Die Offenbarung (13)

Offenbarung 11,1-14

Einschub zwischen der sechsten und siebten Posaune (II)

Der Zustand im Land Israel

Wir kommen nun zum zweiten Thema, das im Einschub nach der sechsten Posaune behandelt wird. Es geht um den Zustand von jenem Teil der Erde, auf den Gottes Gedanken gerichtet sind, und zwar gerade bevor das vom Engel angekündigte Ereignis stattfindet. Ein herausragendes Thema, das die alttestamentlichen Propheten beschäftigte, ist der Konflikt, der zwischen dem heidnischen Unterdrücker und dem HERRN ausgetragen wird, der die Stelle seines leidenden Volkes einnimmt, das Gericht an ihren Feinden vollstrecken und seinen Auserwählten auf den Thron in Zion setzen wird. Dieses Thema nimmt einen zentralen Platz im restlichen Teil der Offenbarung ein und wirft helleres Licht auf die durch die alttestamentlichen Propheten angekündigten Pläne Gottes. Es wird jetzt unvermittelt aufgenommen. Die neue Prophetie öffnet unsere Augen für die Stadt und den Tempel von Jerusalem. «Und es wurde mir ein Rohr, gleich einem Stab, gegeben und gesagt: Steh auf und miss den Tempel Gottes und den Altar und die, die darin anbeten. Und den Hof, der ausserhalb des Tempels ist, wirf hinaus und miss ihn nicht; denn er ist den Nationen gegeben worden, und sie werden die heilige Stadt 42 Monate zertreten» (V. 1.2).

Aus anderen Bibelstellen wissen wir, dass vor der grossen Drangsal viele Juden in ihr Land zurückgekehrt sein werden und dass der Tempel wieder aufgebaut sein wird. Dies geschieht noch während der Herrschaft der Nationen und während die Masse der Juden sich noch im Unglauben befinden wird. Sie werden ihre nationalen Vorteile mittels politischer Anstrengungen statt im Vertrauen auf Gottes Hilfe anstreben.

Der Blick des Propheten wird in eine Zeit zurückgelenkt, die der grossen Drangsal vorausgeht. Der Gang der Ereignisse im Zusammenhang mit dem Tempel und Jerusalem wird von dieser Zeit an bis zum Zeitpunkt unmittelbar vor der siebten Posaune beschrieben. Man sieht den Tempel, der «Tempel Gottes» genannt wird. Dazu gehören der Altar und der innere Kreis der Anbeter. Aber auf die Masse der Anbeter, angedeutet durch den Hof, der ausserhalb des Tempels ist, wo das Volk betete, wird nicht eingegangen. Der innere und äussere Bereich des Tempels werden als Symbole für echte Anbeter aus Gottes auserwähltem Volk und für die Masse der ungläubigen Bekenner um sie her benutzt. Die Mehrheit des Volkes ist noch nicht zum HERRN zurückgekehrt, steht aber in Abhängigkeit zur Macht aus den Nationen, mit der sie sich verbündet hat. Somit sind sie immer noch verunreinigt und ihre Stadt, obschon sie nach Gottes Plänen heilig ist, wird noch 42 Monate lang zertreten werden.

Auf den Grund dafür kommen wir später zurück. Doch zuerst folgen wir dem Ablauf der Vision. «Und ich werde meinen zwei Zeugen Kraft geben, und sie werden 1260 Tage weissagen, mit Sacktuch bekleidet. Dies sind die zwei Ölbäume und die zwei Leuchter, die vor dem Herrn der Erde stehen. Und wenn jemand sie beschädigen will, so kommt Feuer aus ihrem Mund hervor und verzehrt ihre Feinde; und wenn jemand sie beschädigen will, muss er so getötet werden. Diese haben die Gewalt, den Himmel zu verschliessen, damit während der Tage ihrer Weissagung kein Regen falle; und sie haben Gewalt über die Wasser, sie in Blut zu verwandeln, und die Erde zu schlagen mit jeder Plage, sooft sie nur wollen» (V. 3-6).

