnten die Menschen Ihn ab und kreuzigten Ihn. Nach 69 Jahrwochen wurde Er also weggetan und hatte nichts, während sein Volk die Schuld an seinem Blut heraufbeschwor. Ist es verwunderlich, wenn Gott sie bei ihrem Wort nahm (Mt 27,25), ihnen mit schrecklichen Gerichten antwortete und sie auf die Seite stellte, während Er sich ein Volk aus den Nationen sammelt? Aber «die Gnadengaben und die Berufung Gottes sind unbereubar» (Röm 11,29). Deshalb wird Er, wenn die Zeit der Gnade gegenüber den Nationen vorüber ist, sein unterbrochenes Handeln mit Israel wieder aufnehmen. Dann wird die letzte Jahrwoche ihren Lauf nehmen.

Die Botschaft in Daniel 9 wird dann fortgesetzt: «Das Volk des kommenden Fürsten wird die Stadt und das Heiligtum zerstören, und das Ende davon wird durch die überströmende Flut sein; und bis ans Ende: Krieg, Festbeschlossenes von Verwüstungen» (V. 26). Nachdem der Messias weggetan worden war, brach ein schreckliches Gericht über die Juden herein. Wie eine Flutwelle zerstörte die Römische Armee die Stadt und das Heiligtum mit schrecklicher Gewalt. Seit jener Zeit suchen Kriege und Zerstörungen diese Stadt heim. Dies wird bis zum Ende andauern, d.h. bis zur Zeitperiode, auf die diese Prophetie hinweist. Die Römer, die die Zerstörung Jerusalems bewirkten, werden als «Volk des kommenden Fürsten» beschrieben. Der kommende Fürst ist daher nicht Christus, sondern der Herrscher des Römischen Reichs. Die Prophetie hat noch mehr über diesen Machthaber zu sagen.

«Er wird einen festen Bund mit den Vielen schliessen für eine Woche; und zur Hälfte der Woche wird er Schlachtopfer und Speisopfer aufhören lassen. Und wegen der Beschirmung der Gräuel wird ein Verwüster kommen, und zwar bis Vernichtung und Festbeschlossenes über das Verwüstete ausgegossen werden» (V. 27). Worum handelt es sich bei dieser Woche? Die Prophetie führt an, dass bis zur Wiederherstellung und zum Segen für Jerusalem sowie zur Errichtung des messianischen Reichs 70 Jahrwochen vergehen müssen. Sie besagt, dass nach den 69 Jahrwochen der Messias weggetan und sein Reich nicht antreten wird. Es bleibt also noch eine Woche übrig. Der Verwerfung des Messias folgt eine lange Zwischenzeit, während der der Tempel zerstört ist und Kriege und Zerstörung Jerusalem heimsuchen. Nach diesem wird eine weitere Jahrwoche genannt. Was kann diese Woche anderes als die siebzigste Woche sein, die bis dahin unerfüllt blieb, aber nun in Erscheinung tritt und nach diesem langen Zeitraum von Niedergang und Trostlosigkeit den unvollständig gebliebenen Zeitabschnitt der Prophetie erfüllt? Da die anderen Wochen jeweils einen Zeitraum von 7 Jahren umfassen, muss auch die letzte Woche 7 Jahre dauern. Die Zeitperiode, die auf die Verwerfung von Christus folgt, wird dadurch ihren Höhepunkt erreichen, dass sie mit einem besonderen Zeitabschnitt von 7 Jahren endet. Es handelt sich um die siebzigste Jahrwoche, deren Ereignisse im vorliegenden Bibelabschnitt vorausgesagt werden.

