Die Offenbarung (19)

Offenbarung 14,1-12

Ergebnisse und Warnungen

Während der Ereignisse in den Kapiteln 12 und 13 handelt Gott gewissermassen hinter der Szene. Der Zeitpunkt, um sich Israel zu offenbaren, ist noch nicht gekommen, obschon dieses Volk wieder im Mittelpunkt seiner Ratschlüsse steht und Gegenstand seiner Fürsorge geworden ist. Wir haben jetzt einen Unterbruch. Die Geschichte der Auseinandersetzung zwischen Gott und den Widersachern seines Volkes wird ausgesetzt, bis andere vorbereitende Gerichte ins Blickfeld rücken. In einem davon werden das Tier und seine Verbündeten eine wichtige Rolle spielen. In diesem Kapitel wird erstens die Segnung des gläubigen Überrests gezeigt, und zweitens werden die Drohungen und die Verheissungen Gottes in dieser kurzen, aber ereignisreichen Zeit vorgestellt. Der Segen für den gläubigen Überrest der Juden auf der Erde ist nicht das Thema der Offenbarung. Er wird gewissermassen in Klammern angeführt, um die Herzen aufzurichten und den Glauben der Heiligen zu stärken, die durch unvergleichliche Leiden zu gehen haben.

Der gläubige jüdische Überrest (14,1-5)

«Und ich sah: Und siehe, das Lamm stand auf dem Berg Zion und mit ihm 144’000, die seinen Namen und den Namen seines Vaters an ihren Stirnen geschrieben trugen. Und ich hörte eine Stimme aus dem Himmel wie das Rauschen vieler Wasser und wie das Rollen eines lauten Donners; und die Stimme, die ich hörte, war wie von Harfensängern, die auf ihren Harfen spielen. Und sie singen ein neues Lied vor dem Thron und vor den vier lebendigen Wesen und den Ältesten; und niemand konnte das Lied lernen als nur die 144’000, die von der Erde erkauft waren. Dies sind die, die sich mit Frauen nicht befleckt haben, denn sie sind Jungfrauen; dies sind die, die dem Lamm folgen, wohin irgend es geht. Diese sind aus den Menschen erkauft worden als Erstlinge für Gott und das Lamm. Und in ihrem Mund wurde keine Lüge gefunden; denn sie sind untadelig» (V. 1-5).

Diese Szene schaut – wie die Vision von der Palmen tragenden Volksmenge (Kap. 7,9) – auf die Zukunft voraus. Damit gewährt der Heilige Geist einen Einblick in den Segen des Tausendjährigen Reichs sowie in die Herrlichkeit für den gläubigen Überrest, den wir unter der Verfolgung des Herrschers des Römischen Reichs und seines verschlagenen Verbündeten leiden gesehen haben. Wir haben die irregeführten Anhänger des falschen Lammes, des Antichristen, betrachtet. Nun stehen die treuen Nachfolger des wahren Lammes vor uns. Gott wird über die Auflehnung der Menschen spotten und sie in seiner Zornglut schrecken. Dann wird Er seinen König auf seinem heiligen Berg Zion einsetzen (Ps 2). Dort wird der Gesalbte Gottes mit einer Menschenmenge aus seinem Volk gesehen, die sich um Ihn schart. Sie wird durch die Zahl 144’000 symbolisiert. 12 mal 12 spricht vom höchsten Grad administrativer Perfektion.

Während die Anhänger des Antichristen ein Zeichen an der Stirn erhalten haben, steht bei diesen Nachfolgern des wahren Christus sein Name und der Name seines Vaters an ihren Stirnen geschrieben. Der Name an der Stirn deutet an, dass sie die moralischen Eigenschaften von Dem tragen, dessen Herrschaft sie anerkannt und unter die sie sich gestellt haben. Wer dem «Menschen der Erde» folgt, trägt dessen Bild. Wer Christus nachfolgt, trägt sein Bild.