Diese Zeugen werden mit Ölbäumen verglichen, was darauf hinweist, dass sie mit Heiligem Geist erfüllt sind. Sie sind auch Leuchter, die das Licht des Heiligen Geistes in die grosse Finsternis werfen, die sowohl Juden als auch Nationen umhüllt. Ihre Anzahl ist bedeutend. Heute, in der Zeitperiode der Versammlung, da der Heilige Geist auf der Erde wohnt, gibt es ein volles, himmlisches Zeugnis: sieben Leuchter, die ihr Licht verbreiten. Das siebenfache Licht ist dann sozusagen in den Himmel übertragen, wo die sieben Feuerfackeln vor dem Thron brennen (Kap. 4,5). Aber Gott wird nicht ohne Zeugnis auf der Erde sein. Darum werden zwei Zeugen – nicht zwei Personen –, was der kleinsten nach jüdischem Recht zulässigen Zeugenanzahl entspricht, in dieser finsteren Zeit aufstehen. Die Bedeutung dieser Symbole ist, dass Gott während dieser ganzen Zeit von 1260 Tagen oder 42 Monaten, in der die Stadt Jerusalem von den Nationen zertreten wird, ein ausreichendes Zeugnis abgibt. Es ist das Zeugnis des glaubenden Überrests, der in der grossen Drangsal in Jerusalem ausharrt.

Was enthält nun dieses Zeugnis? Die Zeugen sind in Sacktuch gekleidet, ein üblicher Ausdruck für Trauer und Demütigung vor Gott. Die Gläubigen unserer Zeit der Gnade werden aufgefordert, sich allezeit im Herrn zu freuen. Freude passt zu denen, die eine vollkommene und vollbrachte Erlösung kennen und besitzen. Sacktuch passt für solche, die ihre eigenen Sünden fühlen und anerkennen und zu Gott um Errettung schreien. Die Trauerkleider sind für den gläubigen Überrest angemessen, während die Feierkleider zur Versammlung gehören. Diese Zeugen stehen «vor dem Herrn der Erde». Obschon der Herr Jesus schon heute das Recht an der Erde besitzt, ist dies doch nicht sein Titel, den Er in der Gnadenzeit annimmt. Zur Zeit ist Er nicht von dieser Welt und ebenso sind seine Erlösten nicht von dieser Welt. Aber wenn die Versammlung ins Vaterhaus entrückt worden ist und diese himmlisch geprägte Zeitperiode ihr Ende gefunden haben wird, wird Gott seine Pläne der Herrschaft über die Erde wieder aufnehmen. Das sichere Fundament und der herrliche Eckstein dieser Regierung wird Christus als Herr und Haupt sein. Die in diesem Buch vorkommenden Wehe sind Gottes Gerichte, die den Weg zu diesem Ereignis vorbereiten. Die Zeugen, die während dieser «Wehe-Periode» aufstehen, sind Gottes Zeugnis über dieses Ereignis.

Daher entspricht die Haltung dieser Zeugen gegenüber ihren Widersachern nicht der eines Christen. Sie gleicht vielmehr der Haltung Elias, der betete, es möge nicht regnen, und Feuer vom Himmel erbat. Wir denken auch an Mose, der Wasser in Blut verwandelte und Ägypten mit Plagen schlug. So ist Gottes Handeln in seinen Regierungswegen und im Gericht. Es unterscheidet sich sehr von seiner gegenwärtigen, langmütigen Gnade. Hier atmen wir die Atmosphäre, die wir in den Psalmen häufig finden. Ein gläubiger Überrest trauert und leidet, hält aber in der Verfolgung an Gottes Treue fest und wird von seiner Kraft im Widerstand gegen die Feinde unterstützt. Er bittet nicht für die Bekehrung, sondern um die Vernichtung seiner Unterdrücker. Das Zeugnis, das verkündigt wird, ist nicht das der Christen, die das Evangelium der Gnade weitergeben, sondern das Zeugnis des jüdischen Überrests. Jene Menschen proklamieren das Evangelium des Reiches, die herrliche und triumphale Wiederkunft des Messias.