«Er wird einen festen Bund mit den Vielen schliessen für eine Woche» (V. 27). Während dieser Jahrwoche wird ein Bündnis geschlossen werden, und zwar zwischen der Person, auf die der Vers hindeutet, und «den Vielen». Bei dieser Person handelt es sich um den «kommenden Fürsten». Wir haben bereits gesehen, dass dieser der Herrscher des Römischen Reichs ist, denn er führt das Volk an, das Jerusalem zerstört hat. Es handelt sich dabei nicht um Titus oder einen anderen Römischen Kaiser. Denn keiner von diesen ist nach der Zerstörung von Jerusalem eine Allianz mit den Juden eingegangen. Ausserdem regiert dieser Fürst in der letzten Jahrwoche vor der Aufrichtung des messianischen Reichs. Es kann sich daher nur um das kleine Horn handeln, wie es Daniel an anderer Stelle nennt, oder um das erste Tier in Offenbarung 13. Dieser letzte Herrscher des Römischen Reichs wird ein Bündnis mit «den Vielen» eingehen, d.h. mit der Masse irgendeines Volkes. Da der Fokus der Prophezeiung Daniels auf sein Volk und Jerusalem gerichtet ist, kann es sich dabei nur um die Juden handeln. Die Art des Bündnisses bestätigt dies, denn in der Hälfte der Jahrwoche wird er das Bündnis brechen, was dazu führt, dass «Schlachtopfer und Speisopfer» aufhören werden und ein Götzenbild aufgerichtet wird. Schlacht- und Speisopfer deuten auf den wiederhergestellten jüdischen Opferdienst hin. Das erhärtet den Umstand, dass das Bündnis mit den Juden eingegangen wird und der «kommende Fürst» über Macht in Jerusalem verfügen wird.

Die Ereignisse, die sich in der letzten Jahrwoche abspielen werden, sind folgende: Der Führer des Römischen Reichs wird sich für sieben Jahre mit der Masse der Juden verbinden. Aufgrund dieses Bundes werden sie ihre eigene Religion ausüben können, und zwar unter dem Schutz dieses Herrschers. Nach Ablauf der Hälfte der Jahrwoche, d.h. dreieinhalb Jahre vor der Herrschaft des Messias, wird er den Bund brechen, den jüdischen Gottesdienst beenden und einen Gräuel aufrichten, dem göttliche Verehrung zukommen wird. Der nächste Satz lautet: «Wegen der Beschirmung der Gräuel wird ein Verwüster kommen.» Dies bedeutet, dass Gott diesen Götzenkult bestrafen wird, indem Er eine zerstörerische Armee gegen Jerusalem senden wird. Daniel spricht in Kapitel 12,11 vom «verwüstenden Gräuel», der Herr in Matthäus 24,15 vom «Gräuel der Verwüstung». Beim «Verwüster» handelt es sich um den Assyrer oder den König des Nordens. Gegen diese «überflutende Geissel» (Jes 28,15) wollen sich die Juden mit einem «Bund mit dem Tod» und einem «Vertrag mit dem Scheol» behelfen. Mit anderen Worten: Sie schliessen einen Bund mit dem in der Offenbarung erwähnten Vertreter des Drachens und Gotteslästerer. Der falsche Christus, der sich als Prophet und König der Juden ausgibt, ist Satans Werkzeug zur Bildung dieses tödlichen Bündnisses. Er führt auch die götzendienerische Anbetung des Tieres und seines Bildes ein, was den «Verwüster» gegen Jerusalem kommen lässt.

Dies dauert «bis Vernichtung und Festbeschlossenes über das Verwüstete ausgegossen werden». Das Verwüstete ist Jerusalem. Seine Befreiung und das Ende der Wehen kommen in dem Zeitpunkt, da das zerstörerische Heer triumphieren wird, wenn es die Stadt erobert und geplündert und die Hälfte ihrer Einwohner deportiert haben wird. Der HERR sagt in Sacharja 14,1-9: «Siehe, ein Tag kommt für den HERRN, da wird deine Beute in deiner Mitte verteilt werden. Und ich werde alle Nationen nach Jerusalem zum Krieg versammeln; und die Stadt wird eingenommen und die Häuser werden geplündert und die Frauen vergewaltigt werden; und die Hälfte der Stadt wird in die Gefangenschaft ausziehen, aber das übrige Volk wird nicht aus der Stadt ausgerottet werden.

Und der HERR wird ausziehen und gegen jene Nationen kämpfen, wie an dem Tag, da er kämpft, an dem Tag der Schlacht. Und seine Füsse werden an jenem Tag auf dem Ölberg stehen, der vor Jerusalem im Osten liegt; und der Ölberg wird sich in der Mitte spalten, nach Osten und nach Westen hin, zu einem sehr grossen Tal, und die Hälfte des Berges wird nach Norden und seine andere Hälfte nach Süden weichen. Und ihr werdet in das Tal meiner Berge fliehen, und das Tal der Berge wird bis Azel reichen; und ihr werdet fliehen, wie ihr vor dem Erdbeben geflohen seid in den Tagen Ussijas, des Königs von Juda. Und kommen wird der HERR, mein Gott, und alle Heiligen mit dir.