Freude im Himmel

Der Himmel freut sich über die Befreiung und Segnung dieser Treuen, wie er sich gefreut hat, als Satan aus dem Himmel geworfen wurde. Die Gläubigen, die sich im Himmel befinden, werden die Märtyrer als ihre «Brüder» anerkennen und dafür danken, dass ihr Verkläger aus dem Himmel geworfen worden ist (Kap. 12,10.11). Sie nehmen auch an der Freude derer teil, die auf der Erde über Satan triumphiert haben (Kap. 14,2).

Ein neues Lied, das nur sie lernen können, steigt von diesen Überwindern zu Gottes Thron empor, der von den vier lebendigen Wesen und den Ältesten umgeben ist. Das wird eine besondere Freude für sie sein, die durch den Ofen der Trübsal gehen müssen. Verschiedene Bibelstellen deuten darauf hin, dass die 10 zerstreuten Stämme Israels erst nach der Befreiung Jerusalems zurückkehren werden, während die Juden, die Christus verworfen haben, bereits vorher gesammelt und dort die volle Hitze der grossen Drangsal durchmachen werden. Diese Drangsal wird ohne Zweifel die ganze Welt mehr oder weniger intensiv treffen. Ihre sengenden Strahlen werden aber vor allem auf die Juden fallen. Es ist offensichtlich, dass die hier erwähnte Schar aus erretteten Juden besteht.

Märtyrer und Bewahrte

Der gläubige Teil der Juden unterteilt sich in zwei Gruppen: die Märtyrer, die den Tod erleiden, und der Überrest, der fliehen kann oder von Gott in Jerusalem bewahrt wird. Das segensreiche Schicksal der Märtyrer wird später enthüllt. Hier sehen wir den Triumph und die Freude derer, die überleben werden. Auch andere werden am Segen des Tausendjährigen Reichs teilhaben. Doch niemand wird so den vollen Genuss jener Segnungen geniessen wie jene, die den bitteren Kelch der vorangegangenen Nöte geleert haben. Niemand anders wird sich so nahe beim Thron aufhalten können wie die, die Gottes Kraft und Treue in den Stunden schwerster Not erfahren haben.

Diese lebten inmitten derer, «die auf der Erde wohnen». Doch sie wurden «von der Erde erkauft» und wissen nun, wie gesegnet es ist, «dem Lamm zu folgen, wohin irgend es geht». Wie Er in seinem Leben auf der Erde haben auch sie sich vom Bösen abgesondert. Sie werden als Jungfrauen bezeichnet, die sich von den Verunreinigungen der Welt ferngehalten haben. Nun sind sie die Erstlinge dieser neuen Ernte, die seinem Erlösungswerk entspringt. Sie haben die Wahrheit festgehalten und auch ausgelebt, denn «in ihrem Mund wurde keine Lüge gefunden», während die ganze Welt der Lüge des Tieres gefolgt ist. Sie sind zudem untadelig, während die ganze Welt die Ungerechtigkeit liebt und darin lebt. Es geht hier um ihr Verhalten, das keinen Anlass zum Tadeln gibt. So sollte es auch bei uns Gläubigen der Gnadenzeit sein, im Unterschied zur Boshaftigkeit und zum Verderben unserer ungläubigen Mitmenschen!

Die drei Engel

Nach diesem kurzen ermunternden Blick auf die Herrlichkeiten, die den gläubigen Überrest erwarten werden, wenn das Lamm auf dem Berg Zion erscheinen wird, befassen sich die nächsten Visionen wieder mit den Schwierigkeiten und Schrecken der grossen Drangsal. In den beiden vorherigen Kapiteln haben wir sichtbare Werkzeuge beim Ausüben ihrer Tätigkeit gesehen. Doch obschon Gottes Hand noch nicht sichtbar ist, lenkt Er alle Umstände stillschweigend zu seiner Ehre und zur Rettung seines Volkes. Er sorgt dafür, dass der Zorn der Menschen und sogar die Bosheit Satans zu seinem Ruhm ausschlagen wird. Da es noch keine anerkannte Beziehung zu seinem Volk gibt, spricht Er durch Engel. In dieser Weise warnt Er sie vor den Gerichten, die über diese Welt kommen werden.