Ihre Wunderkräfte dauern nur solange, wie ihr Zeugnis besteht. Doch Gottes Zeit, um zugunsten seines Volkes einzugreifen, ist noch nicht gekommen. Daher werden sie, nachdem ihr Zeugnis beendet ist, noch immer von ihren Feinden verfolgt. Diese werden von einer Person angeführt, die «das Tier» genannt wird. Davon werden wir im weiteren Verlauf dieses Buches noch hören (Off 13,1-10). «Und wenn sie ihr Zeugnis vollendet haben werden, wird das Tier, das aus dem Abgrund heraufsteigt, Krieg mit ihnen führen und wird sie überwinden und sie töten. Und ihr Leichnam wird auf der Strasse der grossen Stadt liegen, die geistlicherweise Sodom und Ägypten heisst, wo auch ihr Herr gekreuzigt wurde» (V. 7.8).

Dieser Hinweis macht deutlich, dass der Schauplatz ihres Zeugnisses Jerusalem sein wird. Es kann nur Jerusalem sein; denn sie ist die Stadt, in der unser Herr getötet worden ist. Die Vision über den Altar und den Tempel im ersten Vers, der Charakter des durch die zwei Zeugen abgelegten Zeugnisses sowie die alttestamentlichen Prophezeiungen, von denen wir einige näher ansehen werden, bestätigen diese Auffassung. Der Wortlaut lässt auch keine andere Schlussfolgerung zu.

Die Stadt Jerusalem wird von zwei sehr unterschiedlichen Gesichtspunkten aus betrachtet: gemäss ihrem Platz nach Gottes Ratschlüssen und gemäss ihrem aktuellen Zustand. Beide Aspekte finden sich im vorliegenden Kapitel. Wenn von Gottes Absichten gesprochen wird und von der Schuld der Nationen, die sie zertreten haben, wird Jerusalem als die «heilige Stadt» bezeichnet. Aber hier, wenn wir an ihren geistlichen Zustand unter der Herrschaft «des Tieres, das aus dem Abgrund heraufsteigt», denken, wird Jerusalem in tiefster moralischer Finsternis gesehen, eine Stadt, die vom Schmutz Sodoms stinkt und unter dem Gericht von Ägypten liegt. Es ist die Stadt, in der die Schuld des Menschen ihren Höhepunkt in der Verwerfung und Kreuzigung des Herrn Jesus erreicht hat.

Es geht also um zwei Kräfte, die sich gegeneinander aufstellen. Dabei ist Jerusalem Schauplatz dieser Auseinandersetzung. Gott hat ein ausreichendes Zeugnis aufgestellt, nicht für seine Gnade, sondern für sein Gericht. Demgegenüber versucht das Tier dieses Zeugnis und die Zeugen zu vernichten. Obschon etwas vorgegriffen wird, ist es nützlich, auszuführen, worum es sich bei diesen feindlichen Mächten handelt.

Die zwei Zeugen

Zuerst wollen wir die Zeugen betrachten. Ihr Zeugnis entspricht dem eines trauernden Überrests in Jerusalem. Wann und warum finden wir einen Überrest, der so trauert? Dies steht im Zusammenhang mit der Rückkehr des Messias. Gott hat erklärt, dass Er Jerusalem «zu einer Taumelschale für alle Völker ringsum» mache. Und weiter: «Ich werde Jerusalem zu einem Laststein für alle Völker machen: Alle, die ihn aufladen wollen, werden sich gewiss daran verwunden.» Von den Fürsten von Juda (das ist der Überrest) sagt Gott, dass Er sie «einem Feuerbecken unter Holzstücken und einer Feuerfackel unter Garben» gleichmache, «und sie werden zur Rechten und zur Linken alle Völker ringsum verzehren. Und fortan wird Jerusalem an seiner Stätte wohnen in Jerusalem.» Aber mit diesen Umständen ist eine grosse Trauer verbunden: «Sie werden auf mich blicken, den sie durchbohrt haben, und werden über ihn wehklagen gleich der Wehklage über den einzigen Sohn und bitterlich über ihn Leid tragen, wie man bitterlich über den Erstgeborenen Leid trägt. An jenem Tag wird die Wehklage in Jerusalem gross sein wie die Wehklage von Hadad-Rimmon in der Talebene Megiddo» (Sach 12,2-11).