Und es wird geschehen an jenem Tag, da wird kein Licht sein; die Gestirne werden sich verfinstern. Und es wird ein Tag sein (er ist dem HERRN bekannt), nicht Tag und nicht Nacht; und es wird geschehen zur Zeit des Abends, da wird es Licht sein.

Und es wird geschehen an jenem Tag, da werden lebendige Wasser aus Jerusalem fliessen, zur Hälfte zum östlichen Meer und zur Hälfte zum hinteren Meer; im Sommer und im Winter wird es geschehen. Und der HERR wird König sein über die ganze Erde; an jenem Tag wird der HERR einer sein und sein Name einer.» Damit wird die «Vernichtung» beschrieben. Wenn die endgültigen Strafgerichte über das «Verwüstete ausgegossen» worden sind, wird Jerusalem wiederhergestellt und ein Ort des Segens werden. «Nicht mehr wird man dich Verlassene nennen, und dein Land nicht mehr Wüste nennen; sondern man wird dich nennen: Mein Gefallen an ihr, und dein Land: Vermählte; denn der HERR wird Gefallen an dir haben, und dein Land wird vermählt werden» (Jes 62,4).

Das kleine Horn, das siebenköpfige Tier, der kommende Fürst – der Herrscher des Römischen Reichs

Die Übereinstimmung zwischen der soeben angeführten Prophetie betreffend die 70 Jahrwochen und der zuvor betrachteten ist augenfällig. Das kleine Horn in Daniel 7 wird grosse Dinge gegen den Höchsten reden, seine Heiligen vernichten und Zeiten und Gesetze ändern, und zwar während einer Zeit, Zeiten und einer halben Zeit, also während dreieinhalb Jahren. Das siebenköpfige Tier in der Offenbarung lästert Gott, führt Krieg gegen die Heiligen und empfängt während 42 Monaten (dreieinhalb Jahren) götzendienerische Verehrung. Der kommende Fürst in Daniel 9 bricht das Bündnis mit den Juden, schafft den jüdischen Opferdienst ab und richtet für eine halbe Jahrwoche, also ebenfalls dreieinhalb Jahre, einen Götzendienst im Tempel ein.

Das kleine Horn ist der letzte Herrscher, der aus dem vierten Tier hervorkommt. Es handelt sich dabei um den letzten Fürsten des Römischen Reichs. Das siebenköpfige Tier ist der letzte Herrscher der Siebenhügelstadt (Rom). Damit wird ebenfalls auf den letzten Führer des Römischen Reichs angespielt. Beim kommenden Fürsten handelt es sich um den Anführer des Volkes, das einst Jerusalem und den Tempel zerstört hat. Das ist auch ein Hinweis auf den letzten Führer des Römischen Reichs.

Das kleine Horn wird bis zu dem Augenblick bestehen, da das Reich einem «wie eines Menschen Sohn» gegeben wird. Es bleibt also bis das Reich des Messias anbrechen wird. Das siebenköpfige Tier existiert, bis Christus mit den Kriegsheeren, die im Himmel sind, kommt, um es zu vernichten und sein eigenes Reich auf der Erde zu errichten. Es bleibt also auch bis zur Aufrichtung des Reichs des Messias. Der kommende Fürst herrscht während der letzten halben Jahrwoche vor der Befreiung Jerusalems und der Wiederherstellung Israels, d.h. er wird ebenso fortdauern bis zur Errichtung des messianischen Reichs.

Die Übereinstimmung besteht in jeder Hinsicht. Die drei Personen, die in verschiedener Weise als das kleine Horn, als das siebenköpfige Tier sowie als kommender Fürst beschrieben werden, sind zur gleichen Zeit Herrscher über dasselbe Reich, treten in derselben Zeitperiode auf, besitzen die gleichen Charaktereigenschaften, begehen dieselben Taten und werden die gleiche Vernichtung erleben. Sämtliche Tatsachen, Ereignisse und Erscheinungen beweisen, dass es sich dabei um ein und dieselbe Person handelt.