Erster Engel (14,6-7)

«Und ich sah einen anderen Engel inmitten des Himmels fliegen, der das ewige Evangelium hatte, um es denen zu verkündigen, die auf der Erde ansässig sind, und jeder Nation und jedem Stamm und jeder Sprache und jedem Volk, indem er mit lauter Stimme sprach: Fürchtet Gott und gebt ihm Ehre, denn die Stunde seines Gerichts ist gekommen; und betet den an, der den Himmel und die Erde gemacht hat und das Meer und die Wasserquellen» (V. 6.7).

So spricht der erste Engel. Wenn die Boshaftigkeit des Menschen den Höhepunkt erreicht, lässt Gott einen Aufruf zur Buße ergehen. Während der Mensch sich Götzen zuwendet und das Geschöpf mehr anbetet als den Schöpfer, macht Gott gegenüber seinen Geschöpfen seinen Anspruch auf Anbetung als Schöpfer geltend. Es handelt sich hier nicht um das Evangelium der Gnade, sondern um das «ewige Evangelium», das diesen Anspruch Gottes als Schöpfer gegenüber den Menschen ausdrückt. Diese Botschaft ist unabhängig von den einzelnen Heilszeitaltern.

Doch weder wir noch die Gläubigen des Tausendjährigen Reichs beten Gott auf dieser Grundlage an. Wir verehren Ihn als himmlisches Volk, das durch Gnade gerettet worden ist. Die gläubigen Israeliten im Tausendjährigen Reich werden Ihn als irdisches Volk anbeten, das ebenfalls durch Gnade gerettet worden ist. Der treue Überrest in der Drangsalszeit wird Ihn als den Gott der Verheissungen anbeten, von dem sie Befreiung und Segen erwarten. Aber diese Botschaft hier geht an die Erdbewohner, deren Herzen sich Götzen zugewandt haben. Ihnen gegenüber macht Gott einen doppelten Anspruch geltend, den Paulus auch in seiner Predigt an die Athener vorstellte. Es handelt sich um seinen Anspruch als Schöpfer und Richter. Er fordert von den abgefallenen götzendienerischen Menschen Anbetung und warnt sie vor der Stunde des Gerichts, die unmittelbar bevorsteht.

Zweiter Engel (14,8)

«Und ein anderer, zweiter Engel folgte und sprach: Gefallen, gefallen ist Babylon, die grosse, die von dem Wein der Wut ihrer Hurerei alle Nationen hat trinken lassen» (V. 8).

Wenn Gottes Gericht über die ganze Erde kommen wird, werden zwei Systeme besonders heimgesucht werden. Im Sendschreiben an die Versammlung in Thyatira wird in Verbindung mit der bekennenden Christenheit von den «Tiefen Satans» gesprochen. Dort wird auch das Schicksal aufgezeigt, das die treffen wird, die sich mit der Frau Jesabel eingelassen haben. Solange sich der Heilige Geist auf der Erde aufhält, wird das Böse mehr oder weniger zurückgehalten. Während dieser Zeit wird kein religiöses System «Babylon» genannt. Sobald der Heilige Geist sich zurückgezogen hat, wird sich das leere christliche Bekenntnis in seiner ganzen Falschheit und Verdorbenheit zeigen. Dann ist die Christenheit nicht mehr mit dem Salz der echten Gläubigen gewürzt. Die verdorbene Masse wird als Babylon bezeichnet. Dann wird das Gericht Gottes an diesem falschen System vollzogen. Hier haben wir die Warnung. Die Einzelheiten und die Werkzeuge dieses Gerichts werden wir in späteren Kapiteln finden.