Tiefe Trauer unter den treuen Juden geht ihrer nationalen Befreiung voraus. Im Lukas-Evangelium lesen wir auch von den Leiden des gottesfürchtigen Teils des Volkes kurz vor der herrlichen Erscheinung des Messias. «Es werden Zeichen sein an Sonne und Mond und Sternen, und auf der Erde Bedrängnis der Nationen in Ratlosigkeit bei dem Tosen und Wogen des Meeres; indem die Menschen vergehen vor Furcht und Erwartung der Dinge, die über den Erdkreis kommen, denn die Kräfte der Himmel werden erschüttert werden. Und dann werden sie den Sohn des Menschen kommen sehen in einer Wolke mit Macht und grosser Herrlichkeit. Wenn aber diese Dinge anfangen zu geschehen, so blickt auf und hebt eure Häupter empor, weil eure Erlösung naht» (Lk 21,25-28). Am Vorabend der Rückkehr Christi in Macht und Herrlichkeit wird sich der gottesfürchtige Überrest der Juden in grosser Not und Trauer befinden, indem sie ihre Schuld der Verwerfung des Messias beklagen. Zudem werden sie wegen der Verfolgungen, die sie erfahren, sowie der allgemeinen Umwälzungen und Gerichte in die schwersten Leiden gestürzt.

So sehen die Zustände aus, die in den Gerichten, die auf das Ertönen der Posaunen folgen, deutlich beschrieben werden. Neben dieser allgemeinen Übereinstimmung im Charakter, decken sich auch die Zeiten genau. In Lukas und Sacharja gehen die beschriebenen Drangsale dem Kommen und der Herrschaft Christi unmittelbar voraus. Was finden wir nun in der Offenbarung? Wir sehen hier die Lampe des Zeugnisses der Regierung Gottes über die Nationen einmal mehr in Jerusalem angezündet. Wir sehen den starken Engel, der den Herrn Jesus darstellt, wie Er von der ganzen Erde Besitz nimmt und schwört, dass keine Frist mehr sein wird. Es wird weiter gesagt, dass nach der Stimme der letzten Posaune das Geheimnis Gottes vollendet sein wird. Wir sehen dann bei der siebten Posaune, dass «das Reich der Welt unseres Herrn und seines Christus» gekommen ist (V. 15).

Diese Schriftstellen zeigen, ebenso wie der Charakter der Zeugen ihrerseits, dass es sich beim Inhalt des Zeugnisses, das weitergegeben wird, um die kurz bevorstehende Rückkehr des Messias zur Bestrafung seiner Feinde, zur Befreiung seines Volkes sowie zur Errichtung seines Thrones handelt. So stellt sich die eine Seite dieser Auseinandersetzung dar.

Das Tier

Worum handelt es sich bei der anderen Seite, die als «das Tier» bezeichnet wird? Wir lernen hier, dass das «Tier, das aus dem Abgrund heraufsteigt», die Zeugen töten und während den 1260 Tagen ihres Prophetendienstes, bzw. in den 42 Monaten, in denen Jerusalem durch die Nationen zertreten wird, Gewalt in Jerusalem ausüben wird. In Kapitel 13 wird das Tier mit sieben Köpfen und 10 Hörnern beschrieben. Einer der Köpfe hat eine Todeswunde, die geheilt wird, was die ganze Erde verwundern wird (Kap. 13,3). Der Drache wird dem Tier seine Macht, seinen Thron und grosse Gewalt geben. «Alle, die auf der Erde wohnen, werden es anbeten, jeder, dessen Name nicht geschrieben ist in dem Buch des Lebens des geschlachteten Lammes von Grundlegung der Welt an» (Kap. 13,8). Dem Tier wird Gewalt gegeben, 42 Monate zu wirken. In dieser Zeit wird es Gott lästern, mit den Heiligen Krieg führen und sie überwinden. In Kapitel 17,8.9 wird es als ein Tier beschrieben, das «war und nicht ist und da sein wird» und das aus dem Abgrund heraufsteigen und ins Verderben gehen wird, während die sieben Köpfe als Berge bezeichnet werden. In Kapitel 19 führt es mit Christus Krieg – und wird lebendig in den Feuersee geworfen (V. 19.20).

Verbindet man die Beschreibungen miteinander, so scheint es, dass «das Tier» der Herrscher über die Königreiche der Nationen ist, der seinen Sitz in der Siebenhügel-Stadt Rom haben wird und dessen Herrschaftsbereich sich auch nach Jerusalem erstreckt. Das Römische Reich war das letzte Reich, das nach Nebukadnezars Traum die Vorherrschaft in der Zeit der Nationen innehatte, und das beim Kommen von Christus in Stücke zerbrochen wird (der Stein, der sich ohne Hände losriss; Dan 2,34). Dann wird der Herr Jesus seine Herrschaft über die Erde antreten. Diese Weltmacht (das Römische Reich) ist für eine Zeit verschwunden, was mit der Todeswunde angedeutet wird. Diese Macht «war und ist nicht». Aber sie wird wieder auftreten, denn die Todeswunde wird geheilt. In der letzten Zeitperiode, die wir nun betrachten, wird diese Macht mit einem besonders teuflischen Charakter wieder erscheinen, was durch das Heraufsteigen aus dem Abgrund angedeutet wird. Sie wird zu Satans Hauptwerkzeug in der Verfolgung der Zeugen, die die Rückkehr von Christus und sein kommendes Reich ankündigen. Während 3 1/2 Jahren, bzw. 42 Monaten, wird das Tier mit den Gläubigen Krieg führen, wird sich lästernd gegen Gott richten und zuletzt die Allianz anführen, die gegen den Herrn und seinen Gesalbten ins Feld ziehen wird. Auf dem Höhepunkt dieser Bosheit wird das Tier sein schreckliches Schicksal ereilen.

Auch eine Stelle im Propheten Daniel illustriert dies. Ihm wurden Gottes Regierungswege während der Zeit der Nationen offenbart. Es ist die Periode, in der Israel beiseite gesetzt ist und die Regierungsgewalt den Händen der Nationen übergeben wird. Vier Reiche folgen aufeinander: das Babylonische, das Persische, das Griechische und das Römische. Das letzte wird als ein «Tier, schrecklich und furchtbar und sehr stark … und es hatte zehn Hörner» bezeichnet. «Während ich auf die Hörner acht gab, siehe, da stieg ein anderes, kleines Horn zwischen ihnen empor, und drei von den ersten Hörnern wurden vor ihm ausgerissen; und siehe, an diesem Horn waren Augen wie Menschenaugen und ein Mund, der grosse Dinge redete» (Dan 7,7.8). Dann tritt der Alte an Tagen im Gericht auf. «Dann schaute ich wegen der Stimme der grossen Worte, die das Horn redete: Ich schaute, bis das Tier getötet und sein Leib zerstört und dem Brand des Feuers übergeben wurde» (Dan 7,11). Danach kommt mit den Wolken des Himmels «einer wie eines Menschen Sohn» dem «ewige Herrschaft, die nicht vergehen wird» gegeben ist.