Dritter Engel (14,9-12)

«Und ein anderer, dritter Engel folgte ihnen und sprach mit lauter Stimme: Wenn jemand das Tier und sein Bild anbetet und ein Malzeichen annimmt an seine Stirn oder an seine Hand, so wird auch er trinken von dem Wein des Grimmes Gottes, der unvermischt in dem Kelch seines Zorns bereitet ist; und er wird mit Feuer und Schwefel gequält werden vor den heiligen Engeln und vor dem Lamm.

Und der Rauch ihrer Qual steigt auf von Ewigkeit zu Ewigkeit; und sie haben keine Ruhe Tag und Nacht, die das Tier und sein Bild anbeten und wenn jemand das Malzeichen seines Namens annimmt. Hier ist das Ausharren der Heiligen, die die Gebote Gottes und den Glauben Jesu bewahren» (V. 9-12).

Neben Babylon gibt es für Gott noch etwas sehr Böses. Der Götzendienst und die Gotteslästerung des Tieres, des direkten Agenten Satans, ist der Höhepunkt des menschlichen Abfalls von Gott und der Rebellion gegen Ihn. Schrecklich ist auch das angekündigte Gericht, das darauf folgt. Handelt es sich hier nur um ein fantasievolles Bild? Nein, und es deutet auch nicht in eine ferne Zukunft. Diese Gerichte stehen nahe bevor!

Wir sind aufgerufen, das Kommen des Herrn zur Entrückung der Gläubigen zu erwarten. Dann wird die Tür geschlossen. Dies kann jederzeit stattfinden, und dann? Die Macht Satans im Bösen wird sich verdoppeln. Der Heilige Geist und seine Energie gegen das Böse sind nicht mehr auf der Erde. Dann ist der Mensch seinem eigenen Willen überlassen. Zudem wird Gott denen, die die Wahrheit abgelehnt haben, eine grosse Täuschung senden, die ihre Augen verblendet. Alle, die dem Verführer folgen, gehen für ewig verloren. Möge dieses düstere Bild das Ausharren derer unterstützen, die Gottes Gebote halten und den Glauben Jesu bewahren! Sie werden wohl schwer dafür zu leiden haben, dass sie das Tier und sein Bild nicht anbeten werden. Aber was sind diese Leiden, verglichen mit der ewigen Pein derer, die den gotteslästerlichen Götzendienst mitmachen? Weil sie auf die Stimme hören, die ihnen ein ruhiges Leben verheisst, werden sie in ihren Qualen Tag und Nacht keine Ruhe haben.

Es besteht ein offensichtlicher Zusammenhang zwischen den Stimmen der drei Engel. Die Welt unterteilt sich dann in zwei grosse Einflussbereiche. Das wird einerseits die Christenheit sein, die nur noch Bekenner ohne Leben aus Gott umfasst und sich in einer leblosen Oberflächlichkeit, einer Form ohne Kraft und einem Namen ohne Geist zeigt. Anderseits wird es eine schreckliche, gotteslästerliche Form von Verehrung des Geschöpfs geben, die von Satan und seinen Werkzeugen aufgebaut ist. Gott tritt zuerst der verkehrten Geschöpf-Verehrung entgegen, indem Er die Menschen aufruft, Ihn als Schöpfer anzubeten. Als Schöpfer des Menschen hat Er Anrecht auf diese Verehrung, und als Richter der Menschen wird Er bald die Erde heimsuchen.

Als nächstes warnt Er die Menschen vor den zwei Bereichen, die von den Blitzen seines Gerichts am stärksten betroffen werden. Es sind diese zwei Formen des Bösen: die Christenheit und die Anbetung des Tieres. Der Fall Babylons – womit die verdorbene Christenheit nach der Entrückung aller wahren Gläubigen gemeint ist – wird zuerst angekündigt. Dann folgt das schreckliche Schicksal derer, die den Täuschungen des Antichristen erliegen und die zu Anbetern des Tieres und seines Bildes werden.