Aus der angeführten Erklärung entnehmen wir, dass es sich bei den zehn Hörnern um 10 Könige handelt. Das eine Horn wird sich nach diesen erheben, sich von den übrigen unterscheiden und drei Könige erniedrigen. «Und er wird Worte reden gegen den Höchsten und die Heiligen der höchsten Örter vernichten; und er wird darauf sinnen, Zeiten und Gesetz zu ändern, und sie werden eine Zeit und Zeiten und eine halbe Zeit in seine Hand gegeben werden», was für 3 1/2 Jahre steht. Aber das Gericht wird sich setzen; und man wird seine Herrschaft wegnehmen, und das Königreich wird dem «Volk der Heiligen der höchsten Örter» gegeben werden (Dan 7,24-27).

Nichts ist deutlicher als die Übereinstimmung zwischen dem kleinen Horn und dem Tier, das aus dem Abgrund heraufsteigt. Beide stellen den Herrscher des wiedererstehenden Römischen Reichs dar. Dieser wird Gewalt über Jerusalem ausüben, das sich unter der Vorherrschaft der Nationen befindet. Er lästert Gott und verfolgt die Gläubigen. Er herrscht während der letzten 3 1/2 Jahre der Zeiten der Nationen. Er wird beim Kommen des Herrn im Gericht abgeschnitten werden. Christus wird kommen und Israel zu seiner verheissenen höchsten Stellung unter den Nationen erheben und sein eigenes gerechtes Reich über die Erde errichten.

So stellt sich die Zeit dar, wie sie im vorliegenden Kapitel der Offenbarung beschrieben wird. Die Juden kehren nach Jerusalem zurück und bauen den Tempel wieder auf. Es gibt eine Anzahl von echten Anbetern im Glauben, aber die Mehrheit des Volkes verharrt im Unglauben. Die Stadt (Jerusalem), die entsprechend dem Vorsatz Gottes wieder als heilig anerkannt wird, aber in ihrem aktuellen Zustand verunreinigt und unbußfertig ist, befindet sich immer noch unter fremdem Joch. Wahre Zeugen kündigen in der zweiten Hälfte der Drangsalszeit das kommende Reich des Messias an, aber dem letzten Führer der Mächte der Nationen ist es erlaubt, sie zu töten.

Die Nationen und die, die auf der Erde wohnen, werden sich über die Unterdrückung dieses Zeugnisses freuen. Dabei denken sie nicht daran, dass trotz des Todes der Zeugen die Erfüllung der Prophezeiungen kurz bevorsteht. «Und viele aus den Völkern und Stämmen und Sprachen und Nationen sehen ihren Leichnam drei Tage und einen halben und erlauben nicht, dass ihre Leichname ins Grab gelegt werden. Und die, die auf der Erde wohnen, freuen sich über sie und frohlocken und werden einander Geschenke senden, weil diese zwei Propheten die quälten, die auf der Erde wohnen» (V. 9.10). Hier werden zwei Gruppen unterschieden: die Nationen und die, die auf der Erde wohnen. Die erste sind «viele», zweifellos eine riesige Mehrheit, die sich freut. In ihrem Triumph werden sie nicht einmal zulassen, dass die Leichname der Zeugen beerdigt werden. Aber die andere Gruppe – «die auf der Erde wohnen» – jubelt noch lauter. Diese Bezeichnung ist keine geografische, sondern eine moralische und steht für Menschen, die rein irdisch gesinnt sind. Für solche Menschen, die die Welt lieben und für sie leben, ist die Prophezeiung der Zeugen über ein Reich von Gerechtigkeit und Gericht unerträglich. Ihre Freude ist daher sehr gross, wenn sie hören, dass die verhassten Zeugen getötet worden sind und die Stimme des gefürchteten Zeugnisses verstummt ist.

Aber ihre Freude dauert nur kurze Zeit. Dreieinhalb Tage später werden sie durch die übernatürliche Demonstration der Macht Gottes erschreckt. Er zeigt dadurch seine Anerkennung für jene getöteten Zeugen sowie seinen Zorn gegenüber ihren jubelnden Verderbern. «Und nach den drei Tagen und einem halben kam der Geist des Lebens aus Gott in sie, und sie stellten sich auf ihre Füsse; und grosse Furcht fiel auf die, die sie anschauten. Und ich hörte eine laute Stimme aus dem Himmel zu ihnen sagen: Steigt hier herauf! Und sie stiegen in den Himmel hinauf in der Wolke, und ihre Feinde schauten sie an. Und in jener Stunde geschah ein grosses Erdbeben, und der zehnte Teil der Stadt fiel, und 7000 Menschennamen kamen in dem Erdbeben um; und die Übrigen wurden von Furcht erfüllt und gaben dem Gott des Himmels Ehre» (V. 11-13).

Die erste Auferstehung ist dann zum grössten Teil vorüber. Der Herr selbst war der «Erstling der Entschlafenen» (1. Kor 15,20). Dann werden die auferstehen, «die des Christus sind bei seiner Ankunft» und entrückt, um Ihm in der Luft zu begegnen. Das Kommen des Herrn für die Gläubigen findet vor der grossen Drangsal statt, die in diesen Kapiteln detailliert beschrieben wird. Die Gläubigen des Alten Testaments und die der Versammlung haben Teil an der ersten Auferstehung und befinden sich im Himmel, bevor die bis dahin betrachteten Gerichte beginnen. Aber durch einen weiteren Akt der Auferstehung haben zwei weitere Gruppen ebenfalls Anteil an der ersten Auferstehung. Dabei handelt es sich um «die Seelen derer, die um des Zeugnisses Jesu und um des Wortes Gottes willen enthauptet worden waren, und die, die das Tier nicht angebetet hatten noch sein Bild» (Kap. 20,4). Somit umfasst die erste Auferstehung drei Gruppen:

  1. Jene, die vor der Drangsalszeit auferstehen, und die im Bild der 24 Ältesten bereits im Himmel gesehen werden.
  2. Jene, die um des Zeugnisses Jesu und des Wortes Gottes willen enthauptet worden sind, deren Seelen beim Öffnen des fünften Siegels unter dem Altar gesehen werden (Kap. 6,9).
  3. Jene, die den Tod erlitten haben, weil sie das Tier und sein Bild nicht angebetet haben. Zu dieser Gruppe gehören die getöteten Zeugen.

Ihre Auferstehung ist auffallend und öffentlich. Sogar die Bosheit ihrer Feinde trägt zur Steigerung ihrer Herrlichkeit bei. Während die Erde über den Fall der Zeugen frohlockt und ihre Leichname in den Strassen der Stadt der Verwesung preisgegeben sind, werden sie plötzlich von neuem Leben erfüllt. Wie einst Christus steigen sie in der Wolke, dem Zeichen göttlicher Gegenwart, in den Himmel hinauf. «Ihre Feinde schauten sie an». Was für ein Zeichen! Es ist Furcht einflössender als die Handschrift an der Wand von Belsazars Palast und deutet auf ein noch schrecklicheres Unheil hin. Im gleichen Moment erschüttert ein Erdbeben die Stadt. 7000 Menschennamen werden bei ihrer Freude über den Tod der Zeugen getötet.

Die Überlebenden werden von Furcht erfüllt und erweisen Gott Ehre, indem sie Ihn als den Gott des Himmels verherrlichen. Aber es zeigt sich weder Reue noch Buße, kein Anerkennen der Rechte Gottes über die Erde, die Er nächstens geltend macht. Es zeigt sich auch keine Unterordnung unter die Wahrheit, die die auferstandenen Zeugen verkündigt haben. Es herrscht natürliches Entsetzen und religiöser Respekt, zu dem das Entsetzen führt. Aber man findet keine Tätigkeit des Gewissens, keinen Glauben, keine Beugung unter das Zeugnis von Gottes Wort. Und doch steht die Posaune, die die Erfüllung der Worte Gottes ankündigt, kurz davor zu ertönen: «Das zweite Wehe ist vorüber; siehe, das dritte Wehe kommt bald» (V. 14).